Begriff und rechtliche Grundlagen des Urlaubsentgelts
Das Urlaubsentgelt stellt eine zentrale Leistung im deutschen Arbeitsrecht dar und bezeichnet die Vergütung, die Arbeitnehmer*innen während der Inanspruchnahme ihres gesetzlichen oder vertraglichen Erholungsurlaubs erhalten. Das Urlaubsentgelt ist zu unterscheiden vom sogenannten Urlaubsgeld, das eine zusätzliche, freiwillige Leistung des Arbeitgebers darstellen kann. Die Regelungen über das Urlaubsentgelt sind insbesondere im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sowie in weiteren arbeitsrechtlichen Vorschriften und Tarifverträgen normiert.
Gesetzliche Regelungen zum Urlaubsentgelt
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt im Wesentlichen die Ansprüche auf Erholungsurlaub und das währenddessen zu gewährende Urlaubsentgelt. Nach § 1 BUrlG besteht ein Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub. Die Berechnung und Auszahlung des Urlaubsentgelts erfolgt gemäß § 11 BUrlG.
§ 11 BUrlG – Bemessung des Urlaubsentgelts
Nach § 11 Abs. 1 BUrlG bestimmt sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat (Referenzprinzip). Zum Arbeitsverdienst zählen grundsätzlich alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die regelmäßig gezahlt wurden, einschließlich Zuschlägen (z.B. für regelmäßige Überstunden, Schichtarbeit oder Nachtarbeit). Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Tantiemen bleiben unberücksichtigt.
Schutzfunktion und Abweichungen
Das Urlaubsentgelt dient dazu, den Erwerbsverlust während des Urlaubs zu kompensieren und so einen wirklichen Erholungsurlaub zu ermöglichen. Nachteilige Abweichungen vom Durchschnittsverdienst sind grundsätzlich unzulässig, positive abweichende Regelungen (z.B. durch Tarifvertrag) hingegen möglich.
Differenzierung: Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung
Urlaubsentgelt vs. Urlaubsgeld
Das Urlaubsentgelt ist ein gesetzlicher Vergütungsanspruch, der an die tatsächliche Urlaubsnahme gekoppelt ist. Demgegenüber handelt es sich beim Urlaubsgeld um eine zusätzliche, freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die üblicherweise tarifvertraglich, betrieblich oder individuell geregelt wird. Das Urlaubsgeld ist kein Pflichtbestandteil des Urlaubsentgelts und damit rechtlich zu differenzieren.
Urlaubsentgelt vs. Urlaubsabgeltung
Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist der Urlaub finanziell abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG: Urlaubsabgeltung). Die Berechnungsgrundlagen für Urlaubsabgeltung entsprechen denen des Urlaubsentgelts.
Berechnungsmodalitäten des Urlaubsentgelts
Durchschnittsermittlung und Berechnungszeitraum
Das Urlaubsentgelt ist auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn zu berechnen. Maßgeblich ist der Bruttoverdienst inklusive etwaiger Zulagen, Schicht- oder regelmäßiger Überstundenzuschläge. Einmalzahlungen werden ausgeklammert.
Unterbrechungen im Referenzzeitraum
Im Berechnungszeitraum auftretende Zeiten ohne Entgeltzahlung, etwa wegen Kurzarbeit, Streik oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis, verlängern den Bemessungszeitraum entsprechend (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BUrlG). Geleistete Mehrarbeit während des Bezugszeitraums bleibt bei der Berechnung unberücksichtigt, sofern sie nicht regelmäßig erfolgt ist.
Auszahlung des Urlaubsentgelts
Nach § 11 Abs. 2 BUrlG ist das Urlaubsentgelt vor Antritt des Urlaubs zu zahlen. Die Auszahlung erfolgt also in der Regel direkt vor Beginn der Freistellung und dient damit der finanziellen Absicherung während der Urlaubszeit.
Tarifliche, betriebliche und arbeitsvertragliche Regelungen
Anwendbarkeit von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
Neben den gesetzlichen Vorschriften können Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abweichende Regelungen treffen, die jedoch im Ergebnis kein geringeres Urlaubsentgelt als die gesetzlichen Mindestanforderungen vorsehen dürfen. Möglich sind beispielsweise günstigere Berechnungsmethoden oder die Einbeziehung zusätzlicher Entgeltbestandteile.
Arbeitsvertragliche Regelungen
Rein arbeitsvertragliche Vereinbarungen zugunsten der Arbeitnehmer sind zulässig, dürfen jedoch das gesetzliche Schutzniveau nicht unterlaufen. Vereinbarungen, die das Urlaubsentgelt zum Nachteil der Arbeitnehmer regeln, sind gemäß § 13 BUrlG unwirksam.
Besondere Konstellationen und Rechtsfragen
Wechsel der Arbeitszeit
Bei Änderungen der vereinbarten Arbeitszeit im Bemessungszeitraum (beispielsweise von Vollzeit auf Teilzeit) oder während des Urlaubs ist besonderes Augenmerk erforderlich. Nach der aktuellen, höchstrichterlichen Rechtsprechung ist stets von der vor Urlaubsantritt geltenden Arbeitszeiteinteilung und dem entsprechenden Entgelt auszugehen.
Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs
Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, gilt der Urlaub für die nachweislich durch ärztliches Zeugnis bescheinigte Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht als genommen (§ 9 BUrlG). Die Lohnzahlungspflicht bleibt in Form des Urlaubsentgelts bzw. der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehen.
Mutterschutz und Elternzeit
Für Zeiten des Mutterschutzes gelten besondere Schutzfristen, die auf den Urlaubsanspruch keine Auswirkungen haben. Während der Elternzeit entsteht grundsätzlich ebenfalls Urlaubsanspruch, jedoch ruht das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit, wodurch eine gesonderte Berechnung erforderlich sein kann.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Das gezahlte Urlaubsentgelt ist als Teil des normalen Arbeitsentgelts zu behandeln und unterliegt damit sämtlichen Lohnsteuerabzugs- sowie Sozialversicherungspflichten. Eine gesonderte steuerliche Begünstigung besteht im Gegensatz zum Urlaubsgeld nicht.
Gesetzgebung und Rechtsprechung
Das Urlaubsentgelt ist nicht nur Gegenstand der gesetzlichen Regelungen des BUrlG, sondern findet auch in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte – insbesondere des Bundesarbeitsgerichts – fortlaufend Konkretisierung. Dabei spielen insbesondere Fragen der Bemessung, der Einbeziehung einzelner Entgeltbestandteile sowie die Vereinbarkeit von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen mit dem gesetzlichen Schutzniveau eine Rolle.
Zusammenfassung
Das Urlaubsentgelt sichert die Fortzahlung des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts während des gesetzlichen Erholungsurlaubs und ist wesentlicher Bestandteil des arbeitsrechtlichen Schutzes der Arbeitnehmer in Deutschland. Die Höhe und Ausgestaltung bestimmen sich primär nach dem Bundesurlaubsgesetz, daneben können kollektivvertragliche und einzelvertragliche Regelungen Einfluss nehmen, sofern sie die Mindeststandards wahren. Das Urlaubsentgelt fungiert als zentrale Sicherung für die finanzielle Unabhängigkeit während der Urlaubszeit und trägt entscheidend zur Realisierung des Erholungszwecks bei.
Häufig gestellte Fragen
Wann entsteht der Anspruch auf Urlaubsentgelt?
Der Anspruch auf Urlaubsentgelt entsteht grundsätzlich mit der Gewährung des gesetzlichen Urlaubs nach den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG ist während des Urlaubs das durchschnittliche Arbeitsentgelt weiterzuzahlen, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Dabei handelt es sich um den sogenannten „Urlaubslohn“, der unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung während des Erholungsurlaubs gezahlt wird. Es ist zu beachten, dass das Urlaubsentgelt auch bei Teilurlaubsansprüchen oder im Falle von Sonderregelungen mindestens in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes zusteht. Der Urlaubsentgeltanspruch kann weder durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen noch durch einzelvertragliche Regelungen, die zu einer Schlechterstellung des Arbeitnehmers führen, eingeschränkt werden.
Welche Vergütungsbestandteile sind bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen?
Für die Berechnung des Urlaubsentgelts sind grundsätzlich alle Vergütungsbestandteile heranzuziehen, die mit der „Arbeitsleistung“ im Zusammenhang stehen und dem Arbeitnehmer regelmäßig zufließen. Das umfasst das Grundgehalt, Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, sofern diese in den Berechnungszeitraum fallen, sowie regelmäßig gezahlte Zulagen und Provisionen. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, die nicht regelmäßig gezahlt werden, sind hingegen nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich ist, dass die Zahlung ihrer Art nach bei der Bemessung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist (§ 11 Abs. 1 BUrlG). Nicht zu berücksichtigen sind hingegen Aufwandsentschädigungen, Auslöse, Spesen oder reine Erstattungen von Kosten.
Wie wird das Urlaubsentgelt bei schwankendem Einkommen berechnet?
Bei schwankendem Einkommen, etwa bei variabel vergüteten Arbeitnehmern wie Schichtarbeitern oder Beschäftigten mit Provisions- oder Akkordlohn, erfolgt die Bemessung des Urlaubsentgelts auf Grundlage des durchschnittlichen Verdienstes der letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs. Hierbei wird das gesamte in diesem Zeitraum verdiente Arbeitsentgelt als Berechnungsgrundlage herangezogen und auf den Urlaubszeitraum umgerechnet. In Fällen, in denen der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum z. B. unbezahlten Urlaub oder Krankheitszeiten hatte, werden diese Zeiträume gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG ausgeklammert und durch frühere Zeiträume ersetzt, um eine gerechte Durchschnittsberechnung zu gewährleisten.
Muss das Urlaubsentgelt im Voraus gezahlt werden?
Ja, das Urlaubsentgelt ist nach § 11 Abs. 2 BUrlG grundsätzlich vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen, sofern der Arbeitnehmer dies verlangt. Ziel dieser Regelung ist es, sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubs finanziell abgesichert ist und aus diesem Grund keine finanzielle Benachteiligung erfährt. In der Praxis ist jedoch vielerorts eine Auszahlung im regulären Rahmen der Lohnzahlung üblich. Im Streitfall kann der Arbeitnehmer jedoch auf eine Vorauszahlung bestehen und diese ggf. auch gerichtlich durchsetzen.
Was geschieht mit dem Urlaubsentgelt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Wird das Arbeitsverhältnis beendet und besteht noch ein Anspruch auf nicht genommenen Erholungsurlaub, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Urlaubsabgeltung zu leisten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). In diesem Fall tritt an die Stelle der tatsächlichen Freistellung von der Arbeit die finanzielle Abgeltung, die in Höhe des im Urlaubsfall zu zahlenden Urlaubsentgelts zu berechnen ist. Dieser Anspruch ist unabhängig davon, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet, und besteht auch bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Die Berechnung erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie das Urlaubsentgelt im bestehenden Arbeitsverhältnis.
Wie werden Zuschläge und Sonderzahlungen während des Urlaubs behandelt?
Zuschläge, die einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung haben und regelmäßig gezahlt werden (z. B. Schichtzulagen, Nachtarbeitszuschläge), sind bei der Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Nicht einzubeziehen sind hingegen Sonderzahlungen, deren Zahlung unabhängig vom Arbeitsanfall erfolgt oder die nur zu bestimmten Anlässen (wie Weihnachtsgeld, zusätzlichem Urlaubsgeld) gezahlt werden und keinen direkten Bezug zur konkreten Arbeitsleistung haben. Die detaillierte Bewertung richtet sich dabei nach der arbeitsrechtlichen Ausgestaltung im Einzelfall sowie nach der Auslegung der betreffenden Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen.
Gibt es Unterschiede beim Urlaubsentgelt zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten?
Das Bundesurlaubsgesetz unterscheidet bezüglich des Anspruchs auf Urlaubsentgelt nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten. Teilzeitbeschäftigte erhalten das Urlaubsentgelt ebenso wie Vollzeitbeschäftigte nach Maßgabe ihres durchschnittlichen Arbeitsverdienstes in den letzten dreizehn Wochen vor dem Urlaub. Allerdings bemisst sich das Urlaubsentgelt in der Höhe am tatsächlichen Beschäftigungsumfang, sodass bei geringerer Wochenarbeitszeit auch das Urlaubsentgelt entsprechend geringer ausfällt. Eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten wäre unzulässig und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Arbeitsrechts.