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Verkehrsteilnehmer


Begriff und Definition des Verkehrsteilnehmers

Der Begriff „Verkehrsteilnehmer“ ist ein zentraler Rechtsbegriff im deutschen Verkehrsrecht und umfasst jede natürliche oder juristische Person, die im öffentlichen Verkehrsraum durch ihr Verhalten auf den Ablauf des Verkehrs Einfluss nimmt. Die Legaldefinition ergibt sich insbesondere aus § 1 Absatz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Verkehrsteilnehmer ist danach, wer sich verkehrserheblich verhält, das heißt, wer körperlich und unmittelbar auf den Ablauf des Verkehrs einwirkt oder diesen beeinflusst.

Abgrenzung zu anderen Begriffen

Der Begriff des Verkehrsteilnehmers ist weiter gefasst als der des Fahrzeugführers oder Fußgängers, da auch Personen erfasst werden, die ohne ein Fahrzeug zu führen, auf den Verkehrsablauf einwirken. Hierzu zählen auch Personen, die beispielsweise während eines Aufenthalts auf einer Fahrbahn oder als Beifahrer verkehrserheblich handeln.

Rechtliche Grundlagen

Normative Grundlagen

Die maßgeblichen Regelungen für Verkehrsteilnehmer finden sich unter anderem in folgenden Gesetzen und Vorschriften:

  • Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG)
  • Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)
  • weitere einschlägige Verwaltungsvorschriften und EU-Vorschriften

Zusätzlich haben sich über die Rechtsprechung und Fachliteratur konkretisierende Definitionen und Auslegungen herausgebildet.

Verkehrsteilnehmer im Sinn der StVO

Nach § 1 StVO ist jeder, der am Verkehr teilnimmt, zu gegenseitiger Rücksichtnahme und zur Beachtung der Verkehrsregeln verpflichtet. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob der Betreffende freiwillig, unfreiwillig, aktiv oder passiv handelt.

Personenkreis der Verkehrsteilnehmer

Natürliche Personen

Zu den natürlichen Personen zählen insbesondere:

  • Fahrzeugführer (z. B. Autofahrer, Radfahrer, E-Scooter-Fahrer)
  • Fußgänger
  • Reiter oder Führer von Tieren

Juristische Personen

Juristische Personen werden als Verkehrsteilnehmer betrachtet, wenn sie Träger von Verkehrspflichten sein können, etwa als Halter eines Fahrzeugs oder als Betreiber von Unternehmen, die Verkehrseinrichtungen bereitstellen.

Sonderfälle: Minderjährige und nicht deliktsfähige Personen

Auch Minderjährige können Verkehrsteilnehmer sein, sofern sie den öffentlichen Verkehrsraum nutzen und verkehrserheblich auftreten. Die Deliktsfähigkeit richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften und beeinflusst die Haftungsfrage, nicht jedoch die Einordnung als Verkehrsteilnehmer.

Rechte und Pflichten der Verkehrsteilnehmer

Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme

Nach § 1 StVO sind alle Verkehrsteilnehmer verpflichtet, sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.

Befolgung von Verkehrsregeln

Verkehrsteilnehmer müssen die für sie geltenden Vorschriften einhalten, beispielsweise zur Vorfahrt, zur Geschwindigkeit oder zur Nutzung von Verkehrsflächen. Diese Pflichten sind in der StVO im Einzelnen geregelt.

Besondere Verkehrsteilnehmergruppen

Einzelne Gruppen von Verkehrsteilnehmern unterliegen zusätzlichen Regelungen, etwa:

  • Kinder (§ 3 Abs. 2a StVO, besondere Sorgfalt)
  • Radfahrer und Elektrokleinstfahrzeuge (z. B. Nutzung von Radwegen)
  • Fußgänger (Überquerung von Fahrbahnen)

Haftung und Deliktsfähigkeit

Zivilrechtliche Haftung

Kommt es zu einem Schadensereignis im Straßenverkehr, richtet sich die Haftung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere § 823 BGB, und spezialgesetzlich nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG), insbesondere § 7 StVG (Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters).

Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

Verkehrsteilnehmer können bei Missachtung der Verkehrsregeln gemäß Straßenverkehrsgesetz und StVO für Ordnungswidrigkeiten und Straftaten belangt werden. Typische Delikte sind:

  • Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)
  • Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB)
  • Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

Regress und Versicherungsrecht

Im Falle eines Schadenshaftungsfalls tritt in der Regel die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters oder des Verursachers ein. Sonderregelungen gelten bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.

Verkehrsteilnahme und öffentliche Verkehrsflächen

Öffentlicher Verkehrsraum

Der Begriff des Verkehrsteilnehmers bezieht sich regelmäßig auf Handlungen im öffentlichen Verkehrsraum. Der öffentliche Verkehrsraum umfasst alle dem allgemein zugänglichen Verkehr dienenden Straßen, Plätze und Wege, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.

Privatgelände

Auch auf privatem Gelände kann die Rechtsstellung als Verkehrsteilnehmer relevant werden, wenn das Gelände faktisch-öffentlichen Charakter hat und verkehrsoffen ist.

Verkehrsteilnehmer im Kontext anderer Verkehrsarten

Luftverkehr und Schienenverkehr

Der Begriff wird sinngemäß auch im Luftverkehrs- und Eisenbahnrecht verwendet, hier jedoch durch spezifische Fachgesetze wie das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) oder das Eisenbahnverkehrsrecht modifiziert.

Bedeutung für die Rechtspraxis

Die exakte Bestimmung, wann und in welchem Umfang eine Person als Verkehrsteilnehmer angesehen wird, ist für die Beurteilung von Haftungsfragen sowie für die Anwendung ordnungsrechtlicher und strafrechtlicher Vorschriften von zentraler Bedeutung. Die Einordnung entscheidet unter anderem über die Anwendbarkeit bestimmter Schutzgesetze sowie über die Reichweite von Verkehrssicherungspflichten.


Zusammenfassung:
Der rechtliche Begriff Verkehrsteilnehmer umfasst jede Person, die im öffentlichen Verkehrsraum verkehrserheblich auftritt. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind in der StVO und dem StVG geregelt. Dazu gehören Rechte und Pflichten, Haftungsfragen und die Abgrenzung zwischen verschiedenen Verkehrsarten. Die Einordnung als Verkehrsteilnehmer ist sowohl im Zivilrecht als auch im Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht von erheblicher Relevanz.

Häufig gestellte Fragen

Wer gilt im rechtlichen Sinne als Verkehrsteilnehmer und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Um im rechtlichen Sinn als Verkehrsteilnehmer anerkannt zu werden, kommt es nicht alleine auf die aktive Beteiligung am Straßenverkehr an, sondern bereits auf das bloße Verhalten im öffentlichen Verkehrsraum, das auf eine Teilnahme am Verkehr gerichtet ist. Verkehrsteilnehmer ist jede Person, die auf Straßen, Wegen oder Plätzen, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, körperlich und unmittelbar durch Tun oder Unterlassen auf einen Verkehrsvorgang einwirkt. Dies umfasst nicht nur Führer von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern oder anderen Fahrzeugen, sondern auch Fußgänger, Reiter und sogar Personen, die Tiere führen. Sogar wer sich – ohne selbst aktiv am Verkehr teilzunehmen – durch Handlungen wie Warnen, Winken oder Hupen in das Verkehrsgeschehen einmischt, gilt als Verkehrsteilnehmer. Voraussetzung ist stets, dass das Verhalten einen Verkehrsbezug aufweist und die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinflussen kann. Privatgelände zählt nur dann, wenn es tatsächlich für einen nicht näher bestimmten Personenkreis zugänglich ist und somit als öffentlicher Verkehrsraum gilt.

Welche Pflichten und Sorgfaltspflichten treffen Verkehrsteilnehmer nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)?

Verkehrsteilnehmer unterliegen gemäß § 1 StVO einer allgemeinen Verhaltensregel: Die Teilnahme am Verkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Jeder Verkehrsteilnehmer muss sich so verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet, behindert oder belästigt wird, soweit dies nach den Umständen vermeidbar ist. Darüber hinaus gelten je nach Art der Teilnahme spezifische Pflichten, wie etwa das Gebot der Fahrbahnbenutzung, die Einhaltung von Vorfahrtsregeln, Rücksicht auf schwächere Verkehrsteilnehmer (insbesondere Fußgänger und Radfahrer) sowie besondere Aufmerksamkeit an unübersichtlichen Stellen und beim Überschreiten von Fahrbahnen. Kraftfahrzeugführer unterliegen erhöhten Sorgfaltspflichten gegenüber Kindern, Menschen mit Behinderung und älteren Menschen. Verstöße gegen diese Pflichten können ordnungsrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Folgen können bei Verstößen gegen die Verkehrsteilnahmepflichten eintreten?

Rechtsverstöße durch Verkehrsteilnehmer können vielfältige rechtliche Folgen haben. Zunächst drohen ordnungsrechtliche Sanktionen wie Bußgelder, Verwarnungsgelder, Punkte im Fahreignungsregister und im Falle von besonders schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen auch Fahrverbote oder die Entziehung der Fahrerlaubnis. Kommt es durch einen Verstoß zu einem Verkehrsunfall, können zudem zivilrechtliche Haftungsansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld entstehen, insbesondere wenn ein Mitverschulden festgestellt wird. Bei einer Verletzung oder Gefährdung von Personen sind auch strafrechtliche Konsequenzen (z.B. wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Gefährdung des Straßenverkehrs) möglich. Bei jugendlichen Verkehrsteilnehmern können zudem erzieherische Maßnahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz in Betracht kommen.

Welche Rolle spielt der sogenannte Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehrsrecht?

Der Vertrauensgrundsatz besagt, dass sich Verkehrsteilnehmer grundsätzlich auf das verkehrsgerechte Verhalten anderer im Rahmen der geltenden Vorschriften verlassen dürfen. Dies befreit jedoch nicht von der Pflicht zur ständigen Aufmerksamkeit und zur Anpassung an die tatsächlichen Verkehrslagen. Der Vertrauensgrundsatz findet dann keine Anwendung, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass andere Verkehrsteilnehmer sich verkehrswidrig oder unberechenbar verhalten könnten. Insbesondere gegenüber Kindern, erkennbar hilfsbedürftigen Personen und im Zusammenhang mit unklaren Verkehrssituationen muss mit Fehlern anderer gerechnet werden. Im Haftungsfall kann ein Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz zu einer Mithaftung führen.

Wie werden nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer rechtlich behandelt?

Nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer (z.B. Fußgänger, Radfahrer, Nutzer von E-Tretrollern, Inlineskatern oder Rollstuhlfahrer) unterliegen ebenfalls den Regelungen der StVO, werden aber in bestimmten Vorschriften besonders geschützt. Beispielsweise müssen Kraftfahrzeugführer stets eine erhöhte Vorsicht und Rücksichtnahme auf Fußgänger und Radfahrer an den Tag legen, insbesondere beim Abbiegen oder Überholen (§ 9 und § 5 StVO). Nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmer müssen aber auch ihre eigenständigen Pflichten beachten, etwa das Benutzen von Gehwegen, Radwegen oder das Queren der Fahrbahn an geeigneten Stellen. Bei Verstößen können Bußgelder oder Verwarnungen ausgesprochen werden; im Falle eines Unfalls kann eine Mitverantwortung festgestellt werden, wenn eigene Pflichten verletzt wurden.

Inwieweit können Halter von Fahrzeugen, die selbst nicht aktiv am Verkehr teilnehmen, haftbar gemacht werden?

Die Halterhaftung ist ein zentrales Element des Straßenverkehrsrechts. Auch wenn der Fahrzeughalter das Fahrzeug einem Dritten überlässt, bleibt er gemäß § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) grundsätzlich für durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachte Schäden verantwortlich, sofern das Schadensereignis beim Betrieb des Fahrzeugs eintritt. Die Haftung ist eine sogenannte Gefährdungshaftung, das heißt, es kommt nicht auf ein Verschulden des Halters an, sondern lediglich darauf, dass durch den Betrieb des Fahrzeugs ein Schaden entsteht. Entlastungsmöglichkeiten bestehen nur unter engen Voraussetzungen, etwa bei höherer Gewalt oder bei eindeutigem Nachweis, dass der Schaden nicht aus dem Verantwortungsbereich des Halters stammt. Zusätzlich bestehen Pflichtversicherungen, die im Fall der Fälle eintreten.