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Vermögenswirksame Leistungen


Begriff und rechtliche Einordnung von Vermögenswirksamen Leistungen

Vermögenswirksame Leistungen (VL, auch vermögenswirksame Leistungen genannt) bezeichnen geldwerte Leistungen des Arbeitgebers, die auf gesetzlicher Grundlage für den Arbeitnehmer angelegt oder verwendet werden, um dessen Vermögensbildung zu fördern. Die vermögenswirksamen Leistungen sind in Deutschland insbesondere durch das Fünfte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Fünftes Vermögensbildungsgesetz – 5. VermBG) geregelt. Sie stellen einen Bestandteil der Vermögensbildung dar und sind eng mit den sogenannten Arbeitnehmer-Sparzulagen verknüpft.

Gesetzliche Grundlagen

Fünftes Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG)

Das 5. VermBG schafft die rechtliche Basis für vermögenswirksame Leistungen. Es legt fest, in welcher Höhe, in welcher Form und zu welchen Zwecken derartige Leistungen vom Arbeitgeber bereitgestellt beziehungsweise vom Arbeitnehmer verwendet werden können. Ziel dieses Gesetzes ist es, die privatwirtschaftliche Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten zu fördern und das Sparen zu incentivieren.

Geltungsbereich

Vom Geltungsbereich des 5. VermBG sind grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Auszubildende umfasst, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Bestimmte Beamtengruppen und Soldaten erhalten vergleichbare Leistungen nach Spezialregelungen.

Anspruchsvoraussetzungen

Obgleich kein Rechtsanspruch auf die Zahlung vermögenswirksamer Leistungen besteht, enthalten viele Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge entsprechende Regelungen. Ein Anspruch kann sich somit aus einer betrieblichen Übung, aus vertraglicher Vereinbarung oder aus tariflichen Grundlagen ergeben. Die Höhe der VL variiert je nach Branche und Vereinbarung, beträgt jedoch häufig zwischen 6 und 40 Euro monatlich.

Formen und Anlagearten der Vermögenswirksamen Leistungen

Zulässige Anlageformen

Das 5. VermBG regelt, für welche Spar- und Anlageformen der Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen leisten kann. Zu den geförderten Anlageformen zählen insbesondere:

  • Bausparverträge
  • Beteiligungssparen (z. B. Fondsparverträge)
  • Akkumulationskonten bei Kreditinstituten
  • Tilgung von Baufinanzierungsdarlehen
  • Lebensversicherungen (mit Einschränkungen)
  • Erwerb von Aktienvermögen (z. B. Fondsanteile)

Die Anlageform muss förderfähig im Sinne des § 2 VermBG sein. Der Arbeitnehmer wählt die Anlageform in der Regel selbst und teilt dem Arbeitgeber die erforderlichen Daten (z. B. Vertragsnummer und Institut) schriftlich mit.

Ablauf und Vertragsschluss

Arbeitnehmer schließen eigenständig einen Sparvertrag bei einer geeigneten Stelle ab. Der Arbeitgeber zahlt daraufhin die vermögenswirksame Leistung direkt an die ausgewählte Anlageinstitution, die nach Wasserfallprinzip die Einzahlungen quittiert und gegenüber dem Finanzamt bestätigt.

Rechtliche Aspekte: Durchführung und Besonderheiten

Vertragsbindung und Verfügungsbeschränkungen

Die Sperrfrist für vermögenswirksame Leistungen beträgt in der Regel sieben Jahre (§ 4 Abs. 2 VermBG). Während der Mindestbindungsdauer (oft sechs Jahre Ansparphase plus ein Jahr Ruhezeit) dürfen die Anlagen im Grundsatz nicht vorzeitig aufgelöst werden, sofern der Arbeitnehmer den Anspruch auf die Arbeitnehmer-Sparzulage geltend machen will.

Übertragbarkeit und Verfall

In bestimmten Fällen – wie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – kann der Arbeitnehmer den VL-Vertrag auf einen neuen Arbeitgeber übertragen lassen. Wird der Vertrag während der Sperrfrist aufgelöst, können Nachteile bei der Förderung (Rückzahlungsverpflichtung oder Verlust der Arbeitnehmersparzulage) entstehen.

Besteuerung und Sozialversicherung

Steuerliche Behandlung

Die vermögenswirksamen Leistungen sind als zu versteuernder Arbeitslohn zu behandeln (§ 19 EStG). Wird ein VL-Vertrag mit Arbeitnehmer-Sparzulage gefördert, stellt diese Zulage eine steuerfreie Leistung nach § 13 Abs. 1 EStG dar, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Kapitalerträge aus den VL-Anlagen unterliegen grundsätzlich der Abgeltungssteuer nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften zur Besteuerung von Kapitalerträgen.

Sozialversicherungspflicht

VL sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt, das in die Berechnungsgrundlage für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung einfließt. Nur in bestimmten Ausnahmefällen, etwa bei Gehaltsumwandlung zugunsten von VL, kann sich dies anders darstellen.

Arbeitnehmer-Sparzulage im Kontext der Vermögenswirksamen Leistungen

Förderung durch Arbeitnehmer-Sparzulage

Arbeitnehmer, die bestimmte Einkommensgrenzen gemäß § 13 Abs. 2 5. VermBG nicht überschreiten, können für vermögenswirksame Leistungen eine Arbeitnehmer-Sparzulage beantragen. Die Höhe der Förderung richtet sich nach der Sparform und beträgt derzeit für Bausparen und Fondsanlagen unterschiedliche Prozentsätze des angelegten Betrags – maximal 43 Euro pro Jahr für Bausparen und 80 Euro pro Jahr für Beteiligungssparen (Stand: 2024).

Beantragung und Auszahlung

Die Arbeitnehmer-Sparzulage ist jährlich nach Ablauf des Sparjahres im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu beantragen. Die Zulage wird nicht direkt ausgezahlt, sondern dem Anlagekonto gutgeschrieben und nach Ablauf der Sperrfrist ausbezahlt.

Beendigung und Sonderfälle

Vorzeitige Auflösung und unschädliche Verwendungen

Unter bestimmten Voraussetzungen, wie Tod, Erwerbsminderung, Arbeitslosigkeit oder Heirat, ist eine vorzeitige, „unschädliche“ Verfügung über die angesparten VL ohne Verlust der Arbeitnehmer-Sparzulage zulässig.

Wechsel des Arbeitgebers

Bei Arbeitgeberwechsel erfolgt entweder die Übertragung der VL-Zahlungen auf den neuen Arbeitgeber oder die privaten Eigenleistungen des Arbeitnehmers, um die Sparrate unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen.

Zusammenfassung

Vermögenswirksame Leistungen sind ein gesetzlich geregeltes Instrument zur Förderung der privaten Vermögensbildung von Arbeitnehmern. Die rechtliche Grundlage bildet das 5. Vermögensbildungsgesetz, das Anspruchsvoraussetzungen, zulässige Anlageformen, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung sowie die Bedingungen der Förderung durch Arbeitnehmer-Sparzulagen spezifiziert. Die sachgerechte Anwendung und Durchführung der vermögenswirksamen Leistungen, unter Beachtung der Bindungsfristen und Förderungsgrenzen, sind für die optimale Nutzung dieses Instruments von zentraler Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Arbeitnehmer erfüllen, um Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen zu haben?

Arbeitnehmer in Deutschland haben einen gesetzlichen Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen (VL), sofern dies im jeweiligen Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag geregelt ist. Ein gesetzlicher Grundanspruch besteht nicht; vielmehr hängt die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von VL häufig von tariflichen Bestimmungen oder freiwilligen Arbeitgeberleistungen ab. Für die Inanspruchnahme ist zudem wichtig, dass es sich um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach deutschem Recht handelt. Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende können ebenfalls anspruchsberechtigt sein, sofern bei ihnen keine ausdrücklichen Ausschlussklauseln bestehen. Arbeitnehmer dürfen außerdem keine geringfügig Beschäftigten (450-Euro-Job) sein. Ein weiterer rechtlicher Aspekt ist, dass die vermögenswirksamen Leistungen nur für bestimmte Anlageformen (wie Bausparverträge, Fondsparpläne oder die Tilgung von Baukrediten) verwendet werden dürfen, die im Fünften Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG) abschließend aufgelistet sind. Der Arbeitnehmer muss eine förderfähige Anlageform auswählen und dem Arbeitgeber mitteilen, wohin die Zahlungen geleistet werden sollen.

Können vermögenswirksame Leistungen rückwirkend eingefordert werden, wenn sie nicht gewährt wurden?

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, vermögenswirksame Leistungen rückwirkend einzufordern, sofern dem Arbeitnehmer ein tariflicher, arbeitsvertraglicher oder betriebsvereinbarter Anspruch auf VL zustand und der Anspruch nicht verjährt oder verwirkt ist. Nach deutschem Zivilrecht beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 195 BGB). Allerdings können in Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen sogenannte Ausschlussfristen geregelt sein, die einen deutlich kürzeren Zeitraum (häufig drei bis sechs Monate) für die Geltendmachung von Ansprüchen vorsehen. Werden diese Ausschlussfristen versäumt, verfällt der Anspruch endgültig. Daher ist Arbeitnehmern dringend zu empfehlen, sich zeitnah um eine Nachzahlung zu bemühen.

Welche rechtlichen Pflichten treffen den Arbeitgeber im Zusammenhang mit vermögenswirksamen Leistungen?

Sobald dem Arbeitnehmer ein rechtlicher Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen zusteht und dieser eine förderfähige Anlageform nachweist sowie die erforderlichen Informationen (bspw. Bankverbindung des Anlageinstituts) bereitstellt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die vereinbarte Zahlung an das benannte Anlageinstitut zu leisten. Der Arbeitgeber fungiert als Zahlstelle und haftet für die ordnungsgemäße und fristgerechte Zahlung. Er muss die VL-Zahlungen auch im Lohnkonto dokumentieren und bei der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung ausweisen (§ 41b EStG). Kommt der Arbeitgeber seiner Zahlungsverpflichtung schuldhaft nicht nach, können dem Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche zustehen. Die regelmäßigen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, etwa zur Abführung von Steuern und Abgaben, bleiben unberührt. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eigene finanzielle Mittel beizusteuern, wenn der Arbeitsvertrag dies nicht vorsieht; er kann sich z.B. auf eine Abwicklung aus dem Bruttolohn – also als sogenannter „Eigenbeitrag“ des Arbeitnehmers – beschränken, sofern dies vereinbart wird.

Was geschieht bei einem Arbeitgeberwechsel mit bestehenden vermögenswirksamen Leistungen?

Bei einem Wechsel des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer die bereits angesammelten VL weiterhin in der ursprünglich gewählten Anlageform belassen, denn diese ist unabhängig vom jeweiligen Arbeitsverhältnis. Ein neuer Anspruch auf VL beim neuen Arbeitgeber entsteht, sofern auch dort ein tariflicher, vertraglicher oder betriebsvereinbarter Anspruch besteht. Der Arbeitnehmer muss jedoch dem neuen Arbeitgeber mitteilen, ob und an welches Anlageinstitut künftig ggf. die VL zu überweisen sind. Rechtlich ist zu beachten, dass eine Doppelförderung (zeitgleiche Inanspruchnahme von VL-Leistungen von zwei Arbeitgebern im selben Zeitraum) ausgeschlossen ist; eine Aufstockung bis zur gesetzlichen Höchstgrenze (meist 40 Euro monatlich, siehe 5. VermBG) ist dagegen erlaubt, sofern unterschiedliche Arbeitgeber Leistungen erbringen und diese separat gezahlt werden. Am bestehenden Vertrag ändert sich durch den Arbeitgeberwechsel rechtlich nichts. Allerdings kann der Arbeitnehmer den Vertrag ruhen lassen, kündigen oder in Abstimmung mit dem neuen Arbeitgeber fortführen.

Welche rechtlichen Regelungen gelten bei Kündigung, Ruhen oder vorzeitiger Verfügung über vermögenswirksame Leistungen?

Das Fünfte Vermögensbildungsgesetz sieht eine gesetzliche Sperrfrist vor, die in der Regel sieben Jahre beträgt (sechs Jahre Einzahlung und ein Jahr Ruhezeit). Während dieser Zeit dürfen die angesparten Gelder grundsätzlich nicht vom Arbeitnehmer verwendet werden. Eine frühzeitige Verfügung ist zwar möglich, führt aber i.d.R. zum Verlust staatlicher Förderungen, etwa der Arbeitnehmersparzulage nach §§ 13 ff. 5. VermBG oder der Wohnungsbauprämie nach §§ 1 ff. WoPog. Kündigt der Arbeitnehmer seinen Vertrag vor Ablauf der Sperrfrist oder verfügt er auf andere Weise über das angesparte Vermögen, muss das Anlageinstitut dies dem Finanzamt melden. Einige Ausnahmen von dieser Regel existieren, zum Beispiel bei Tod, Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit des Vertragspartners, die eine vorzeitige Verfügung ohne Verlust der Förderung erlauben. Im Fall von Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann der VL-Vertrag privat mit eigenen Mitteln weiterbespart oder auf einen neuen Arbeitgeber übertragen werden.

Was passiert rechtlich mit vermögenswirksamen Leistungen im Falle einer Pfändung?

Vermögenswirksame Leistungen unterliegen grundsätzlich dem Pfändungsschutz, wenn sie in zulässigen Vertragsformen gemäß dem 5. VermBG angelegt werden und die Sperrfrist nicht abgelaufen ist. Bis zum Ablauf dieser Frist sind die angesparten Beträge als „zweckgebundene Vermögensbildung“ gemäß § 4 Abs. 2 5. VermBG grundsätzlich unpfändbar. Erst nach Ende der Sperrfrist oder bei vorzeitiger Verfügung können Gläubiger auf das angesparte Vermögen zugreifen, sofern entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vorliegen. Stirbt der Vertragsinhaber, fällt das angesparte Guthaben in den Nachlass und unterliegt den allgemeinen Erb- sowie ggf. Pfändungsregelungen. Umstände wie Insolvenzeröffnung oder Unterhaltsforderungen können jedoch zu abweichenden rechtlichen Beurteilungen führen.

Welche Mitwirkungs- und Informationspflichten haben Arbeitnehmer im Rahmen vermögenswirksamer Leistungen?

Arbeitnehmer sind verpflichtet, dem Arbeitgeber rechtzeitig und vollständig alle für die VL-Zahlung notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen, insbesondere die Bescheinigung des gewählten Anlageinstituts (VL-Bescheinigung) mit allen erforderlichen Vertragsdaten und Kontoverbindungen. Änderungen, wie beispielsweise ein Wechsel der Bankverbindung oder des Vertragsprodukts, müssen ebenfalls umgehend angezeigt werden, damit der Arbeitgeber seiner Zahlungspflicht korrekt nachkommen kann. Kommt der Arbeitnehmer seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, geldwerte Leistungen zu erbringen oder ggf. nachzuzahlen. Außerdem obliegt es dem Arbeitnehmer, Anträge auf staatliche Förderung (wie die Arbeitnehmersparzulage) eigenständig und fristgerecht bei der zuständigen Finanzbehörde zu stellen. Bei nachträglichen Änderungen oder Beendigungen des Vertrags sind Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber hierüber zu informieren, um rechtliche Nachteile oder Fehlüberweisungen zu vermeiden.