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Unterpariemission


Begriff und Definition der Unterpariemission

Die Unterpariemission bezeichnet im Wertpapierrecht eine Form der Wertpapieremission, bei welcher der Ausgabepreis (Emissionspreis) eines Wertpapiers unter dem Nennwert (Nominalwert, Par) festgesetzt wird. Dies steht im Gegensatz zur Pariemission (Ausgabe zum Nennwert) und zur Überpariemission (Ausgabe über dem Nennwert). Bei einer Unterpariemission erhält der Erwerber das Wertpapier zu einem Preis, der geringer ist als der darauf ausgewiesene Nennbetrag.

Die für die Praxis bedeutsamsten Formen von Unterpariemissionen treten vor allem bei Aktien und Schuldverschreibungen (Anleihen) auf. Die rechtliche Betrachtung und Einordnung der Unterpariemission ist von zentraler Bedeutung, da sie besondere zivilrechtliche und gesellschaftsrechtliche Risiken und Anforderungen birgt.

Rechtliche Grundlagen der Unterpariemission

Aktienrechtliche Rahmenbedingungen

Verbot der Emission unter Nennwert

Ein zentrales Grundprinzip im deutschen Aktienrecht ist in § 9 Absatz 1 Aktiengesetz (AktG) normiert: „Der Ausgabebetrag einer Aktie darf den auf die Aktie zu leistenden Nennbetrag oder, bei Stückaktien, den auf die einzelne Aktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals nicht unterschreiten.“ Entsprechend ist die Unterpariemission von Aktien in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen. Dieses Verbot dient vor allem dem Schutz des Grundkapitals und damit dem Gläubigerschutz. Sowohl bei der Gründung der Aktiengesellschaft als auch bei etwaigen späteren Kapitalerhöhungen ist eine Ausgabe unterhalb des Nennwerts rechtlich unwirksam. Zeichnungsvereinbarungen, die einen niedrigeren Ausgabebetrag als den Nennwert vorsehen, sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 AktG nichtig.

Zielsetzung des Verbotes

Hintergrund des strikten Verbots der Unterpariemission bei Aktien ist die Integrität des gezeichneten Grundkapitals, das als Mindesthaftungsmasse für Gläubiger dient (§ 1 Abs. 1 AktG). Eine Unterpariemission würde zu einer Unterdeckung führen und das Gesellschaftsvermögen schmälern, weshalb sie vermieden werden soll.

Gesellschaftsrechtliche Betrachtung bei anderen Rechtsformen

Im GmbH-Recht findet sich hinsichtlich der Einlageverpflichtungen eine ähnliche Schutzwirkung. Gemäß § 5 GmbH-Gesetz (GmbHG) besteht für Gesellschafter die Pflicht, ihre Stammeinlagen in vollständiger Höhe zu erbringen. Zwar verbietet das GmbH-Gesetz keine ausdrückliche Unterpariemission, die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Einlage muss jedoch voll eingezahlt werden. Eine Unterschreitung durch Ermäßigung des Ausgabebetrags erfüllt die Einlageschuld nicht vollständig und ist damit nicht zulässig.

Unterpariemission bei Schuldverschreibungen

Bei der Emission von Anleihen (insbesondere Inhaberschuldverschreibungen) ist die Unterpariemission rechtlich grundsätzlich zulässig. Anders als bei Aktien besteht kein gesetzliches Verbot, Schuldverschreibungen unter Nennwert auszugeben. In der Praxis wird diese Möglichkeit genutzt, um Anleger zu gewinnen, insbesondere wenn der Nominalzins unter dem aktuellen Marktniveau liegt.

Die rechtliche Grundlage ergibt sich hier primär aus den Emissionsbedingungen der jeweiligen Schuldverschreibung. Der Emittent ist berechtigt, den Ausgabepreis frei zu bestimmen, solange die Bedingungen die Rechte der Gläubiger wahren und nicht gegen zwingende Vorschriften des Schuldrechts verstoßen.

Steuerliche Aspekte

Die Differenz zwischen dem Nennwert und dem Ausgabepreis (damit die Emissionsagio bzw. Disagio) hat steuerrechtliche Konsequenzen. Für die Gläubiger ist dieser Unterschied steuerlich als Ertrag zu behandeln, der spätestens bei Einlösung der Schuldverschreibung zu versteuern ist.

Auswirkungen und rechtliche Risiken der Unterpariemission

Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung

Die Unzulässigkeit der Unterpariemission bei Gesellschaftsanteilen dient dem Interesse der Gläubiger an einer real vorhandenen Haftungsmasse. Ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot kann zur Nichtigkeit der Kapitalmaßnahme und zu einer Haftung der Organmitglieder führen.

Haftungsrechtliche Konsequenzen

Wird entgegen dem Verbot eine Unterpariemission durchgeführt, entfällt der gesetzlich gebotene Kapitalschutz. Leitungsorgane, die eine solche verbotene Maßnahme ermöglichen, machen sich schadensersatzpflichtig (§ 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG). Zudem haften Gründungsgesellschafter und Erwerber im Umfang der Differenz zwischen Nominalwert und tatsächlich geleisteter Zahlung.

Zivilrechtliche Aspekte bei Schuldverschreibungen

Im Schuldverschreibungsrecht schützt die Flexibilität hinsichtlich des Ausgabepreises die Vertragsfreiheit, solange die Rechte der Gläubiger durch transparente und verständliche Bedingungen gewahrt werden.

Insolvenzrechtliche Dimension

Im Insolvenzfall kommt der Frage der vollständig geleisteten Einlagen erhebliche Bedeutung zu, da Nachschusspflichten entstehen können (insbesondere bei unvollständiger Einlageleistung bei gesellschaftsrechtlichen Unterpariemissionen).

Grenzen und Abgrenzungen

Unterscheidung zu anderen Emissionsformen

Pariemission: Ausgabe exakt zum Nennwert.
Überpariemission: Ausgabe oberhalb des Nennwertes; ist insbesondere bei hoher Nachfrage oder Prestigeunternehmen anzutreffen.

Europarechtliche Bezüge

Das Kapitalerhaltungsprinzip findet sich ebenfalls in den europäischen Gesellschaftsrichtlinien (z.B. der Zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie RL 77/91/EWG), die in den Mitgliedstaaten verbindliche Mindeststandards für Kapitalgesellschaften normiert.

Praxisrelevanz und Anwendungsfelder

Die Bedeutung der Unterpariemission wird besonders im Bereich der Fremdkapitalfinanzierung deutlich. Bei Aktiengesellschaften ist sie aufgrund des gesetzlichen Verbots nur von begrenzter Relevanz, während sie als Instrument im Anleihebereich regelmäßig zum Einsatz kommt. Kapitalmarktrechtliche Vorgaben verlangen auch hier transparente Prospekte und vollständige Information der Anleger über den Emissionspreis und die daraus resultierenden Wirkungen.

Zusammenfassung

Die Unterpariemission stellt im Wertpapierrecht die Ausgabe von Wertpapieren unterhalb ihres Nennwerts dar. Während sie bei Aktiengesellschaften und vergleichbaren Gesellschaftsformen aus Gründen des Gläubigerschutzes und der Kapitalerhaltung streng untersagt ist, kann sie bei Schuldverschreibungen unter Berücksichtigung der Vertragsfreiheit und Transparenz rechtmäßig erfolgen. Die Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Gesellschafts-, Kapitalmarkt-, und Steuerrecht, ist essenziell zur Vermeidung haftungs- und insolvenzrechtlicher Risiken.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Regelungen existieren für die Unterpariemission in Deutschland?

Im deutschen Kapitalmarktrecht ist die Unterpariemission – also die Ausgabe von Aktien oder Schuldverschreibungen unter ihrem Nennwert – grundsätzlich verboten. Diese Regelung ergibt sich insbesondere aus § 9 Absatz 1 Aktiengesetz (AktG), der explizit festlegt, dass Aktien nicht unter dem Nennwert (Nennbetragsaktien) oder dem auf die einzelne Aktie entfallenden anteiligen Betrag am Grundkapital (Stückaktien) ausgegeben werden dürfen. Das Verbot der Unterpariemission dient vor allem dem Gläubigerschutz, indem sichergestellt wird, dass das Eigenkapital der Gesellschaft nicht bereits bei der Kapitalbeschaffung aufgezehrt oder gemindert wird. Verstöße gegen dieses Unterpariemissionsverbot führen zur Nichtigkeit der entsprechenden Kapitalmaßnahme. Auch das GmbH-Recht lehnt sich für Stammkapitalerhöhungen an dieses Prinzip an (vgl. § 5 Abs. 2 GmbHG). Bei Schuldverschreibungen ist das Unterpariemissionsverbot weniger strikt, unterliegt jedoch den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts sowie gegebenenfalls weiteren aufsichtsrechtlichen Vorgaben.

Wie wird die Unterpariemission im Zusammenhang mit Sach- und Bareinlagen rechtlich bewertet?

Im Rahmen von Bareinlagen dürfen neue Aktien gemäß § 9 Abs. 1 AktG nicht unter ihrem Nennbetrag ausgegeben werden; jede von einem Aktionär geleistete Einlage muss mindestens dem Nennwert entsprechen. Im Falle von Sacheinlagen sind zusätzlich die Vorgaben der §§ 27 ff. AktG zu beachten. Hierbei ist zu gewährleisten, dass der Wert der Sacheinlage mindestens dem Ausgabebetrag entspricht; andernfalls liegt eine verbotene Unterpariemission vor. Der Gesetzgeber schreibt zur Sicherung dieser Anforderungen eine Überprüfung des eingebrachten Sachwerts (Sachgründungsbericht, Werthaltigkeitsprüfung etc.) vor, um eine verdeckte Unterpariemission zu verhindern. Letztlich ist bei beiden Einlageformen entscheidend, dass das Gesellschaftskapital in voller Höhe ohne Abschläge erbracht wird.

Welche zivilrechtlichen Folgen hat eine verbotene Unterpariemission?

Werden Aktien oder Geschäftsanteile entgegen dem gesetzlichen Verbot unter pari ausgegeben, ist die zugrunde liegende Kapitalmaßnahme gemäß § 52 AktG nichtig. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Differenz zwischen Nennwert und tatsächlich geleisteter Einlage einzufordern. Haftungsrechtlich bedeutet dies, dass der Aktionär zur Einzahlung des fehlenden Differenzbetrages verpflichtet bleibt. Vorstandsmitglieder und Gründungsprüfer, welche die Vorschriften missachten, haften nach § 9 Abs. 2, § 54 und § 93 AktG persönlich – teils sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen nach § 400 AktG. Die Formnichtigkeit kann auch zu umfangreichen gesellschaftsrechtlichen Komplikationen etwa hinsichtlich der Wirksamkeit von Beschlüssen führen.

Gibt es Ausnahmen vom Unterpariemissionsverbot?

Das Aktiengesetz sieht grundsätzlich keine Ausnahmen vom Verbot der Unterpariemission vor. Auch die Satzung der Gesellschaft kann davon nicht dispensieren. In bestimmten Sonderfällen, wie etwa bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen oder Genussscheinen, die nicht den Charakter von Gesellschaftsanteilen besitzen, sind abweichende Emissionsbedingungen möglich. So dürfen beispielsweise Schuldverschreibungen unter pari ausgegeben werden, sofern dies marktüblich und zivilrechtlich zulässig ist. Für Aktien oder GmbH-Anteile bleibt das Unterpariemissionsverbot jedoch zwingend.

Wie wird bei internationalen Emissionen das Unterpariemissionsverbot behandelt?

Bei internationalen Kapitalmarkttransaktionen ist die Beachtung des deutschen Unterpariemissionsverbots zwingend, sofern die ausgebende Gesellschaft nach deutschem Recht organisiert ist. Für Gesellschaften mit Sitz im Ausland ist das jeweilige Heimatrecht maßgeblich, das in vielen Jurisdiktionen ein entsprechendes Verbot nicht kennt oder weniger streng handhabt. Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen oder international strukturierten Emissionen kann dies zu rechtlichen Konflikten führen. Deutsche Emittenten müssen daher stets sicherstellen, dass auch in internationalen Gestaltungen das Verbot der Unterpariemission gewahrt bleibt, um Nichtigkeit und Haftungsfolgen zu vermeiden.

Welche Bedeutung hat das Unterpariemissionsverbot für den Gläubigerschutz?

Das Unterpariemissionsverbot dient hauptsächlich dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger, indem es verhindert, dass das haftende Grund- oder Stammkapital bereits bei der Kapitalbeschaffung geschmälert wird. Werden Aktien, Anteile oder vergleichbare Instrumente unter pari begeben, fehlt der Gesellschaft notwendiges Eigenkapital, was zu einer Schwächung der Gläubigersicherung führen könnte. Im Insolvenzfall ist ein ausreichendes Haftungskapital Voraussetzung für einen erweiterten Vermögenszugriff der Gläubiger; das Unterpariemissionsverbot garantiert, dass das gesellschaftsrechtlich vorgesehene Mindestkapital tatsächlich real zur Verfügung steht. Das Verbot ist damit ein grundlegendes Element der gesellschaftsrechtlichen Kapitalsicherungsregeln.

Welche strafrechtlichen Implikationen hat die Verletzung des Unterpariemissionsverbots?

Verstöße gegen das Unterpariemissionsverbot können gemäß § 400 AktG strafrechtlich verfolgt werden. Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte oder Gründungsprüfer, die wissentlich falsche Angaben über die Einzahlungen auf das Grundkapital machen oder das Verbot vorsätzlich umgehen, können mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Die Strafbarkeit besteht unabhängig davon, ob der Gesellschaft finanzieller Schaden entstanden ist, da bereits die Gefährdung des Rechtsguts (Kapitalsicherung) als ausreichend angesehen wird. Zudem können Verstöße registerrechtliche Konsequenzen auslösen, etwa die Versagung der Eintragung ins Handelsregister.