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Verbrauchsteuern


Begriff und Grundlagen der Verbrauchsteuern

Verbrauchsteuern sind eine Unterart der indirekten Steuern, die auf die Lieferung und den Verbrauch von bestimmten Waren im Inland erhoben werden. Sie zählen neben den Zöllen zu den klassischen Warensteuern und sind für zahlreiche Wirtschaftsbereiche von großer Bedeutung. Aus rechtlicher Sicht werden Verbrauchsteuern sowohl durch nationales, als auch durch europäisches Recht umfassend geregelt.

Rechtliche Grundlagen der Verbrauchsteuern

Nationale Rechtsgrundlagen

Die Erhebung, Festsetzung und Durchführung von Verbrauchsteuern in Deutschland erfolgen vorrangig auf Grundlage des Verbrauchsteuergesetzes (VerbrStG) sowie weiterer Einzelgesetze wie dem Biersteuergesetz (BierStG), Energiesteuergesetz (EnergieStG), Tabaksteuergesetz (TabStG), Branntweinmonopolgesetz (BranntwMonG) und dem Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz (SchaumwZwStG).

Diese Gesetze konkretisieren den steuerbaren Vorgang, den Steuerschuldner, die Steuerhöhe, steuerliche Verfahren wie Steuerentstehung und Fälligkeit sowie die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch die Zollbehörden als zuständige Verwaltung.

Europarechtliche Grundlagen

Die Europäische Union hat zur Harmonisierung der Verbrauchsteuern mehrere Richtlinien erlassen, z.B. die Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG und die Richtlinie 2011/64/EU über die Besteuerung von Tabakwaren. Für den grenzüberschreitenden Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten gelten einheitliche Verfahren zur Sicherstellung der Steuergleichbehandlung und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder Steuerumgehung.

Systematische Einordnung

Aus systematischer Sicht gehören Verbrauchsteuern zu den indirekten Steuern, da Steuerschuldner und wirtschaftlicher Steuerträger üblicherweise auseinanderfallen. Die Steuer wird regelmäßig vom Hersteller oder Importeur abgeführt, die Steuerlast wird aber auf den Endverbraucher über den Verkaufspreis abgewälzt.

Steuergegenstände und Steuertatbestände

Klassische Verbrauchsteuern

Klassische Verbrauchsteuern betreffen insbesondere folgende Gütergruppen:

  • Energiesteuer: Erdöl, Erdgas, Kohle, elektrische Energie
  • Tabaksteuer: Zigaretten, Zigarren, Rauchtabak
  • Biersteuer: Bier
  • Schaumweinsteuer: Schaumwein
  • Kaffeesteuer: Kaffee und kaffeehaltige Waren
  • Alkopopsteuer: bestimmte alkoholhaltige Erfrischungsgetränke

Steuerentstehung und Steuerschuldner

Die Verbrauchsteuer entsteht in der Regel mit der Entnahme der Ware aus einem Steuerlager zum freien Verkehr oder dem Import in das Steuergebiet. Der Steuerschuldner ist meist der Hersteller, Inhaber eines Steuerlagers oder Importeur.

Verwaltungsverfahren und Zollrechtlicher Bezug

Steuerlagerverfahren

Bereits im Rahmen der Produktion und des Vertriebs von verbrauchsteuerpflichtigen Waren spielt das Steuerlagerverfahren eine zentrale Rolle. Die Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung, Lagerung, Empfang oder Versand von Waren, für die die Steuer noch nicht entrichtet wurde, ist nur in zugelassenen Steuerlagern unter zollamtlicher Überwachung zulässig.

Überwachung und Kontrolle

Die Überwachung und Kontrolle obliegt in Deutschland den Hauptzollämtern. Diese erlassen Steuerbescheide, prüfen Unterlagen, führen Betriebsprüfungen durch und können bei Verstößen ordnungswidrigkeitenrechtliche oder strafrechtliche Maßnahmen einleiten.

Bewegungen im Steuergebiet der EU

Für den steuerfreien Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Waren zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten besondere Beförderungsverfahren. Das bekannteste ist das EMCS (Excise Movement and Control System), ein EDV-gestütztes Verfahren zur Überwachung des innergemeinschaftlichen Verkehrs mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung.

Steuerliche Auswirkungen und Bedeutung

Fiskalische Bedeutung

Verbrauchsteuern sind eine erhebliche Einnahmequelle für die öffentliche Hand. Sie dienen sowohl der Finanzierung staatlicher Aufgaben als auch der Lenkung des Verbrauchs bestimmter Güter. Besonders bei Tabakwaren, alkoholischen Getränken und Energieerzeugnissen steht daneben regelmäßig auch ein ordnungspolitischer Lenkungszweck im Vordergrund.

Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer

Verbrauchsteuern werden regelmäßig auf den Nettoverkaufswert aufgeschlagen. Da auf den erhöhten Verkaufspreis wiederum Umsatzsteuer erhoben wird, können sich kumulierte Steuerbelastungen für die Endverbraucher ergeben.

Besonderheiten und Ausnahmen

Steuerfreie und ermäßigte Tatbestände

Eine Vielzahl von Verbrauchsteuergesetzen sieht Ausnahmen, Befreiungen und Ermäßigungen vor. Beispielsweise sind steuerfreie Verwendungen für bestimmte Zwecke, wie etwa für die Herstellung von Arzneimitteln oder technischen Erzeugnissen, in den jeweiligen Fachgesetzen genau geregelt. Das Verfahren zur Geltendmachung von Steuerbefreiungen unterliegt strengen Nachweispflichten.

Steuerhinterziehung und Ordnungswidrigkeiten

Die missbräuchliche Nutzung von Ausnahmetatbeständen, die unzulässige Einfuhr oder Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren sowie die Umgehung bestehender Kontrollen erfüllen regelmäßig den Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder anderer strafbewährter Normen. Die Ahndung erfolgt durch die Zollbehörden und die Finanzgerichte.

Verbrauchsteuern im internationalen Kontext

Verbrauchsteuern sind in nahezu allen Staaten verbreitet, unterscheiden sich aber in der Gestaltung der Tatbestände, Steuersätze und Überwachungsmechanismen. Im internationalen Warenverkehr sind Zolltarifnummern und Verfahrenscodes für die Zuordnung und Abgrenzung der Steuerpflicht maßgeblich.

Literatur und weiterführende Normen

Wichtige Normen:

  • Verbrauchsteuergesetz (VerbrStG)
  • Energiesteuergesetz (EnergieStG)
  • Tabaksteuergesetz (TabStG)
  • Biersteuergesetz (BierStG)
  • Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz (SchaumwZwStG)
  • Abgabenordnung (AO), insbesondere §§ 370 ff.
  • EU-Richtlinien und Durchführungsverordnungen

Zusammenfassung

Verbrauchsteuern sind integraler Bestandteil des deutschen und europäischen Steuersystems. Sie betreffen zentrale Waren unseres täglichen Lebens und sind von erheblicher fiskalischer und ordnungspolitischer Bedeutung. Rechtliche Grundlagen, Verwaltungsverfahren und Kontrollmechanismen sind vielschichtig ausgestaltet. Neben der Steuererhebung stehen Lenkungswirkungen und Missbrauchsbekämpfung im Vordergrund. Die Anwendung der Verbrauchsteuergesetze erfordert die Beachtung nationaler Vorschriften sowie der einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben.


Dieser Artikel stellt einen umfassenden Überblick über das Thema Verbrauchsteuern dar und berücksichtigt die wichtigsten rechtlichen Aspekte für den rechtswissenschaftlichen Gebrauch und die steuerliche Praxis.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Festsetzung von Verbrauchsteuern rechtlich?

Die Festsetzung von Verbrauchsteuern richtet sich nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und den jeweiligen Einzelsteuergesetzen, wie etwa dem Energiesteuergesetz, dem Tabaksteuergesetz oder dem Biersteuergesetz. Grundsätzlich wird die Steuer durch eine Steueranmeldung des Steuerpflichtigen (Selbstveranlagung) oder durch Steuerbescheid der zuständigen Zollverwaltung festgesetzt. Die jeweiligen Steuergesetze regeln exakt, welche Voraussetzungen für die Entstehung des Steueranspruchs vorliegen müssen, welche Personen als Steuerschuldner in Betracht kommen und zu welchem Zeitpunkt die Steuer entsteht. Darüber hinaus finden die allgemeinen Vorschriften der AO Anwendung, insbesondere zu Anmeldungsfristen, Korrekturmöglichkeiten und zur Aussetzung der Vollziehung bei Rechtsbehelfsverfahren. Die Kontrolle der Steueraussetzung sowie die Überwachung des steuerlich maßgeblichen Warenverkehrs (z.B. im Steuerlagerverfahren) erfolgen ebenfalls unter strengen rechtlichen Vorgaben, wie etwa Authentifizierungs- und Dokumentationspflichten.

Wer ist im rechtlichen Sinne Steuerschuldner bei Verbrauchsteuern?

Der Steuerschuldner ergibt sich jeweils aus den gesetzlichen Regelungen der Einzelsteuergesetze. Grundsätzlich ist Steuerschuldner die Person, die die steuerpflichtigen Waren herstellt, einführt, aus einem Steuerlager entnimmt oder in den steuerrechtlichen freien Verkehr verbringt. In Einzelfällen kann der Steuerschuldner jedoch auch durch gesetzliche Fiktionen erweitert werden, beispielsweise auf den Transporteur oder den Empfänger der Waren, falls Steuervergehen wie unrechtmäßige Warenbewegungen oder Nichtanmeldung vorliegen (§ 23 Abs. 2 TabStG, § 15 Abs. 2 BierStG). Klare Vorschriften definieren zudem die Haftung Dritter (insbesondere bei zollrechtlichen Unregelmäßigkeiten), sodass eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme mehrerer Beteiligter durch die Zollverwaltung möglich ist.

Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen gegen Verbrauchsteuerbescheide?

Gegen Verbrauchsteuerbescheide steht dem Betroffenen zunächst das Einspruchsverfahren nach den §§ 347 ff. AO offen. Dieses Verfahren wird vor der zuständigen Hauptzoll- oder Bundeszollbehörde geführt, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat. Während des Einspruchsverfahrens bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der festgesetzten Steuer grundsätzlich bestehen; auf Antrag kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 AO gewährt werden. Sollte der Einspruch abgelehnt werden, ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet, die für sämtliche Angelegenheiten der Verbrauchsteuern sachlich zuständig sind. Darüber hinaus besteht bei grundsätzlicher Bedeutung die Möglichkeit der Revision zum Bundesfinanzhof.

Wie wird die Steuerbefreiung oder Steuervergünstigung rechtlich beantragt?

Steuerbefreiungen und Steuervergünstigungen bei Verbrauchsteuern sind an strenge Voraussetzungen geknüpft, die im jeweiligen Steuergesetz (z.B. § 24ff. EnergieStG, § 17ff. TabStG) ausführlich geregelt sind. Der Antrag erfolgt regelmäßig schriftlich oder elektronisch bei der zuständigen Behörde und ist mit umfangreicher Dokumentation zu belegen. Die Zulassung als empfangsberechtigter Betrieb oder die Anerkennung von Vergünstigungsrechten erfolgt in Form eines Verwaltungsaktes. Eine Begünstigung kann sich sowohl auf bestimmte Warengruppen als auch auf die beabsichtigte Verwendung beziehen (z.B. steuerfreie Verwendungen in Forschungseinrichtungen, steuerbefreite Lieferung in andere EU-Mitgliedsstaaten). Im Fall von Widerruf oder Rücknahme der Bewilligung richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes bzw. der AO.

Welche Mitwirkungspflichten haben Steuerpflichtige im Kontext von Verbrauchsteuern?

Steuerpflichtige unterliegen zahlreichen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten, die sowohl in der AO als auch in den jeweiligen Informationen und Anweisungen der Zollverwaltung präzisiert sind. Diese reichen von der ordnungsgemäßen Führung von Steuerbüchern und Bestandsaufzeichnungen, der unverzüglichen Meldung steuerrelevanter Ereignisse (z.B. Verlust, Zerstörung, Versendung von Waren), über die Bereithaltung aller steuerlich relevanten Unterlagen zur Prüfung bis hin zur Ermöglichung von Betriebsbesichtigungen und Warenkontrollen durch Zollbedienstete. Spezielle Anforderungen gelten für das Versandanmeldesystem (EMCS) bei EU-weitem Warenverkehr. Verstöße gegen diese Pflichten können zu steuerlichen Nachforderungen, Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Welche besonderen Regelungen gelten im Fall von Steuerhinterziehung bei Verbrauchsteuern?

Das Steuerstrafrecht, insbesondere die §§ 369 ff. AO, findet auch auf Verbrauchsteuern Anwendung. Steuerhinterziehung liegt insbesondere dann vor, wenn steuerpflichtige Waren nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig angemeldet oder versteuert werden. Die Strafbarkeit erstreckt sich auch auf Versuch und Beteiligung (Beihilfe, Anstiftung). Besondere Bedeutung haben im Bereich der Verbrauchsteuern unrechtmäßige Warenein- und -ausfuhren, die Verwendung verfälschter Dokumente oder die missbräuchliche Ausnutzung steuerlicher Vergünstigungen. Neben strafrechtlichen Konsequenzen drohen auch steuerliche Säumniszuschläge, Einziehung der erzielten Vorteile sowie der Entzug erteilter Erlaubnisse bzw. Zulassungen.

Wie werden grenzüberschreitende Sachverhalte bei Verbrauchsteuern rechtlich behandelt?

Der grenzüberschreitende Warenverkehr unterliegt bei Verbrauchsteuern besonderen Rechtsvorschriften, die sowohl aus dem nationalen Recht als auch aus EU-Recht stammen (z.B. Richtlinie 2008/118/EG, Verbrauchsteuer-Durchführungsverordnung). Grundsätzlich gilt das sogenannte Bestimmungslandprinzip: Die Steuer wird im Land des Endverbrauchs fällig. Warenbewegungen innerhalb der EU erfolgen unter Steueraussetzungssystemen, die elektronische Überwachung und Dokumentation (EMCS) voraussetzen. Bei Verstößen – etwa Steuerlagerverstößen oder unzulässiger freier Verkehr – haften alle beteiligten Parteien; die Steuerschuld kann sich auch auf den Transporteur, Spediteur oder Empfänger erstrecken. Import und Export außerhalb der EU unterliegen zudem zollrechtlichen Vorschriften mit separaten Anmeldungspflichten und Sicherheitsleistungen.