Vermögensverwaltung (steuerlich): Begriff, Bedeutung und rechtliche Einordnung
Die steuerliche Vermögensverwaltung ist ein zentraler Begriff im deutschen Steuerrecht und spielt bei der Abgrenzung zu gewerblichen sowie privaten Einkünften eine bedeutende Rolle. Die Beurteilung, ob bestimmte Tätigkeiten unter die Vermögensverwaltung fallen, hat erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von natürlichen und juristischen Personen. Nachstehend werden Begriff, Rechtsgrundlagen, Systematik, steuerliche Folgen und Abgrenzungsfragen umfassend erläutert.
Begriff der steuerlichen Vermögensverwaltung
Unter Vermögensverwaltung (steuerlich) versteht man die Nutzung eigenen oder treuhänderisch verwalteten Vermögens mit dem Ziel, Einkünfte aus einer Substanz (zum Beispiel Grundstücke, Kapitalvermögen oder bewegliche Sachen) zu erzielen, ohne dabei eine nachhaltige unternehmerische Betätigung zu entfalten. Der Begriff dient insbesondere der Abgrenzung zur gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeit.
Kernmerkmale der Vermögensverwaltung sind die Erzielung von laufenden Erträgen durch z. B. Zinsen, Dividenden, Mieten und Pachten sowie die passive Verwaltung der Substanz, ohne eine auf Umschichtung gerichtete Tätigkeit oder andere aktive wirtschaftliche Aktivitäten zu entwickeln.
Rechtsgrundlagen der Vermögensverwaltung im Steuerrecht
Einkommensteuerliche Vorschriften
Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen finden sich im Einkommensteuergesetz (EStG), insbes. in folgenden Vorschriften:
- § 2 Abs. 1 EStG: Definiert die sieben Einkunftsarten, wobei Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) regelmäßig der Vermögensverwaltung zugeordnet werden.
- § 15 EStG: Abgrenzung zu den gewerblichen Einkünften.
Gewerbesteuerliche Abgrenzung
Für Zwecke der Gewerbesteuer (§§ 2, 15 GewStG) ist die Vermögensverwaltung ausschlaggebend, da lediglich gewerbliche Tätigkeiten der Gewerbesteuer unterliegen. Das Festhalten an der Vermögensverwaltung führt somit zur Nichtsteuerpflicht bei der Gewerbesteuer.
Körperschaftsteuer
Bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ist die Frage der Vermögensverwaltung auch für die Körperschaftsteuer (§§ 1 ff. KStG) und deren Sachverhalte relevant, insbesondere im Rahmen der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 und 2 GewStG für Grundstücksunternehmen.
Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten
Abgrenzung zur gewerblichen Tätigkeit
Die wichtigste Abgrenzung besteht zu einer gewerblichen Betätigung. Maßgeblich ist hier das Vorliegen der sogenannten „gewerblichen Prägung“ bzw. musikalische Abgrenzungskriterien nach Rechtsprechung und Verwaltungspraxis:
- Aktive unternehmerische Tätigkeit: Liegt vor, wenn der Einsatz von Arbeitskraft und die Absicht, durch Umschichtung und/oder Einsatz fremder Mittel aktiv Gewinne zu erzielen, im Vordergrund stehen.
- Nachhaltigkeit und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr: Gewerblich ist eine Tätigkeit dann, wenn sie nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt angeboten wird.
Typische Beispiele: Die einmalige Veräußerung eines Grundstücks bleibt Vermögensverwaltung, während der wiederholte An- und Verkauf von Immobilien zum Zweck der Gewinnerzielung als gewerblicher Grundstückshandel gilt.
Abgrenzung zu privater Vermögensverwaltung
Im Rahmen des Steuerrechts ist „private Vermögensverwaltung“ oft synonym mit steuerlicher Vermögensverwaltung, jedoch unterscheidet das Gesetz u.a. zwischen der steuerlich relevanten Einkunftserzielung (bspw. Vermietung von Wohnraum) und rein privatem Konsum (Selbstnutzung des Eigentums ohne Einkunftserzielung).
Steuerliche Folgen und Behandlung
Einkünfte aus Vermögensverwaltung
Einkünfte aus Vermögensverwaltung werden in der Einkommensteuer besteuert:
- Grundstücksvermögen: Mieteinnahmen unterliegen der Besteuerung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG).
- Kapitalvermögen: Zinsen, Dividenden und sonstige Erträge werden als Einkünfte nach § 20 EStG erfasst.
- Sonstige Einkünfte: Beispielsweise Veräußerungsgewinne, wenn sie unter die Spekulationsfrist fallen oder bei bestimmten Beteiligungen.
Betriebsausgaben und Werbungskosten
Im Rahmen der Vermögensverwaltung können sämtliche mit der Verwaltung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen, wie Instandhaltungskosten oder Schuldzinsen, als Werbungskosten (§ 9 EStG) geltend gemacht werden. Betriebsausgabenabzug ist ausgeschlossen, da keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.
Umsatzsteuerrechtliche Besonderheiten
Vermögensverwaltende Betätigungen können – je nach Art der Umsätze – umsatzsteuerbar und ggf. umsatzsteuerpflichtig sein, sofern sie als nachhaltige Leistungserbringung gelten (vgl. § 2 UStG). Für bestimmte Umsätze (z.B. Wohnraumvermietung) sind jedoch steuerliche Steuerbefreiungen vorgesehen (§ 4 Nr. 12 UStG).
Gewerbesteuerliche Behandlung
Wird ausschließlich vermögensverwaltend tätig, entfällt die Gewerbesteuerpflicht. Überschreitet die Tätigkeit jedoch Schwellenwerte (z. B. bei Überschreitung der Grundstücksumschichtungsquote), kann eine gewerbliche Prägung oder ein gewerblicher Grundstückshandel angenommen werden.
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis
Die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb ist durch eine umfangreiche und stetig weiterentwickelte Rechtsprechung, insbesondere durch den Bundesfinanzhof (BFH), geprägt. Wesentliche Leitsätze sind:
- Die Verwaltung eigenen Vermögens stellt keinen Gewerbebetrieb dar. Zu einer gewerblichen Tätigkeit wird sie erst, wenn sie den Rahmen üblicher privater Vermögensverwaltung überschreitet.
- Die Grenze wird überschritten, wenn etwa bei der Immobilienverwaltung planmäßig mehrere Objekte gehandelt, erschlossen oder entwickelt werden (vgl. BFH, Urteil vom 10.12.2019, IX R 38/18).
Praktische Beispiele der steuerlichen Vermögensverwaltung
Immobilienbesitz
Die Vermietung einer oder mehrerer Wohnungen durch Privatpersonen bleibt Vermögensverwaltung, solange kein systematischer An- und Verkauf von Immobilien stattfindet.
Kapitalanlagen
Das Halten und Verwalten von Wertpapieren und die Vereinnahmung daraus resultierender Erträge gelten als Vermögensverwaltung, auch im Fall gemeinschaftlicher Vermögensverwaltung etwa durch Investmentfonds, sofern keine unternehmerische Einflussnahme erfolgt.
Beteiligung an Personengesellschaften
Personengesellschaften werden als vermögensverwaltende Gesellschaften behandelt, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und keine originär gewerblichen Tätigkeiten entfalten.
Typische Fallgestaltungen und Sonderkonstellationen
Erbengemeinschaften
Erbengemeinschaften, die Immobilienvermögen verwalten, unterliegen ebenfalls den Grundsätzen der Vermögensverwaltung, sofern sie nicht gewerblich geprägt oder tätig werden.
Familienstiftungen und Vermögensverwaltende Gesellschaften
Familienstiftungen und vermögensverwaltende Gesellschaften (z. B. GbR oder GmbH & Co. KG), die ausschließlich eigene Vermögenswerte verwalten, sind regelmäßig vermögensverwaltend tätig und unterliegen insoweit nicht der Gewerbesteuer. Bei Erweiterung des Geschäftskreises und Überschreitung der Verwaltungsschwelle kann Gewerbesteuerpflicht entstehen.
Zusammenfassung und Bedeutung in der steuerlichen Praxis
Die steuerliche Vermögensverwaltung ist maßgeblich für die Einordnung vieler Alltags- und Unternehmenskonstrukte. Sie stellt sicher, dass steuerliche Pflichten und Rechte korrekt zugeordnet werden. Die genaue Abgrenzung zu gewerblichen Tätigkeiten ist für die Besteuerung entscheidend und sollte bei jeder Gestaltung und Bewertungsfrage im Steuerrecht sorgfältig geprüft werden.
Die Vielzahl an Einzelfragen, die durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorgaben gereift sind, führt zu einem dynamischen Auslegungsrahmen, der regelmäßiger Kontrolle und Beurteilung bedarf. Die steuerlichen Folgen, insbesondere im Bereich von Ertragsteuern und Gewerbesteuern, können erhebliche Auswirkungen auf die Steuerlast haben.
Damit ist die korrekte Einordnung der Vermögensverwaltung im steuerlichen Sinne wesentlicher Bestandteil jeder steuerlich fundierten Gestaltungs- und Verwaltungsentscheidung.
Häufig gestellte Fragen
Wie werden Gewinne aus der Vermögensverwaltung steuerlich behandelt?
Gewinne aus der Vermögensverwaltung unterliegen grundsätzlich der Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Einkommenssteuergesetz (EStG). Das betrifft insbesondere Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne aus Wertpapierveräußerungen. Dabei greift in Deutschland die sogenannte Abgeltungsteuer, welche pauschal 25 % beträgt, zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die Abgeltungsteuer wird in der Regel direkt von der depotführenden Bank einbehalten und an das Finanzamt abgeführt (Quellensteuerabzug). Die Steuerpflicht bleibt jedoch auch dann bestehen, wenn Kapitalerträge über ausländische Banken erzielt werden-hier ist der Anleger verpflichtet, die erzielten Gewinne eigenständig in seiner Steuererklärung anzugeben. Wichtige steuerliche Freibeträge, wie der Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro (für Einzelpersonen, Stand 2024), können geltend gemacht werden. Darüber hinaus sind Verluste aus der Vermögensverwaltung grundsätzlich nur mit Gewinnen aus derselben Einkunftsart verrechenbar und nicht mit anderen Einkunftsarten, wie etwa Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Welche steuerlichen Pflichten entstehen bei der Beauftragung eines externen Vermögensverwalters?
Die Beauftragung eines externen Vermögensverwalters führt grundsätzlich nicht zu einer Änderung der steuerlichen Pflichten des Anlegers, da der Vermögensverwalter lediglich als Beauftragter im Auftrag des Mandanten handelt und keine eigenen Einkünfte aus dem verwalteten Vermögen generiert. Der Investor bleibt für die korrekte Deklaration der Kapitalerträge verantwortlich. Die von dem Vermögensverwalter erhaltenen Abrechnungen und Berichte dienen dabei als Grundlage für die Ermittlung der steuerpflichtigen Erträge. Honorare und Gebühren für den Vermögensverwalter sind bei Privatpersonen nicht von der Steuer als Werbungskosten abziehbar, da der Werbungskostenabzug für Einkünfte aus Kapitalvermögen gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 20 Abs. 9 EStG). Im betrieblichen Kontext können diese Gebühren jedoch als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Wie werden ausländische Einkünfte aus der Vermögensverwaltung in Deutschland besteuert?
Erzielt ein Anleger Einkünfte aus ausländischen Quellen, wie beispielsweise ausländische Dividenden oder Zinsen, so unterliegen diese ebenfalls der deutschen Besteuerung, sofern der Anleger in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Häufig wurden auf solche Erträge bereits im Ausland Quellensteuern einbehalten. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sieht das deutsche Steuerrecht die Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die deutsche Abgeltungsteuer vor, soweit entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bestehen und die Anrechnungshöchstgrenze nicht überschritten wird. Die verbleibende Differenz ist in Deutschland steuerpflichtig und muss im Rahmen der Einkommensteuererklärung deklariert werden.
Wie sind thesaurierende Fonds aus steuerlicher Sicht zu behandeln?
Thesaurierende Fonds, die Erträge nicht ausschütten, sondern diese im Fondsvermögen belassen und wieder anlegen, unterliegen seit dem Investmentsteuerreformgesetz 2018 einer modifizierten Besteuerung. Steuerlich relevant sind pauschale Vorabpauschalen sowie tatsächliche Gewinne bei der Veräußerung von Fondsanteilen. Die Vorabpauschale wird jährlich als fiktiver Ertrag angesetzt und ist steuerpflichtig, auch wenn keine tatsächliche Ausschüttung erfolgt. Spätestens bei Verkauf der Anteile sind die angesammelten Wertsteigerungen zu versteuern. Die depotführende Bank ist grundsätzlich zur Abführung der entsprechenden Steuer verpflichtet, bei ausländischen Banken obliegt dies dem Steuerpflichtigen selbst.
Können Verluste aus der Vermögensverwaltung steuerlich geltend gemacht werden?
Verluste, die im Rahmen der Vermögensverwaltung aus Wertpapiergeschäften oder der Veräußerung von Kapitalanlagen entstehen, können grundsätzlich mit Gewinnen aus derselben Einkunftsart, also den Einkünften aus Kapitalvermögen, verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 EStG). Die Verrechnung ist jedoch begrenzt: Verluste aus Aktienverkäufen dürfen nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen, nicht mit anderen Kapitalerträgen, verrechnet werden. Verluste, die nicht im selben Jahr ausgeglichen werden können, dürfen als Verlustvortrag in kommende Steuerjahre übernommen werden. Eine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten, beispielsweise Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, ist nicht möglich.
Welche Unterschiede bestehen steuerlich zwischen privater und betrieblicher Vermögensverwaltung?
Bei der privaten Vermögensverwaltung werden Zinsen, Dividenden und Kursgewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert – in der Regel via Abgeltungsteuer. Werbungskostenabzüge sind, mit Ausnahme des Sparer-Pauschbetrags, ausgeschlossen. Im betrieblichen Bereich – also bei der Vermögensverwaltung durch Unternehmen oder Einzelunternehmer im Rahmen des Betriebsvermögens – fließen Kapitalerträge in die steuerliche Gewinnermittlung ein. Hier können entsprechende Kosten, wie Depotgebühren, Beratungshonorare oder Fremdkapitalzinsen, als Betriebsausgaben steuerlich abgezogen werden. Ebenso erfolgt die Besteuerung nicht über die Abgeltungsteuer, sondern über den individuellen Unternehmenssteuersatz (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer bzw. Einkommensteuer), was zu abweichenden Steuerbelastungen führen kann.
Wie wirken sich Steuervorteile durch Doppelbesteuerungsabkommen in der Vermögensverwaltung aus?
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) verhindern, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen doppelt besteuert werden, sofern ein Anleger sowohl im Inland als auch im Ausland Einkünfte erzielt. Im Rahmen von DBAs wird geregelt, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht und in welchem Umfang im Ausland gezahlte Steuern auf die deutsche Steuerschuld angerechnet werden können. Die praktische Auswirkung ist, dass Quellensteuern, die auf Dividenden oder Zinsen im Ausland gezahlt wurden, bis zu einem bestimmten Höchstsatz auf die deutsche Steuer angerechnet werden. Übersteigt die ausländische Quellensteuer den durch das DBA vorgesehenen Höchstsatz, ist der übersteigende Anteil nicht anrechenbar, kann aber unter Umständen im Quellenstaat rückgefordert werden. Die konkrete Anrechnung erfolgt im Rahmen der jährlichen Einkommensteuerveranlagung.