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Unvererbliche Rechte


Begriff und Definition: Unvererbliche Rechte

Unvererbliche Rechte sind subjektive Rechte, die mit der Person des Rechtsinhabers so eng verbunden sind, dass sie mit dessen Tod erlöschen und nicht im Wege der Erbfolge auf die Rechtsnachfolger – insbesondere Erben – übergehen. Die Unvererblichkeit ergibt sich entweder aus dem Inhalt des Rechts, aus seiner Natur oder durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung.

Im weiteren Sinne zählen zu den unvererblichen Rechten sämtliche Rechtspositionen, deren Ausübung oder Bestehen untrennbar an die Individualität beziehungsweise die persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten oder Lebenssachverhalte des Berechtigten geknüpft sind. Der folgende Artikel beleuchtet den Begriff in allen relevanten rechtlichen Kontexten und stellt praxisrelevante Beispiele samt rechtlicher Hintergründe dar.


Rechtsnatur und Abgrenzung

Subjektive Rechte und deren Vererblichkeit

Subjektive Rechte sind Befugnisse, die dem Einzelnen durch die Rechtsordnung zuerkannt werden. Grundsätzlich gilt, dass Rechte und Pflichten, die nicht höchstpersönlicher Natur sind, mit dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten auf die Erben übergehen (vgl. §§ 1922 ff. BGB). Eine Ausnahme bilden die unvererblichen Rechte.

Höchstpersönliche Rechte

Die sogenannte Höchstpersönlichkeit ist maßgeblich für die Unvererblichkeit eines Rechtes. Höchstpersönlich sind solche Rechte, die nach ihrem Wesen nur vom Berechtigten selbst ausgeübt werden können und daher unübertragbar sind. Ein Übergang auf Dritte und somit auch auf die Erben ist ausgeschlossen.

Beispiele für solche Rechte sind das Eheversprechen, das Persönlichkeitsrecht sowie bestimmte Familien- und Gesellschaftsrechte, aber auch das Stimmrecht in Vereinsangelegenheiten oder das Recht zur Annahme einer Adoption.


Arten von Unvererblichen Rechten

Persönlichkeitsrechte

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nach herrschender Auffassung nicht vererblich. Es schützt spezifisch die Individualgüter einer Person wie Ehre, Privatleben und Bild. Mit dem Tod des Trägers gehen Schutzansprüche grundsätzlich unter (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m § 823 Abs. 2 BGB), wobei Teilaspekte des postmortalen Persönlichkeitsschutzes für nahe Angehörige relevant werden können.

Familienrechtliche Rechte

Viele familienrechtliche Beziehungen und Rechtspositionen sind streng personenbezogen, beispielsweise:

  • Vormundschaft und Pflegschaft: Diese Ämter enden mit dem Tod des Vormundes oder Pflegers (§§ 1897, 1915 BGB).
  • Ehegattenrechte: Das Scheidungs- oder Trennungsrecht ist unvererblich, ebenso Unterhaltsansprüche für die Zukunft.
  • Adoptionsrecht: Das Annahmerecht sowie der Anspruch auf Zustimmung oder Einwilligung in eine Adoption sind ebenfalls strikt personenbezogen ausgestaltet.

Gesellschaftsrechtliche Rechte

Auch im Gesellschaftsrecht finden sich unvererbliche Rechte. In Personengesellschaften, z.B. der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), ist die Mitgliedschaft eines Gesellschafters grundsätzlich an dessen Person gebunden und erlischt häufig mit dessen Tod, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt.

Urheberrechtliche Positionen

Das Urheberrecht ist in vielen Teilen unvererblich, insbesondere die nicht vermögensrechtlichen Befugnisse mit Bezug auf die Persönlichkeit des Urhebers (u.a. Recht auf Anerkennung der Urheberschaft, § 13 UrhG; Recht auf Entstellungsschutz, § 14 UrhG). Die vermögensrechtlichen Urheberrechte (Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche) sind hingegen vererblich (§ 28 UrhG).


Gesetzliche Regelung und Ausnahmen

Allgemeine Bestimmungen

Im deutschen Recht existiert keine abschließende Liste unvererblich ausgestalteter Rechte. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich an verschiedenen Stellen:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

– § 1922 ff. BGB grundsätzliches Erbrecht und Abgrenzung durch höchstpersönliche Rechte.
– § 2047 BGB (Teilhabe am Nachlass).
– Einzelregelungen zu familienrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Positionen.

Besondere Fallgruppen und Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hält sich bei der Auslegung und Zuweisung unvererblich ausgestalteter Rechte streng am Normzweck und der höchstpersönlichen Verbindung zum Rechtsinhaber. Exemplarisch werden Ehrenschutzklagen nach dem Tod einer Person nicht den Erben, sondern höchstens den nächsten Angehörigen in engen Ausnahmefällen zugestanden (BGH NJW 1994, 2881).

Ausdrücklich unvererblich sind insbesondere:

  • Testierfreiheit (§ 1937 BGB)
  • Wahlrechte aus öffentlich-rechtlichen Positionen
  • Zulassungsfreie Gewerbeerlaubnisse

Praxisrelevanz und Abgrenzungsprobleme

Übergangsformen und Sonderfälle

Einige Rechte weisen Mischformen auf: Die vermögensrechtlichen Aspekte werden oft vererbt, während die personenbezogenen Rechte selbst mit dem Tod erlöschen. Ein klassisches Beispiel ist die Künstlersozialversicherung, deren Leistungsverhältnis grundsätzlich auf die Person des Anspruchsberechtigten zugeschnitten ist.

Unvererbliche Rechte im internationalen Rechtsvergleich

Das Konzept unvererblich ausgestalteter Rechte findet sich in den meisten europäischen und außereuropäischen Rechtssystemen, wenngleich die genaue Ausgestaltung variieren kann. Im französischen und italienischen Zivilrecht sind ebenfalls zahlreiche höchstpersönliche Rechte nicht vererblich.


Zusammenfassung und Bedeutung

Unvererbliche Rechte sind ein Fundament des deutschen Zivilrechts und anderer Rechtssysteme, da sie individuelle Freiheiten und höchstpersönliche Interessen gegen eine automatische Überleitung auf Erben und Rechtsnachfolger schützen. Sie umfassen vor allem Persönlichkeitsrechte, familien- und gesellschaftsrechtliche Teilhaberechte sowie bestimmte, personengebundene Statusrechte. Für die rechtliche Praxis ist insbesondere die präzise Abgrenzung zwischen vererblichen und unvererblichen Rechten maßgeblich, da hiervon weitreichende erbrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen abhängen.


Siehe auch:

  • Erbrecht
  • Persönlichkeitsrecht
  • Gesellschaftsrecht
  • Familienrecht
  • Urheberrecht

Literaturhinweise:

  • Bamberger/Roth: Beck’scher Online-Kommentar BGB
  • MüKoBGB, Band 6, § 1922 BGB
  • Palandt/Weidlich, BGB, § 1922 Rn. 7 ff.
  • Soergel/Dieckmann, BGB, § 1922 Rn. 20 ff.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsfolgen ergeben sich beim Tod des Berechtigten aus einem unvererblichen Recht?

Beim Tod eines Berechtigten, der Inhaber eines unvererblichen Rechts war, erlischt dieses Recht in der Regel mit dem Tod. Das unvererbliche Recht kann nicht auf die Erben des Verstorbenen übergehen, da es höchstpersönlicher Natur ist und eng mit der Person des Berechtigten verknüpft ist. Eine Übertragung oder Fortführung durch die Erben kommt nach geltender Rechtslage nicht in Betracht. Typische Beispiele sind bestimmte Nutzungsrechte, Widerrufsrechte oder persönliche Dienstleistungsansprüche. Rechtsfolgen sind insbesondere die Löschung von Eintragungen im Grundbuch (sofern das Recht grundbuchlich gesichert war), die Einstellung laufender Verfahren mit dem Inhalt des unvererblichen Rechts oder die Rückabwicklung vertraglicher Gestaltungen, wenn für diesen Fall besondere Rückfallklauseln vereinbart wurden. Die Vertragsparteien oder Dritte, die mit dem Verstorbenen durch das unvererbliche Recht verbunden waren, verlieren somit jegliche aus diesem Recht resultierenden Verpflichtungen oder Vorteile. In seltenen Ausnahmefällen kann das Erlöschen anders geregelt werden, wenn dies durch Gesetz oder Vertrag ausdrücklich vorgesehen wurde.

Welche Unterschiede bestehen zwischen vererblichen und unvererblichen Rechten im Hinblick auf die Rechtsnachfolge?

Der wesentliche Unterschied zwischen vererblichen und unvererblichen Rechten im Kontext der Rechtsnachfolge liegt darin, dass vererbliche Rechte nach dem Tod des Berechtigten auf die Erben übergehen, während unvererbliche Rechte erlöschen und keinen Bestandteil des Nachlasses darstellen. Vererbliche Rechte wie Eigentum, Forderungen oder Gesellschaftsanteile werden in den Gesamtwert des Nachlasses aufgenommen und auf die Erben verteilt. Im Gegensatz dazu sind unvererbliche Rechte typischerweise solche, die eine persönliche Leistung oder Beziehung zum Berechtigten erfordern, beispielsweise persönliche Dienstbarkeiten, Urlaubsansprüche oder das Nießbrauchrecht in wenigen besonderen Ausprägungen. Die Rechtsnachfolger können deshalb aus unvererblichen Rechten keinerlei Ansprüche herleiten, selbst wenn diese bestehenden vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen ursprünglich zugunsten des Erblassers eingeräumt worden waren. Dies führt häufig dazu, dass bestehende Verträge oder Dauerschuldverhältnisse mit diesem Recht als Gegenstand ebenfalls enden.

Wie wird vertraglich ausgeschlossen, dass ein Recht auf die Erben übergeht?

Der Ausschluss der Vererbbarkeit eines Rechts kann sowohl kraft Gesetzes eintreten als auch ausdrücklich vertraglich geregelt werden. In vielen Fällen sieht das Gesetz selbst eine Unvererbbarkeit bestimmter Rechte vor, insbesondere bei subjektiv höchstpersönlichen Rechtspositionen. Daneben besteht für die Parteien aber auch die Möglichkeit, im Vertrag explizit festzulegen, dass ein bestimmtes Recht unvererblich sein soll. Hierbei wird meist eine Klausel wie: „Das Recht ist höchstpersönlicher Natur und nicht auf Dritte, auch nicht auf Erben, übertragbar oder vererblich.“ eingefügt. Zu beachten ist, dass ein derartiger Ausschluss der Vererbbarkeit klar und eindeutig formuliert sein muss, um im Streitfall wirksam zu sein. Zudem darf die Regelung nicht gegen zwingendes Recht verstoßen, insbesondere im Bereich von Schutzrechten, die aus wichtigen Gründen vom Gesetz als grundsätzlich unvererblich erklärt wurden. Im Streitfall prüfen Gerichte die Wirksamkeit solcher Klauseln sehr genau und erkennen sie nur an, wenn keine gesetzlichen Regelungen entgegenstehen.

In welchen Rechtsgebieten kommen unvererbliche Rechte häufig vor?

Unvererbliche Rechte finden sich vor allem im Zivilrecht, insbesondere im Bereich des Schuld- und Sachenrechts. Typische Anwendungsfelder sind Dienstverhältnisse, Arbeitsverträge, bestimmte erst persönlich erbrachte Werkleistungen sowie bei persönlichen Nutzungsrechten wie Wohnrechten oder Nießbrauch, sofern diese als höchstpersönlich ausgestaltet sind. Weiterhin sind auch im Familienrecht, beispielsweise bei Sorge- oder Umgangsrechten, unvererbliche Rechte die Regel, da diese stets an die konkrete Person und nicht an deren Erben gebunden sind. Auch im Bereich des Urheberrechts gibt es unvererbliche Rechte, wie etwa das Urheberpersönlichkeitsrecht, welches nur der Urheber selbst ausüben kann und mit seinem Tod erlischt. Im öffentlichen Recht finden sich unvererbliche Rechte beispielsweise bei bestimmten Ämtern und Befugnissen, die untrennbar mit der persönlichen Ausübung der Funktion verknüpft sind.

Wie wirkt sich die Unvererbbarkeit eines Rechts auf bestehende Verträge aus?

Die Unvererbbarkeit eines Rechts hat zur Folge, dass der entsprechende Vertrag mit dem Tod des Berechtigten hinsichtlich des höchstpersönlichen Rechts erlischt. Damit entfallen sowohl sämtliche Ansprüche des Berechtigten gegen den Vertragspartner als auch umgekehrt. In der Praxis bedeutet das oft, dass der Vertrag insgesamt beendet wird, sofern die Hauptleistungspflicht auf dem unvererblichen Recht beruht. In einzelnen Fällen kann jedoch der Vertrag in den übrigen, nicht unvererblichen Teilen fortbestehen, falls diese teilbar sind und keinen direkten Zusammenhang mit dem unvererblichen Recht haben. Häufig enthalten Verträge auch Regelungen für den Todesfall, insbesondere Rückabwicklungs- oder Abfindungsklauseln. Ohne solche Spezialregelungen kommt die allgemeine Rechtsfolge zum Tragen: Das unvererbliche Recht erlischt und damit auch die darauf beruhenden vertraglichen Konsequenzen.

Gibt es Ausnahmen von der Unvererbbarkeit, und wie werden diese geregelt?

Obwohl die Unvererbbarkeit ein strenges Prinzip ist, kennt das Recht Ausnahmen: Wenn das Gesetz oder ein Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass bestimmte Rechte trotz ihrer eigentlich höchstpersönlichen Natur ausnahmsweise vererblich sein sollen, können derartige Rechte auf Erben übergehen. Ein Beispiel ist das gesetzlich geregelte Kündigungsrecht der Erben bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen (§ 580 BGB). Voraussetzung für solche Ausnahmen ist stets eine eindeutige gesetzliche oder vertragliche Ermächtigung. Einen generellen Vorrang der Vereinbarung gibt es jedoch nicht, denn das Gesetz kann aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes die Unvererbbarkeit zwingend festlegen, wie etwa bei manchen familienrechtlichen Ansprüchen oder bei staatlichen Ämtern.

Welche Rechte gelten in der Praxis als besonders häufig unvererblich und warum?

In der Praxis gelten insbesondere folgende Rechte als unvererblich: Persönliche Dienstleistungsansprüche (zum Beispiel bei Werkverträgen mit Künstlern oder Ärzten), bestimmte Nießbrauch- oder Wohnrechte, Urheberpersönlichkeitsrechte, das Wahlrecht, sorgerechtliche Befugnisse sowie zahlreiche Befugnisse im öffentlichen Recht wie Beamtenrechte. Der Grund hierfür ist stets die enge, untrennbare Verbindung dieser Rechte zur individuellen Person des Berechtigten, sodass deren Übertragung auf eine andere Person – auch auf Erben – mit dem Sinn und Zweck des jeweiligen Rechts unvereinbar wäre. Ziel ist es, die Einzigartigkeit der berechtigten Person auch im Rechtsverkehr zu schützen und einer ungewollten Rechtsnachfolge vorzubeugen.