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Verfügung von Todes wegen


Verfügung von Todes wegen

Die Verfügung von Todes wegen ist ein zentraler Begriff im deutschen Erbrecht und bezeichnet erbrechtliche Willenserklärungen, durch die eine Person (Erblasser) Anordnungen über ihr Vermögen für den Todesfall trifft. Die bedeutendsten Formen der Verfügung von Todes wegen sind das Testament und der Erbvertrag. Diese erbrechtlichen Regelungen finden ihre gesetzliche Grundlage insbesondere in den §§ 1937 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Verfügung von Todes wegen stellt damit das gesetzlich anerkannte Instrument dar, mit dem die Testierfreiheit des Erblassers verwirklicht wird.


Begriff und Abgrenzung

Die Verfügung von Todes wegen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie zu Lebzeiten zwar wirksam errichtet, aber erst mit dem Tod des Erblassers Wirkung entfaltet. Sie unterscheidet sich grundlegend von Verträgen unter Lebenden (inter vivos), da ihre rechtlichen Folgen erst postum eintreten.

Abgrenzung zu anderen Rechtsgeschäften

Verfügungen von Todes wegen sind streng von Schenkungen auf den Todesfall (§ 2301 BGB) und anderen Verträgen zu unterscheiden, bei denen die Rechtsfolgen bereits zu Lebzeiten zumindest teilweise eintreten. Klassischerweise stehen sich Erbfolge kraft Gesetzes (gesetzliche Erbfolge) und Erbfolge aufgrund einer Verfügung von Todes wegen (gewillkürte Erbfolge) gegenüber.


Rechtsgrundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die wichtigsten Vorschriften für Verfügungen von Todes wegen finden sich im Dritten Buch des BGB (§§ 1922 ff.). Die maßgeblichen Paragraphen regeln insbesondere die Zulässigkeit, Form, Auslegung, Anfechtung und Widerruf von Verfügungen von Todes wegen.

Testierfreiheit

Die Testierfreiheit des Erblassers ist Kernstück des deutschen Erbrechts. Sie berechtigt jede geschäftsfähige Person, über ihr Vermögen für den Todesfall nach eigenem Belieben zu verfügen, sofern nicht zwingende gesetzliche Beschränkungen (etwa Pflichtteilsrechte naher Angehöriger) entgegenstehen.


Formen der Verfügung von Todes wegen

Testament

Das Testament ist die häufigste Form der Verfügung von Todes wegen. Es erlaubt dem Erblasser, einseitig rechtsverbindliche Anordnungen zu treffen, etwa die Bestimmung eines oder mehrerer Erben, die Ernennung von Vermächtnisnehmern, Teilungsanordnungen, Auflagen oder die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers.

Einzeltestament

Das Einzeltestament wird von einer einzelnen Person errichtet und kann formgültig eigenhändig (§ 2247 BGB) oder notariell (§ 2232 BGB) errichtet werden.

Gemeinschaftliches Testament

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können gemeinschaftlich testieren (§ 2265 BGB), z. B. durch das sog. Berliner Testament.

Erbvertrag

Der Erbvertrag ist ein formgebundenes Rechtsgeschäft (§§ 1941, 2274 ff. BGB), in dem sich mindestens ein Vertragspartner gegenüber einem anderen bindet, für den Todesfall Erbenstellung oder andere vermögensrechtliche Anordnungen zu verschaffen. Seine Errichtung bedarf stets der notariellen Beurkundung.


Formvorschriften

Verfügungen von Todes wegen unterliegen strengen Formvorschriften, deren Missachtung zur Nichtigkeit der Erklärung führen kann.

Eigenhändiges Testament

Das eigenhändige Testament ist vom Erblasser vollständig handschriftlich zu verfassen und zu unterschreiben. Die Angabe von Ort und Datum ist empfehlenswert, aber gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, erhöht jedoch die Beweiskraft.

Öffentliches (notarielles) Testament

Das öffentliche Testament wird durch notarielle Beurkundung errichtet. Der Inhalt kann mündlich oder schriftlich dem Notar mitgeteilt werden (§ 2232 BGB).

Formerfordernis beim Erbvertrag

Der Erbvertrag bedarf zur Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Alle Vertragsparteien müssen anwesend sein und den Vertrag persönlich unterzeichnen.


Inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten

Verfügungen von Todes wegen ermöglichen verschiedenste Regelungen:

  • Einsetzung von Erben
  • Anordnung von Vermächtnissen und Auflagen
  • Ernennung von Testamentsvollstreckern
  • Enterbung bestimmter Personen
  • Teilungsanordnungen
  • Wiederverheiratungsklauseln und weitere Bedingungsanordnungen

Der Gestaltungsspielraum des Erblassers unterliegt lediglich den zwingenden gesetzlichen Schranken, insbesondere dem Familienschutz durch Pflichtteilsrechte (§§ 2303 ff. BGB).


Widerruf, Anfechtung und Unwirksamkeit

Widerrufsmöglichkeiten

Bis zum Todeszeitpunkt des Erblassers können Testamente grundsätzlich jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf kann durch Vernichtung, Änderung, Errichtung eines neuen Testaments oder durch ausdrückliche Widerrufserklärung erfolgen (§§ 2253 ff. BGB). Erbverträge sind grundsätzlich weniger flexibel und können nur unter besonderen Voraussetzungen widerrufen oder aufgehoben werden.

Anfechtung

Verfügungen von Todes wegen sind im Fall von Drohung, Irrtum oder Täuschung anfechtbar (§ 2078 BGB). Zur Anfechtung ist in der Regel nur berechtigt, wem die Anfechtung unmittelbar zustattenkommen würde.

Nichtigkeit

Nichtbeachtung der Formvorschriften oder Testierunfähigkeit führt zur Nichtigkeit einer Verfügung von Todes wegen.


Testierfähigkeit und andere Wirksamkeitsvoraussetzungen

Testierfähigkeit (§ 2229 BGB) ist Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen. Sie richtet sich primär nach dem Alter und der geistigen Fähigkeit des Erblassers, die Bedeutung und Konsequenzen der Verfügung zu überblicken. Minderjährige unter 16 Jahren sind nicht testierfähig; ab 16 Jahren kann testamentarisch verfügt werden, jedoch nicht durch Erbvertrag.


Bedeutung und Funktion

Verfügungen von Todes wegen gewährleisten die Durchsetzung des letzten Willens des Erblassers, ermöglichen individuelle Nachfolgegestaltungen und sorgen für Klarheit und Rechtssicherheit im Erbfall. Sie tragen erheblich zur Reduzierung erbfallbedingter Streitigkeiten bei und dienen der geordneten Vermögensübertragung.


Internationale Aspekte

Internationale Testamente und grenzüberschreitende Erbfälle unterliegen eigenen Regelungen, darunter das Haager Übereinkommen betreffend das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht und die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die die Zuständigkeit und das anwendbare Recht bei Nachlassfällen mit Auslandsbezug festlegen.


Fazit

Die Verfügung von Todes wegen ist das zentrale Instrument zur Regelung der Vermögensnachfolge nach deutschem Recht. Sie erlaubt es einer Person, eigenverantwortlich und verbindlich über den Nachlass zu bestimmen. Die Einhaltung der gesetzlichen Formvorgaben und Wirksamkeitserfordernisse ist unerlässlich, um die Umsetzung des letzten Willens sicherzustellen und Rechtssicherheit für die Hinterbliebenen zu schaffen.

Häufig gestellte Fragen

Wie kann eine Verfügung von Todes wegen wirksam errichtet werden?

Eine Verfügung von Todes wegen kann nach deutschem Recht grundsätzlich als Testament oder Erbvertrag errichtet werden. Die Wirksamkeit dieser Verfügung ist abhängig von der Einhaltung der gesetzlichen Formvorschriften. Ein eigenhändiges Testament etwa muss vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben sein; zusätzlich sollte – aus Gründen der Klarheit – Ort und Datum angegeben werden. Ein notarielles Testament bedarf hingegen der Beurkundung durch einen Notar, der die Erklärungen der testierenden Person protokolliert und sie anschließend unterzeichnet. Der Erbvertrag ist zwingend in notarieller Form zu errichten und kann nur gemeinsam mit den Vertragsparteien vor dem Notar abgeschlossen werden. Des Weiteren muss die volle Testierfähigkeit, also die Geschäftsfähigkeit im Sinne des § 2229 BGB, zum Zeitpunkt der Errichtung vorliegen. Minderjährige ab 16 Jahren dürfen lediglich ein öffentliches Testament errichten, nicht jedoch ein eigenhändiges. Fehlt es an der Einhaltung dieser Formerfordernisse, ist die Verfügung von Todes wegen grundsätzlich unwirksam.

Kann eine Verfügung von Todes wegen jederzeit widerrufen werden?

Grundsätzlich ist jede Verfügung von Todes wegen widerruflich, sofern das Gesetz oder vertragliche Bindungen, wie beim Erbvertrag, keine Einschränkung vorsehen. Ein Testament beispielsweise kann jederzeit durch Vernichtung oder durch die Errichtung eines neuen Testaments widerrufen werden. Der Widerruf wird formlos wirksam, wenn er durch eine spätere Verfügung mit explizitem Widerruf oder durch eindeutige Änderung der Bestimmungen erfolgt. Bei gemeinschaftlichen Testamenten, etwa zwischen Ehegatten, oder bei Erbverträgen bestehen jedoch Schranken: Bindende Verfügungen können ab einem bestimmten Zeitpunkt (häufig nach dem Tod eines Vertragspartners) nicht mehr einseitig geändert werden; bis dahin ist ein Widerruf jedoch durch notariellen Akt oder unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Der Widerruf sollte bei Gericht hinterlegt werden, um Streit zu vermeiden.

Welche Formerfordernisse gelten für die unterschiedlichen Arten der Verfügung von Todes wegen?

Es gibt unterschiedliche Formerfordernisse, je nachdem, ob es sich um ein eigenhändiges Testament, ein öffentlich (notariell) beurkundetes Testament oder einen Erbvertrag handelt. Das eigenhändige Testament muss vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben werden. Das notarielle Testament wird vor einem Notar erklärt und von diesem protokolliert. Erbverträge bedürfen stets der notariellen Beurkundung, wobei alle Vertragsparteien persönlich anwesend sein müssen. Mündliche Verfügungen sind, mit Ausnahme von Nottestamenten (z.B. bei akuter Todesgefahr), unwirksam. Bei Missachtung der jeweiligen Formvorschriften ist die Verfügung von Todes wegen nichtig, was zur gesetzlichen Erbfolge führt.

Welche Auslegungsregeln gelten, wenn der Wortlaut der Verfügung unklar ist?

Besteht Unklarheit über die Auslegung einer Verfügung von Todes wegen, wird nach §§ 133, 2084 BGB die sogenannte Andeutungstheorie angewandt. Das bedeutet, es ist vor allem auf den wirklichen Willen des Erblassers abzustellen, wie er sich nach den Gesamtumständen und dem Inhalt der Verfügung erschließen lässt. Dabei wird geprüft, ob sich eine aus dem Wortlaut abweichende Verfügung zumindest andeutungsweise in der Urkunde findet. Der Erblasserwille hat Vorrang vor der wörtlichen Auslegung. Insbesondere sollen offensichtlich widersinnige oder fehlerhafte Formulierungen im Sinne des mutmaßlichen Willens berichtigt werden, sofern dies möglich und durch Hinweise im Testament gedeckt ist. Kommt dennoch keine zweifelsfreie Auslegung zustande, ist die Verfügung insoweit unwirksam.

Welche Bedeutung hat die Testierfähigkeit bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen?

Testierfähigkeit ist die Fähigkeit, wirksam eine Verfügung von Todes wegen zu errichten. In Deutschland regelt § 2229 BGB diese Fähigkeit. Die absolute Grenze liegt bei 16 Jahren für die Errichtung eines öffentlichen, notariellen Testaments und bei 18 Jahren für Erbverträge. Darüber hinaus muss die Geschäftsfähigkeit erhalten sein; das bedeutet insbesondere, dass keine krankhafte Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung vorliegen darf, die die freie und autonome Willensbildung beeinträchtigen könnten. Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit im Zeitpunkt der Testamentserrichtung ist der tatsächliche geistige Zustand ggf. durch Gutachten nachzuweisen. Eine Verfügung von Todes wegen, die unter Ausschluss der Testierfähigkeit errichtet wurde, ist nichtig.

Welche Pflichten bestehen bei der Hinterlegung oder Bekanntgabe einer Verfügung von Todes wegen?

Eine Verfügung von Todes wegen muss nicht zwingend beim Nachlassgericht oder Notar hinterlegt werden; dies ist jedoch im Interesse der Rechtssicherheit dringend zu empfehlen, um den sicheren Auffindens- und Bekanntgabewillen zu gewährleisten. Notarielle Testamente und Erbverträge werden grundsätzlich beim zuständigen Amtsgericht (Nachlassgericht) amtlich hinterlegt. Eigenhändige Testamente können freiwillig hinterlegt werden. Nach dem Tod muss die Auffindung eines Testaments, das nicht amtlich hinterlegt ist, dem Nachlassgericht unverzüglich angezeigt werden. Die amtliche Verwahrung gewährleistet die Eröffnung nach dem Erbfall und schützt vor Verlust, Fälschung oder Vernichtung.

Was passiert mit einer Verfügung von Todes wegen, wenn sich die Lebensumstände des Erblassers ändern?

Verändert sich die Lebenssituation des Erblassers – beispielsweise durch Geburt von Kindern, Scheidung, Wiederheirat oder Erwerb von Vermögenswerten -, so bleibt eine Verfügung von Todes wegen grundsätzlich wirksam, solange sie nicht widerrufen oder neu gefasst wird. Das Erbrecht schreibt keine automatische Anpassung oder Unwirksamkeit aufgrund geänderter Umstände vor. Es können allerdings Auslegungsfragen auftauchen, wenn testamentarische Anordnungen auf die neue Situation nicht mehr passen. Manche Familienstandänderungen, wie die Ehescheidung, führen zur Unwirksamkeit bestimmter Verfügungen zugunsten des geschiedenen Ehepartners, sofern keine anderweitigen Anordnungen getroffen wurden (§ 2077 BGB). Es empfiehlt sich daher die regelmäßige Überprüfung der Verfügung von Todes wegen im Lichte veränderter persönlicher Umstände.