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Verbotene Kraftfahrzeugrennen


Begriff und rechtliche Grundlagen der Verbotenen Kraftfahrzeugrennen

Verbotene Kraftfahrzeugrennen sind unerlaubte Wettbewerbe mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr, die nach deutschem Recht als Straftat geahndet werden. Der Gesetzgeber hat die Durchführung und Teilnahme an solchen Rennen aus Gründen der Verkehrssicherheit und zum Schutz von Leben und Gesundheit streng reglementiert. Die Regelungen zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen finden sich hauptsächlich in § 315d Strafgesetzbuch (StGB), der im Jahr 2017 eingeführt und 2021 erweitert wurde. Nachfolgend werden die Begriffsdefinition, tatbestandlichen Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Besonderheiten umfassend dargestellt.


Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Definition des Verbotenen Kraftfahrzeugrennens

Ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen wird im Gesetz als nicht genehmigter Wettbewerb zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr beschrieben. Dabei steht der Wettbewerbsgedanke, also das „Sich-Messen“ im Vordergrund. Ein Rennen liegt auch dann vor, wenn nur eine Person eine situationsunabhängige Höchstgeschwindigkeit anstrebt, um möglichst schnell von A nach B zu gelangen („Alleinrennen“).

Abgrenzung zu Erlaubten Rennen

Erlaubte Kraftfahrzeugrennen sind Veranstaltungen, die von der zuständigen Verkehrsbehörde genehmigt wurden (§ 29 Abs. 2 StVO). Hierzu zählen beispielsweise Motorsportveranstaltungen auf gesperrten Rennstrecken. Ohne eine solche Genehmigung sind entsprechende Wettbewerbe stets verboten.


Rechtlicher Rahmen: § 315d StGB

Normtext und Schutzzweck

§ 315d StGB normiert die Strafbarkeit der „Verbotenen Kraftfahrzeugrennen“. Schutzgut ist die Sicherheit des Straßenverkehrs sowie die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer.

Tatbestandsvarianten des § 315d StGB

  • § 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB: Ausrichten oder Durchführen eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens.
  • § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB: Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem solchen Rennen.
  • § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB: Einzelrasen, d. h. das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (sog. „Alleinfahren“).
  • § 315d Abs. 2 StGB: Verwirklichung des Grundtatbestands und Gefährdung von Leib, Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert.
  • § 315d Abs. 5 StGB: Erfolgt aufgrund besonders schwerer Folgen wie Tod oder schwere Gesundheitsschädigung ein Qualifikationstatbestand („Erfolgsqualifikation“).

Täterkreis

Tatbeteiligte können sowohl aktive Kraftfahrzeugführer als auch freiwillige Teilnehmer und Organisatoren sein. Auch die Unterstützung oder Beihilfe (z. B. Mitwirkung bei der Absperrung der Strecke oder Zeitnahme) kann eine Strafbarkeit begründen.


Tatbestandsmerkmale im Detail

Ausrichten oder Durchführen (Nr. 1)

Das „Ausrichten“ eines Rennens umfasst die Organisation und Planung, einschließlich der Werbung, Verwaltung und Durchführung. Das tatsächliche „Durchführen“ ist die Umsetzung des Rennens im öffentlichen Straßenverkehr.

Teilnehmen als Kraftfahrzeugführer (Nr. 2)

Ein Kraftfahrzeugführer nimmt teil, wenn er aktiv am Rennen mit seinem Fahrzeug beteiligt ist, unabhängig davon, ob er dieses initiiert hat.

Einzelrennen („Alleinrennen“, Nr. 3)

Eine Einzelfahrt wird zum „verbotenen Rennen“, wenn der Fahrer, losgelöst von einem Wettbewerb mit anderen, mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um die höchstmögliche Geschwindigkeit auszureizen.

Differenzierung: Höchstgeschwindigkeit und Renncharakter

Nicht jede Geschwindigkeitsüberschreitung erfüllt den Tatbestand. Es muss eine bewusste Absicht bestehen, die höchstmögliche Geschwindigkeit unter Missachtung der Verkehrssicherheit zu erreichen.


Öffentlicher Straßenverkehr

Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 315d StGB ist die Durchführung des Rennens im öffentlichen Verkehrsraum. Dies umfasst alle Straßen, Wege und Plätze, die zumindest zeitweise für den öffentlichen Verkehr zugänglich sind, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.


Strafrahmen und Rechtsfolgen

Strafen und Nebenfolgen

Die Grundtatbestände des § 315d StGB sehen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor. Im Falle einer konkreten Gefährdung (Abs. 2) beträgt die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und bei tödlichen Folgen sogar bis zu zehn Jahre. In der Regel erfolgt zudem die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) sowie die Einziehung des Fahrzeugs (§ 315f StGB).

Fahrverbot und Einziehung des Fahrzeugs

Das Gericht kann zusätzlich ein Fahrverbot (§ 44 StGB) verhängen sowie das zur Tat verwendete Kraftfahrzeug einziehen, sofern es dem Täter gehört.


Versuch, Teilnahme und Konkurrenzen

Versuch und Vollendung

Der Versuch des § 315d StGB ist strafbar. Bereits die ernsthafte Planung und der Beginn der Fahrt im Sinne eines Rennens können zur Strafbarkeit führen.

Mittäterschaft und Teilnahme

Auch Beihilfe oder Anstiftung zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen werden nach allgemeinen Regeln des Strafrechts verfolgt.


Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Gefährdung des Straßenverkehrs

Die Strafnorm § 315c StGB („Gefährdung des Straßenverkehrs“) wurde durch § 315d StGB ergänzt, aber nicht verdrängt. Liegen die Voraussetzungen beider Vorschriften vor, tritt § 315c hinter § 315d StGB subsidiär zurück.

Andere Verkehrsdelikte

Daneben kann auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB), fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) oder unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) bestehen, wenn das Rennen entsprechende Folgen hat.


Maßgebliche Fallgruppen und Rechtsprechung

Illegale Straßenrennen

Klassische Fälle sind verabredete Wettbewerbe zwischen mehreren Fahrzeugführern im öffentlichen Straßenraum, häufig mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit und Missachtung von Verkehrsregeln.

Solo-Raserei

Ebenso kann das bewusste Ausreizen der Höchstgeschwindigkeit auf City-Straßen ohne Mitwettbewerber den Straftatbestand erfüllen, wenn die übrigen Voraussetzungen wie Rücksichtslosigkeit und grobe Verkehrsverstöße vorliegen.

Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an die Beweisführung und die Auslegung der Tatbestandsmerkmale insbesondere beim „Alleinrennen“ im Laufe der Jahre konkretisiert (u.a. Urteile des Bundesgerichtshofs, zuletzt BGHSt 64, 183).


Prävention und polizeiliche Maßnahmen

Die Polizei kann verdächtige Fahrzeuge vorläufig sicherstellen, Personen festnehmen und die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen. Zur Prävention werden vermehrt Schwerpunktkontrollen in bekannten Renn-Hotspots durchgeführt.


Bedeutung und gesellschaftlicher Hintergrund

Verbotene Kraftfahrzeugrennen stellen aufgrund des hohen Gefährdungspotentials ein gravierendes Verkehrsrisiko dar. Sie führen regelmäßig zu schweren Unfällen mit oftmals tödlichen Folgen, weshalb deren Bekämpfung im Fokus der Gesetzgebung und Strafverfolgungsbehörden steht.


Zusammenfassung

Das Verbot von Kraftfahrzeugrennen auf öffentlichen Straßen wurde mit § 315d StGB umfassend geregelt. Jede Form nicht genehmigten Wettbewerbs mit Kraftfahrzeugen, einschließlich rücksichtslosen Fahrens, wird strafrechtlich verfolgt. Der Gesetzgeber verfolgt mit den Vorschriften das Ziel, die Verkehrssicherheit zu stärken und Menschenleben zu schützen. Neben einer empfindlichen Strafe drohen die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie eine Einziehung des Tatfahrzeugs.


Literatur und Quellen

  • Deutsches Strafgesetzbuch (StGB), § 315d und § 315f
  • Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), § 29
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 64, 183)
  • Bundestagsdrucksache 18/12964 (Gesetzesbegründung zu § 315d StGB)
  • Kommentarliteratur, u.a. Fischer, StGB

Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und beansprucht keine abschließende Darstellung sämtlicher Einzelheiten oder aktueller Rechtsprechung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen?

Die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen ist nach § 315d StGB strafbar und wird in Deutschland als Straftat gewertet. Die Strafandrohung reicht im Grundtatbestand von einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe. Handelt es sich jedoch um ein illegales Rennen mit Todesfolge, erhöht sich das Strafmaß gemäß § 315d Abs. 5 StGB auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Bereits der Versuch ist strafbar – auch wenn es zu keinem tatsächlichen Rennen kommt, genügt die bloße Aufnahme von Konkurrenzfahrten, sofern ein Wettbewerbscharakter und eine überhöhte Geschwindigkeit vorliegen. Zusätzlich drohen regelmäßig der Entzug der Fahrerlaubnis, ein Fahrverbot sowie die Einziehung des Fahrzeugs als Tatmittel. Eine Eintragung im Fahreignungsregister in Flensburg ist zwingend und birgt langfristige Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis. Nicht zu unterschätzen sind daneben zivilrechtliche Folgen, etwa die persönliche Haftung für entstandene Schäden; Versicherungsschutz kann durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Handeln entfallen.

Unter welchen Voraussetzungen gilt ein Kraftfahrzeugrennen als „verboten“ im rechtlichen Sinne?

Ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen liegt vor, wenn mehrere Kraftfahrzeugführer aus dem Wettbewerbsgedanken gegeneinander Geschwindigkeiten erreichen oder anstreben, die nach den Verkehrsverhältnissen nicht mehr verantwortbar sind. Daneben ist auch das Alleinrennen strafbar, sofern der Fahrer eine höchstmögliche Geschwindigkeit erzielt, um eine höchstmögliche Beschleunigung zu erreichen. Die Teilnahme an spontanen Wettfahrten, sei es auf öffentlichen oder nicht-öffentlichen Verkehrsflächen, fällt ebenfalls unter das Verbot, sofern hierbei eine konkrete Gefährdung von Leib, Leben oder Sachen Dritter eintritt. Entscheidend ist stets der Renncharakter, also das bewusste und absichtliche Streben nach Schnelligkeit unter Missachtung der Verkehrsregeln.

Wie unterscheiden sich das Veranstalten, Durchführen und Teilnehmen an einem verbotenen Rennen rechtlich?

Das Strafgesetzbuch (§ 315d Abs. 1 StGB) differenziert zwischen dem Veranstalten, dem Durchführen sowie der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen, wobei alle Handlungen eigenständig strafbar sind. Die Person, die das Rennen organisiert oder logistisch ermöglicht (Veranstalter), macht sich ebenso strafbar wie diejenige, die eigenständig oder mit anderen tatsächlich am Rennen teilnimmt (Teilnehmer). Schon das Initiieren (Durchführen) ohne tatsächliche Rennteilnahme kann den Straftatbestand erfüllen. Die Unterscheidung ist wesentlich für die gerichtliche Beurteilung des Einzelfalls und beeinflusst beispielsweise die Strafzumessung sowie die Frage nach Mittäterschaft oder Anstiftung.

Welche Rolle spielt die Gefährdung anderer bei der Bewertung eines verbotenen Rennens?

Für die Strafbarkeit nach § 315d StGB genügt bereits die abstrakte Gefährdung von Leib, Leben oder Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer. Es muss nicht zwangsläufig zu einem Unfall oder konkreten Schaden kommen. Bereits durch die Teilnahme an einem Rennen mit überhöhter Geschwindigkeit wird eine solche Gefährdung regelmäßig angenommen, insbesondere wenn dies auf öffentlichen Straßen geschieht. Bei einer konkreten Gefährdung oder bei eingetretenen Schäden verschärft sich die Strafandrohung erheblich. Die Gerichte prüfen in jedem Einzelfall, inwieweit eine Gefährdung tatsächlich bestand oder eingetreten ist.

Kann das Fahrzeug eines Teilnehmers an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen eingezogen werden?

Ja, das Tatfahrzeug kann nach § 315f StGB eingezogen werden. Diese Maßnahme dient der Prävention und Abschreckung und ist nicht an eine Vorstrafe gekoppelt. Die Einziehung erfolgt unabhängig davon, ob es sich um das Eigentum des Fahrers oder eines Dritten handelt, sofern nachgewiesen werden kann, dass das Fahrzeug zur Begehung der Tat verwendet wurde. Die Rechtsprechung stellt hierbei auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ab; insbesondere bei wiederholten oder besonders schweren Fällen wird die Einziehung regelmäßig angeordnet.

Wie wirkt sich ein laufendes Strafverfahren hinsichtlich eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens auf die Fahrerlaubnis aus?

Bereits im Rahmen eines laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahrens kann nach § 111a StPO die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgen, wenn dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Fahrerlaubnis endgültig entzogen wird. In Folge einer Verurteilung erfolgt in aller Regel die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB, verbunden mit einer Sperre für die Neuerteilung. Die Sperrfrist beträgt mindestens sechs Monate und kann in besonders schweren Fällen erheblich länger ausfallen. Die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ist meist erst nach Vorlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) möglich.

Gibt es Unterschiede in der Bewertung von geplanten und spontanen Rennen?

Im rechtlichen Kontext macht das Strafgesetzbuch keinen Unterschied zwischen geplanten (sog. „organisierten“) und spontanen („spontan ausgetragenen“) Rennen. Beide Sachverhalte können strafrechtlich verfolgt werden, sofern die übrigen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Bei der Strafzumessung kann jedoch das Maß der Vorbereitung, Planung und Professionalität eine Rolle spielen. So wird bei organisierten Rennen häufig eine höhere kriminelle Energie erkannt, was zu einer strengeren Beurteilung führen kann. Spontane Rennen, wie beispielsweise das sogenannte „Ampelrennen“, sind ebenfalls strafbar und werden mit ähnlicher Konsequenz geahndet.