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Verkehrsdelikte


Definition und Einordnung der Verkehrsdelikte

Verkehrsdelikte bezeichnen Verstöße gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsrechts, welche durch Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr verursacht werden und mit Strafen oder Maßregeln geahndet werden können. Diese Delikte sind im deutschen Recht überwiegend im Strafgesetzbuch (StGB), im Straßenverkehrsgesetz (StVG) sowie in besonderen Verordnungen wie der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) geregelt.

Verkehrsdelikte sind ein zentrales Teilgebiet des Straf- sowie des Ordnungswidrigkeitenrechts. Sie dienen dem Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum aller Verkehrsteilnehmenden sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Verkehrswegen.

Rechtliche Grundlagen und Einordnung

Relevante Rechtsquellen

Die wichtigsten rechtlichen Vorschriften im Zusammenhang mit Verkehrsdelikten finden sich in:

  • Strafgesetzbuch (StGB)
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG)
  • Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
  • Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)
  • Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

Je nach Schwere und Ausgestaltung des Verstoßes kann ein Tatbestand entweder als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden.

Abgrenzung: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr

  • Verkehrsstraftaten führen zu einer strafrechtlichen Verfolgung und können mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Beispiele sind Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder Unfallflucht (§ 142 StGB).
  • Verkehrsordnungswidrigkeiten sind weniger schwere Rechtsverstöße und ziehen in der Regel Bußgelder, Verwarnungen oder Fahrverbote nach sich. Sie ergeben sich etwa aus Verstößen gegen die StVO, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Überfahren einer roten Ampel.

Wichtige Tatbestände bei Verkehrsdelikten

Verkehrsstraftaten nach StGB

Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)

Wer im Straßenverkehr durch grob verkehrswidriges oder rücksichtsloses Verhalten Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, macht sich strafbar.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

Auch bekannt als Unfallflucht, stellt das Verlassen der Unfallstelle ohne Möglichkeit zur Feststellung der Personalien eine Straftat dar.

Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

Die Teilnahme am Straßenverkehr unter Einwirkung alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel ist strafbar, wenn dadurch die Fahrfähigkeit beeinträchtigt wird.

Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) und fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)

Wenn Verkehrsteilnehmer durch ihr Verhalten im Straßenverkehr fahrlässig eine Körperverletzung oder den Tod eines anderen Menschen verursachen, können sie hierfür strafrechtlich belangt werden.

Vollrausch (§ 323a StGB)

Erfasst Fälle, in denen der Täter aufgrund eines selbst herbeigeführten erheblichen Rauschzustandes zu einer rechtswidrigen Tat im Straßenverkehr fähig ist.

Verkehrsordnungswidrigkeiten

Verkehrsordnungswidrigkeiten werden insbesondere im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Ordnung geregelt und umfassen unter anderem:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen (§ 3 StVO)
  • Missachtung von Rotlichtzeichen (§ 37 StVO)
  • Abstandsverstöße (§ 4 StVO)
  • Handyverstoß am Steuer (§ 23 Abs. 1a StVO)
  • Gurtpflichtverstöße (§ 21a StVO)
  • Unzulässige Nutzung von Fahrzeugbeleuchtung

Sanktionen bei Verkehrsdelikten

Mögliche Rechtsfolgen

Die Rechtsfolgen von Verkehrsdelikten unterscheiden sich in ihrer Schwere und können beinhalten:

  • Geldbußen: Bußgelder für Ordnungswidrigkeiten, deren Höhe sich nach Bußgeldkatalogen richtet.
  • Punkte im Fahreignungsregister (Verkehrszentralregister in Flensburg): Erfasst werden verkehrsrelevante Verstöße, die ab einem bestimmten Punktestand fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen können.
  • Fahrverbot: Temporärer Ausschluss vom Führen von Kraftfahrzeugen.
  • Entziehung der Fahrerlaubnis: Dauerhafte Rücknahme der Fahrerlaubnis durch die Behörde bei gravierenden oder wiederholten Verkehrsdelikten.
  • Freiheits- oder Geldstrafe: Bei Verkehrsstraftaten, z.B. bei fahrlässiger Tötung oder Trunkenheit im Verkehr.

Nebenstrafen und Maßregeln

Zusätzlich können auch Maßregeln wie die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), die Sperrfrist zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung von Nachschulungen erfolgen.

Besondere Personengruppen und Verkehrsdelikte

Fahranfänger

Für Personen in der Probezeit gelten besondere Vorschriften. Bereits geringe Verstöße können zu Probezeitverlängerungen und verpflichtenden Aufbauseminaren führen.

Berufskraftfahrer

Beruflich bedingte Verstöße können nicht nur strafrechtliche, sondern auch berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie z.B. den Verlust der Beschäftigungsgrundlage.

Prävention und Verkehrssicherheitsrecht

Zur Prävention von Verkehrsdelikten dienen vielfältige Maßnahmen, z.B. verkehrserzieherische Programme, Kontrollen durch die Polizei sowie technische Überwachungsmaßnahmen wie Blitzer und Alkoholtester.

Bedeutung der Verkehrsdelikte im deutschen Rechtssystem

Verkehrsdelikte nehmen im deutschen Rechtssystem eine zentrale Rolle ein, da sie sowohl dem individuellen als auch dem allgemeinen Schutz dienen. Die effektive Ahndung solcher Delikte ist ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrssicherheitsstrategie und zur Reduzierung von Verkehrsunfällen unverzichtbar.

Fazit

Verkehrsdelikte umfassen ein weites Feld von Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen und unterschiedlich sanktioniert werden können. Die Bandbreite reicht von geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bis hin zu schweren Straftaten mit empfindlichen Rechtsfolgen. Der rechtliche Rahmen ist komplex und zielt darauf ab, Menschenleben zu schützen, Sachschäden zu vermeiden und einen sicheren Straßenverkehr zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Konsequenzen drohen bei einer Trunkenheitsfahrt?

Wer im alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, begeht gemäß § 316 oder § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) eine Straftat. Ab einem Blutalkoholwert von 0,3 ‰ mit Ausfallerscheinungen oder ab 1,1 ‰ ohne Ausfallerscheinungen gilt der Fahrer als absolut fahruntüchtig und macht sich strafbar. Die Ahndung reicht von Geldstrafen über Freiheitsstrafen bis hin zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis. Zusätzlich werden drei Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen und eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) zur Wiedererlangung des Führerscheins kann erforderlich sein. Bei einer Gefährdung des Straßenverkehrs oder einer Wiederholungstat sind die Strafen nochmals verschärft, zudem können zivilrechtliche Ansprüche Dritter auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld hinzukommen. Auch versicherungsrechtlich kann es zu Regressforderungen seitens der Haftpflichtversicherung kommen.

Wie unterscheidet sich eine Ordnungswidrigkeit von einer Straftat im Verkehrsrecht?

Im Verkehrsrecht ist zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten strikt zu unterscheiden. Ordnungswidrigkeiten sind weniger schwerwiegende Verstöße gegen Vorschriften, z. B. geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Überfahren einer roten Ampel ohne Gefährdung, und werden nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geahndet. Die Sanktionen umfassen in der Regel Bußgelder, Punkte in Flensburg oder einen befristeten Fahrverbot. Verkehrsstrafsachen dagegen beruhen auf gravierenderen Verstößen wie Fahrerflucht (§ 142 StGB), Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB). Hier drohen Geld- oder Freiheitsstrafen sowie der Entzug der Fahrerlaubnis und weitere strafrechtliche Nebenfolgen. Die Abgrenzung erfolgt im Wesentlichen nach Art und Schwere der Tat sowie deren Folgen für Dritte.

Was versteht man unter Fahrerflucht und welche Strafen sind damit verbunden?

Fahrerflucht, auch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort genannt, ist nach § 142 StGB eine Straftat. Sie liegt vor, wenn ein Unfallbeteiligter sich nach einem Verkehrsunfall vom Unfallort entfernt, ohne die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung zu ermöglichen. Die Strafen variieren je nach Schaden und sonstigen Umständen: Es droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Des Weiteren kann ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden, insbesondere wenn ein bedeutender Sachschaden (nach aktueller Rechtsprechung etwa ab 1.300 Euro) oder sogar Personenschaden vorliegt. Die Versicherung kann zudem Regressansprüche geltend machen, sodass haftungsrechtliche Folgen bis hin zur vollständigen Kostenübernahme für entstandene Schäden möglich sind.

Welche Rechte habe ich bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle?

Bei einer Verkehrskontrolle sind Sie grundsätzlich zur Mitwirkung verpflichtet, müssen insbesondere Führerschein und Fahrzeugschein vorzeigen sowie auf Verlangen den Kofferraum oder das Warndreieck vorführen. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, Angaben zur Sache zu machen, die Sie selbst belasten könnten („Aussageverweigerungsrecht” nach § 55 StPO). Das gilt etwa bei Fragen zur Geschwindigkeit, zum Alkoholkonsum oder zur Schuld an einem Unfall. Auch freiwillige Tests, wie z.B. das Pusten in das Alkoholmessgerät, müssen Sie nicht ohne Weiteres durchführen, außer bei einer richterlich angeordneten Blutentnahme oder bei Gefahr im Verzug. Leisten Sie keinen Widerstand, erfüllen Sie die Mitwirkungs- und Duldungspflichten, und wenden Sie sich im Zweifel an einen Anwalt, bevor Sie weitergehende Erklärungen abgeben.

Was passiert bei einem Fahrverbot, und was ist zu beachten?

Ein Fahrverbot gemäß § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist eine vorübergehende Untersagung der Führung von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr, die typischerweise zwischen einem und drei Monaten dauert. Es wird häufig bei schweren Ordnungswidrigkeiten wie erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstößen oder Fahren unter Alkoholeinfluss verhängt. Während des Fahrverbots ist das Führen von Fahrzeugen jeglicher Klasse untersagt; ein Verstoß ist eine Straftat (§ 21 StVG). Das Fahrverbot beginnt regelmäßig mit Abgabe des Führerscheins bei der zuständigen Behörde. Berufskraftfahrer können unter besonderen Umständen eine Umwandlung in eine höhere Geldstrafe beantragen, dies ist jedoch an enge Bedingungen geknüpft. Nach Ablauf des Fahrverbots wird der Führerschein in der Regel automatisch zurückgegeben, sofern keine weiteren Maßnahmen, wie z.B. eine MPU oder ein Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet wurden.

Wann wird die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen, und wie kann man sie wiedererlangen?

Die dauerhafte Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt gemäß § 69 StGB insbesondere dann, wenn jemand sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, etwa bei wiederholten oder besonders schwerwiegenden Verkehrsdelikten (z. B. Trunkenheit am Steuer, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Fahrerflucht mit Personenschaden). Nach einem richterlichen Entziehungsbeschluss darf die Person keine Fahrzeuge mehr führen, und der Führerschein wird eingezogen. Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ist erst nach Ablauf einer Sperrfrist – die das Gericht festsetzt und mindestens sechs Monate beträgt – möglich. Oftmals verlangt die Fahrerlaubnisbehörde den Nachweis der Eignung durch eine MPU („Idiotentest”), Abstinenznachweise oder andere Prüfungsleistungen. Erst nach positiver Beurteilung erfolgt eine Neuerteilung. Eine Entziehung ist daher von einem Fahrverbot klar zu unterscheiden, da Letzteres zeitlich begrenzt ist und keine grundsätzliche Neubewertung der Fahreignung erfordert.