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Veranlagung

Begriff und Bedeutung der Veranlagung

Veranlagung bezeichnet im öffentlichen Recht das Verfahren, in dem eine Behörde die Höhe einer Abgabe, eines Beitrags oder einer Steuer für eine Person oder ein Unternehmen feststellt und durch einen Bescheid bekanntgibt. Der Begriff wird vor allem im Steuerbereich verwendet, kommt aber auch bei kommunalen Abgaben, Umlagen und Beiträgen sowie in Teilen der Sozialversicherung zur Anwendung. Ergebnis der Veranlagung ist ein Verwaltungsakt (z. B. Steuer- oder Beitragsbescheid), der die Zahlungspflicht oder eine Erstattung verbindlich festlegt.

Die Veranlagung ist von vorbereitenden Ermittlungshandlungen und der anschließenden Erhebung (Einziehung der festgesetzten Beträge) zu unterscheiden. Sie knüpft an Tatsachen an, die der Behörde erklärt oder von ihr ermittelt wurden, und ordnet diese rechtlich zu. Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse des betroffenen Zeitraums (z. B. eines Kalenderjahres).

Veranlagung im Steuerrecht

Ablauf des Veranlagungsverfahrens

Einleitung und Erklärungspflichten

Eine steuerliche Veranlagung beginnt regelmäßig mit der Abgabe einer Steuererklärung oder durch behördliche Anforderung. In bestimmten Fällen erfolgt eine Veranlagung auch ohne abgegebene Erklärung, etwa wenn Daten aus Quellenabzügen, Meldesystemen oder Vorjahresfestsetzungen vorliegen. Grundsätzlich besteht eine Mitwirkungspflicht, richtige und vollständige Angaben zu machen und Nachweise auf Verlangen vorzulegen.

Ermittlung und Schätzung

Die Steuerbehörde ermittelt die relevanten Tatsachen. Soweit Angaben fehlen oder nicht glaubhaft sind, kann sie Bemessungsgrundlagen schätzen. Eine Schätzung hat sich an Wahrscheinlichkeit und Plausibilität zu orientieren und muss nachvollziehbar sein.

Bescheid und Bekanntgabe

Die Veranlagung mündet in einen Steuerbescheid. Er enthält die festgesetzte Steuer, die zugrunde liegenden Berechnungsmerkmale sowie Hinweise zu Fälligkeit und Rechtsbehelfen. Mit der wirksamen Bekanntgabe beginnen Fristen für Rechtsbehelfe und Zahlungsansprüche.

Rechtsnatur und Wirkungen des Steuerbescheids

Der Steuerbescheid ist ein verbindlicher Hoheitsakt mit verbindlicher Regelungswirkung. Er kann eine Zahllast ausweisen, zu einer Erstattung führen oder eine Nullfestsetzung enthalten. Der Bescheid entfaltet Bindungswirkung, solange er nicht aufgehoben oder geändert wird. Er bildet die Grundlage für die Erhebung und gegebenenfalls Vollstreckung.

Änderbarkeit, Vorläufigkeit und Bestandskraft

Veranlagungen können unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden. Dafür kommen unter anderem offensichtliche Unrichtigkeiten, das Bekanntwerden neuer Tatsachen, nachträgliche Ereignisse oder Ergebnisse einer Außenprüfung in Betracht. Daneben sind vorläufige Festsetzungen möglich, wenn einzelne Punkte noch ungeklärt sind. Erreichen Bescheide Bestandskraft, sind nachträgliche Korrekturen nur in eng begrenzten Fällen möglich.

Verjährung und Fristen

Für die Durchführung und Änderung einer Veranlagung gelten gesetzliche Fristen. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist sind neue oder geänderte Festsetzungen grundsätzlich ausgeschlossen. Die Frist kann ruhen oder sich verlängern, etwa bei fehlenden Erklärungen oder bei bestimmten Pflichtverletzungen. Fristen für Rechtsbehelfe beginnen mit der Bekanntgabe des Bescheids.

Zahlungsfolgen, Fälligkeit und Zinsen

Mit der Veranlagung sind Zahlungs- oder Erstattungsansprüche verbunden. Der Bescheid bestimmt, ab wann Beträge fällig sind. Bei Rückständen können Säumnisfolgen und Vollstreckungsmaßnahmen eintreten. Unter bestimmten Voraussetzungen fallen Zinsen an, die eine zeitliche Neutralität der Steuerfestsetzung unterstützen sollen.

Rechtsschutz: Einspruch und weitere Schritte

Gegen Veranlagungsbescheide steht ein Rechtsbehelf zur Verfügung. Im Rahmen dieses Verfahrens kann der Bescheid vollständig überprüft werden. Bei unveränderter behördlicher Entscheidung ist der Gang zu den Gerichten eröffnet. Während eines anhängigen Rechtsbehelfs kann die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Elektronische Veranlagung und Datenschutz

Veranlagungen werden zunehmend elektronisch durchgeführt. Dazu zählen digitale Einreichung von Erklärungen, automatisierte Prüfungen und die elektronische Bekanntgabe. Die Verarbeitung personenbezogener und wirtschaftlicher Daten unterliegt strengen Vertraulichkeits- und Sicherheitsanforderungen. Automatisierte Entscheidungen können mit einem Anspruch auf menschliche Überprüfung verbunden sein.

Besondere Veranlagungsarten

Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung von Ehegatten und Partnern

Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können je nach Voraussetzungen zusammen oder getrennt veranlagt werden. Die Zusammenveranlagung führt zu einer gemeinsamen Steuerberechnung auf Basis beider Einkünfte, während die Einzelveranlagung die Personen getrennt betrachtet. Die Wahl wirkt sich auf die Zurechnung von Einkünften, Frei- und Pauschbeträgen sowie die Berechnungsmethode aus.

Antragsveranlagung bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften

Bei Einkünften, auf die bereits ein Quellenabzug erfolgt ist, kann eine Veranlagung auf Antrag möglich sein. Ziel ist die abschließende Abrechnung des Veranlagungszeitraums unter Berücksichtigung individueller Verhältnisse. Das führt je nach Ergebnis zu Nachzahlungen oder Erstattungen.

Veranlagung bei Sonder- und Pauschsteuern

In Bereichen mit pauschalen oder abgeltenden Quellenabzügen kann eine Veranlagung entfallen, wenn der Abzug abschließenden Charakter hat. Unter bestimmten Voraussetzungen ist dennoch eine Einbeziehung in die Veranlagung vorgesehen, etwa bei Überschreiten von Grenzen, bei Zusammenrechnung mit anderen Einkünften oder bei Antragsmodellen zur Gesamtbetrachtung.

Veranlagung außerhalb des Steuerrechts

Beiträge, Gebühren und Umlagen

Auch für öffentlich-rechtliche Beiträge und Gebühren erfolgt eine Veranlagung. Typisch sind Bescheide über Abfall-, Wasser- und Abwassergebühren oder Kammerbeiträge. Die Behörde setzt die Abgabe anhand von Bemessungsgrößen (z. B. Fläche, Verbrauch, Mitgliedschaft) fest und gibt sie bekannt.

Kommunalabgaben

Im Kommunalabgabenrecht werden etwa Grundsteuer, Straßenausbaubeiträge oder Erschließungskosten durch Veranlagungsbescheide erhoben. Grundlage sind gemeindliche Satzungen sowie die deklaratorische oder konstitutive Festsetzung der Abgaben für das jeweilige Grundstück oder den Anschlussnehmer.

Sozialversicherungsrechtliche Veranlagungen

Im Sozialversicherungsbereich können Beitragsbescheide als Ergebnis eines Veranlagungsvorgangs ergehen, insbesondere bei Selbständigen oder bei Feststellungen der Versicherungspflicht. Diese Bescheide legen die Beitragshöhe fest und sind mit den üblichen Rechtsbehelfs- und Vollstreckungsfolgen verbunden.

Internationale Bezüge der Veranlagung

Ansässigkeit und Steuerpflichtumfang

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten richtet sich der Umfang der Steuerpflicht nach der persönlichen oder sachlichen Anbindung an einen Staat. Veranlagungen berücksichtigen, ob eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht besteht und welche Einkünfte im Inland erfasst werden.

Doppelbesteuerungsvermeidung und Veranlagung

Doppelbesteuerungsabkommen ordnen zu, welchem Staat Besteuerungsrechte zustehen, und bestimmen Methoden zur Vermeidung einer Doppelbelastung. In der Veranlagung werden diese Regelungen umgesetzt, etwa durch Freistellung oder Anrechnung ausländischer Steuern. Quellensteuern werden dabei in die Abrechnung einbezogen.

Abgrenzungen und verwandte Begriffe

Festsetzung, Feststellung, Erhebung

Die Veranlagung führt zur Festsetzung der Steuer. Davon zu unterscheiden sind gesonderte Feststellungen, die Grundlagen für spätere Festsetzungen schaffen (z. B. die Feststellung bestimmter Einkünfte oder Werte). Die Erhebung umfasst Zahlung, Verrechnung, Stundung und Vollstreckung als nachgelagerte Phase.

Vorauszahlungen, Quellenabzug und Veranlagung

Vorauszahlungen und Quellenabzüge sind vorläufige Erhebungsformen. Die Veranlagung rechnet diese Zahlungen an und führt zu einer abschließenden Feststellung des Saldos. Bei abschließend wirkenden Quellenabzügen entfällt die Veranlagung, sofern keine gesetzlichen Einbeziehungstatbestände bestehen.

Häufig gestellte Fragen zur Veranlagung

Was bedeutet Veranlagung im rechtlichen Sinne?

Veranlagung ist das behördliche Verfahren zur verbindlichen Festlegung einer Steuer, Abgabe oder eines Beitrags für einen bestimmten Zeitraum. Es endet mit einem Bescheid, der die Zahlungspflicht oder Erstattung festlegt und Rechtswirkungen auslöst.

Wodurch unterscheidet sich Veranlagung von Festsetzung und Erhebung?

Die Veranlagung umfasst die Ermittlung und rechtliche Zuordnung der maßgeblichen Tatsachen. Die Festsetzung ist das Ergebnis in Form eines Bescheids. Die Erhebung betrifft die Abwicklung der festgesetzten Beträge, einschließlich Zahlung, Verrechnung und gegebenenfalls Vollstreckung.

Welche Rechte bestehen gegenüber einem Veranlagungsbescheid?

Gegen einen Veranlagungsbescheid steht ein fristgebundener Rechtsbehelf offen. Im Rahmen dieses Verfahrens kann die Behörde den Bescheid vollständig überprüfen. Wird der Bescheid nicht abgeändert, ist der Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet.

Kann eine Veranlagung nachträglich geändert werden?

Eine nachträgliche Änderung ist möglich, wenn gesetzlich vorgesehene Voraussetzungen vorliegen. Dazu zählen insbesondere offensichtliche Fehler, neue Tatsachen, nachträgliche Ereignisse, Ergebnisse von Prüfungen sowie Fälle mit vorläufigen Regelungen. Mit Eintritt der Bestandskraft sind Korrekturen nur noch begrenzt zulässig.

Welche Fristen spielen im Veranlagungsverfahren eine Rolle?

Maßgeblich sind Fristen für die Abgabe von Erklärungen, für die Durchführung oder Änderung der Festsetzung (Verjährung) sowie für Rechtsbehelfe. Die Fristen knüpfen regelmäßig an die Bekanntgabe des Bescheids oder an den Ablauf des Veranlagungszeitraums an.

Welche Folgen hat eine Zusammenveranlagung im Steuerrecht?

Bei Zusammenveranlagung werden die Einkünfte beider Partner gemeinsam beurteilt und nach einer speziellen Berechnungsmethode ermittelt. Dies betrifft auch die Verteilung von Frei- und Pauschbeträgen sowie die Zurechnung bestimmter Aufwendungen und Erstattungen.

Welche Rolle spielt der Datenschutz bei elektronischer Veranlagung?

Elektronische Veranlagungen beruhen auf der Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten. Es gelten Vorgaben zur Vertraulichkeit, Datensicherheit und Zweckbindung. Bei automatisierten Entscheidungen kann ein Anspruch auf eine Überprüfung durch eine sachkundige Person bestehen.