Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verkehrsrecht»Verkehrssünderdatei

Verkehrssünderdatei


Begriff und allgemeine Definition der Verkehrssünderdatei

Die Verkehrssünderdatei, offiziell als Fahreignungsregister (FAER) bezeichnet, ist eine zentrale Datei zur Erfassung von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften sowie von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Straßenverkehr. Die Verkehrssünderdatei dient der Speicherung von relevanten Informationen über Personen, welche im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr auffällig geworden sind. Sie wird vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg geführt und ist eine wichtige rechtliche Grundlage zur Überwachung und Beurteilung der Fahreignung von Fahrerlaubnisinhabern in Deutschland.

Rechtsgrundlagen der Verkehrssünderdatei

Gesetzliche Grundlage und Normen

Das Fahreignungsregister findet seine gesetzliche Verankerung im Straßenverkehrsgesetz (StVG), insbesondere in den §§ 28 bis 30 StVG. Die detaillierte Ausgestaltung erfolgt über die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), hier insbesondere in den §§ 63 ff. FeV. Das System zur Bewertung der Eintragungen ist im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems (Punktsystem) geregelt.

Wesentliche Normen

  • § 28 StVG: Regelungen zum Fahreignungsregister
  • §§ 63 ff. FeV: Bestimmungen zur Mitteilung und Speicherung von personenbezogenen Daten
  • Fahreignungs-Bewertungssystem: Regelungen zu Punkten und deren Folgen

Zuständige Behörde

Die Führung und Verwaltung der Verkehrssünderdatei obliegt ausschließlich dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit Sitz in Flensburg. Das KBA ist berechtigt, Dateneinträge zu erfassen, zu speichern, zu löschen sowie auf Anfrage berechtigten Stellen Auskünfte zu erteilen.

Inhalt und Umfang der gespeicherten Daten

Welche Daten werden gespeichert?

Im Fahreignungsregister werden sämtliche rechtskräftige Entscheidungen wegen:

  • Straftaten im Straßenverkehr (etwa Trunkenheit am Steuer, Gefährdung des Straßenverkehrs)
  • Ordnungswidrigkeiten, die mit einem Bußgeld von mindestens 60 Euro bedroht sind und eine Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen (z. B. erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen, Fahren über rote Ampel)
  • Bestimmte Maßnahmen, etwa Fahrverbote oder die Entziehung der Fahrerlaubnis

Umfang der persönlichen Angaben

Die gespeicherten Datensätze enthalten neben den personenbezogenen Daten (Name, Geburtsdatum, Anschrift) auch Angaben zu Zeitpunkt, Art und Umstände der Zuwiderhandlung, verhängte Maßnahmen, das rechtskräftige Urteil oder Bußgeldbescheid sowie den Punktestand.

Löschung und Tilgungsfristen

Eintragungen im Fahreignungsregister unterliegen festgelegten Tilgungsfristen. Diese variieren nach Schwere des Verstoßes:

  • Ordnungswidrigkeiten: 2,5 bis 5 Jahre
  • Straftaten: 10 Jahre
  • Hinweise auf Verkehrsdelikte ohne Fahrerlaubnisentzug oder ohne Sperrfrist: 2,5 Jahre

Nach Ablauf der jeweiligen Frist werden die Einträge gelöscht und stehen für weitere Verfahren nicht mehr zur Verfügung.

Das Fahreignungs-Bewertungssystem (Punktsystem)

Funktionsweise des Punktesystems

Das Punktesystem ist integraler Bestandteil der Verkehrssünderdatei. Es werden gemäß Schwere des Verstoßes 1 bis 3 Punkte eingetragen:

  • 1 Punkt: bei Ordnungswidrigkeiten von besonderem Gewicht
  • 2 Punkte: für besonders schwere Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis
  • 3 Punkte: für Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis

Maßnahmen bei Punktestand

Der Punktestand einer Person entscheidet über die Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde:

  • Bei 4 bis 5 Punkten: Ermahnung (schriftlicher Hinweis)
  • Bei 6 bis 7 Punkten: Verwarnung (mit Hinweis auf drohenden Fahrerlaubnisentzug)
  • Ab 8 Punkten: Entziehung der Fahrerlaubnis (Fahrerlaubnis wird zwingend entzogen)

Punkteabbau

Das Gesetz sieht die Möglichkeit des freiwilligen Punkteabbaus durch die Teilnahme an besonderen Fahreignungsseminaren vor, sofern der Punktestand unterhalb bestimmter Schwellen liegt.

Rechtliche Auswirkungen und Bedeutung der Verkehrssünderdatei

Bedeutung im Fahrerlaubnisrecht

Die Verkehrssünderdatei stellt eine zentrale Informationsquelle für die Eignungsbewertung von Fahrerlaubnisinhabern dar. Sie ist maßgebliche Grundlage für Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden bei drohendem Fahrerlaubnisentzug. Die gespeicherten Daten dienen zudem der Überprüfung, ob eine Person zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist.

Auskunftsberechtigte Stellen

Auskunft aus der Verkehrssünderdatei können erhalten:

  • Fahrerlaubnisbehörden
  • Gerichte
  • Staatsanwaltschaften
  • Polizei (im Rahmen der Aufgabenerfüllung)
  • Betroffene Personen (es besteht ein gesetzlicher Auskunftsanspruch)

Eine Weitergabe der Daten an Dritte ist nur in gesetzlich genau bestimmten Ausnahmefällen zulässig.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Die Verarbeitung und Speicherung von personenbezogenen Daten im Sinne des Datenschutzes ist rechtlich streng reguliert. Die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) werden vollumfänglich eingehalten. Unberechtigte Zugriffe oder Weitergaben sind untersagt und können sanktioniert werden.

Rechtsmittel und Rechtsschutz gegen Eintragungen

Widerspruchs- und Klagerecht

Gegen unrichtige oder unberechtigte Eintragungen in der Verkehrssünderdatei besteht die Möglichkeit der Überprüfung im Rahmen von Widerspruchs- und Verwaltungsgerichtsverfahren. Betroffene können bei vermuteten Fehlern eine Berichtigung oder Löschung beantragen (§ 29 StVG).

Antragsverfahren Auskunft und Löschung

Personenbezogene Auskunft kann schriftlich beim Kraftfahrt-Bundesamt beantragt werden. Ebenso ist die Beantragung der Löschung abgelaufener oder unrichtiger Einträge möglich.

Internationale Aspekte und Zusammenarbeit

Grundsätzlich gilt die Verkehrssünderdatei für das Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen internationaler Zusammenarbeit, insbesondere innerhalb der Europäischen Union, erfolgt ein Austausch verkehrsrechtlicher Informationen auf Basis europarechtlicher Regularien, wie etwa der Richtlinie über den Austausch von Informationen bei Verkehrsdelikten (Richtlinie 2015/413/EU).

Bedeutung der Verkehrssünderdatei für die Verkehrssicherheit

Die Verkehrssünderdatei ist ein zentrales Instrument zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Sie trägt durch Erfassung und Sanktionierung relevanter Verkehrsverstöße dazu bei, die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung zu fördern und Gefahrenpotentiale frühzeitig zu erkennen und zu ahnden.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Straßenverkehrsgesetz (StVG)
  • Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)
  • Offizielle Informationen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA)
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Hinweis: Dieser Beitrag dient der umfassenden Information über die rechtlichen Grundlagen, den Aufbau und die Funktionsweise der Verkehrssünderdatei (Fahreignungsregister) im Rahmen des deutschen Verkehrsrechts. Sämtliche Bestimmungen entsprechen dem Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung im Jahr 2024.

Häufig gestellte Fragen

Wann erfolgt ein Eintrag in die Verkehrssünderdatei?

Ein Eintrag in die Verkehrssünderdatei, offiziell als Fahreignungsregister beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg bezeichnet, erfolgt immer dann, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat im Straßenverkehr gefällt wurde, die mit mindestens einem Punkt im Fahreignungsregister bewertet wird. Dies betrifft beispielsweise Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße oder Alkohol am Steuer. Für Ordnungswidrigkeiten werden Punkte nur dann vergeben, wenn ein Bußgeld von mindestens 60 Euro (ab 9. November 2021) verhängt wurde und die Tat eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Auch bestimmte Straftaten wie Fahrerflucht oder Gefährdung des Straßenverkehrs führen zu einem Eintrag. Die zuständige Behörde meldet die Tat automatisch nach Rechtskraft der Entscheidung an das KBA, das den Eintrag dann im Register vornimmt. Ein Punkt wird nur vergeben, wenn die Tat nach dem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog entsprechend eingestuft ist.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Ansammlung von Punkten?

Wenn Punkte im Fahreignungsregister angesammelt werden, sieht das Punktesystem abgestufte Maßnahmen vor. Bereits ab vier Punkten bekommt der Betroffene eine schriftliche Ermahnung durch die Fahrerlaubnisbehörde. Bei fünf bis sechs Punkten folgt eine Verwarnung, verbunden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit eines freiwilligen Fahreignungsseminars, mit dessen Besuch ein Punkt abgebaut werden kann. Wird die Grenze von acht Punkten erreicht, so sieht das Gesetz zwingend die Entziehung der Fahrerlaubnis vor. Der Führerschein wird eingezogen und die Fahrerlaubnis kann erst nach Ablauf einer Sperrfrist und ggf. einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) wieder erteilt werden. Die Punkte und die damit verbundenen Maßnahmen sollen als Sanktion und als Anreiz zur Besserung des Fahrverhaltens dienen.

Kann ein Eintrag in der Verkehrssünderdatei vorzeitig gelöscht werden?

Eine vorzeitige Löschung eines Eintrags im Fahreignungsregister ist im Regelfall nicht möglich. Die Eintragungen unterliegen festen Tilgungsfristen, die sich an der Schwere der begangenen Tat orientieren: Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt werden nach zweieinhalb Jahren getilgt, Eintragungen mit zwei Punkten nach fünf Jahren und bei Straftaten mit drei Punkten nach zehn Jahren. Die Frist beginnt mit dem Tag der Rechtskraft der Entscheidung. Eine Ausnahme bildet lediglich die Rücknahme oder der Wegfall der zugrundeliegenden Entscheidung, etwa durch erfolgreiche Rechtsmittel. Wird der zugrunde liegende Bußgeldbescheid oder das Urteil aufgehoben, entfällt auch der Eintrag. Überdies gibt es eine Überliegefrist von einem Jahr: Nach Ablauf der Tilgungsfrist bleiben die Daten noch zur Kenntnisnahme gespeichert, sollten während dieser Zeit weitere Verstöße begangen worden sein.

Wer darf Einsicht in die Verkehrssünderdatei nehmen?

Zugriffsberechtigt auf das Fahreignungsregister sind in erster Linie die betroffene Person selbst, die bei der Verkehrssünderdatei schriftlich oder online eine Auskunft beantragen kann. Daneben haben bestimmte Behörden, insbesondere Polizei und Fahrerlaubnisbehörden, Einsichtsrechte. Diese sind jedoch strikt auf zweckgebundene Fälle eingefasst, vor allem für die Beurteilung der Fahreignung bei Erteilung oder Entzug einer Fahrerlaubnis sowie zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Eine Weitergabe von Daten an private Dritte ist nur in eng umrissenen Ausnahmefällen möglich, etwa im Rahmen eines Gerichtsprozesses. Arbeitgeber, Versicherungen oder anderweitige Dritte haben grundsätzlich keinen Anspruch, Einblick in das Register zu nehmen.

Welche Möglichkeiten gibt es, Punkte wieder abzubauen?

Punkte im Fahreignungsregister können unter bestimmten Voraussetzungen aktiv abgebaut werden. Bei einem Stand von maximal fünf Punkten kann durch die freiwillige Teilnahme an einem anerkannten Fahreignungsseminar ein Punkt abgebaut werden; diese Möglichkeit steht dem Betroffenen allerdings nur einmal innerhalb von fünf Jahren offen. Das Seminar muss von anerkannten Trägern durchgeführt werden und erfordert sowohl verkehrspädagogische als auch verkehrspsychologische Module. Nach Erreichen von sechs oder mehr Punkten ist ein Punkteabbau durch Seminarbesuch nicht mehr möglich und der Betroffene muss den weiteren Verlauf bis zum Ablauf der Tilgungsfristen abwarten. Unabhängig davon werden Punkte automatisch getilgt, sobald die jeweilige Frist abgelaufen ist.

Haben auch ausländische Verstöße Auswirkungen auf die Verkehrssünderdatei?

Verstöße, die im Ausland begangen werden, finden grundsätzlich keinen Eingang in das deutsche Fahreignungsregister. Das Register dient der Erfassung und Beurteilung von Verstößen nach deutschem Recht und erfasst nur solche Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden und nach dem deutschen Straßenverkehrsgesetz zu ahnden sind. Auslandstaten können jedoch im Rahmen bilateraler Abkommen (z.B. der EU-weiten Punkteinformation) Informationsgrundlage für bestimmte Behördenentscheidungen sein, führen aber nicht zu Einträgen oder Punktevergaben im deutschen Fahreignungsregister.

Was geschieht mit den Daten nach Ablauf der Tilgungsfrist?

Nach Ablauf der jeweiligen Tilgungsfrist werden die Eintragungen im Fahreignungsregister aus dem laufenden Registerstatus entfernt. Allerdings greift im Anschluss eine einjährige Überliegefrist: Dabei bleiben die getilgten Daten technisch weiterhin gespeichert, um zu gewährleisten, dass im Fall weiterer Eintragungen oder einer Überprüfung der Historie keine Löschungsmanipulationen erfolgen können. Während der Überliegefrist werden die Eintragungen allerdings nicht mehr für verkehrsrechtliche Maßnahmen berücksichtigt und dürfen etwa bei der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis rechtlich nicht mehr verwendet werden. Nach Ablauf der Überliegefrist werden die entsprechenden Daten endgültig gelöscht und sind auch für Behörden nicht mehr zugänglich.