Unterhaltspflicht der Eltern: Begriff und Einordnung
Die Unterhaltspflicht der Eltern bezeichnet die rechtliche Verantwortung, für den Lebensbedarf ihrer Kinder zu sorgen. Dazu gehören insbesondere Versorgung, Erziehung, Bildung, Unterkunft und ein angemessener Lebensstandard. Der Umfang richtet sich nach den Bedürfnissen des Kindes sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern.
Zweck und Grundprinzipien
Der Unterhalt soll das Kind in seiner Entwicklung schützen und fördern. Maßgeblich sind das Alter, die Lebensumstände und die bisherige Lebensstellung des Kindes. Beide Eltern tragen Verantwortung; nach einer Trennung verteilt sich die Pflicht in der Regel in Betreuungs- und Barunterhalt.
Wer ist verpflichtet, wer ist berechtigt?
Unterhaltsberechtigt sind grundsätzlich minderjährige Kinder und volljährige Kinder, die sich in einer angemessenen allgemeinen Schul- oder Berufsausbildung befinden und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Unter Umständen besteht die Pflicht auch gegenüber volljährigen Kindern mit Behinderung über die Volljährigkeit hinaus. Stiefeltern sind grundsätzlich nicht unterhaltspflichtig; adoptierende Eltern übernehmen die volle Unterhaltspflicht.
Umfang und Art des Unterhalts
Natural- und Barunterhalt
Unterhalt kann durch Pflege, Betreuung, Unterkunft, Verpflegung und Erziehung (Naturalunterhalt) oder durch Geldzahlungen (Barunterhalt) erfüllt werden. Im Zusammenleben erbringen Eltern den Unterhalt überwiegend in Naturalform. Leben die Eltern getrennt und wohnt das Kind überwiegend bei einem Elternteil, leistet dieser in der Regel Naturalunterhalt; der andere schuldet Barunterhalt.
Betreuungsunterhalt und Aufteilung zwischen Eltern
Die Betreuung eines minderjährigen Kindes gilt als Erfüllung eines wesentlichen Teils der Unterhaltspflicht. Der Barunterhalt richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des zahlenden Elternteils. Bei nahezu gleichmäßiger Betreuung (Wechselmodell) kommt eine anteilige Barunterhaltspflicht beider Eltern nach Einkommensverhältnissen in Betracht.
Altersabhängiger Bedarf und Lebensstellung
Der Bedarf steigt typischerweise mit dem Alter, der Ausbildungsstufe und der Lebensstellung des Kindes. Orientierung bieten in der Praxis häufig verwendete Leitlinien zur Bemessung von Kindesunterhalt. Der konkrete Bedarf ergibt sich aus typischen Lebenshaltungskosten (Wohnen, Ernährung, Bildung, Mobilität, Freizeit) und besonderen Umständen des Einzelfalls.
Mehrbedarf und Sonderbedarf
Neben dem laufenden Regelbedarf können fortlaufende erhöhte Kosten (Mehrbedarf) oder unregelmäßige, außergewöhnliche Aufwendungen (Sonderbedarf) entstehen, etwa für notwendige medizinische Leistungen, Lernförderung, spezielle Betreuung oder einmalige Anschaffungen. Solche Kosten können gesondert zu berücksichtigen sein und werden meist anteilig entsprechend der Leistungsfähigkeit verteilt.
Unterhalt für minderjährige Kinder
Grundsätze der Bedarfsermittlung
Bei minderjährigen Kindern steht die Sicherung des täglichen Lebensbedarfs im Vordergrund. Der Barunterhalt orientiert sich regelmäßig am bereinigten Nettoeinkommen des zahlenden Elternteils und am Alter des Kindes. Aufenthaltsbedingte Mehraufwendungen können berücksichtigt werden.
Kindergeld und Anrechnung
Das Kindergeld ist eine staatliche Familienleistung, die dem Kind zugutekommt. Es mindert grundsätzlich die Barunterhaltslast, indem es angerechnet wird. Bei minderjährigen Kindern wird es typischerweise teilweise auf den Barunterhalt angerechnet; bei volljährigen Kindern erfolgt in der Regel eine vollständige Berücksichtigung zugunsten des Kindes.
Residenzmodell und Wechselmodell
Lebt das Kind überwiegend bei einem Elternteil (Residenzmodell), erbringt dieser den Naturalunterhalt; der andere leistet Barunterhalt. Bei annähernd paritätischer Betreuung (Wechselmodell) wird der Bedarf des Kindes häufig aus beiden Einkommen ermittelt und der Restbedarf anteilig verteilt. Zusätzliche Betreuungs- und Umgangskosten können in die Betrachtung einfließen.
Unterhalt für volljährige Kinder
Ausbildung und Studium
Eltern schulden regelmäßig Unterhalt bis zum Abschluss einer ersten berufsqualifizierenden Ausbildung, die den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes entspricht. Eine einheitliche, aufeinander abgestimmte Ausbildungskette (z. B. Schule – Bachelor – konsekutiver Master) kann als zusammenhängender Ausbildungsweg gelten. Weiterführende Ausbildungen außerhalb eines solchen Zusammenhangs begründen nur unter besonderen Umständen eine fortbestehende Pflicht.
Eigene Einkünfte des Kindes
Eigene Einkünfte des Kindes, etwa aus Ausbildungsvergütung oder regelmäßigen Tätigkeiten, mindern grundsätzlich den Bedarf. Übliche Aufwendungen, die mit der Erwerbstätigkeit verbunden sind, können berücksichtigt werden. Ausbildungsförderungen und Stipendien können je nach Ausgestaltung als Einkommen berücksichtigt werden.
Bedarf im elterlichen Haushalt oder eigenem Haushalt
Leben volljährige Kinder im Haushalt der Eltern, ist der Bedarf typischerweise geringer als bei eigenem Haushalt mit eigener Miete und Nebenkosten. Bei eigenem Haushalt wird der Bedarf regelmäßig pauschaliert betrachtet und um spezifische Mehrkosten ergänzt.
Ende der Unterhaltspflicht
Die Unterhaltspflicht endet, wenn das Kind seinen angemessenen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Eine Eheschließung des Kindes kann die Pflicht verändern oder beenden, da sich dann vorrangige Unterhaltsbeziehungen ergeben. Bei dauerhaft eingeschränkter Erwerbsfähigkeit kann die Pflicht fortbestehen.
Leistungsfähigkeit der Eltern
Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens
Maßgeblich ist das bereinigte Einkommen, das neben Lohn und Gehalt auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Vermietung, Kapital und wiederkehrenden Leistungen umfassen kann. Beruflich veranlasste Aufwendungen und bestimmte Belastungen können das anrechenbare Einkommen mindern. Ein zumutbarer Erwerbseinsatz wird vorausgesetzt.
Selbstbehalt und Vorrang des Kindesunterhalts
Eltern steht ein angemessener Eigenbedarf (Selbstbehalt) zu, der sicherstellt, dass der eigene notwendige Lebensunterhalt gedeckt bleibt. Der Unterhalt minderjähriger und bestimmter volljähriger Kinder hat in der Regel Vorrang gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen.
Mehrere Kinder und anteilige Verteilung
Bestehen gegenüber mehreren Kindern Unterhaltspflichten, wird die verfügbare Leistungsfähigkeit anteilig verteilt. Reichen Mittel nicht aus, kann es zu Kürzungen kommen, die die Gleichrangigkeit vergleichbarer Ansprüche berücksichtigen.
Neue Partnerschaften und weitere Kinder
Neue Unterhaltspflichten, etwa für weitere Kinder, können die Leistungsfähigkeit verringern. Zusammenleben mit einem neuen Partner begründet für dessen Kinder keine eigene Unterhaltspflicht, kann aber Kosten teilen und den Eigenbedarf beeinflussen.
Durchsetzung, Titel und Anpassung
Festlegung und Dynamisierung
Unterhalt kann einvernehmlich festgelegt und in einer vollstreckbaren Urkunde oder durch gerichtliche Entscheidung tituliert werden. Dynamische Titel passen sich laufend an alters- oder tabellenabhängige Änderungen an.
Veränderung der Verhältnisse
Ändern sich Einkommen, Bedarf oder Betreuungsanteile wesentlich und dauerhaft, kann eine Anpassung in Betracht kommen. Bis zur Anpassung gelten bestehende Festlegungen fort.
Rückstände, Verzug und Verjährung
Für vergangene Zeiträume können Nachforderungen grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen bestehen. Rückstände können verzinst und zwangsweise vollstreckt werden. Ansprüche unterliegen der Verjährung nach allgemeinen Fristen.
Staatliche Unterstützungsinstrumente
Bestehen Zahlungslücken beim Barunterhalt minderjähriger Kinder, kann eine staatliche Vorleistung in Betracht kommen. Öffentliche Stellen können bei der Feststellung und Durchsetzung von Unterhalt unterstützen.
Internationale und besondere Konstellationen
Grenzüberschreitende Fälle
Bei Wohnsitz in unterschiedlichen Staaten regeln internationale Abkommen und europäische Vorschriften Zuständigkeit, anwendbares Recht sowie Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln. Die Zusammenarbeit der Behörden erleichtert die Durchsetzung.
Stiefeltern, Pflegeeltern, Adoption
Stiefeltern sind grundsätzlich nicht zum Kindesunterhalt verpflichtet. Pflegeeltern erhalten typischerweise öffentliche Leistungen für den Unterhalt des Kindes. Durch Adoption entsteht ein vollständiges Eltern-Kind-Verhältnis mit entsprechender Unterhaltspflicht der Adoptiveltern und dem Ende der Pflicht der leiblichen Eltern.
Unterhalt bei Behinderung
Ist ein Kind aufgrund einer Behinderung dauerhaft nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen, kann die Unterhaltspflicht über die Volljährigkeit hinaus fortbestehen. Leistungen der sozialen Sicherung und eigenes Vermögen des Kindes werden berücksichtigt.
Steuerliche und sozialrechtliche Bezüge
Steuerliche Einordnung
Unterhaltszahlungen und Familienleistungen können steuerlich relevant sein. Die konkrete Behandlung richtet sich nach persönlichen Verhältnissen, Einkommensarten und der Art der Zahlung.
Anrechnung auf Sozialleistungen
Unterhalt zählt im Sozialleistungsrecht grundsätzlich als Einkommen des Kindes und kann die Höhe bedarfsabhängiger Leistungen beeinflussen. Familienleistungen dienen primär der Förderung des Kindes und werden entsprechend berücksichtigt.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist nach einer Trennung zum Barunterhalt verpflichtet?
Betreut ein Elternteil das minderjährige Kind überwiegend, erfüllt dieser die Pflicht durch Pflege und Erziehung. Der andere Elternteil ist grundsätzlich zum Barunterhalt verpflichtet. Bei annähernd gleichmäßiger Betreuung können beide Eltern anteilig Barunterhalt leisten, abhängig von ihren Einkünften.
Wie lange besteht die Unterhaltspflicht der Eltern?
Sie besteht in der Regel bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes. Während einer angemessenen, zielstrebig verfolgten Erstausbildung einschließlich eines zusammenhängenden Bildungswegs kann die Pflicht fortdauern. Eine Eheschließung des Kindes kann die Pflicht verändern oder beenden.
Müssen Eltern auch ein Studium finanzieren?
Ein Studium kann Teil der Erstausbildung sein, wenn es in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Bildungsweg steht. In diesem Rahmen besteht grundsätzlich Unterhaltspflicht. Weiterführende Ausbildungen außerhalb eines solchen Zusammenhangs begründen nur ausnahmsweise eine Pflicht.
Wird das Kindergeld auf den Barunterhalt angerechnet?
Ja. Das Kindergeld dient dem Kind und wird bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt. Bei minderjährigen Kindern wird es typischerweise teilweise angerechnet; bei volljährigen Kindern wird es in der Regel vollständig auf den Bedarf angerechnet.
Was gilt als Einkommen der Eltern bei der Berechnung?
Relevantes Einkommen umfasst regelmäßig Lohn, Gehalt, selbstständige Einkünfte, Mieteinnahmen, Kapitalerträge und wiederkehrende Leistungen. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und bestimmter Belastungen ergibt sich das bereinigte Einkommen als Grundlage für die Unterhaltsbemessung.
Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlen kann?
Der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen wird berücksichtigt. Reicht die Leistungsfähigkeit nicht aus, kann der Unterhalt gemindert werden. Vorrangig sind Ansprüche minderjähriger und bestimmter volljähriger Kinder. Staatliche Vorleistungen können Zahlungslücken zeitweise überbrücken.
Kann Unterhalt rückwirkend verlangt werden?
Rückwirkende Forderungen sind grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa wenn der Unterhaltspflichtige zuvor zur Zahlung aufgefordert wurde oder sich im Verzug befindet. Allgemeine Verjährungsfristen sind zu beachten.
Besteht Unterhaltspflicht gegenüber verheirateten volljährigen Kindern?
Mit der Eheschließung verschieben sich die vorrangigen Unterhaltsbeziehungen. In der Regel tritt der Ehegatte des Kindes in den Vordergrund, sodass die Pflicht der Eltern entfällt oder sich deutlich reduziert.