Verkehrszentralregister – Rechtliche Grundlagen und umfassende Darstellung
Begriff und Funktion des Verkehrszentralregisters
Das Verkehrszentralregister (VZR) war eine zentrale bundesweite Datenbank in Deutschland, in welcher Verkehrsverstöße, Maßnahmen und verkehrsbezogene Entscheidungen gesammelt und gespeichert wurden. Die rechtliche Grundlage für das Verkehrszentralregister bildete insbesondere das Straßenverkehrsgesetz (StVG). Mit Inkrafttreten des Fahreignungsregisters im Jahr 2014 wurde das VZR in das Fahreignungsregister (FAER) überführt, das im Inhalt und in den Regelungen jedoch weitgehend an das System des VZR anknüpft.
Gesetzliche Grundlagen
Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Das Verkehrszentralregister war in den §§ 28-30a StVG geregelt. Es diente der Erfassung von Daten über Personen, gegen die Verkehrsverstöße, strafrechtliche Verurteilungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder Maßnahmen im Ruhen und Fließen des Verkehrs erlassen wurden. Die Überführung in das Fahreignungsregister im Jahr 2014 erweitert und modernisiert die Datenerfassung und -verarbeitung, bleibt aber im Grundsatz weiterhin dem ursprünglichen Zweck verpflichtet.
Verordnung über das Register (VZRAV)
Eine ergänzende rechtliche Grundlage stellte die Verordnung über das Verkehrszentralregister und das Fahreignungsregister dar, welche Einzelheiten der Eintragung, Löschung und Datenverwendung vorschreibt.
Aufbau und Funktionsweise
Eintragungsfähige Entscheidungen
Im Verkehrszentralregister wurden folgende Entscheidungen eingetragen:
- Ordnungswidrigkeiten mit Regelfahrverbot oder Bußgeld über einer bestimmten Schwelle (meist 40 EUR)
- Straftaten im Bereich des Straßenverkehrs (zum Beispiel Trunkenheitsfahrten gemäß § 316 StGB)
- Entziehung, Versagung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis
- Teilnahme an einem Aufbauseminar oder einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), sofern die Teilnahme gerichtlich oder behördlich angeordnet war
Punktesystem
Das Verkehrszentralregister bildete die Grundlage für das in Deutschland bekannte „Punktesystem in Flensburg“. Jede Eintragung wurde mit einer definierten Punktzahl bewertet, abhängig von der Schwere des Verstoßes. Ab bestimmten Punkteständen waren Maßnahmen bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis vorgesehen.
Löschung und Tilgung
Die Tilgung von Einträgen richtete sich nach festen Tilgungsfristen, die – je nach Art und Schwere des Verstoßes – zwischen zweieinhalb und zehn Jahren variieren konnten. Tilgungshemmungen waren beispielsweise dann vorgesehen, wenn während der Tilgungsfrist neue relevanten Entscheidungen eingetragen wurden.
Mitteilung und Auskunftsrecht
Eintragungsberechtigte Behörden (beispielsweise Strafgerichte, Bußgeldstellen, Fahrerlaubnisbehörden) waren verpflichtet, relevante Entscheidungen ohne Verzögerung an das Register zu melden. Betroffene Personen hatten nach § 30 StVG das Recht, auf Antrag kostenpflichtig Auskunft über ihre Einträge zu erhalten.
Zweck des Verkehrszentralregisters
Das Register hatte mehrere Hauptziele:
- Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten, wiederholt auffälligen Kraftfahrzeugführern
- Effiziente und bundesweit einheitliche Sanktionsdurchsetzung
- Unterstützung der Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über Fahrverbote oder die Entziehung der Fahrerlaubnis
- Förderung von Verkehrserziehung und Bewusstseinsbildung für rechtstreues Verhalten im Straßenverkehr
Datenschutz und Datensicherheit
Die Verarbeitung personenbezogener Daten war durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und spezielle Vorschriften des StVG streng geregelt. Die Weitergabe von Registerdaten an andere Behörden oder private Dritte war nur unter genau definierten Voraussetzungen möglich:
- Behörden der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr waren regelmäßig zugriffsberechtigt.
- Versicherungen, Arbeitgeber oder Privatpersonen erhielten lediglich unter engen gesetzlichen Bedingungen (z.B. Vorlage eines berechtigten Interesses) Auskunft.
Übergang zum Fahreignungsregister
Im Zuge der Reform des Punktesystems wurde zum 1. Mai 2014 das Verkehrszentralregister in das Fahreignungsregister überführt. Die gespeicherten Daten wurden migriert und bestehen grundsätzlich nach den neuen Regelungen fort. Ziel war eine Modernisierung, Straffung und höhere Bürgerfreundlichkeit des Registers.
Bedeutung im Rechtsverkehr
Maßgeblichkeit im Fahrerlaubnisrecht
Das Verkehrszentralregister war ein zentrales Instrument zur Beurteilung der Fahreignung von Kraftfahrzeugführern und Grundlage für die Ergreifung von Maßnahmen durch Fahrerlaubnisbehörden. Entscheidungen über die Entziehung und Wiedererteilung der Fahrerlaubnis basierten zu einem wesentlichen Teil auf Registerauskünften.
Einfluss auf Versicherungsrecht und Arbeitsrecht
Registereinträge konnten Auswirkungen auf die Versicherungsprämien, den beruflichen Einsatz als Kraftfahrer oder die Beurteilung im Rahmen arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen haben.
Relevante Rechtsprechung
Die Verwaltungsgerichte sowie das Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht haben die rechtlichen Rahmenbedingungen des Verkehrsregisters und die Zulässigkeit von Maßnahmen auf Grundlage von Registereinträgen wiederholt überprüft und konkretisiert. Insbesondere wurden Anforderungen an Transparenz, Auskunft und die Wahrung des Datenschutzes betont.
Zusammenfassung
Das Verkehrszentralregister stellte über Jahrzehnte ein zentrales rechtsstaatliches Werkzeug zur Erfassung und Bewertung verkehrsrechtlicher Verstöße in Deutschland dar. Mit seinen detaillierten Eintragungs-, Löschungs- und Auskunftsregelungen leistete es einen bedeutenden Beitrag zur Verkehrssicherheit, zur einheitlichen Durchsetzung von Sanktionen und zum Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Verkehrsteilnehmern. Seine Nachfolge hat seit 2014 das Fahreignungsregister angetreten, das weiterhin auf den Grundzügen der bewährten Registerpraxis beruht.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Folgen ergeben sich aus der Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister?
Die Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister (jetzt offiziell: Fahreignungsregister) kann weitreichende rechtliche Konsequenzen für die betreffenden Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer haben. Punkte werden für rechtskräftig festgestellte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, wie z. B. Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im Straßenverkehr, vergeben. Die Anzahl der vergebenen Punkte richtet sich nach der Schwere des Verstoßes. Übersteigt das Punktekonto bestimmte Schwellenwerte (bei Erreichen von 4, 6 oder 8 Punkten), sieht das Straßenverkehrsgesetz (StVG) gestaffelte Maßnahmen vor: Von der Erteilung einer Ermahnung oder Verwarnung durch die Fahrerlaubnisbehörde bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis bei 8 Punkten. Darüber hinaus können eingetragene Punkte im Fahreignungsregister die Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung bestimmter Führerscheinklassen, die Erteilung des Personenbeförderungsscheins sowie in Einzelfällen auch dienstrechtliche Entscheidungen (z. B. bei Berufskraftfahrern oder hoheitlichen Fahrern) beeinflussen. Im Rahmen einer polizeilichen oder gerichtlichen Überprüfung werden Eintragungen bei der Bewertung der Fahreignung berücksichtigt. Ferner können Versicherungen das Register im Rahmen bestimmter gesetzlicher Vorgaben einsehen, was Auswirkungen auf die Versicherungsbeiträge haben könnte.
Unter welchen Voraussetzungen und von wem dürfen Auskünfte aus dem Verkehrszentralregister eingeholt werden?
Das Recht auf Auskunft ist im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) genau geregelt. Auskünfte aus dem Fahreignungsregister erhalten in erster Linie Behörden wie z. B. die Fahrerlaubnisbehörden sowie Gerichte und Staatsanwaltschaften im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung. Diese dürfen im Rahmen eines sogenannten „berechtigten Interesses“ die Eintragungen abfragen. Privatpersonen und Dritte können lediglich mit ausdrücklicher, schriftlicher Einwilligung des Betroffenen Zugang zu entsprechenden Daten erhalten. Die betroffene Person selbst kann jederzeit beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) unentgeltlich einen Auszug ihrer im Register gespeicherten Daten beantragen. Unternehmen z. B. in der Personenbeförderung oder der Logistik dürfen nicht ohne weiteres punktuelle Abfragen über ihre Angestellten tätigen, sondern benötigen auch hier jeweils eine Einwilligung. Besondere datenschutzrechtliche Vorschriften nach der DSGVO und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sind bei jeder Datenübermittlung zu beachten.
Welche Fristen gelten für die Tilgung von Eintragungen im Verkehrszentralregister, und wie werden diese berechnet?
Die Tilgungsfristen für Eintragungen im Fahreignungsregister sind im § 29 StVG normiert und unterscheiden sich nach der Art des Verstoßes. Für Ordnungswidrigkeiten, die zu Punkten führen, beträgt die Tilgungsfrist in der Regel 2,5 oder 5 Jahre, je nachdem, ob der Verstoß als weniger schwerwiegend oder als besonders gravierend angesehen wird. Für Straftaten, die im Straßenverkehr begangen wurden und zu einer Eintragung führen, gilt eine Tilgungsfrist von 10 Jahren. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung. Die sogenannte Überliegefrist von einem Jahr sorgt dafür, dass Eintragungen nach Ablauf der Tilgungsfrist nicht sofort, sondern erst nach einem weiteren Jahr endgültig gelöscht werden. Während der Tilgungsfrist grundsätzlich keine Hemmung durch neue Eintragungen stattfindet, anders als nach dem alten Recht, sodass jede Eintragung für sich betrachtet separat getilgt wird. Allerdings gibt es Sonderkonstellationen, etwa bei gleichzeitigen Entscheidungen über mehrere Verstöße.
Wie und unter welchen Bedingungen ist eine anwaltliche Vertretung im Zusammenhang mit Eintragungen im Verkehrszentralregister möglich?
Die Vertretung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt im Zusammenhang mit Eintragungen im Verkehrszentralregister ist jederzeit möglich und ratsam, insbesondere wenn es um die Anfechtung einer Eintragung, die Überprüfung von Tilgungsfristen oder die Einlegung von Rechtsmitteln gegen einen Bußgeldbescheid oder ein gerichtliches Urteil geht. Der Anwalt prüft die Rechtmäßigkeit der Eintragung, insbesondere im Hinblick auf die formalen Voraussetzungen und eventuelle Rechtsmittelmöglichkeiten gegen die zugrundeliegende Entscheidung. Auch kann anwaltlicher Beistand bei etwaigen Verwaltungsverfahren vor der Fahrerlaubnisbehörde oder im Rahmen von Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Verwaltungsmaßnahmen, die auf Basis des Registers erfolgen (z. B. Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichen von 8 Punkten), von entscheidender Bedeutung sein. Es gilt jedoch zu beachten, dass Anwälte für die Akteneinsicht und weitere Vertretungsmaßnahmen eine spezielle Vollmacht benötigen und die datenschutzrechtlichen Vorschriften stets einzuhalten sind.
Inwieweit beeinflussen Eintragungen im Verkehrszentralregister verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Entziehung der Fahrerlaubnis?
Eintragungen im Fahreignungsregister dienen als Grundlage für verwaltungsrechtliche Sanktionen. Maßgeblich ist dabei das Punktesystem (§ 4 StVG), wonach abgestufte Maßnahmen ergriffen werden: Beim Erreichen bestimmter Punktestände kann die Fahrerlaubnisbehörde zunächst eine schriftliche Ermahnung (bei 4 oder 5 Punkten) oder Verwarnung (bei 6 oder 7 Punkten) aussprechen. Bei Erreichen von 8 Punkten ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend anzuordnen, wobei keine zusätzliche Anhörung erfolgen muss. Eintragungen können auch Grundlage für weitere Maßnahmen sein, etwa für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) oder für die Versagung von Wiedererteilungsanträgen. Entscheidend ist dabei die fortlaufende Überwachung und Bewertung der Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen. Bestandskräftige Entscheidungen führen regelmäßig zur Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnisbehörde ist dabei an die aktuelle Registerlage gebunden, sodass auch ältere, noch nicht getilgte Eintragungen für die Entscheidung relevant sind.
Ist eine Löschung oder Korrektur fehlerhafter Eintragungen im Verkehrszentralregister rechtlich möglich und wie ist das Verfahren?
Ja, eine Löschung oder Korrektur von fehlerhaften Eintragungen ist rechtlich möglich und wird durch das StVG, die FeV und die Verwaltungsverfahrensgesetze (z. B. VwVfG) geregelt. Betroffene haben das Recht auf Überprüfung der gespeicherten Daten. Sofern eine fehlerhafte oder unrechtmäßige Eintragung (z. B. wegen eines Fehlers bei der Datenerfassung, einer aufgehobenen gerichtlichen Entscheidung oder nachträglich erwiesener Unschuld) festgestellt wird, ist das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtet, diese Daten zu berichtigen oder zu löschen. Hierzu muss der Betroffene einen entsprechenden Antrag stellen und Nachweise beibringen. Im Regelfall prüft das KBA die Sach- und Rechtslage und entscheidet innerhalb angemessener Frist. Sollte das KBA die Löschung verweigern, kann der Betroffene im Wege des Widerspruchs und gegebenenfalls durch Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht seine Rechte durchsetzen. Auch hier ist anwaltliche Unterstützung zweckmäßig, insbesondere wenn die Materie komplex ist oder bereits negative Folgen durch die Eintragung eingetreten sind. Datenschutzrechtliche Grundsätze und die Betroffenenrechte der DSGVO sind im gesamten Verfahren zu beachten.