Begriff und Rechtsnatur der Verlobung
Die Verlobung (auch Eheschließungsversprechen genannt) bezeichnet das gegenseitige Versprechen zweier Personen, künftig miteinander die Ehe einzugehen. Sie bildet in den meisten Rechtsordnungen keine bindende Vorstufe zur Ehe, sondern stellt vielmehr ein familienrechtliches Rechtsinstitut dar, das rechtliche Wirkungen, vor allem im Schadens- und Ausgleichsrecht, entfaltet, ohne dabei unmittelbar zur Eheschließung zu verpflichten. Die Verlobung wird im deutschen Recht in den §§ 1297 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. In anderen deutschsprachigen Rechtsordnungen, wie etwa in Österreich (§§ 45 ff. ABGB) und der Schweiz (Art. 90 ff. ZGB) finden sich vergleichbare Regelungen.
Historische Entwicklung
Das Institut der Verlobung war bereits im römischen Recht und im germanischen Recht bekannt. Ursprünglich hatte die Verlobung teils sehr weitreichende, auch gesellschaftlich relevante Wirkungen, die weit über eine Absichtserklärung zur Heirat hinausgingen. Mit der Modernisierung der Rechtsordnungen wurde die Bedeutung überwiegend auf das familienrechtliche Vorfeld der Eheschließung reduziert.
Voraussetzungen und Wirksamkeit der Verlobung
Form und Zustandekommen
Für das Zustandekommen einer Verlobung ist keine besondere Form vorgeschrieben. Das Versprechen kann mündlich, schriftlich oder auch konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erklärt werden. Wesentlich ist, dass beide Partner übereinstimmend und wechselseitig den Willen bekunden, künftig die Ehe miteinander eingehen zu wollen.
Ein einseitiges Versprechen oder Absichtserklärungen, die nicht erwidert werden, genügen nicht. Die Verlobung ist ein zweiseitig verpflichtendes Rechtsgeschäft.
Geschäftsfähigkeit
Eine Verlobung setzt grundsätzlich die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten voraus. Personen, die das siebente Lebensjahr vollendet haben, können sich gemäß § 1304 BGB verloben, sofern sie nicht geschäftsunfähig im Sinne des § 104 BGB sind. Minderjährige benötigen unter Umständen die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter, wobei nach § 1303 BGB eine Ehe in Deutschland erst ab Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossen werden darf.
Sittenwidrigkeit und Irrtum
Die Verlobung ist sittenwidrig und damit nichtig, wenn sie unter unzulässigen Bedingungen, etwa durch Zwang, Drohung oder Täuschung zustande kommt. Ein Irrtum über die Person, mit der man sich verlobt, kann ebenfalls zur Anfechtbarkeit der Verlobung führen.
Rechtsfolgen der Verlobung
Kein Klagerecht auf Eheschließung
Ein hervorstechendes Merkmal der Verlobung ist, dass aus ihr kein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf die Eheschließung selbst erwächst. Die Durchsetzung einer Heirat ist nach § 1297 Abs. 1 BGB grundsätzlich ausgeschlossen; ein Zwang zur Ehe soll in modernen Rechtssystemen verhindert werden.
Rücktritt von der Verlobung
Jede Partei kann jederzeit von der Verlobung zurücktreten, ohne hierfür Gründe angeben zu müssen (§ 1297 Abs. 2 BGB). Die Auflösung der Verlobung wird als Lösung oder Rücktritt bezeichnet. Ein Rücktritt ist grundsätzlich formfrei möglich.
Schadensersatzansprüche bei Rücktritt
Wird die Verlobung gelöst, regelt das Gesetz in § 1298 BGB die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche. Ein Rücktritt vom Verlöbnis kann aus „einem wichtigen Grund“ erfolgen. Tritt jedoch ein Verlobter ohne wichtigen Grund zurück oder gibt einen solchen Anlass, ist er verpflichtet, dem anderen Teil und dessen Eltern oder dritten Personen, die im Hinblick auf die Verlobung Aufwendungen gemacht haben, den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.
Umfang des Ersatzanspruchs
Der Schadensersatzanspruch umfasst gewöhnlich solche Vermögensnachteile, die im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung entstanden sind (zum Beispiel Auslagen für gemeinsame Haushaltsplanung, Hochzeitsvorbereitungen oder Geschenke von dritter Seite). Immaterielle Schäden oder entgangene Ehe sind dagegen nicht ersatzfähig.
Ausschlussfristen und Verjährung
Der Anspruch auf Schadensersatz verjährt nach § 1299 BGB binnen drei Jahren ab der Auflösung der Verlobung.
Sonderregelungen im Zusammenhang mit Geschenken
Häufig werden im Zusammenhang mit einer Verlobung Geschenke ausgetauscht (z. B. Verlobungsringe) oder von Dritten an das Paar gegeben. Nach § 1301 BGB können Geschenke, die im Hinblick auf die erwartete Ehe gemacht wurden, bei Rücknahme der Verlobung zurückverlangt werden, sofern die Ehe nicht geschlossen wird. Dies betrifft sowohl Verlobte untereinander als auch Dritte, die aus Anlass der Verlobung Schenkungen gemacht haben.
Verlobung im internationalen Kontext
Die rechtlichen Wirkungen und Gewichtungen des Verlöbnisses sind international sehr unterschiedlich ausgestaltet. In manchen Staaten hat das Versprechen der Eheschließung weit mehr bindenden Charakter, teils ist eine Verlobung Voraussetzung für standesamtliche oder religiöse Trauungen.
Im deutschen internationalen Privatrecht bestimmt Art. 13 EGBGB das für Verlöbnisse maßgebliche Recht. Grundsätzlich unterliegt die Verlobung dem für die Eheschließung anzuwendenden Recht der jeweiligen Verlobten.
Ende der Verlobung und Tod eines Verlobten
Die Verlobung endet mit der Eheschließung, durch Rücktritt oder auch durch den Tod eines der Verlobten. Mit dem Tod eines Partners erlöschen auch die mit der Verlobung verbundenen Ansprüche; etwaige Schadensersatz- oder Rückabwicklungsrechte sind dann regelmäßig ausgeschlossen.
Öffentliche und private Bedeutung der Verlobung
Obwohl rechtlich die Verlobung heute vor allem als Verpflichtung zur Eheschließung weitgehend bedeutungslos geworden ist, hat sie im gesellschaftlichen und emotionalen Kontext vielfach noch eine wichtige Rolle als Zeichen des Eheversprechens. Das Zeigen eines Verlobungsrings oder die Annonce der Verlobung in den Medien begründet jedoch keine besonderen rechtlichen Folgen.
Zusammenfassung
Die Verlobung ist ein rechtlich geregeltes, besonderes familienrechtliches Rechtsgeschäft, aus dem keine unmittelbare Verpflichtung zur Ehe resultiert. Sie entfaltet jedoch Rechtswirkungen im Hinblick auf Schadensersatz, Rückgabe von Geschenken und wirkt sich auf bestimmte Ausgleichsansprüche aus. Die Verlobung unterliegt keinen Formvorschriften, kann jederzeit gelöst werden und endet automatisch mit der Eheschließung beziehungsweise durch Tod eines Partners. In internationalen Kontexten kann die Rechtslage abweichen, sodass stets die jeweiligen nationalen Bestimmungen zu berücksichtigen sind.
Häufig gestellte Fragen
Ist eine Verlobung rechtlich bindend?
Ein Verlöbnis ist nach deutschem Recht (§ 1297 BGB) ein gegenseitiges Versprechen zweier Personen, später eine Ehe miteinander einzugehen. Rechtlich gesehen ist das Verlöbnis jedoch nicht bindend im Sinne eines einklagbaren Anspruchs auf Eheschließung. Das bedeutet, keine der Parteien kann die andere gerichtlich dazu zwingen, die Ehe tatsächlich einzugehen. Ein Rücktritt vom Verlöbnis ist jederzeit möglich, ohne dass rechtliche Sanktionen befürchtet werden müssen. Jedoch können aus einer gelösten Verlobung bestimmte Ersatzansprüche resultieren, beispielsweise Ersatz für bereits entstandene Aufwendungen im Zusammenhang mit der geplanten Hochzeit oder für Vermögensschäden, die durch das Vertrauen auf die Eheschließung entstanden sind (§ 1298 BGB). Diese Ansprüche richten sich jedoch ausschließlich auf materielle Schäden, nicht jedoch auf immaterielle Schäden wie etwa entgangenes Glück oder erlittene seelische Verletzungen.
Welche Ansprüche bestehen nach einer gelösten Verlobung?
Wird ein Verlöbnis gelöst, gleichgültig aus welchem Grund und von welcher Partei, entstehen daraus unter Umständen sogenannte Rückgewähr- und Schadensersatzansprüche. Nach §§ 1298 und 1299 BGB kann derjenige, der das Verlöbnis schuldhaft löst oder einen wichtigen Grund für die Lösung gegeben hat, zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet sein, die dem anderen im Vertrauen auf die Eheschließung entstanden sind (zum Beispiel Kosten für die Hochzeitsvorbereitungen, Kauf gemeinsamer Haushaltsgegenstände, Reisekosten für gemeinsame Wohnungssuche etc.). Darüber hinaus sind auch Geschenke, die im Hinblick auf die Eheschließung gemacht wurden (etwa Verlobungsringe, größere Geldgeschenke), nach § 1301 BGB zurückzugeben. Zu beachten ist hierbei, dass diese Ansprüche innerhalb eines Jahres nach der Lösung des Verlöbnisses geltend gemacht werden müssen, da sie sonst verjähren.
Welche Rechtsfolgen hat ein Verlöbnis auf das Erbrecht?
Ein Verlöbnis alleine begründet keine gesetzlichen Erbansprüche zwischen den verlobten Personen. Erst durch die tatsächliche Eheschließung entstehen gesetzliche Erbansprüche gemäß den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Allerdings kommen unter bestimmten Umständen besondere erbrechtliche Vorschriften zur Anwendung: Hat ein Verlobter zu Gunsten des anderen ein Testament oder Vermächtnis erstellt, kann die Rücknahme eines solchen Versprechens im Zuge einer Lösung des Verlöbnisses rechtliche Auswirkungen haben (z. B. Widerruf von Zuwendungen). Generell bleibt jedoch festzuhalten, dass das bloße Bestehen eines Verlöbnisses keine unmittelbaren Rechte oder Pflichten im Erbrecht erzeugt.
Gibt es Rechte oder Pflichten hinsichtlich des Verlobungsrings nach einer Auflösung?
Der Verlobungsring gilt in rechtlicher Hinsicht als ein anlässlich der eingegangenen Aussicht auf Eheschließung gemachtes Geschenk. Wird das Verlöbnis gelöst, kann nach § 1301 BGB der Herausgabeanspruch geltend gemacht werden, sofern der Ring ausdrücklich im Hinblick auf die geplante Ehe geschenkt wurde. In der Praxis wird der Rückgabewunsch oft differenziert bewertet: Hat derjenige, der das Verlöbnis gelöst hat, „schuldhaft Anlass“ für die Trennung gegeben, ist dieser zur Rückgabe bzw. zum Wertersatz verpflichtet. Gleiches gilt, wenn der Ring einen besonders hohen Wert hat und daher über ein übliches Geschenk hinausgeht. In der Regel wird der Verlobungsring jedoch nach der Auflösung des Verlöbnisses an den Schenkenden zurückgegeben, es sei denn, eine Partei hat einen wichtigen Grund für die Trennung geliefert.
Besteht eine gesetzliche Pflicht zur Anmeldung oder Dokumentation der Verlobung?
Das deutsche Recht sieht keine Pflicht zur Anzeige, Anmeldung oder Dokumentation eines Verlöbnisses gegenüber einer Behörde vor. Das Verlöbnis ist ein rein privatrechtliches Versprechen ohne formale Anforderungen und ohne Einfluss auf öffentliche Register, wie etwa das Melderegister oder das Standesamt. In der Praxis hat dieser Umstand den Effekt, dass weder eine öffentliche Bekanntmachung noch eine amtliche Bestätigung für das Zustandekommen oder das Ende eines Verlöbnisses erforderlich ist. Das Verlöbnis entsteht und endet ausschließlich durch die Willenserklärungen der Beteiligten.
Welche Auswirkungen hat ein Verlöbnis auf Unterhaltsansprüche?
Ein Verlöbnis begründet keinerlei gesetzliche Unterhaltsansprüche zwischen den verlobten Personen. Unterhaltsverpflichtungen ergeben sich nach deutschem Recht ausschließlich im Rahmen einer bestehenden Ehe oder bei gemeinsamer Elternschaft für ein gemeinsames Kind. Während der Zeit des Verlöbnisses bestehen somit keine besonderen gesetzlichen Verpflichtungen, den anderen finanziell zu unterstützen. Lediglich Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen können im Falle einer Lösung des Verlöbnisses unter bestimmten Bedingungen erhoben werden (siehe hierzu auch die Ausführungen zu Schadensersatz- und Rückgewähransprüchen).
Können Verlobte gemeinsam Verträge abschließen, die über das Verlöbnis hinauswirken?
Verlobte können grundsätzlich gemeinsam Verträge abschließen, beispielsweise den gemeinsamen Mietvertrag für eine künftige Wohnung oder Kaufverträge über Haushaltsgegenstände. Rechtlich betrachtet wirken diese Verträge unabhängig vom Personenstand, das heißt, ein Rücktritt vom Verlöbnis hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit solcher Verträge. Erst bei der Eheschließung entstehen spezifische Rechte und Pflichten, wie etwa gemeinsames Eigentum nach den Regeln des ehelichen Güterrechts. Im Fall einer gelösten Verlobung müssen vertragliche Verpflichtungen ebenso eingehalten werden, als hätte es das Verlöbnis nicht gegeben; eventuelle gemeinsame Verbindlichkeiten bestehen weiter, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren eine Aufhebung oder Umgestaltung.
Welche Rolle spielt das Verlöbnis im Ausländerrecht?
Ein Verlöbnis kann im ausländerrechtlichen Kontext von Bedeutung sein, beispielsweise bei der Beantragung eines Visums zur Eheschließung (§ 6 Abs. 3 AufenthV). In diesem Zusammenhang reicht ein anerkanntes Verlöbnis oft aus, um ein kurzfristiges Visum für den Zweck der Eheschließung zu erhalten. Ein Verlöbnis allein begründet jedoch noch keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus oder ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Erst durch die tatsächliche Eheschließung entstehen weitergehende Rechte hinsichtlich Familienzusammenführung und Aufenthaltsrecht. Trotzdem kann der Nachweis eines bestehenden Verlöbnisses den Verwaltungsbehörden als Indiz für die Ernsthaftigkeit der Heiratsabsicht dienen.