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Unterhaltspflicht der Eltern


Begriff und Grundlagen der Unterhaltspflicht der Eltern

Die Unterhaltspflicht der Eltern zählt zu den maßgeblichen familienrechtlichen Verpflichtungen im deutschen Rechtssystem. Sie bezeichnet die rechtliche Pflicht beider Elternteile, für den Lebensbedarf ihrer minderjährigen und unter bestimmten Voraussetzungen auch volljährigen Kinder aufzukommen. Die Unterhaltspflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 1601 ff. BGB, grundsätzlich geregelt und bildet eine zentrale Grundlage für den Schutz und die finanzielle Absicherung von Kindern.

Rechtliche Einordnung

Die Unterhaltspflicht ist Teil des Verwandtenunterhalts und ergibt sich unmittelbar aus dem Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie (§ 1601 BGB). Im Mittelpunkt steht dabei das sogenannte Parentelprinzip, wonach zuerst die Eltern für den Kindesunterhalt herangezogen werden, bevor andere Verwandte einbezogen werden.

Personenkreis der Unterhaltsberechtigten

Unterhaltsberechtigt sind insbesondere:

  • minderjährige Kinder (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres),
  • privilegierte volljährige Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, wenn sie im Haushalt eines Elternteils leben und sich in einer allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603 II BGB),
  • volljährige Kinder in Ausbildung, Studium oder im Freiwilligendienst, sofern sie sich noch nicht selbst unterhalten können.

Umfang und Inhalt der Unterhaltspflicht

Materieller Unterhalt

Die Unterhaltspflicht umfasst den gesamten Lebensbedarf des Kindes. Dazu zählen:

  • Ernährung,
  • Kleidung,
  • Unterkunft und Heizung,
  • Bildung, Ausbildung und Erziehung,
  • angemessene Freizeit- und Kulturbedürfnisse,
  • Kosten für die Gesundheitsvorsorge sowie außergewöhnliche Bedürfnisse wie z. B. Krankheitskosten.

Die Leistungsfähigkeit der Eltern richtet sich nach deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Naturalunterhalt und Barunterhalt

Bei minderjährigen Kindern ist ein Elternteil in der Regel zum Naturalunterhalt (Betreuung, Versorgung etc.) verpflichtet, während der andere barunterhaltspflichtig ist. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres wandelt sich die Unterhaltspflicht regelmäßig in eine reine Barunterhaltspflicht beider Elternteile (§ 1606 III BGB).

Düsseldorfer Tabelle

Zur Bestimmung der Unterhaltshöhe dient die Düsseldorfer Tabelle als bundesweit anerkannter Richtwert. Sie gibt abhängig vom Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils und vom Alter des Kindes Orientierungsbeträge für den Kindesunterhalt vor.

Voraussetzungen und Grenzen der Unterhaltspflicht

Bedürftigkeit des Kindes

Der Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass das Kind bedürftig ist, also nicht in der Lage, seinen eigenen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften oder Vermögen zu bestreiten (§ 1602 BGB).

Leistungsfähigkeit der Eltern

Die Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung besteht nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB). Eltern wird ein angemessener Selbstbehalt zugesprochen, um den eigenen Lebensbedarf zu sichern. Derzeit beträgt der notwendige Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern 1.450 € pro Monat (Stand 2024).

Eigenverantwortung des Kindes

Mit Erreichen der Volljährigkeit trifft das unterhaltsberechtigte Kind eine gesteigerte Eigenverantwortung. Es wird erwartet, dass es einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nachgeht oder eine angemessene Ausbildung aufnimmt.

Befristung und Beendigung der Unterhaltspflicht

Die Unterhaltspflicht der Eltern endet, wenn:

  • das Kind sich selbst unterhalten kann (z. B. durch eigenes Einkommen oder Vermögen),
  • die Erstausbildung abgeschlossen wurde,
  • das Kind sich ohne triftigen Grund weigert, eine angemessene Ausbildung oder Erwerbstätigkeit aufzunehmen,
  • das Kind den Kontakt zu den Eltern grundlos und dauerhaft abbricht (Ausnahmefälle, sog. Verwirkung des Unterhalts nach § 1611 BGB).

Durchsetzung und Gestaltung der Unterhaltspflicht

Anspruchsberechtigung und Geltendmachung

Kinder können ihre Unterhaltsansprüche gegenüber ihren Eltern selbstständig geltend machen. Bei minderjährigen Kindern erfolgt dies in der Regel durch den gesetzlichen Vertreter, meistens den betreuenden Elternteil.

Festsetzung des Unterhalts

Der Unterhalt kann außergerichtlich durch Vereinbarung oder förmlich mittels Jugendamtsurkunde oder gerichtlicher Entscheidung festgelegt werden. Im Streitfall entscheidet das Familiengericht über Höhe und Umfang der Unterhaltspflicht.

Unterhaltsvorschuss

Bei Zahlungsverweigerung eines Elternteils kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) gewährt werden. Dieser staatliche Vorschuss soll die finanzielle Lücke zumindest teilweise schließen, sofern der Unterhaltspflichtige nicht oder nicht regelmäßig zahlt.

Sonderfälle und weitere Aspekte der Unterhaltspflicht

Mehrbedarf und Sonderbedarf

Neben dem regelmäßigen Barunterhalt kann auch sogenannter Mehrbedarf (z. B. Kosten für Nachhilfe oder Klassenfahrten) oder unvorhergesehener Sonderbedarf (z. B. Arztkosten, Zahnersatz) geltend gemacht werden. Diese Ansprüche bestehen zusätzlich zum laufenden Unterhalt.

Unterhaltspflicht bei Patchwork-Familien und Stiefeltern

Während Stiefeltern grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig sind, ändert sich die Unterhaltsverteilung, sobald der leibliche Elternteil nicht leistungsfähig ist oder Familienkonstellationen mit weiteren Kindern bestehen. Die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten wird in § 1609 BGB geregelt.

Internationale Bezüge der Unterhaltspflicht

Für grenzüberschreitende Unterhaltsansprüche gelten internationale Abkommen, wie das Haager Übereinkommen und die EU-Unterhaltsverordnung. Diese sichern die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über nationale Grenzen hinaus.

Fazit

Die Unterhaltspflicht der Eltern stellt einen essenziellen Bestandteil des deutschen Familienrechts dar und dient dem Schutz und der finanziellen Absicherung minderjähriger und bedürftiger volljähriger Kinder. Ihre Ausgestaltung orientiert sich an gesetzlichen Vorgaben, orientierenden Richtlinien (Düsseldorfer Tabelle) sowie der Leistungsfähigkeit der Unterhaltspflichtigen. Eltern sind gesetzlich verpflichtet, im Rahmen ihrer Möglichkeiten für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen, wobei die Unterhaltspflicht sowohl inhaltlich als auch zeitlich bestimmten Voraussetzungen und Grenzen unterliegt. Das Kindeswohl sowie die Sicherstellung des grundlegenden Lebensbedarfs stehen im Zentrum der gesetzlichen Regelungen zur elterlichen Unterhaltspflicht.

Häufig gestellte Fragen

Wann beginnt und wann endet die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem Kind?

Die Unterhaltspflicht der Eltern beginnt grundsätzlich mit der Geburt des Kindes und besteht so lange, wie das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die es ihm ermöglicht, zukünftig seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Zu den typischen Ausbildungsabschnitten zählen Schulbesuch, eine betriebliche oder akademische Ausbildung sowie ggf. ein Studium. Die Unterhaltspflicht besteht unabhängig davon, ob das Kind minderjährig oder volljährig ist, wobei mit Volljährigkeit (ab 18 Jahren) die sogenannte privilegierte Volljährigkeit (bis zum 21. Geburtstag, bei fortgesetztem Schulbesuch und im Elternhaushalt lebend) zu beachten ist, die den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern aufrechterhält. Sie endet regelmäßig mit dem Abschluss einer angemessenen, erstmaligen Berufsausbildung. Unberührt bleibt jedoch eine verlängerte oder wiederauflebende Unterhaltspflicht, sofern das Kind wegen Krankheit, Behinderung oder anderer besonderer Umstände nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Ein Anspruch auf Unterhalt kann entfallen bzw. ruhen, wenn das Kind trotz bestehender Möglichkeiten seine Ausbildung grundlos verzögert oder abbricht.

Wie wird die Höhe des Kindesunterhalts berechnet?

Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle, die als Richtlinie für Gerichte und Jugendämter gilt. Maßgeblich sind das bereinigte Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie das Alter des Kindes. Die Tabelle enthält feste Bedarfssätze, die jedoch durch individuelle Umstände angepasst werden können. Berücksichtigt werden Kindergeld als Einkommen des Kindes, zusätzliche Einkünfte oder Vermögen des Kindes und Sonderbedarfe (zum Beispiel für Nachhilfe, Klassenfahrten oder medizinische Behandlungen). Bei volljährigen Kindern kann zudem eine anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile bestehen, basierend auf den jeweiligen Einkommen. Als Selbstbehalt verbleibt dem Pflichtigen ein gesetzlich festgelegter Mindestbetrag, um die eigene Existenz zu sichern.

Sind Eltern auch während eines Studiums unterhaltspflichtig?

Eltern sind grundsätzlich verpflichtet, ihren Kindern während eines Studiums Unterhalt zu gewähren, wenn dieses sich direkt oder in angemessenen Zeitabständen an eine vorausgegangene Schulausbildung anschließt. Die Unterhaltspflicht setzt jedoch voraus, dass das Studium mit dem Ziel einer angemessenen Berufsausbildung aufgenommen wird und das Kind sein Studium zielstrebig und ohne unangemessene Verzögerungen vorantreibt. Verzögert das Kind sein Studium schuldhaft oder nimmt es mehrfach grundlos Studienfachwechsel vor, kann dies zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen. Die Unterhaltspflicht kann auch für ein Zweitstudium oder einen Masterabschluss bestehen, wenn ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zur Erstausbildung gegeben ist.

Was ist bei getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern bezüglich des Unterhalts zu beachten?

Bei getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern erfüllt in der Regel der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht durch die tatsächliche Betreuung des Kindes, während der andere Elternteil barunterhaltspflichtig ist. Die Höhe des zu zahlenden Unterhalts orientiert sich an der Düsseldorfer Tabelle und dem unterhaltsrelevanten Einkommen. Ab Volljährigkeit des Kindes sind beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet, der Anteil richtet sich dann nach dem Verhältnis der Einkommen beider Elternteile. Bei Uneinigkeit über den Unterhalt empfiehlt sich die Einschaltung des Jugendamtes oder die gerichtliche Geltendmachung.

Wann kann der Unterhaltsanspruch eines Kindes entfallen?

Der Unterhaltsanspruch kann ausnahmsweise entfallen, wenn sich das Kind trotz bestehender Möglichkeit nicht um eine Ausbildung bemüht bzw. diese ernsthaft und zielstrebig verfolgt. Auch eine mutwillige oder schuldhafte Verzögerung des Ausbildungsweges oder ein willkürlicher Abbruch der Ausbildung kann zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen. Überdies kann der Anspruch ruhen, wenn das Kind eine regelmäßige Erwerbstätigkeit aufnimmt und damit den eigenen Unterhalt selbst sicherstellen kann. In besonderen Fällen kann das Kind durch eigenes unangemessenes Verhalten, etwa schwere Verfehlungen gegen unterhaltspflichtige Eltern, seinen Anspruch teilweise oder vollständig verwirken.

Wie wirken sich eigene Einkünfte und Vermögen des Kindes auf den Unterhaltsanspruch aus?

Eigene Einkünfte, wie zum Beispiel aus einer Berufsausbildung, Nebenjobs oder Vermögenserträge, werden auf den Unterhaltsbedarf des Kindes angerechnet. Maßgeblich ist stets, dass das Kind aus eigener Erwerbstätigkeit oder Vermögen in der Lage ist, seinen Lebensbedarf selbst zu decken. Einkünfte und BAföG-Leistungen werden regelmäßig teilweise auf den Unterhaltsanspruch angerechnet, wobei bestimmte Freibeträge berücksichtigt werden. Der Unterhaltsanspruch kann vollständig entfallen, wenn das Kind seinen Unterhalt selbstständig sicherstellen kann, beispielsweise bei Vollzeiterwerbstätigkeit nach Abschluss der Ausbildung oder nach einer Heirat.