Legal Lexikon

Verkehr


Begriff und Bedeutung des Verkehrs im Recht

Der Begriff „Verkehr“ besitzt im deutschen Recht eine vielschichtige und facettenreiche Bedeutung. In verschiedenen Rechtsgebieten wie dem Zivilrecht, Strafrecht, öffentlichen Recht und Steuerrecht wird er unterschiedlich verwendet und definiert. Grundlegend umfasst die rechtliche Bedeutung von „Verkehr“ sämtliche Formen von Austauschvorgängen zwischen den am Rechtsleben teilnehmenden Personen, seien es natürliche oder juristische Personen. Dabei kann es sich um Personen-, Waren-, Geld-, Daten- oder Kommunikationsverkehr handeln. Die konkrete Ausgestaltung des Begriffs „Verkehr“ hängt vom jeweiligen Sachzusammenhang und der Zielrichtung des jeweiligen Rechtsbereichs ab.


Zivilrechtliche Bedeutung des Verkehrs

Rechtsgeschäftlicher Verkehr

Im Zivilrecht bezeichnet „Verkehr“ insbesondere das rechtsgeschäftliche Handeln zwischen Personen. Der sogenannte Rechtsverkehr umfasst alle Handlungen, die auf die Begründung, Änderung oder Beendigung von Rechten und Pflichten zwischen den Beteiligten abzielen. Dazu gehören insbesondere Verträge, Willenserklärungen und sonstige rechtsgeschäftliche Handlungen. Der Begriff findet sich häufig in Gesetzen wie dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), etwa im Zusammenhang mit dem „gutgläubigen Erwerb“ (§ 932 BGB). Hier bezieht sich „Verkehr“ auf die für den Erwerb von Rechten notwendige Verkehrssphäre.

Verkehrsschutz und Verkehrssicherungspflichten

Das Zivilrecht kennt zudem die Verkehrssicherungspflichten. Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss nach den Regeln des Verkehrs darauf achten, dass andere nicht geschädigt werden. Diese Pflichten sind insbesondere im Deliktsrecht (§ 823 BGB) relevant. Verkehrssicherungspflichten bilden die Grundlage für die Haftung bei Verletzung der im „Verkehr“ gebotenen Sorgfalt.


Öffentlich-rechtlicher Verkehrsbegriff

Straßenverkehr und Verkehrsrecht

Im öffentlichen Recht umfasst der Begriff „Verkehr“ vor allem den Straßen-, Schienen-, Luft- und Wasserverkehr. Das Straßenverkehrsrecht bildet einen bedeutenden Teilbereich, geregelt insbesondere durch die Straßenverkehrsordnung (StVO), das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Hier meint „Verkehr“ alle Bewegungsvorgänge von Personen und Fahrzeugen im öffentlichen Raum.

öffentlicher Verkehrsraum

Der öffentliche Verkehrsraum ist der Raum, der jedermann zur Nutzung für den Verkehr – im Sinne von Fortbewegung – offensteht. Rechtliche Bestimmungen stellen dabei insbesondere auf den Schutz der Allgemeinheit ab und regeln Zulassung, Benutzung und Verhalten im Verkehr.


Strafrechtliche Relevanz des Verkehrs

Strafrechtlicher Schutz des Rechtsverkehrs

Das Strafrecht schützt verschiedene Formen des Verkehrs, insbesondere den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Im Kern stehen hier Vorschriften gegen Urkundenfälschung (§ 267 StGB), Betrug (§ 263 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB), welche die Sicherheit und Verlässlichkeit des Rechtsverkehrs gewährleisten sollen.

Verkehrsstraftaten

Im Rahmen des Straßenverkehrs kennt das Strafrecht eigenständige Verkehrsdelikte, etwa Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) oder Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB). Der Begriff bezieht sich hier auf die Teilnahme am öffentlichen Verkehrsleben mit Kraftfahrzeugen oder als Fußgänger.


Verkehr im Sinne des Sachenrechts

Verkehrsgeschäfte und Verkehrsschutz

In sachenrechtlichen Zusammenhängen versteht man unter „Verkehr“ den allgemeinen Rechtsverkehr, der auf Umlauffähigkeit und Sicherheit des Eigentums und anderer dinglicher Rechte ausgerichtet ist. Das Sachenrecht privilegiert den Verkehrsteilnehmer, der auf eine im Grundbuch eingetragene Rechtslage vertraut, durch den gutgläubigen Erwerb von Immobilien (§ 892 BGB).

Verkehrsgeltung

Im Sachenrecht bezeichnet die Verkehrsgeltung die allgemeine Anerkennung einer Sache als verkehrsfähig, d. h. sie kann Gegenstand von Rechtsgeschäften sein, sofern keine rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verbote entgegenstehen (§ 134 BGB, § 137 BGB).


Finanz- und Steuerrechtlicher Verkehrsbegriff

Verkehrswert und Verkehrsteuer

Im Steuerrecht spielt der Verkehrsbegriff vor allem im Zusammenhang mit dem Verkehrswert von Sachen sowie bei Verkehrsteuern eine Rolle. Verkehrswert bezeichnet den objektiven Marktwert einer Sache (§ 194 BauGB). Verkehrsteuern, wie sie bei Rechtsgeschäften im Bereich von Grundstücken (Grunderwerbsteuer) oder beim Güterumsatz (Umsatzsteuer) anfallen, sind Steuern, die an bestimmte Verkehrsvorgänge anknüpfen.


Kommunikations- und Datenverkehr im Datenschutzrecht

Im Bereich des Datenschutzrechts umfasst „Verkehr“ auch den Datenverkehr und die Übertragung personenbezogener Daten. Dies betrifft insbesondere die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit von Telekommunikations- und Internetanbietern im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes (TKG), der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).


Verkehr im internationalen Kontext

Internationaler Waren- und Personenverkehr

Im internationalen Recht betrifft der Begriff „Verkehr“ insbesondere den Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr über Staatsgrenzen hinweg. Grundlagen finden sich in internationalen Verträgen und Abkommen, beispielsweise in der Europäischen Union im Rahmen der vier Grundfreiheiten (Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, Art. 28 ff. AEUV).

Regulierung internationaler Verkehrswege

Internationale Regelungen betreffen u. a. die Zulassung zum grenzüberschreitenden Verkehr, Sicherheits- und Zulassungsstandards sowie wirtschaftliche Fördermaßnahmen. Insbesondere Verkehrsabkommen und supranationale Vorgaben regulieren die Bedingungen für den Verkehrsfluss über nationale Grenzen hinweg.


Zusammenfassung

Der Begriff „Verkehr“ ist von zentraler Bedeutung für viele Bereiche des Rechts. Seine inhaltliche Ausgestaltung reicht von der Sicherung des rechtlichen und wirtschaftlichen Austauschs, dem Schutz der Verkehrssicherheit und Verkehrsteilnehmer, bis zu spezifischen Regelungen im Steuer-, Datenschutz-, und internationalen Recht. Die genaue Auslegung erfolgt stets im Lichte des jeweils maßgeblichen Rechtsgebiets und den dort verfolgten Zielen. Dies unterstreicht die große Bedeutung des Verkehrsbegriffs für das gesamte Rechtssystem und dessen Alltagsbezug.

Häufig gestellte Fragen

Wie läuft ein Bußgeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten ab?

Das Bußgeldverfahren bei Verkehrsordnungswidrigkeiten beginnt in der Regel mit der Feststellung eines Verstoßes durch die Polizei oder eine Überwachungsbehörde (zum Beispiel durch Blitzer oder Polizeikontrollen). Zunächst erhält der Fahrzeughalter einen Anhörungsbogen, in dem die Möglichkeit besteht, sich zum Tatvorwurf zu äußern oder einen anderen Fahrer anzugeben. Nach Auswertung eventueller Stellungnahmen erlässt die zuständige Behörde einen Bußgeldbescheid. Dieser enthält genaue Informationen über das begangene Delikt, die festgelegte Geldbuße, ggf. Punkte im Fahreignungsregister (FAER, vormals Verkehrszentralregister) und ein etwaiges Fahrverbot. Gegen den Bußgeldbescheid kann innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Einspruch eingelegt werden. Im Falle eines frist- und formgerechten Einspruchs prüft die Behörde den Vorgang erneut oder gibt die Sache an das zuständige Amtsgericht ab, welches über den Fall entscheidet. Die Rechtskraft des Bescheides tritt ein, wenn kein Einspruch eingelegt wird oder das gerichtliche Verfahren abgeschlossen ist. Zuständig für die Vollstreckung der Geldbuße ist in Deutschland die Verwaltungsbehörde; bei Nichtzahlung droht gegebenenfalls Erzwingungshaft.

Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für das Abschleppen von Fahrzeugen?

Das Abschleppen eines Fahrzeugs ist rechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung ist in der Regel, dass ein Fahrzeug unbefugt auf einer privaten Fläche abgestellt wurde oder den öffentlichen Verkehrsraum unzulässig blockiert (z. B. im Halteverbot, in einer Feuerwehrzufahrt, auf Gehwegen oder an Kreuzungen). Im öffentlichen Raum handelt die zuständige Ordnungsbehörde oder Polizei, auf Privatgrundstücken meist der Eigentümer beziehungsweise ein von ihm beauftragtes Unternehmen. Vor dem Abschleppen muss grundsätzlich geprüft werden, ob das mildere Mittel – wie das Ermitteln des Halters und dessen Aufforderung zur sofortigen Entfernung des Fahrzeugs – zumutbar ist. Das Abschleppen ist zulässig, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt, also etwa die Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigt wird. Die dabei entstehenden Kosten kann der Halter grundsätzlich erstattet verlangen; er muss sie jedoch unmittelbar begleichen. Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen über Widerspruch und gegebenenfalls Klage gegen die Maßnahme beziehungsweise die Kostenforderung.

Unter welchen Bedingungen ist das Überholen im Straßenverkehr rechtlich verboten?

Rechtlich ist das Überholen gemäß § 5 StVO grundsätzlich verboten, wenn die Verkehrslage unklar ist oder wenn das Überholen durch Verkehrszeichen (z. B. Überholverbotsschilder) untersagt ist. Ein Überholverbot besteht außerdem an Fußgängerüberwegen, bei unklarer Verkehrslage (zum Beispiel bei schlecht einsehbaren Kurven, Kuppen oder unklar positionierten Fahrzeugen) und beim Überholen an unübersichtlichen Stellen. Überdies ist das Überholen verboten, wenn dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden könnten. Für das Überholen auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen gelten besondere Regelungen, zum Beispiel darf rechts nur bei bestimmten Voraussetzungen überholt werden (zum Beispiel beim Reißverschlussverfahren oder an Stauenden). Ein Verstoß gegen das Überholverbot kann ein Bußgeld, Punkte oder ein Fahrverbot nach sich ziehen.

Welche Pflichten bestehen bei einem Verkehrsunfall?

Nach § 34 StVO (Straßenverkehrsordnung) trifft alle Beteiligten an einem Verkehrsunfall eine umfangreiche Pflicht: Sie müssen sofort anhalten, die Unfallstelle sichern, sich über den Schaden vergewissern und ggf. Erste Hilfe leisten. Die Beteiligten sind verpflichtet, am Unfallort zu verbleiben, bis die notwendigen Feststellungen zur Person, zum Fahrzeug und zur Art der Beteiligung ermöglicht sind. Die erforderlichen Daten müssen dem Unfallgegner sowie der Polizei mitgeteilt werden. Ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB, „Fahrerflucht“) ist strafbar und kann zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen führen, etwa zum Entzug der Fahrerlaubnis und zu Geld- oder Freiheitsstrafen. Meldepflichten bestehen zudem gegenüber der eigenen Kfz-Versicherung, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Auch gibt es Mitwirkungspflichten innerhalb der Schadensregulierung.

Wann ist das Alkoholverbot im Straßenverkehr rechtlich relevant?

Das Alkoholverbot im Straßenverkehr findet sich in § 24a StVG bzgl. Ordnungswidrigkeiten und § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr) im Strafrecht. Für Kraftfahrzeugführer gilt eine gesetzliche 0,5-Promille-Grenze; bereits ab 0,3 Promille mit Ausfallerscheinungen (z. B. Fahrfehler, Unfall) können jedoch strafrechtliche Konsequenzen folgen. Bei Fahranfängern in der Probezeit, Kraftfahrern unter 21 Jahren sowie Fahrern von Bussen, Taxis und Gefahrguttransporten gilt die 0,0-Promille-Grenze. Bei Überschreitung der jeweiligen Grenze drohen Bußgelder, Fahrverbote, Punkte im Fahreignungsregister sowie im strafrechtlichen Bereich auch Freiheitsstrafen. Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen kann infrage gestellt werden, sodass die Fahrerlaubnisbehörde Maßnahmen bis hin zum Entzug der Fahrerlaubnis anordnen darf.

Welche Dokumentationspflichten gelten für den Güterkraftverkehr?

Im gewerblichen Güterkraftverkehr sind umfangreiche Dokumentationspflichten zu beachten. Dazu zählen unter anderem das Mitführen eines gültigen Führerscheins (einschließlich der erforderlichen Klassen und ggf. Zusatzkennungen), eines gültigen Fahrzeugscheins sowie ggf. Güterkraftverkehrserlaubnis, Gemeinschaftslizenz oder CEMT-Genehmigung. Jeder Fahrer muss das Fahrtenbuch sowie bei Fahrtschreibern die Fahrerkarte oder Tachographenscheiben mitführen und auf Verlangen den Kontrollbehörden vorlegen. Die Lenk- und Ruhezeiten müssen strikt anhand der Fahrtschreiberaufzeichnungen dokumentiert und archiviert werden. Verstöße gegen Dokumentationspflichten werden als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern und Punkten geahndet und können im Wiederholungsfall den Entzug von Erlaubnissen oder Konzessionen bedeuten.

Welche Rechte und Pflichten haben Fußgänger im Straßenverkehr?

Fußgänger haben nach der StVO besondere Rechte, aber auch definierte Pflichten im Straßenverkehr. Ihnen sind sichere Übergänge (Zebrastreifen, Fußgängerampeln) zu gewähren, an denen Fahrzeuge zwingend halten müssen, sobald ein Fußgänger die Fahrbahn betreten möchte. Fußgänger haben die Pflicht, Gehwege zu nutzen und dürfen Fahrbahnen grundsätzlich nur an den hierfür vorgesehenen Stellen (z. B. Fußgängerüberwegen, Ampeln) überqueren. Verstöße wie das Queren außerhalb gekennzeichneter Übergänge oder bei „Rot“ an Lichtzeichenanlagen können als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Bei Unfällen werden Mitverschuldensanteile geprüft, aber der Kraftfahrer trägt regelmäßig eine erhöhte Sorgfaltspflicht, insbesondere gegenüber Kindern und älteren Menschen.