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Verkehrssünderdatei

Verkehrssünderdatei: Begriff, Zweck und Einordnung

Als Verkehrssünderdatei wird umgangssprachlich das beim Kraftfahrt-Bundesamt geführte Register über Verkehrsverstöße bezeichnet. Der offizielle Name lautet Fahreignungsregister. Es dient der zentralen Erfassung von Entscheidungen über Verstöße im Straßenverkehr, um die Fahreignung von Fahrerinnen und Fahrern zu beurteilen und die Verkehrssicherheit zu fördern. Das Register ist bundesweit einheitlich organisiert und folgt festen, transparenten Regeln zur Speicherung, Bewertung und Löschung von Einträgen.

Begriffliche Abgrenzung

Die Verkehrssünderdatei ist ein verwaltungsrechtliches Register mit spezifischem Zweckbezug: Erfasst werden nur solche Entscheidungen, die für die Beurteilung der Fahreignung relevant sind. Nicht erfasst wird das gesamte straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Verhalten einer Person außerhalb des Straßenverkehrs. Die volkstümliche Bezeichnung „Verkehrssünderkartei in Flensburg“ verweist auf den Standort der Registerbehörde, trifft jedoch nicht die offizielle Bezeichnung und Funktion.

Welche Daten werden gespeichert?

Datenkategorien

Im Register werden personenbezogene Identifikationsdaten zusammen mit verkehrsbezogenen Entscheidungen gespeichert. Hierzu zählen insbesondere:

  • Stammdaten (z. B. Name, Geburtsdatum)
  • Entscheidungen zu Verkehrsverstößen (bestandskräftige Bußgeldentscheidungen und einschlägige strafgerichtliche Entscheidungen)
  • Relevante Nebenfolgen (z. B. Fahrverbote, Fahrerlaubnisentziehungen, Sperrfristen)
  • Punktebewertung nach dem Fahreignungssystem
  • Von Behörden getroffene Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Punktestand

Geringfügige Verstöße ohne Bedeutung für die Verkehrssicherheit werden nicht eingetragen. Eintragungen erfolgen erst, wenn die zugrunde liegende Entscheidung rechtskräftig ist.

Eintragungsvoraussetzungen

Voraussetzung für eine Speicherung ist eine rechtskräftige Entscheidung mit Bezug zum Straßenverkehr, die nach den geltenden Bewertungskriterien fahreignungsrelevant ist. Die meldende Behörde übermittelt die Entscheidung an das Register, das die formalen und materiellen Eintragungsvoraussetzungen prüft und die Daten entsprechend erfasst.

Punktebewertung

Das Register ordnet eingetragenen Entscheidungen Punkte zu. Das System ist dreistufig:

  • 1 Punkt: schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten mit Bedeutung für die Verkehrssicherheit
  • 2 Punkte: besonders schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder bestimmte Straftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis
  • 3 Punkte: Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis

Die Punktezahl spiegelt die Schwere des Verstoßes wider und ist Grundlage für behördliche Maßnahmen.

Punkte- und Maßnahmen-System

Punktestufen und Rechtsfolgen

Das System knüpft abgestufte Maßnahmen an den aktuellen Punktestand:

  • 1-3 Punkte: Vormerkung
  • 4-5 Punkte: Ermahnung durch die Fahrerlaubnisbehörde
  • 6-7 Punkte: Verwarnung durch die Fahrerlaubnisbehörde
  • 8 Punkte: Entziehung der Fahrerlaubnis; eine Neuerteilung ist frühestens nach Ablauf einer Sperrfrist möglich

Die Maßnahmen dienen der stufenweisen Reaktion auf wiederholte oder besonders schwerwiegende Verstöße mit dem Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Tilgung und Überliegefrist

Eintragungen werden nach festen Fristen gelöscht. Die Dauer richtet sich nach der Schwere des Verstoßes:

  • 1-Punkt-Einträge: in der Regel 2,5 Jahre
  • 2-Punkte-Einträge: in der Regel 5 Jahre
  • 3-Punkte-Einträge: in der Regel 10 Jahre

Jede Frist läuft für sich, unabhängig von späteren Eintragungen. Nach Ablauf der Tilgungsfrist werden die Daten nicht mehr für Maßnahmen herangezogen. Es schließt sich eine begrenzte Überliegefrist an, in der die Daten ausschließlich für technische Abgleiche vorgehalten werden, ohne für die Betroffenen Rechtsfolgen zu entfalten.

Reform und Systematik

Das heutige System wurde grundlegend vereinfacht und auf drei Punkteklassen umgestellt. Seither erfolgt eine klarere Trennung zwischen verkehrssicherheitsrelevanten Verstößen und geringfügigen Ordnungswidrigkeiten, die nicht mehr eingetragen werden. Bereits bestehende Alt-Einträge wurden nach festen Regeln in das neue System überführt.

Rechte der Betroffenen

Auskunft, Berichtigung, Löschung

Betroffene Personen können Auskunft darüber erhalten, ob und welche Daten zu ihnen gespeichert sind. Unrichtige oder unvollständige Daten sind zu berichtigen. Nach Ablauf der Tilgungsfristen sind Einträge zu löschen. Die Auskunft umfasst üblicherweise auch den aktuellen Punktestand und die maßgeblichen Tilgungszeitpunkte.

Zugriffsberechtigte Stellen

Der Zugriff auf das Register ist zweckgebunden und auf befugte Stellen beschränkt. Hierzu zählen insbesondere Fahrerlaubnisbehörden, Gerichte und Strafverfolgungsbehörden sowie Polizeibehörden, soweit dies für deren Aufgaben erforderlich ist. Private Stellen wie Arbeitgeber oder Versicherer erhalten keinen unmittelbaren Zugriff. Betroffene können ihre eigenen Daten einsehen.

Datenübermittlung und Zweckbindung

Eine Übermittlung aus dem Register erfolgt nur, soweit sie für die Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Eine Nutzung der Daten zu anderen Zwecken ist ausgeschlossen. Jede Verarbeitung unterliegt dem Grundsatz der Datenminimierung und wird protokolliert.

Verfahren und Verantwortlichkeiten

Meldung und Eintragung

Nach Rechtskraft einer Entscheidung meldet die zuständige Stelle den Verstoß an das Register. Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft die Meldung, ordnet sie der betroffenen Person zu, nimmt die Punktebewertung vor und erfasst die Eintragung. Fahrerlaubnisbehörden werden bei Erreichen bestimmter Punktestände über die erforderlichen Maßnahmen informiert.

Datensicherheit und Aufsicht

Das Register wird nach hohen technischen und organisatorischen Sicherheitsstandards betrieben. Zugriffe und Übermittlungen werden dokumentiert. Die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen unterliegt behördlicher Aufsicht.

Abgrenzung zu anderen Registern

Bundeszentralregister

Das Bundeszentralregister erfasst strafgerichtliche Entscheidungen mit deutlich weiterem Anwendungsbereich. Die Verkehrssünderdatei konzentriert sich demgegenüber auf verkehrsbezogene Entscheidungen, die für die Fahreignung bedeutsam sind. Einträge in beiden Registern können sich unterscheiden, da jeweils eigene Eintragungsregeln gelten.

Weitere fahrerlaubnisbezogene Register

Neben dem Fahreignungsregister existieren weitere Register mit anderen Zwecken, beispielsweise zur Verwaltung von Fahrerlaubnissen oder Fahrzeugdaten. Diese Register verfolgen eigenständige Dokumentations- und Nachweisfunktionen und sind rechtlich von der Verkehrssünderdatei getrennt.

Besondere Konstellationen

Fahranfängerinnen und Fahranfänger

Für Personen in der Probezeit können zusätzlich zu den allgemeinen Maßnahmen besondere pädagogische oder fahrerlaubnisrechtliche Anordnungen hinzutreten. Die Grundlage dafür sind verkehrsrechtliche Vorschriften außerhalb der Registerführung; die Verkehrssünderdatei liefert hierfür die dokumentarische Basis.

Ausländische Fahrerinnen und Fahrer

Verstöße im Bundesgebiet können auch bei Personen ohne deutschen Wohnsitz eingetragen werden, sofern die Entscheidungen in Deutschland ergangen sind. Das Register ist national ausgerichtet. Eintragungen ausländischer Behörden werden nur in gesetzlich geregelten Fällen berücksichtigt, etwa wenn eine Entscheidung in Deutschland anerkannt wurde und verkehrsrechtlich relevant ist.

Berufskraftfahrer

Für beruflich Fahrende können Eintragungen besondere Bedeutung haben, etwa im Zusammenhang mit behördlichen Eignungsprüfungen oder der Verlängerung qualifikationsbezogener Nachweise. Maßgeblich bleiben auch hier die allgemeinen Regeln der Verkehrssünderdatei und die jeweiligen fachrechtlichen Bestimmungen.

Historische Entwicklung

Die Verkehrssünderdatei wurde über Jahrzehnte als Verkehrszentralregister geführt. Mit einer Reform wurde das System zum Fahreignungsregister weiterentwickelt, vereinfacht und die Punktevergabe neu geordnet. Ziel war mehr Transparenz, klare Tilgungsregeln und eine stärkere Fokussierung auf die Verkehrssicherheit.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Verstöße werden in die Verkehrssünderdatei eingetragen?

Eingetragen werden rechtskräftige Entscheidungen über verkehrsrelevante Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, die für die Beurteilung der Fahreignung bedeutsam sind. Geringfügige Verstöße ohne sicherheitsrelevanten Bezug werden nicht erfasst.

Wie funktioniert das Punktesystem?

Verstöße werden mit 1, 2 oder 3 Punkten bewertet, je nach Schwere und Rechtsfolge. Auf Grundlage des aktuellen Punktestands ordnen Fahrerlaubnisbehörden stufenweise Maßnahmen an, bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis ab 8 Punkten.

Wer kann Einblick in meine Einträge nehmen?

Zugriff haben nur befugte öffentliche Stellen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, insbesondere Fahrerlaubnisbehörden, Gerichte, Strafverfolgungs- und Polizeibehörden. Betroffene Personen können Auskunft zu den eigenen Daten erhalten.

Wie lange bleiben Punkte gespeichert?

Die Tilgungsfrist hängt von der Schwere des Verstoßes ab: in der Regel 2,5 Jahre für 1-Punkt-Einträge, 5 Jahre für 2-Punkte-Einträge und 10 Jahre für 3-Punkte-Einträge. Danach werden die Einträge gelöscht; eine kurze Überliegefrist dient technischen Abgleichen.

Wer führt die Verkehrssünderdatei?

Die Verkehrssünderdatei wird als Fahreignungsregister durch das Kraftfahrt-Bundesamt geführt. Dieses nimmt Meldungen entgegen, bewertet Verstöße, speichert die Daten und informiert zuständige Behörden über maßnahmebezogene Punktestände.

Werden Parkverstöße eingetragen?

Nur sicherheitsrelevante Verstöße werden erfasst. Übliche, geringfügige Parkverstöße ohne besondere Gefährdungslage werden nicht gespeichert. Schwerwiegende Verstöße mit sicherheitsrelevantem Bezug können erfasst werden.

Können Einträge berichtigt oder gelöscht werden?

Unrichtige oder unvollständige Einträge sind zu berichtigen. Nach Ablauf der Tilgungsfrist werden Einträge gelöscht und nicht mehr für Maßnahmen herangezogen. Betroffene haben ein Recht auf Auskunft über den Stand ihrer Einträge.

Werden ausländische Entscheidungen übernommen?

Das Register ist national ausgerichtet. Eintragungen beruhen grundsätzlich auf in Deutschland ergangenen Entscheidungen. Ausländische Entscheidungen werden nur in gesetzlich geregelten Konstellationen berücksichtigt, etwa nach Anerkennung und Relevanz für die Fahreignung.