Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage im Steuerrecht
Begriffsbestimmung
Die verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und die verdeckte Einlage (vE) sind zentrale Begriffe im deutschen Körperschaftsteuerrecht. Sie regeln die steuerliche Behandlung von Vermögensbewegungen zwischen einer Kapitalgesellschaft – etwa einer GmbH oder AG – und ihren Anteilseignern, sofern diese Bewegungen nicht als offen ausgewiesene Gewinnausschüttung oder offene Einlage behandelt werden. Beide Begriffe haben erhebliche Bedeutung für die Besteuerung der Körperschaft selbst, wie auch für deren Anteilseigner und betreffen insbesondere die Anwendung des § 8 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Gesetzliche Grundlagen
Die verdeckte Gewinnausschüttung ist im deutschen Steuerrecht nicht ausdrücklich legaldefiniert, sondern ergibt sich aus den maßgeblichen Vorschriften vor allem des § 8 Abs. 3 KStG in Verbindung mit dem Einkommensteuergesetz (EStG). Die verdeckte Einlage findet ihre Grundlage insbesondere in § 8 Abs. 1 KStG sowie in § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG.
Charakteristika der verdeckten Gewinnausschüttung
Wesensmerkmale
Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nach der herrschenden Meinung und Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann vor, wenn
- eine Vorteilszuwendung aus Mitteln der Kapitalgesellschaft an den Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Person erfolgt,
- diese Zuwendung ihren Veranlassungsgrund im Gesellschaftsverhältnis hat,
- sie nicht als offene Gewinnausschüttung im handelsrechtlichen Jahresabschluss ausgewiesen wird und
- sie beim ordentlichen Geschäftsgebaren unter fremden Dritten („Fremdvergleich“) so nicht vereinbart worden wäre.
Solche Vorgänge können sowohl in Geld-, Sach- als auch in Nutzungsform auftreten.
Typische Beispiele
- Überhöhte Gehälter oder Vergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer (sog. „angemessene Vergütung“ als Maßstab)
- Gesellschafterdarlehen mit nicht marktüblichem Zins oder fehlender Verzinsung
- Nicht angemessen abgesicherte darlehensähnliche Geschäftsbeziehungen
- Unentgeltliche Überlassung von Wirtschaftsgütern an den Anteilseigner
- Zahlung für nicht tatsächlich erbrachte Leistungen
- Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche gegenüber dem Anteilseigner
Abgrenzung zur offenen Gewinnausschüttung
Offene Gewinnausschüttungen erfolgen regelmäßig nach einem formalisierten gesellschaftsrechtlichen Ausschüttungsbeschluss und werden im Jahresabschluss als solche ausgewiesen. Die verdeckte Gewinnausschüttung hingegen erfolgt regelmäßig außerhalb der üblichen Dividendenzahlung und wird im Rechnungswesen verschleiert.
Steuerliche Folgen der vGA
Auswirkungen auf Ebene der Gesellschaft
Die korrigierte verdeckte Gewinnausschüttung erhöht das zu versteuernde Einkommen der Kapitalgesellschaft (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Der Betriebsausgabenabzug wird versagt, soweit der Aufwand auf einer verdeckten Gewinnausschüttung beruht.
Auswirkungen auf Ebene des Anteilseigners
Beim Anteilseigner führt die verdeckte Gewinnausschüttung grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Die Erfassung erfolgt unabhängig davon, ob beim Anteilseigner tatsächlich ein Zufluss vermögenswerter Vorteile entsteht. Eine Berücksichtigung im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens bzw. der Abgeltungsteuer kann geboten sein.
Charakteristika der verdeckten Einlage
Wesensmerkmale
Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft oder eine ihm nahestehende Person dieser einen Vermögensvorteil zuwendet (in Form einer Übertragung von Wirtschaftsgütern oder der Begründung/Erhöhung von Ansprüchen), ohne dass dies im Gesellschaftsvertrag oder im handelsrechtlichen Jahresabschluss als Einlage ausgewiesen wird.
Die verdeckte Einlage ist somit wirtschaftlich eine Vermögensverschiebung in die Gesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ohne dass sie als offene Einlage im Eigenkapital der Gesellschaft erkennbar gemacht wird.
Beispiele:
- Überlassung von Wirtschaftsgütern unterhalb des Marktwertes (Schenkungen an die Gesellschaft)
- Übernahme von Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch den Anteilseigner ohne Entgelt
- Verzicht auf Forderungen gegenüber der Gesellschaft durch den Anteilseigner
Steuerliche Folgen der vE
Gesellschaftsebene
Die verdeckte Einlage erhöht das steuerliche Eigenkapital der Kapitalgesellschaft. Der Vermögensvorteil ist in der Steuerbilanz außerbilanziell zu berücksichtigen, wobei auch stille Reserven zu erfassen sind, wenn Wirtschaftsgüter über den Buchwert eingebracht werden (§ 8 Abs. 1 KStG).
Anteilseignerebene
Für den Anteilseigner gilt die verdeckte Einlage als nachträgliche Anschaffungskosten an der Beteiligung. Sie erhöhen den Wert der Beteiligung und finden bei deren Veräußerung steuerliche Berücksichtigung (§ 17 EStG).
Abgrenzung zu offener Einlage
Die offene Einlage ist durch Gesellschaftsbeschluss und entsprechende Bilanzausweisung geregelt. Die verdeckte Einlage erfolgt formlos und ist üblicherweise im regulären Rechnungswesen der Gesellschaft nicht transparent, erfordert aber eine steuerliche Korrektur.
Fremdvergleichsgrundsatz
Sowohl verdeckte Gewinnausschüttung als auch verdeckte Einlage bedürfen eines strengen Fremdvergleichs. Dabei wird beurteilt, ob ein vergleichbarer Vorgang unter fremden Dritten zu den gleichen Bedingungen durchgeführt worden wäre. Maßstab ist also regelmäßig der sogenannte „arm’s length“-Test.
Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage zwischen nahestehenden Personen
Auch bei Geschäften mit nahestehenden Personen, also mit Personen, die dem Gesellschafter gesellschaftsrechtlich nahe stehen (zum Beispiel Familienmitglieder), greifen die Grundsätze über verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage. Die Finanzverwaltung und Rechtsprechung stellen solche Vorgänge besonders genau unter Beobachtung.
Rechtsfolgen und Korrektur
Bei der Feststellung verdeckter Gewinnausschüttungen oder verdeckter Einlagen fordert das Finanzamt eine Korrektur der Steuerbilanz durch außerbilanzielle Hinzurechnung oder Kürzung. Typischerweise werden verdeckte Gewinnausschüttungen als nicht abziehbare Betriebsausgaben qualifiziert, verdeckte Einlagen hingegen erhöhen das steuerliche Einlagekonto (§ 27 KStG).
Bedeutung für die Betriebsprüfung
Die Feststellung, ob ein Vorgang als verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage zu qualifizieren ist, ist regelmäßig ein zentraler Punkt bei steuerlichen Außenprüfungen. Insbesondere atypische rechtsgeschäftliche Gestaltungen mit gesellschaftsrechtlichem Hintergrund werden regelmäßig einer Fremdvergleichsprüfung unterzogen.
Zusammenfassung
Die Begriffe verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage beschreiben die steuerliche Behandlung nicht offenkundiger Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaft und Anteilseignern, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Ihre richtige Einordnung hat erhebliche steuerliche Konsequenzen sowohl auf Gesellschafts- wie Anteilseignerebene und erfordert eine sorgfältige Prüfung der wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten anhand des Fremdvergleichsgrundsatzes.
Die umfassende Beachtung und korrekte Deklaration solcher Vorgänge ist für die Einhaltung steuerlicher Pflichten und zur Vermeidung steuerlicher Nachteile essenziell.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung?
Stellt das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bei einer Kapitalgesellschaft, wie etwa einer GmbH oder AG, fest, wirkt sich dies unmittelbar auf mehrere steuerliche Ebenen aus. Zunächst wird die vGA als nicht betrieblich veranlasster Aufwand qualifiziert, wodurch eine Korrektur des zu versteuernden Einkommens der Gesellschaft erfolgt: Der entsprechende Betrag wird dem Gewinn außerbilanziell wieder hinzugerechnet. Gesellschaftsrechtlich bleibt der Vorgang zwar im Innenverhältnis bestehen, steuerlich gilt jedoch, dass die verdeckte Ausschüttung wie eine reguläre offene Gewinnausschüttung behandelt wird. Beim Anteilseigner führt dies zur Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen – zumeist unter Anwendung der Abgeltungsteuer oder des Teileinkünfteverfahrens. Zudem riskiert der Steuerpflichtige neben Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen, wenn beispielsweise vorsätzlich gegen Mitwirkungspflichten verstoßen wurde. Des Weiteren kann bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Steuerverkürzung eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO vorliegen, mit möglichen straf- oder bußgeldrechtlichen Folgen.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Anerkennung einer verdeckten Einlage?
Für die Anerkennung einer verdeckten Einlage aus rechtlicher Sicht ist Voraussetzung, dass einem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person ein Vermögensvorteil ohne entsprechende Gegenleistung zugunsten der Gesellschaft zugewendet wird. Diese Vorteilszuwendung muss eindeutig dem Eigeninteresse der Gesellschaft dienen (Bereicherung der Körperschaft) und zumeist in einer atypischen oder außerhalb üblicher Geschäftsbeziehungen erfolgten Leistung bestehen. Typische Beispiele sind unentgeltliche Vermögensübertragungen, schuldrechtliche Forderungsverzichte oder Leistungen zu nicht fremdüblichen Bedingungen. Rechtlich bedeutsam ist, dass solche Einlagen nach § 8 Abs. 3 KStG das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht erhöhen; sie sind vielmehr steuerneutral. Für den Gesellschafter ist der aus der verdeckten Einlage erwachsende Aufwand nicht als Betriebsausgabe oder Werbungskosten abzugsfähig, sondern wird als Einlage im steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG erfasst und bei späteren Ausschüttungen (nicht steuerbare Einlagenrückgewähr) berücksichtigt.
Welche Verantwortung treffen Geschäftsführer oder Vorstände im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen oder verdeckten Einlagen?
Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer AG tragen eine besondere Sorgfaltspflicht, um die Einhaltung steuer- und gesellschaftsrechtlicher Regelungen zu gewährleisten. Bei der Begründung, Genehmigung oder Durchführung von Geschäften mit Gesellschaftern müssen sie insbesondere den Fremdvergleichsgrundsatz beachten. Wird dem Gesellschafter ein unangemessener Vorteil eingeräumt, kann dies nicht nur zu steuerlichen Nachteilen für die Gesellschaft führen, sondern auch eine Haftung der Organmitglieder nach §§ 43, 64 GmbHG bzw. § 93 AktG begründen, sofern ein Schaden für die Gesellschaft entsteht. Dies kann Ansprüche auf Schadensersatz und unter Umständen auch strafrechtliche Ermittlungen (insbesondere wegen Steuerhinterziehung) zur Folge haben. Zudem sind Geschäftsführer verpflichtet, ordnungsgemäße Buchführung und Dokumentation zu gewährleisten, um Nachweispflichten im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung erfüllen zu können.
Welche Grenzen zieht das Recht bei der Leistungsbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter?
Das deutsche Steuerrecht erkennt grundsätzlich Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern an, soweit sie dem sogenannten Fremdvergleich standhalten. Dies bedeutet, dass die Konditionen, wie etwa Preise, Zinsen, Mieten oder Gehälter, so gestaltet sein müssen, wie sie auch zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbart würden. Anderenfalls wird die Differenz als verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage behandelt. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH und der geltenden Verwaltungsauffassung genügt es dabei nicht, lediglich formell korrekte Verträge vorzulegen, sondern es wird auch auf die tatsächliche Durchführung und den wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung abgestellt. Verstöße gegen den Fremdvergleichsgrundsatz können zu erheblichen steuerlichen Nachteilen führen, insbesondere durch nachträgliche Korrektur und Anwendung von Sanktionen.
Welche Bedeutung kommt dem steuerlichen Einlagekonto bei verdeckten Einlagen zu?
Das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG ist ein rein steuerrechtliches Konto und dient dazu, Einlagen von Gesellschaftern in eine Kapitalgesellschaft, die nicht in das Nennkapital eingehen, separat zu erfassen. So auch verdeckte Einlagen, welche dem Einlagekonto gutgeschrieben werden müssen. Rechtlich relevant ist hierbei, dass spätere Ausschüttungen der Gesellschaft zunächst mit Beständen des steuerlichen Einlagekontos verrechnet werden, bevor eine Besteuerung als Dividende erfolgt. Dies gewährleistet, dass verdeckte Einlagen zu einer möglichen Rückzahlung ohne erneute Besteuerung führen können („Einlagenrückgewähr“). Nicht ordnungsgemäß geführte Einlagekonten können zu steuerlich nachteiligen Konsequenzen führen, da die Finanzverwaltung in solchen Fällen eine Ausschüttung als steuerpflichtig unterstellen kann.
Wie erfolgt die Abgrenzung zwischen Einlage und Gewinnausschüttung im rechtlichen Kontext?
Rechtlich erfolgt die Abgrenzung zwischen einer (verdeckten) Einlage und einer (verdeckten) Gewinnausschüttung nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Geschäftsvorgangs. Maßgeblich ist, ob die Zuwendung vom Gesellschafter an die Gesellschaft oder umgekehrt erfolgt und ob dabei ein gesellschaftsrechtlicher Zusammenhang besteht. Während eine (verdeckte) Gewinnausschüttung stets eine Vorteilszuweisung der Gesellschaft an den Gesellschafter ist, stellt eine (verdeckte) Einlage eine Vermögenszuführung des Gesellschafters an die Gesellschaft dar. Die rechtliche Würdigung erfolgt dabei nach der zivilrechtlichen Vertragslage mit Korrektur um steuerliche Besonderheiten, insbesondere wenn der Fremdvergleichsgrundsatz nicht eingehalten ist oder atypische Vertragskonstellationen vorliegen.
Welche besonderen Dokumentations- und Mitwirkungspflichten bestehen im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen und Einlagen?
Im steuerrechtlichen Kontext besteht – insbesondere bei Geschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschafter – eine verstärkte Dokumentationspflicht nach § 90 Abs. 3 AO, um die Angemessenheit und Fremdüblichkeit der Geschäftsbeziehung nachzuweisen. Geschäftsführungsorgane sind daher verpflichtet, sämtliche Verträge, Beschlussfassungen, Bewertungsunterlagen und Zahlungsbelege nachvollziehbar zu dokumentieren. Bei verdeckten Einlagen und Gewinnausschüttungen verlangt das Recht präzise Angaben in der Steuererklärung sowie ggf. spezifische Meldungen im Zusammenhang mit dem steuerlichen Einlagekonto. Kommt der Steuerpflichtige diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, bestehen erhebliche Beweislastumkehrungen und Schätzungsbefugnisse seitens der Finanzbehörden, gegebenenfalls mit der Folge nachteiliger steuerlicher Rechtsfolgen (z. B. Schätzung einer vGA oder Versagung der Einlagenrückgewähr).