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Vereinigung von Grundstücken


Vereinigung von Grundstücken

Die Vereinigung von Grundstücken ist im deutschen Grundstücksrecht ein Begriff, der die Zusammenfassung von zwei oder mehreren rechtlich selbständigen Grundstücken zu einem rechtlich neuen, einheitlichen Grundstück beschreibt. Dieses Verfahren wird im Grundbuch vermerkt und spielt in der Immobilienpraxis eine wichtige Rolle, beispielsweise bei Bauvorhaben, bei denen eine einheitliche Bebauung auf vormals getrennten Flurstücken erfolgen soll. Die rechtlichen Grundlagen, Voraussetzungen sowie Auswirkungen der Grundstücksvereinigung sind vielschichtig geregelt. Der folgende Beitrag gibt einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Details, den Ablauf und die besonderen Aspekte der Grundstücksvereinigung.


Gesetzliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die rechtlichen Grundlagen für die Vereinigung von Grundstücken finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den § 890 und § 873 BGB. § 890 BGB regelt explizit die Vereinigung als Änderung der rechtlichen Zuordnung von Grundstücken:

„Vereinigung tritt ein, wenn mehrere Grundstücke, die im Eigentum desselben stehen, im Grundbuch zu einem Grundstück zusammengeführt werden.“

Die Eintragung im Grundbuch ist somit für die zivilrechtliche Wirksamkeit der Grundstücksvereinigung konstitutiv.

Grundbuchordnung (GBO)

Gemäß § 5 Abs. 1 der Grundbuchordnung (GBO) muss jedes Grundstück als ein gesondertes Grundbuchblatt geführt werden. Die Vereinigung wird gemäß § 6 GBO vorgenommen und im Grundbuch durch Anlegung eines neuen oder Umschreibung auf eines der bestehenden Grundbuchblätter vollzogen. Die Details des Ablaufs sind in der Grundbuchordnung geregelt.

Weitere Vorschriften

Sonderrechtliche Bestimmungen und Landesgesetze können im Einzelfall zusätzliche Anforderungen für die Vereinigung von Grundstücken festlegen, z.B. im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht.


Voraussetzungen der Vereinigung von Grundstücken

Einheitliches Eigentum

Voraussetzung ist, dass alle zu vereinigenden Grundstücke im Eigentum derselben natürlichen oder juristischen Person stehen. Teilen sich mehrere Personen das Eigentum, muss im Grundbuch bereits eine einheitliche Miteigentümergemeinschaft nach Bruchteilen bestehen.

Lage im selben Grundbuchbezirk

Die Grundstücke müssen im selben Grundbuchbezirk eingetragen sein. Eine Überführung in einen anderen Grundbuchbezirk zwecks Vereinigung ist nicht zulässig; hier müssten gegebenenfalls Flurstücksgrenzen verlegt, jedoch keine Grundstücksvereinigung vorgenommen werden.

Keine Belastungen in Bezug auf einzelne Grundstücke

Die zu vereinigenden Grundstücke dürfen individuell nicht unterschiedlich belastet sein. D.h., bestehende Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten und andere Belastungen müssen einheitlich für alle Grundstücke bestehen oder vorher aufgehoben werden, da künftige Belastungen nach einer Vereinigung das neue Grundstück insgesamt betreffen.

Öffentliche-rechtliche Vorgaben

Insbesondere das Bauordnungs- und Bauplanungsrecht kann zusätzliche Anforderungen stellen (beispielsweise Grenzabstände bei Neubebauung, Abteilungen im Liegenschaftskataster).


Ablauf der Grundstücksvereinigung

Antragstellung

Die Vereinigung der Grundstücke erfolgt auf Antrag. Der Antrag kann von dem oder den Eigentümern selbst beim zuständigen Grundbuchamt gestellt werden, regelmäßig über einen Notar, da das Grundbuchwesen in Deutschland seinem Öffentlichkeitsgrundsatz unterliegt und formgebunden ist.

Nachweis der Voraussetzungen

Dem Antrag sind Nachweise beizufügen, insbesondere der einheitliche Eigentumsnachweis und ggf. Nachweise über die Beseitigung unterschiedlicher Belastungen. Flur- und Liegenschaftskarten sind dem Antrag beizufügen.

Eintragung im Grundbuch

Das Grundbuchamt prüft den Antrag und trägt bei Vorliegen aller Voraussetzungen die Vereinigung der Grundstücke im Grundbuch ein. Hierzu wird entweder ein neues Grundbuchblatt angelegt oder eines der bestehenden Blätter fortgeführt und die übrigen geschlossen.


Wirkungen der Grundstücksvereinigung

Rechtliche Einheit

Die ehemals selbständigen Grundstücke existieren rechtlich nicht mehr als eigenständige Einheiten, sondern als ein Grundstück. Alle Rechte und Pflichten erstrecken sich fortan einheitlich auf das vereinigte Grundstück.

Auswirkungen auf Belastungen und Rechte Dritter

Nach der Vereinigung wirken Belastungen und Rechte (wie Grundschulden, Hypotheken, Dienstbarkeiten), sofern nicht aufgehoben, auf das neu entstandene Gesamtgrundstück. Rechte, die nur einzelne Grundstücke betrafen, können nicht bestehen bleiben; hier sind Umschreibungen oder Löschungen notwendig.

Erbrecht und Veräußerung

Das vereinigte Grundstück kann im Rahmen erbrechtlicher Vorgänge oder Veräußerungen nur noch einheitlich behandelt werden. Teilweise vorher vorhandene eigenständige Vermögenswerte verschmelzen zu einem neuen Rechtssubjekt.


Abgrenzung zur Teilung und Zusammenlegung

Vereinigung vs. Zusammenlegung von Flurstücken

Die Vereinigung ist von der bloßen katastertechnischen Zusammenlegung von Flurstücken zu unterscheiden. Während die Vereinigung ein rechtlicher Akt im Grundbuch ist, betrifft die Flurstückszusammenlegung lediglich das Liegenschaftskataster.

Vereinigung vs. Teilung

Während bei der Vereinigung Grundstücke zu einer Einheit verschmolzen werden, ist die Teilung der umgekehrte Vorgang, bei welchem ein Grundstück in mehrere neue Grundstücke aufgeteilt und als solche im Grundbuch eingetragen werden.


Besondere Fallkonstellationen und Rechtsprechung

Belastete Grundstücke

Die Vereinigung von Grundstücken, die unterschiedlich belastet sind, ist unzulässig. Übertragungen von Belastungen auf Teilflächen, Löschungen oder Eintragungen von Gesamtrechtstiteln können jedoch zur Vorbereitung einer Vereinigung herangezogen werden. Die Rechtsprechung hat dies in mehreren Entscheidungen verdeutlicht, um den Schutz der Rechte Dritter zu gewährleisten.

Öffentlich-rechtliche Vorgaben

In Sonderfällen können Bebauungspläne, Erschließungsauflagen und sonstige öffentlich-rechtliche Vorgaben die Möglichkeit der Vereinigung beeinflussen oder entsprechende Genehmigungen verlangen.


Eintragungen im Liegenschaftskataster

Die Vereinigung führt auch zu Änderungen im Liegenschaftskataster, in dem die betroffenen Flurstücke zusammengelegt und fortan als eine Einheit geführt werden. Dieser Vorgang erfolgt im Zusammenwirken zwischen Katasterbehörde und Grundbuchamt.


Steuerliche Auswirkungen

Im Grundsatz hat die Vereinigung von Grundstücken keine sofortigen steuerlichen Folgen, da keine Übertragung im Sinne eines Erwerbsvorgangs stattfindet. Steuerrechtliche Auswirkungen können jedoch im Zusammenhang mit der späteren Veräußerung, Bedienung von öffentlichen Lasten oder der Bewertung für die Grundsteuer eintreten.


Literaturhinweise und weiterführende Regelwerke

Für eine vertiefende Beschäftigung mit dem Thema empfiehlt sich die heranziehung einschlägiger Kommentarliteratur zum BGB, zur Grundbuchordnung und zum Bauplanungsrecht sowie die aktuellen Bekanntmachungen der Kataster- und Grundbuchämter der Bundesländer.


Zusammenfassung

Die Vereinigung von Grundstücken ist ein bedeutsamer Vorgang im deutschen Grundstücksrecht, der zahlreiche rechtliche, grundbuchtechnische und praktische Implikationen mit sich bringt. Die rechtlich wirksame Vereinigung setzt die Einhaltung spezifischer formeller, materieller und öffentlich-rechtlicher Anforderungen voraus. Sie ist strikt abzugrenzen von rein katastertechnischen Vorgängen oder der Grundstücksteilung und sollte immer unter Berücksichtigung der bestehenden Belastungen, Rechte Dritter und der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Vereinigung von Grundstücken erfüllt sein?

Für die rechtswirksame Vereinigung von Grundstücken müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein, die sich insbesondere aus dem Grundbuchrecht sowie aus öffentlich-rechtlichen Vorgaben ergeben. Zunächst müssen die zu vereinigenden Grundstücke im Eigentum derselben Person oder desselben Rechtsträgers stehen; Miteigentumsverhältnisse verschiedener Eigentümer schließen eine Vereinigung aus. Die Vereinigung setzt außerdem voraus, dass die Grundstücke im selben Grundbuchblatt geführt werden können, was bedeutet, dass sie in demselben Grundbuchbezirk liegen und keine grundbuchrechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Drittens müssen die betroffenen Grundstücke im Liegenschaftskataster als vereinbar dargestellt sein, weshalb typischerweise eine Aktualisierung des Katasters durch Vermessungsstellen oder Katasterämter erforderlich ist. Ferner dürfen keine grundstücksbezogenen sonstigen Rechte, Belastungen oder grundbuchlichen Vermerke entgegenstehen, etwa eine auf eines der Grundstücke begrenzte Grundschuld oder ein Nießbrauch. Schließlich ist für die Vereinigung ein entsprechender Antrag beim Grundbuchamt notwendig, der regelmäßig notariell beglaubigt sein muss, um den Eintragungsvermerk im Grundbuch zu erwirken.

Welche Rolle spielt das Grundbuch bei der Vereinigung von Grundstücken?

Das Grundbuch ist für die Vereinigung von Grundstücken von zentraler Bedeutung, da die wirkungsvolle Vereinigung ausschließlich durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch erfolgt. Ohne den Eintrag der Verschmelzung zu einem einheitlichen Grundstück bleibt die Vereinigung rechtlich unwirksam, unabhängig davon, ob sie im Liegenschaftskataster bereits abgebildet ist. Das Grundbuchamt prüft vor der Vereinigung insbesondere Eigentumsverhältnisse, bestehende Rechte Dritter (z.B. Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten), sowie die Vereinbarkeit der Grundstücke nach Lage und Größe. Nach erfolgreicher Prüfung veranlasst das Grundbuchamt die Löschung der bisherigen Grundbuchblätter und eröffnet ein einheitliches Grundbuchblatt für das vereinigte Grundstück. Mit dieser Eintragung gilt die Vereinigung als rechtlich vollzogen.

Können auf einem oder mehreren Grundstücken eingetragene Belastungen einer Vereinigung entgegenstehen?

Ja, bereits eingetragene Belastungen auf den zu vereinigenden Grundstücken können eine Vereinigung rechtlich und praktisch erschweren oder verhindern. Zu den belastenden Rechten zählen insbesondere Grundschulden, Hypotheken, Dienstbarkeiten (wie Wegerechte), Reallasten oder persönliche Nutzungsrechte Dritter. Diese Belastungen müssen bei der Vereinigung beachtet werden, weil sie im Regelfall weiterhin auf den betroffenen Grundstücksteilen lasten und gegebenenfalls auf das neu entstandene Gesamtgrundstück auszudehnen wären. Das Grundbuchamt prüft im Einzelfall, ob die Lasten dazu führen, dass eine Vereinigung nicht vollzogen werden kann oder ob eine Anpassung beziehungsweise Zustimmung der Berechtigten notwendig ist. In vielen Fällen ist die Zustimmung der Gläubiger oder Berechtigten zur Ausdehnung der Rechte auf das vereinigte Grundstück erforderlich.

Ist die Zustimmung der Behörden oder Dritter bei einer Grundstücksvereinigung notwendig?

Die Zustimmung von Dritten ist häufig erforderlich, wenn diese Rechte am Grundstück innehaben, die durch die Vereinigung berührt werden (z.B. durch Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten oder Vormerkungen). Behördenbeteiligung kann vor allem dann notwendig sein, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften – etwa das Baugesetzbuch, die Landesbauordnungen oder kommunale Satzungen – besondere Anforderungen an Grundstücksgrößen oder -zuschnitte stellen. Nicht selten ist eine Genehmigung der Kataster- oder Vermessungsbehörde einzuholen, insbesondere wenn eine Katastervermessung vor der Vereinigung erfolgen muss. Auch Erbbauberechtigte, Gläubiger oder Miteigentümer (bei Gesamthandsgemeinschaften) müssen regelmäßig der Vereinigung zustimmen oder diese zumindest nicht widersprechen.

Welche Gebühren und Kosten entstehen bei einer Vereinigung von Grundstücken aus rechtlicher Sicht?

Die Vereinigung von Grundstücken zieht verschiedene Gebühren und Kosten nach sich, die sich vor allem aus notariellen, grundbuchlichen sowie vermessungsrechtlichen Vorgaben ergeben. Für die Eintragung der Vereinigung im Grundbuch erhebt das Grundbuchamt Gebühren, die sich nach dem Wert der Grundstücke richten. Notargebühren entstehen häufig für die Beurkundung des Antrags oder für die Beglaubigung der notwendigen Unterlagen. Darüber hinaus können durch die erforderliche Aktualisierung des Liegenschaftskatasters Vermessungsgebühren entstehen. In besonderen Konstellationen, z.B. bei der Beteiligung von Behörden oder der Löschung/Anpassung von Belastungen, fallen zusätzliche Kosten an. Im Einzelfall ist ggf. eine steuerrechtliche Prüfung vorzunehmen, falls durch die Vereinigung steuerrelevante Vorgänge ausgelöst werden, etwa im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer.

Ist die Vereinigung von Grundstücken rückgängig zu machen?

Grundsätzlich ist eine einmal im Grundbuch vollzogene Vereinigung rechtlich bindend und kann nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden. Voraussetzung für eine Rückgängigmachung, die als sogenannte „Grundstücksteilung“ bezeichnet wird, ist die Durchführung eines erneuten kataster- und grundbuchrechtlichen Trennungsverfahrens. Hierfür sind erneute Vermessungen, kataster- und grundbuchliche Eintragungen sowie häufig die Zustimmung von Behörden und ggf. Dritten erforderlich. Zudem ist eine Teilung nur möglich, wenn keine öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Hindernisse bestehen. Eine Teilung kann insbesondere durch bestehende Rechte Dritter oder planungsrechtliche Vorschriften eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.