Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Verschleiertes Arbeitseinkommen

Verschleiertes Arbeitseinkommen


Begriff und Bedeutung des Verschleierten Arbeitseinkommens

Verschleiertes Arbeitseinkommen ist ein Begriff aus dem deutschen Steuer- und Sozialversicherungsrecht und bezeichnet Einkünfte, die formal nicht als Arbeitslohn ausgewiesen werden, tatsächlich jedoch die Vergütung einer Arbeitsleistung darstellen. Die Verschleierung erfolgt in der Regel durch eine abweichende Vertragsgestaltung, die das wahre Rechtsverhältnis zwischen den Parteien verschleiert, um steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu umgehen. Das Ziel dabei ist häufig die Vermeidung von Lohnsteuer und Sozialabgaben sowie die Reduzierung von steuerlicher Belastung.

Rechtsgrundlagen

Steuerrecht

Im deutschen Steuerrecht ist das Verschleiern von Arbeitseinkommen insbesondere im Kontext der Lohnsteuer und der Einkommensteuer relevant. Maßgebliche Vorschriften finden sich insbesondere im Einkommensteuergesetz (EStG), der Abgabenordnung (AO) und im Lohnsteuerrecht.
Nach § 19 Abs. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit alle Einnahmen, die für eine Beschäftigung im Dienstverhältnis gezahlt werden. Dabei ist entscheidend, dass nicht die formale Bezeichnung oder Gestaltung eines Vertrags, sondern die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich sind („Substance over Form“-Prinzip).
So wird bei Vorliegen einer verdeckten Arbeitsvergütung die wirtschaftliche Realität herangezogen und die Zahlung als Arbeitslohn behandelt, selbst wenn sie formal als „Darlehen“, „Aufwandsentschädigung“ oder in anderer Weise bezeichnet wird.

Sozialversicherungsrecht

Auch im Sozialversicherungsrecht spielt die zutreffende Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung (sozialversicherungspflichtig) und weiteren Einkunftsarten eine zentrale Rolle. Leistungen, die einem Arbeitnehmer aufgrund seiner Arbeitsleistung zustehen, unterliegen grundsätzlich der Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Das SGB IV (insbesondere §§ 14, 17 SGB IV) regelt, dass auch verschleierte Einkünfte als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu behandeln sind.
Scheinselbstständigkeit, verdeckte Anstellungsverhältnisse und vergleichbare Konstrukte werden dabei kritisch betrachtet und ggf. von den Sozialversicherungsträgern und der Deutschen Rentenversicherung personenbezogen und nachträglich als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung beurteilt.

Typische Erscheinungsformen

Scheinrechnungen und Gefälligkeitsverträge

Eine häufige Form verschleierten Arbeitseinkommens sind sogenannte Scheinrechnungen, in denen für angeblich erbrachte Dienstleistungen Rechnungen gestellt werden, obwohl tatsächlich ein Arbeitsverhältnis besteht. Auch Gefälligkeitsverträge, wie etwa der Abschluss von Berater-, Dienstleistungs- oder Werkverträgen, die tatsächlich die regelmäßige Erbringung weisungsgebundener Arbeit verschleiern, gehören dazu.

Vorschusszahlungen und gezielte Rückerstattungen

Vorschusszahlungen, die dem Arbeitnehmer gewährt werden und im Nachgang im Rahmen des Arbeitsverhältnisses „verrechnet“ werden, können je nach Ausgestaltung als verschleiertes Arbeitseinkommen qualifiziert werden. Ähnlich sind Rückerstattungen, die nicht als Arbeitslohn deklariert werden, in Wirklichkeit aber Vergütung für geleistete Arbeit darstellen.

Unangemessene oder verdeckte Beteiligungen

In Einzelfällen werden Arbeitnehmer unangemessen an Unternehmen beteiligt, um auf diese Weise Teile der Arbeitsvergütung zu verschleiern – dies betrifft insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) im Kontext von Geschäftsführern oder Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH.

Rechtliche Folgen und Sanktionen

Steuerrechtliche Konsequenzen

Die Feststellung verschleierten Arbeitseinkommens durch die Finanzbehörden kann erhebliche steuerliche Nachforderungen und Sanktionen nach sich ziehen. Nachträglich festgesetzte Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer müssen rückwirkend abgeführt werden. Zudem drohen Zinsen und im Falle vorsätzlicher Verschleierung steuerstrafrechtliche Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO).

Sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen

Stellen Renten- und Sozialversicherungsträger eine Verschleierung von Arbeitseinkommen fest, so können die hierfür nachzuzahlenden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge rückwirkend festgesetzt werden. Dies erfolgt im Rahmen der Betriebsprüfung oder im Rahmen der sozialgerichtlichen Kontrolle.
Für den Arbeitgeber bedeutet dies regelmäßig erhebliche Nachforderungen sowie ggf. Bußgelder. In gravierenden Fällen ist zudem eine Meldung an die Staatsanwaltschaft wegen Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB möglich.

Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten

Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit

Eine klare Abgrenzung ist insbesondere zur echten selbstständigen Tätigkeit erforderlich. Während selbstständig tätige Personen grundsätzlich nicht sozialversicherungspflichtig sind und keine Lohnsteuerpflicht auslösen, liegt bei Scheinselbstständigkeit in Wahrheit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, das entsprechend lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig ist.

Einnahmen aus anderen Quellen

Einkünfte aus Kapitalvermögen, Mieteinnahmen oder einmalige Tätigkeiten sind hiervon abzugrenzen, sofern keine Regelmäßigkeit, Weisungsgebundenheit und Eingliederung in eine betriebliche Organisation vorliegen.

Aufdeckung und Feststellung

Prüfungs- und Kontrollmechanismen

Die Aufdeckung verschleierten Arbeitseinkommens erfolgt regelmäßig im Rahmen von Betriebsprüfungen durch das Finanzamt, Sozialversicherungsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung oder durch Hinweise Dritter (bspw. Whistleblower, Arbeitnehmer selbst oder Mitbewerber).

Methode der Behörden ist stets die sogenannte Gesamtschau der Verhältnisse, also die Analyse aller Umstände und Verträge, Zeugenaussagen, Zahlungsströme sowie die tatsächliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses.

Beweislastverteilung

Im Streitfall liegt die Darlegungs- und Feststellungslast für die tatsächliche Gestaltung beim Steuerpflichtigen bzw. Arbeitgeber. Dieser muss nachweisen, dass zwischen den Vertragsparteien tatsächlich kein Arbeitsverhältnis vorliegt und keine Arbeitsvergütung verschleiert wurde.

Präventive Maßnahmen und rechtliche Gestaltung

Rechtssichere Vertragsgestaltung

Zur Vermeidung von Problemen und Risiken sollten Verträge stets klar und transparent gestaltet werden. Der wahre wirtschaftliche Gehalt des Vertragsverhältnisses muss mit den tatsächlichen Lebensverhältnissen übereinstimmen. Eine substanzielle und nachvollziehbare Dokumentation der erbrachten Leistungen schützt vor dem Vorwurf, Einkünfte zu verschleiern.

Offenlegungspflichten

Im Rahmen der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erklärungspflichten sollten sämtliche Entgeltbestandteile vollumfänglich angegeben werden, auch wenn diese formal unter anderen Bezeichnungen laufen.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • § 19 EStG (Einkommensteuergesetz)
  • § 370 AO (Abgabenordnung)
  • §§ 14, 17 SGB IV (Sozialgesetzbuch Viertes Buch)
  • § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Körperschaftsteuergesetz)
  • Kommentierungen in: Schmidt, EStG; Tipke/Lang, Steuerrecht; Hauck/Noftz, SGB IV
  • Urteile: Bundesfinanzhof (BFH), Bundessozialgericht (BSG)

Dieser Artikel bietet eine umfassende und strukturierte Darstellung zum Begriff Verschleiertes Arbeitseinkommen im deutschen Recht. Damit wird eine fundierte Orientierung für die Einordnung, Abgrenzung und rechtlichen Folgen verschleierter Arbeitseinkünfte ermöglicht.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei der Feststellung von verschleiertem Arbeitseinkommen?

Bei der Feststellung von verschleiertem Arbeitseinkommen drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen, denn das gezielte Verbergen oder Verschleiern von Einkünften stellt einen Verstoß gegen steuer- und unter Umständen auch strafrechtliche Vorschriften dar. Zunächst droht eine Nachversteuerung der bislang nicht erklärten Einkünfte, inklusive Hinterziehungszinsen gemäß § 233a AO. Darüber hinaus ist im Regelfall mit der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO zu rechnen. Neben empfindlichen Geldstrafen kann dies, vor allem bei erheblichen Beträgen, zu Freiheitsstrafen führen. Außerdem berechtigen verschleierte Arbeitseinkommen Behörden dazu, Sozialleistungen zu versagen oder zurückzufordern. Im arbeitsrechtlichen Kontext kann dies zudem zu einer außerordentlichen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses führen. Sollte das Arbeitseinkommen in einem Sozialleistungsbezug verschwiegen werden, können weitere Tatbestände wie Betrug (§ 263 StGB) erfüllt sein, was zusätzliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Wie erfolgt die Aufdeckung von verschleiertem Arbeitseinkommen aus rechtlicher Sicht?

Die Aufdeckung von verschleiertem Arbeitseinkommen erfolgt in der Praxis über unterschiedliche rechtsstaatliche Instrumente und durch verschiedene Behörden. Im Steuerrecht sind dies insbesondere Betriebsprüfungen, Kontrollmitteilungen oder anonyme Hinweise, denen Finanzbehörden nachgehen. Die Ermittlungsbehörden können im Zuge eines Strafverfahrens auf umfangreiche Mittel zurückgreifen, darunter Durchsuchungen, Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen und die Auswertung von Bankdaten gemäß § 93 AO. Bei konkretem Verdacht dürfen die Finanzämter auch Kontenabfragen durchführen und Überweisungswege nachvollziehen. Im Zusammenhang mit Sozialleistungen greifen Jobcenter oder Sozialämter auf einen Datenaustausch zwischen Behörden zurück und prüfen auch Mitteilungen Dritter. Im arbeitsrechtlichen Zusammenhang kommen interne Revisionen sowie Whistleblower-Meldungen in Frage, um verdeckte Beschäftigungen oder Einkünfte zu entdecken.

Welche Mitwirkungspflichten hat der Steuerpflichtige bei Verdacht auf verschleiertes Arbeitseinkommen?

Im Rahmen eines steuerlichen Ermittlungsverfahrens ist der Steuerpflichtige nach §§ 90, 97 AO zur Mitwirkung verpflichtet. Dies bedeutet, dass er zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Auskunft über seine Einkommensverhältnisse verpflichtet ist und auf Anforderung entsprechende Unterlagen (wie Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Kontoauszüge) vorlegen muss. Werden diese Mitwirkungspflichten verletzt, kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 AO) und dies zu Lasten des Steuerpflichtigen tun. Verweigert der Steuerpflichtige die Mitwirkung, drohen außerdem Zwangsgelder und gegebenenfalls eine strafrechtliche Verfolgung wegen Steuerhinterziehung. Bei strafrechtlicher Verfolgung kann die Aussage jedoch verweigert werden, um sich nicht selbst zu belasten (sog. nemo tenetur Grundsatz). Allerdings entbindet dies nicht von der Pflicht zur Vorlage objektiv vorhandener Unterlagen.

Gibt es Verjährungsfristen bei der Verfolgung von verschleiertem Arbeitseinkommen?

Ja, auch bei verschleiertem Arbeitseinkommen gelten spezifische Verjährungsfristen. Steuerrechtlich beträgt die regelmäßige Festsetzungsfrist vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO), bei Steuerhinterziehung jedoch zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Für die strafrechtliche Verfolgung der Steuerhinterziehung gilt ebenfalls eine Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 376 AO. Im Sozial- und Arbeitsrecht richten sich die Fristen nach den jeweils anzuwendenden Gesetzen (z.B. SGB X bzw. SGB II, III oder XII für Sozialleistungen). Werden allerdings durch die Verschleierung weitere Straftatbestände (z.B. Betrug) verwirklicht, können auch hier längere Verjährungsfristen von bis zu zehn Jahren Anwendung finden.

Wie wird verschleiertes Arbeitseinkommen steuerlich behandelt, nachdem es aufgedeckt wurde?

Ist das verschleierte Arbeitseinkommen erst einmal aufgedeckt, wird es rückwirkend der jeweiligen Steuerart zugeordnet und mit dem individuellen Steuersatz nachversteuert. Das Finanzamt setzt die Steuer für den entsprechenden Zeitraum fest und erhebt zusätzlich Hinterziehungszinsen von 0,5 % pro Monat (§ 233a AO). Die Steuerbescheide werden im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 172 ff. AO) oder durch geänderte Bescheide erlassen. Ggf. kommt es zusätzlich zur Festsetzung von Säumniszuschlägen. Kommt eine freiwillige Selbstanzeige nach § 371 AO in Betracht und wird diese rechtzeitig erstattet, kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Strafverfolgung abgesehen werden, allerdings bleibt die Nachsteuerung mit Zinsen bestehen.

Welche Rolle spielen Dritte (Arbeitgeber, Dienstleister, Banken) im Zusammenhang mit verschleiertem Arbeitseinkommen aus rechtlicher Sicht?

Dritte, wie Arbeitgeber, Dienstleister oder Banken, sind nach dem deutschen Recht grundsätzlich zur Mitwirkung bei der Aufklärung steuerlicher oder sozialrechtlicher Sachverhalte verpflichtet. Arbeitgeber müssen nach § 41b EStG Lohnsteuerbescheinigungen ausstellen und können bei Nicht-Weitergabe korrekter Arbeitsentgelte selbst straf- und bußgeldrechtlich belangt werden. Banken sind nach § 93 AO verpflichtet, Auskünfte über Konten- und Geldbewegungen zu erteilen. Sozialleistungsträger können von Banken oder Arbeitgebern entsprechende Auskünfte verlangen, etwa um dem Verdacht des Leistungsmissbrauchs oder der Schwarzarbeit nachzugehen. Verweigert ein Dritter die Mitwirkung, drohen ihm ebenfalls Zwangsmaßnahmen und ggf. strafrechtliche Konsequenzen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 27 StGB).

Welche Möglichkeiten zur strafbefreienden Selbstanzeige gibt es beim verschleierten Arbeitseinkommen?

Das deutsche Steuerrecht sieht in § 371 AO die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige vor, sofern der Steuerpflichtige die hinterzogenen oder verschleierten Einkünfte vollständig und umfassend nachmeldet, bevor die Tat entdeckt ist oder ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Die Selbstanzeige muss sämtliche nicht deklarierte Einkünfte der letzten zehn Jahre enthalten, darf keine wesentlichen Angaben auslassen und bedingt die fristgerechte Nachzahlung sämtlicher geschuldeter Steuern einschließlich Zinsen. Eine strafbefreiende Wirkung tritt nur dann ein, wenn kein Sperrgrund wie eine begonnene Prüfung oder bereits bekannte Tat vorliegt. Auch bei einer erfolgreichen Selbstanzeige bleiben jedoch die steuerlichen Nebenfolgen wie Steuernachzahlung und Zinsen bestehen. In Sozialleistungsfällen gibt es kein vergleichbares Instrument, eine Rückabwicklung und ggf. Strafmilderung können jedoch möglich sein, wenn die Verhältnisse freiwillig und frühzeitig offengelegt werden.