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Verfügung (rechtsgeschäftliche)


Verfügung (rechtsgeschäftliche)

Die rechtsgeschäftliche Verfügung ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht und beschreibt ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar auf die Änderung, Übertragung, Belastung oder Aufhebung eines Rechts gerichtet ist. Anders als das Verpflichtungsgeschäft, das auf die Begründung von Pflichten abzielt, bewirkt die Verfügung eine unmittelbare Änderung an einem bestehenden Recht. Die Verfügung spielt insbesondere im Sachenrecht, aber auch in anderen Rechtsgebieten, eine grundlegende Rolle.

Begriff und Abgrenzung

Der Begriff der rechtsgeschäftlichen Verfügung ist geprägt durch die unmittelbare Auswirkung auf bestehende Rechte. Typische Beispiele sind die Übereignung beweglicher Sachen, die Abtretung von Forderungen oder die Bestellung von Sicherungsrechten wie Hypothek oder Grundschuld.

Abgrenzung zum Verpflichtungsgeschäft

Rechtsgeschäftliche Verfügungen unterscheiden sich vom Verpflichtungsgeschäft durch ihren tatsächlichen rechtsändernden Charakter. Das Verpflichtungsgeschäft (z. B. Kaufvertrag) verpflichtet zur Herbeiführung eines Erfolges, während die Verfügung dessen rechtliche Umsetzung bewirkt. In der Praxis sind beide oft miteinander verbunden (z. B. Kaufvertrag und Eigentumsübergang).

Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Im deutschen Zivilrecht gilt das Trennungsprinzip: Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft sind voneinander unabhängig. Das Abstraktionsprinzip besagt, dass die Wirksamkeit eines Verfügungsgeschäfts grundsätzlich nicht von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts abhängt, es sei denn, das Gesetz regelt etwas anderes (z. B. § 812 BGB).

Arten der Verfügung

Verfügungen können sich auf verschiedene Rechte beziehen. Die wichtigsten Arten sind:

Verfügung über Sachen

Die Verfügung über Sachen erfolgt in Form der Übereignung (§§ 929 ff. BGB), Belastung (z. B. Bestellung einer Grundschuld, § 1191 BGB), oder Aufhebung (z. B. Rückübertragung des Eigentums). Die Wirksamkeit setzt regelmäßig die Berechtigung und die Einigung über den Eigentumsübergang voraus.

Verfügung über Forderungen und Rechte

Rechte, insbesondere Forderungen, können durch Abtretung (§ 398 BGB) auf andere übertragen werden. Daneben gibt es auch die Begebung von Wertpapieren oder die Bestellung von Sicherungsrechten an Rechten.

Verfügung über immaterielle Güter

Auch Immaterialgüterrechte (z. B. Urheberrecht, Patentrecht) können Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügung sein, etwa durch Übertragung, Einräumung von Nutzungsrechten oder Lizenzierung.

Rechtswirkungen der Verfügung

Die Verfügung bewirkt eine unmittelbare Änderung des jeweiligen Rechts. Wesentliche Grundvoraussetzungen sind:

Verfügungsbefugnis

Die Wirksamkeit einer Verfügung setzt grundsätzlich voraus, dass der Verfügende zur Verfügung berechtigt ist. Fehlt die Verfügungsbefugnis (z. B. bei Fremdeigentum), ist die Verfügung im Regelfall unwirksam, es sei denn, Gesetz oder Rechtsgeschäft sehen Ausnahmen wie den gutgläubigen Erwerb vor.

Verfügung und Bedingung

Eine Verfügung kann unter einer Bedingung oder Befristung vorgenommen werden, sofern das betroffene Recht derart belastbar ist (z. B. aufschiebende oder auflösende Bedingung).

Unwirksamkeit und Anfechtung von Verfügungen

Verfügungen sind wie andere Rechtsgeschäfte anfechtbar (§§ 119 ff. BGB), insbesondere bei Willensmängeln. Die Unwirksamkeit kann sich auch aus gesetzlichen Verboten oder fehlender Verfügungsbefugnis ergeben. Bei unwirksamen Verfügungen kommt es häufig zum sogenannten dolo-agit-Einwand oder zu bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungen.

Gutgläubiger Erwerb

In bestimmten Fällen lässt das Gesetz den gutgläubigen Erwerb zu, insbesondere im Sachen- und Wertpapierrecht. Obwohl der Verfügende nicht berechtigt ist, kann der Erwerber unter bestimmten Voraussetzungen dennoch wirksam das Recht erwerben (§§ 932 ff. BGB).

Besonderheiten bei gemeinschaftlichen oder treuhänderischen Rechten

Bei gemeinschaftlichen oder treuhänderischen Rechten (z. B. Bruchteilsgemeinschaft, Treuhand) sind besondere Verfügungsbeschränkungen zu beachten. Oft bedarf es der Mitwirkung mehrerer Personen; bei Treuhandverhältnissen ist die Verfügungsbefugnis in der Regel durch den Treuhandvertrag eingeschränkt.

Gesetzliche Verfügungsbeschränkungen

Das Gesetz kennt zahlreiche Verfügungsbeschränkungen, beispielsweise für minderjährige Personen (§ 107 ff. BGB), unter Vormundschaft stehende Personen oder im Rahmen von Insolvenzverfahren (§ 80 InsO). Verstöße führen meist zur Unwirksamkeit der Verfügung oder deren Anfechtbarkeit.

Verfügung im internationalen Privatrecht

Auch im internationalen Kontext kann die Wirksamkeit einer Verfügung von der Anwendbarkeit bestimmten nationalen Rechts, insbesondere des Belegenheitsrechts bei Grundstücken, abhängen.

Zusammenfassung

Die rechtsgeschäftliche Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das auf die unmittelbare Änderung, Übertragung, Belastung oder Aufhebung eines Rechts abzielt und damit eine zentrale Schlüsselfunktion im deutschen Privatrecht einnimmt. Sie unterliegt zahlreichen gesetzlichen Regelungen, Beschränkungen und Ausnahmen. Für das Verständnis des Zivilrechts in Deutschland ist die Unterscheidung zwischen Verfügung und Verpflichtung grundlegend, insbesondere wegen Trennung und Abstraktion beider Geschäftstypen. Im Ergebnis ist die Verfügung das Instrument, mit dem Rechte im Rechtsverkehr unmittelbar disponibel gemacht werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Arten rechtsgeschäftlicher Verfügungen gibt es im deutschen Zivilrecht?

Im deutschen Zivilrecht unterscheidet man verschiedene Arten von rechtsgeschäftlichen Verfügungen, wobei die wesentlichen Hauptformen Übertragung, Belastung, Aufhebung und Inhaltsänderung von Rechten sind. Die Übertragung kommt beispielsweise beim Eigentumsübergang einer beweglichen Sache durch Einigung und Übergabe (§§ 929 ff. BGB) vor. Die Belastung meint die Begründung einer neuen rechtlichen Einschränkung an einem Recht, etwa bei der Einräumung eines Nießbrauchs (§§ 1030 ff. BGB) oder einer Grundschuld. Die Aufhebung umfasst die vollständige Beseitigung eines bestehenden Rechts, etwa die Rückübereignung einer Sache oder die Löschung eines Rechts an einem Grundstück. Die Inhaltsänderung betrifft jede sonstige Modifikation des Rechtsinhalts, wie etwa die Änderung der Nutzungsbefugnisse. All diese Verfügungen setzen eine wirksame Einigung und häufig weitere Formerfordernisse voraus, beispielsweise die Eintragung im Grundbuch bei Grundstücken (§ 873 BGB).

Wann ist eine Verfügung im Sinne des BGB wirksam und welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Damit eine Verfügung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wirksam wird, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss die Person, die verfügt (der Verfügende), verfügungsbefugt sein, also tatsächlich das Recht innehaben oder zur Verfügung darüber ermächtigt sein. Zudem muss bei dinglichen Rechten stets das Trennungs- und Abstraktionsprinzip beachtet werden, das die Verpflichtungs- (z. B. Kaufvertrag) von der Verfügungsgeschäft unterscheidet. Darüber hinaus sind oft Formvorschriften einzuhalten, so etwa die notarielle Beurkundung und die Eintragung im Grundbuch für Grundstücksrechte. Minderjährige und unter Betreuung stehende Personen benötigen unter Umständen eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§§ 1821 ff., 1909 ff. BGB). Die Verfügung wird schließlich durch einen realen Übertragungsakt wie die Übergabe (§ 929 S. 1 BGB) oder eine Eintragung im entsprechenden Register abgeschlossen.

Was ist die Bedeutung und Funktion der Verfügungsbefugnis bei rechtsgeschäftlichen Verfügungen?

Die Verfügungsbefugnis beschreibt das Recht, über ein bestehendes Recht tatsächlich zu verfügen, dieses also zu übertragen, zu belasten, aufzuheben oder inhaltlich zu ändern. Fehlt die Verfügungsbefugnis, etwa weil das Recht gar nicht dem Verfügenden zusteht oder weil es mit einem Verfügungsverbot belastet ist (z. B. § 135 BGB), dann ist die Verfügung grundsätzlich unwirksam. Das deutsche Recht schützt so besonders die Rechtsposition des Berechtigten und das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Rechtssicherheit. In Ausnahmefällen kann jedoch eine Verfügung ohne Verfügungsbefugnis wirksam werden, beispielsweise, wenn der gutgläubige Erwerb eines Rechts vorliegt (§§ 932 ff. BGB), sofern der Erwerber keine Kenntnis von der fehlenden Berechtigung hatte.

Inwiefern unterscheidet sich die Verfügung von der Verpflichtung im Schuldrecht?

Die Verfügung ist im Zivilrecht von der Verpflichtung strikt zu trennen. Eine Verpflichtung begründet lediglich eine schuldrechtliche Bindung, also ein Forderungsrecht; dieses verpflichtet jemanden zu einer Leistung (z. B. Übergabe einer Sache), bewirkt aber keine unmittelbare Änderung der dinglichen Rechtslage. Erst die Verfügung selbst verändert ein bestehendes Recht: Sie überträgt, belastet, hebt auf oder ändert es. Damit ist die Verfügung regelmäßig abstrakt und losgelöst vom ihr zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft (Abstraktionsprinzip). Ein Verkauf (Verpflichtungsgeschäft) allein macht den Käufer nicht zum Eigentümer; dazu bedarf es der Erfüllung des Verfügungsgeschäfts (z. B. Einigung und Übergabe).

Unterliegen alle Verfügungen besonderen Formvorschriften oder gesetzlichen Beschränkungen?

Nicht jede Verfügung unterliegt denselben Formvorschriften, aber einige sind zwingend an bestimmte Förmlichkeiten gebunden. Die Verfügung über Grundstücke etwa erfordert regelmäßig die notarielle Beurkundung und die Eintragung ins Grundbuch (§§ 873, 925 BGB). Bei der Verfügung über Anteile an juristischen Personen können gesellschaftsvertragliche Regelungen zusätzliche Anforderungen stellen. Auch gibt es oft gesetzliche Beschränkungen: Bei unter Ehegatten gemeinsam gehaltenen Gegenständen kann nach § 1365 BGB eine Verfügung über das gesamte Vermögen nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgen. In anderen Fällen wie bei der Verfügung über bereits abgetretene Forderungen besteht ein Verfügungsverbot (§§ 398, 399 BGB), das beachtet werden muss.

Welche Auswirkungen hat eine unwirksame Verfügung für die Beteiligten?

Ist eine Verfügung unwirksam, etwa wegen fehlender Verfügungsbefugnis oder Formmangels, tritt die geplante Änderung der Rechtslage nicht ein. Das Recht verbleibt beim Berechtigten. Der Erwerber hat dann lediglich einen Anspruch auf Rückabwicklung (z. B. aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB), kann aber im Regelfall nicht Besitzer oder Eigentümer werden. Wurde zudem eine Leistung bereits erbracht, besteht ein Rückabwicklungsanspruch, und es müssen etwaige Nutzungen sowie Schadensersatz in Betracht gezogen werden. In Ausnahmefällen kann die Unwirksamkeit durch nachträgliche Genehmigung (z. B. §§ 177, 184 BGB) geheilt werden, sodass die Verfügung ex tunc wirksam wird.