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Veranlagungszeitraum


Veranlagungszeitraum

Der Begriff Veranlagungszeitraum bezeichnet im deutschen Steuerrecht einen gesetzlich festgelegten Zeitraum, für den die steuerpflichtigen Einkünfte einer natürlichen oder juristischen Person erfasst und zur Steuerberechnung herangezogen werden. Der Veranlagungszeitraum stellt somit einen zentralen Begriff bei der Ermittlung und Festsetzung von Steuern dar, insbesondere im Bereich der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Nachfolgend werden die rechtlichen Grundlagen, der Umfang, die Ausnahmen sowie die praktische Bedeutung des Veranlagungszeitraums dargestellt.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Definition

Das Gesetz verwendet den Begriff „Veranlagungszeitraum“ vor allem im Zusammenhang mit der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 7 EStG), Körperschaftsteuer (§ 7 Abs. 2 KStG) sowie bei anderen Steuerarten. Der Veranlagungszeitraum ist in der Regel das Kalenderjahr, sofern keine besonderen Vorschriften oder gesetzlich anerkannte Ausnahmen Anwendung finden.

Steuerarten und Relevanz

Der Veranlagungszeitraum ist insbesondere bedeutsam für folgende Steuerarten:

  • Einkommensteuer: Das Kalenderjahr gilt hier als Veranlagungszeitraum (§ 25 Abs. 1 EStG).
  • Körperschaftsteuer: Auch für Körperschaften ist grundsätzlich das Kalenderjahr maßgeblich (§ 7 Abs. 2 KStG).
  • Gewerbesteuer: Im Rahmen der Feststellung der Steuermessbeträge wird das Wirtschaftsjahr des Unternehmens als Zeitraum zugrunde gelegt, das in der Regel auch mit dem Kalenderjahr übereinstimmt (§ 14 GewStG).

Beginn und Ende des Veranlagungszeitraums

Regelveranlagungszeitraum

Der Regelfall im deutschen Steuerrecht sieht das Kalenderjahr (1. Januar bis 31. Dezember) als maßgeblichen Veranlagungszeitraum vor. Sämtliche während dieses Zeitraums bezogenen Einkünfte sind zusammenzurechnen und im Rahmen einer einheitlichen Steuererklärung zu erfassen.

Ausnahmen vom Kalenderjahr

Bestimmte Einkunftsarten und steuerpflichtige Subjekte dürfen oder müssen von diesem Grundsatz abweichen:

  • Abweichende Wirtschaftsjahre: Bei Unternehmen, insbesondere bei Körperschaften, Personengesellschaften oder Einzelunternehmen, deren Geschäftsjahr nicht dem Kalenderjahr entspricht, kann das Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt werden, sofern eine entsprechende ertragsteuerliche Genehmigung der Finanzbehörde vorliegt.
  • Unterjährige Zeiträume: Bei Beginn oder Beendigung der Steuerpflicht innerhalb eines Kalenderjahres (etwa durch Zuzug, Wegzug, Tod oder Betriebsaufgabe) beginnt oder endet der Veranlagungszeitraum entsprechend mit dem jeweiligen Ereignis (§ 2 Abs. 7 Satz 3 EStG).
  • Sonderveranlagungszeiträume: In seltenen Fällen kann ein unterjähriger Veranlagungszeitraum auch durch Rechtsprechung oder aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen festgelegt werden, beispielsweise bei Umwandlungen oder Verschmelzungen von Unternehmen.

Bedeutung und Funktion im Steuerverfahren

Zusammenfassung der Einkünfte

Der Zweck des Veranlagungszeitraums liegt insbesondere darin, sämtliche Einkünfte, Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen eines bestimmten Zeitraums zu einer Besteuerungsgrundlage zusammenzufassen. Dadurch wird gewährleistet, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen periodengerecht abgebildet wird.

Steuererklärung und Festsetzungsfristen

Im Zusammenhang mit dem Veranlagungszeitraum sind folgende Zeitpunkte maßgeblich:

  • Abgabe der Steuererklärung: Die Steuerpflichtigen sind verpflichtet, nach Ablauf des Veranlagungszeitraums eine Steuererklärung einzureichen, in der die im Zeitraum erzielten Einkünfte angegeben werden (§ 149 AO).
  • Festsetzungsfristen: Die Steuerfestsetzung und gegebenenfalls -nachzahlung oder -erstattung beziehen sich stets auf den abgeschlossenen Veranlagungszeitraum. Die jeweiligen Festsetzungsfristen beginnen erst mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums (§ 169 Abs. 1 AO).

Veranlagungszeitraum in Einzelsteuergesetzen

Einkommensteuer

Im Einkommensteuergesetz ist der Veranlagungszeitraum als das Kalenderjahr ausdrücklich definiert (§ 25 Abs. 1 EStG). Eine Ausnahme bilden Fälle der beschränkten Steuerpflicht, bei denen die Steuerpflicht während des Kalenderjahres beginnt oder endet.

Körperschaftsteuer

Analog zur Einkommensteuer knüpft auch das Körperschaftsteuergesetz an das Kalenderjahr an, lässt jedoch für Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr ein hiervon abweichendes Wirtschaftsjahr als Veranlagungszeitraum zu (§ 7 Abs. 2 KStG).

Gewerbesteuer

Für Zwecke der Gewerbesteuer wird das Wirtschaftsjahr des Unternehmens zugrunde gelegt. Es handelt sich hierbei regelmäßig um das Kalenderjahr, sofern kein abweichendes Wirtschaftsjahr gewählt wurde (§ 14 GewStG).

Umsatzsteuer

Bei der Umsatzsteuer wird nicht explizit der Begriff „Veranlagungszeitraum“ verwendet, jedoch entspricht der Besteuerungszeitraum im Regelfall ebenfalls dem Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 UStG). Es können jedoch auch kürzere Voranmeldungszeiträume bestehen (monatlich, vierteljährlich).

Sonderregelungen und besondere Konstellationen

Beginn und Ende der Steuerpflicht

Entsteht oder endet die Steuerpflicht während eines Kalenderjahres, so gilt als Veranlagungszeitraum nur der entsprechende Teil des Jahres. Das betrifft insbesondere Fälle des Zuzugs, Wegzugs, Tods einer natürlichen Person oder der Liquidation einer Gesellschaft.

Wegfall und Wechsel des Veranlagungszeitraums

Ein Wechsel kann nach dem Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht insbesondere bei Neugründung, Liquidation, Umwandlung oder Verschmelzung von Unternehmen eintreten.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Der Veranlagungszeitraum ist vom Besteuerungszeitraum (vor allem im Bereich der Umsatzsteuer) zu unterscheiden, wenngleich beide Begriffe häufig synonym verwendet werden. Während der Veranlagungszeitraum vor allem die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer betrifft, ist der Besteuerungszeitraum ein Oberbegriff für den Zeitraum, in dem die steuerlichen Tatbestände erfüllt werden.

Bedeutung in der Praxis

Die Kenntnis des Veranlagungszeitraums ist unerlässlich für die korrekte Erstellung von Steuererklärungen und die Einhaltung steuerlicher Fristen. Sie dient der sachgerechten und periodengerechten Bemessung der Steuerlast und ermöglicht den Steuerbehörden eine effiziente und rechtssichere Steuererhebung.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Gewerbesteuergesetz (GewStG)
  • Abgabenordnung (AO)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Kommentar zu § 2 Abs. 7 EStG in: Schmidt, Einkommensteuergesetz

Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den Begriff Veranlagungszeitraum und seine rechtliche Bedeutung im deutschen Steuerrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wann beginnt und endet der Veranlagungszeitraum im deutschen Steuerrecht?

Der Veranlagungszeitraum ist im deutschen Steuerrecht grundsätzlich das Kalenderjahr, das am 1. Januar beginnt und am 31. Dezember desselben Jahres endet. Dies ist in § 25 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) festgelegt und gilt für die meisten Steuerpflichtigen, deren Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen. Eine Ausnahme bilden Fälle, in denen ein abweichendes Wirtschaftsjahr gilt, beispielsweise bei Unternehmen, die ihren steuerlichen Zeitraum aus betrieblichen Gründen auf einen anderen Zwölfmonatszeitraum legen; allerdings bleibt auch dann der Veranlagungszeitraum für die Einkommensteuer das Kalenderjahr. Bei Personen, die während des Jahres ihre unbeschränkte Steuerpflicht begründen oder beenden (etwa durch Zuzug oder Wegzug ins Ausland oder Tod), ist der Veranlagungszeitraum in der Regel auf den Zeitraum zwischen diesen Ereignissen begrenzt; eine Zurechnung der Einkünfte erfolgt in diesen Fällen zeitanteilig. Für andere Steuerarten, wie die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer, ist der Veranlagungszeitraum regelmäßig identisch mit dem Kalenderjahr; Ausnahmen können in spezialgesetzlichen Vorschriften geregelt sein.

Welche Bedeutung hat der Veranlagungszeitraum für die steuerliche Veranlagung?

Der Veranlagungszeitraum bestimmt den Bezugszeitraum, für den die steuerliche Bemessungsgrundlage ermittelt und die fälligen Steuern berechnet werden. In der Einkommensteuer bedeutet dies beispielsweise, dass sämtliche zu versteuernden Einkünfte eines Steuerpflichtigen im Zeitraum eines Kalenderjahres zu einer einheitlichen Besteuerungsgrundlage aggregiert werden. Die Ermittlung der Steuerpflichtigen erfolgt für jeden Veranlagungszeitraum grundsätzlich gesondert; die Einkommensteuerveranlagung für das betreffende Jahr erfolgt somit unabhängig von anderen Jahren. Steuerliche Entlastungen, Freibeträge, Abschreibungen und Werbungskosten werden in aller Regel auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogen und müssen innerhalb dieses Zeitraums geltend gemacht werden. Auch Verjährungsfristen oder Festsetzungsfristen knüpfen steuerrechtlich regelmäßig an den Ablauf des Veranlagungszeitraums an.

Wie wirkt sich eine unterjährige Steuerpflicht auf den Veranlagungszeitraum aus?

Wird die unbeschränkte Steuerpflicht innerhalb eines Kalenderjahres begründet oder beendet, etwa durch einen Zuzug oder Wegzug ins beziehungsweise aus dem Inland oder durch den Tod des Steuerpflichtigen, endet der Veranlagungszeitraum in solchen Fällen nicht am 31. Dezember, sondern bereits mit dem Wegzug oder Tod. Gemäß § 2 Abs. 7 i.V.m. § 25 EStG wird die Einkommensteuer für den Zeitraum der Steuerpflicht festgesetzt. Anders formuliert: Es findet für die betroffenen Personen eine zeitanteilige oder personenbezogene Zuordnung von Einkünften und Freibeträgen statt. Für juristische Personen führt die Liquidation oder Verschmelzung zum Ende des Veranlagungszeitraums mit dem Abschluss des jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Vorgangs. Die besonderen Regelungen hierzu finden sich in spezialgesetzlichen Vorschriften, etwa im Körperschaftsteuergesetz (KStG) und Umwandlungssteuergesetz (UmwStG).

Können Steuerpflichtige den Veranlagungszeitraum selbst bestimmen oder abändern?

Grundsätzlich ist der Veranlagungszeitraum im deutschen Steuerrecht gesetzlich festgelegt und kann durch den Steuerpflichtigen nicht eigenmächtig verschoben oder gewählt werden. Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit besteht jedoch die Möglichkeit, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zu wählen. Dennoch bleibt für die steuerliche Veranlagung auf Ebene der Einkommen- und Körperschaftsteuer das Kalenderjahr der maßgebende Veranlagungszeitraum; der Gewinn aus dem abweichenden Wirtschaftsjahr wird dem Kalenderjahr zugerechnet, in welchem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a EStG). Sonderregelungen für die Umsatzsteuer richten sich nach § 16 UStG, lassen aber auch keine freie Wahl des Veranlagungszeitraums zu.

Welche Bedeutung hat der Veranlagungszeitraum für Festsetzungs- und Verjährungsfristen?

Der Ablauf des Veranlagungszeitraums ist für den Beginn der steuerlichen Festsetzungs- und Verjährungsfristen von zentraler Bedeutung. Nach § 170 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung einzureichen ist. Ist hingegen keine Steuererklärung abzugeben, laufen die Fristen ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Daraus folgt, dass der Veranlagungszeitraum nicht nur für die Ermittlung und Festsetzung der Steuer maßgeblich ist, sondern auch für die Fristen, innerhalb derer das Finanzamt eine Steuerfestsetzung oder Änderung vornehmen kann. Dies betrifft sowohl die Festsetzungsverjährung als auch die Zahlungsverjährung.

Gibt es für bestimmte Steuerarten Besonderheiten beim Veranlagungszeitraum?

Während bei den personenbezogenen Steuern – wie Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer – grundsätzlich das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum vorgesehen ist, bestehen im Bereich der Realsteuern (Gewerbesteuer, Grundsteuer) besondere Vorschriften. So bemisst sich die Gewerbesteuer nach dem Ertrag eines sogenannten Erhebungszeitraums, der meist dem Kalenderjahr entspricht, dessen Feststellung und Erhebung aber nach den maßgeblichen kommunalen Vorschriften gestaltet werden kann (§ 14 GewStG). Bei der Grundsteuer gibt es je nach Bundesland und Hebesatzregelung spezifische Vorschriften zur Bemessung und zeitlichen Abgrenzung.

Wie verhält sich der Veranlagungszeitraum im Fall von Steuerklassenwechseln oder Eheschließung/Scheidung während des Jahres?

Bei Ereignissen wie einer Eheschließung, Scheidung oder dem Wechsel der Steuerklasse während des Jahres bleibt der Veranlagungszeitraum das gesamte Kalenderjahr. Dennoch kann die steuerliche Behandlung im Rahmen des Splittingtarifs oder der Zuordnung von Freibeträgen angepasst werden. Gemäß § 26b EStG werden Ehegatten bei einer im Laufe des Jahres erfolgten Eheschließung für das gesamte Kalenderjahr nach den Regeln für Verheiratete veranlagt, sofern sie an mindestens einem Tag des Jahres verheiratet und nicht dauernd getrennt lebend waren. Gleiches gilt grundsätzlich für die Anwendung von Steuerklassen. Innerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums wird dementsprechend das „Ereignis“ rückwirkend für das ganze Kalenderjahr steuerlich relevant.

In welchen Fällen wird vom Grundsatz des Kalenderjahrs als Veranlagungszeitraum abgewichen?

Abweichungen vom Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum sind in wenigen Ausnahmefällen gesetzlich zugelassen. Für Land- und Forstwirte kann der Veranlagungszeitraum nach § 4a EStG abweichend vom Kalenderjahr bestimmt werden (sog. abweichendes Wirtschaftsjahr), was insbesondere saisonal bedingten Schwankungen Rechnung trägt. Auch im Zusammenhang mit steuerlichen Spezialregelungen, wie der Aufgabe von Betrieben, Liquidationen oder der Umwandlung von Gesellschaften, können Rumpfwirtschaftsjahre entstehen, die zu einem abweichenden Veranlagungszeitraum führen. Diese Ausnahmen sind jedoch im jeweiligen Spezialgesetz abschließend geregelt und unterliegen strengen formellen Anforderungen.