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Unterhaltsanspruch


Begriff und Grundlagen des Unterhaltsanspruchs

Der Unterhaltsanspruch stellt einen zentralen Begriff im deutschen Familienrecht dar. Er bezeichnet das subjektive Recht einer Person, von einer anderen Person die Leistung von Unterhalt verlangen zu können. Der Unterhaltsanspruch dient der Sicherstellung des existenziellen Bedarfs einer Person, sofern diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Anspruchsgrundlagen finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in verschiedenen Nebengesetzen.


Rechtsgrundlagen des Unterhaltsanspruchs

Gesetzliche Grundlagen

Der Unterhaltsanspruch ist insbesondere im Vierten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), §§ 1601 ff. (Verwandtenunterhalt) sowie §§ 1360 ff. BGB (Ehegattenunterhalt) geregelt. Ergänzende Regelungen finden sich im Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) und weiteren familienrechtlichen Vorschriften.

Arten des Unterhalts

Die Unterhaltspflicht differenziert zwischen verschiedenen Arten des Unterhalts, die jeweils eigene Anspruchsvoraussetzungen und Besonderheiten aufweisen. Zu den wichtigsten gehören:

  • Kindesunterhalt (§§ 1601 ff. BGB)
  • Ehegattenunterhalt (§§ 1361, 1569 ff. BGB)
  • Elternunterhalt (§ 1601 BGB)
  • Betreuungsunterhalt (§ 1615l BGB)
  • Unterhaltsvorschuss (UVG)

Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs

Die Entstehung eines Unterhaltsanspruchs setzt das Bestehen eines besonderen gesetzlichen Schuldverhältnisses voraus, etwa durch Ehe, Verwandtschaft in gerader Linie oder Elternschaft.

Bedürftigkeit

Der Anspruch auf Unterhalt setzt grundsätzlich Bedürftigkeit des Berechtigten voraus. Bedürftig ist, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Einkünften oder Vermögen bestreiten kann und daher auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist.

Leistungsfähigkeit

Der Unterhaltspflichtige muss wirtschaftlich in der Lage sein, Unterhalt zu leisten. Dies wird durch die Prüfung der Leistungsfähigkeit festgestellt, wobei der notwendige Selbstbehalt (Eigenbedarf) zum Schutz des Existenzminimums zu berücksichtigen ist.

Rangfolge

Da in der Praxis häufig mehrere Personen Unterhalt beanspruchen können, regelt § 1609 BGB die Rangfolge der Unterhaltsansprüche. Hierbei genießen minderjährige und privilegierte volljährige Kinder Vorrang vor anderen Berechtigten wie Ehegatten und Eltern.


Berechnung und Umfang des Unterhaltsanspruchs

Grundsatz der Bedarfsermittlung

Der Unterhaltsbedarf des Berechtigten richtet sich grundsätzlich nach den Lebensverhältnissen während des Zusammenlebens bzw. der ehelichen Lebensgemeinschaft, § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Bedarfsermittlung erfolgt anhand konkreter Bedarfsermittlung oder nach festen Leitlinien, wie sie etwa durch die Düsseldorfer Tabelle für den Kindesunterhalt vorgegeben sind.

Art und Höhe des Unterhalts

Der Unterhalt kann in Geld (Barunterhalt) oder in Form von Naturalunterhalt erbracht werden. Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach dem Einkommen sowie den bereinigten wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten und richtet sich nach anerkannten Leitlinien der Oberlandesgerichte.

Dauer und Befristung

Der Unterhaltsanspruch besteht grundsätzlich solange, wie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere beim Ehegattenunterhalt sieht das Gesetz jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Begrenzung und Befristung des Unterhalts vor, § 1578b BGB.


Arten von Unterhaltsansprüchen im Einzelnen

Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt wird gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern geschuldet. Die Ansprüche richten sich nach dem Bedarf des Kindes, der nach der Düsseldorfer Tabelle bemessen wird. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf inklusive Erziehung und Ausbildung.

Ehegattenunterhalt

Im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung bestehen differenzierte Unterhaltsansprüche:

  • Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB): Verheiratete haben bis zur Scheidung Anspruch auf Unterhalt, wenn sie getrennt leben.
  • Nachehelicher Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB): Nach rechtskräftiger Scheidung können unterschiedliche Anspruchsarten (z.B. Betreuungsunterhalt, Krankheitsunterhalt, Altersunterhalt) in Betracht kommen.

Elternunterhalt

Elternteile können von ihren Kindern unter bestimmten Voraussetzungen Unterhalt beanspruchen. Ein typischer Fall ist die Inanspruchnahme, wenn im Alter Pflegebedürftigkeit oder sonstige Bedürftigkeit eintritt.

Unterhalt nicht miteinander verheirateter Elternteile

Der Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB steht dem Elternteil zu, der ein Kind betreut, auch wenn keine Ehe besteht.


Durchsetzung und Sicherung des Unterhaltsanspruchs

Geltendmachung und Titulierung

Unterhaltsansprüche können außergerichtlich oder gerichtlich durchgesetzt werden. Die Titulierung erfolgt durch gerichtliche Entscheidungen, notarielle Urkunden oder vollstreckbare Jugendamtsurkunden.

Vollstreckung

Besteht ein Unterhaltstitel, kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden, falls der Unterhaltsverpflichtete nicht freiwillig zahlt. Besondere Regelungen erleichtern dabei die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen (z.B. Pfändung, Lohnabtretung).

Verjährung und Verwirkung

Unterhaltsansprüche unterliegen speziellen Verjährungs- und Verwirkungsregeln. Grundsätzlich verjähren Unterhaltsrückstände nach drei Jahren (§ 197 BGB), während zukünftige Ansprüche regelmäßig fortbestehen, solange die Voraussetzungen erfüllt sind.


Anpassung, Änderung und Wegfall des Unterhaltsanspruchs

Abänderung wegen veränderter Verhältnisse

Der einmal festgestellte Unterhaltsanspruch ist nicht statisch. Bei erheblichen Veränderungen der maßgeblichen wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnisse kann eine Anpassung der Unterhaltsverpflichtung beantragt werden, insbesondere durch eine sogenannte Abänderungsklage.

Erlöschen des Unterhaltsanspruchs

Der Unterhaltsanspruch erlischt grundsätzlich, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen entfallen, z. B. durch Wiederheirat des Berechtigten, Eintritt eigener Leistungsfähigkeit oder Tod einer Partei.


Fazit

Der Unterhaltsanspruch ist ein fundamentales, komplex geregeltes Rechtsinstitut im deutschen Familienrecht. Er gewährleistet soziale Sicherung, indem er im Fall wirtschaftlicher Abhängigkeit innerhalb familiärer Beziehungen finanzielle Ausgleichsleistungen sicherstellt. Die gesetzlichen Regelungen bieten einen umfassenden Rahmen, der sowohl die Rechte als auch die Pflichten der Beteiligten detailliert ausgestaltet und damit ein ausgewogenes rechtliches Gleichgewicht im Bereich der Unterhaltspflichten und -berechtigungen schafft.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach deutschem Recht grundsätzlich zum Unterhalt verpflichtet?

Nach deutschem Recht sind Unterhaltspflichten in erster Linie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Grundsätzlich besteht eine gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in gerader Linie, also zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Großeltern und Enkeln (§ 1601 BGB). Zudem bestehen besondere Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern, die auch nach der Trennung oder Scheidung fortbestehen können (§ 1569 ff. BGB). Eltern sind verpflichtet, ihren minderjährigen und bedürftigen Kindern Unterhalt zu leisten, wobei dieser Anspruch mit Erreichen der Volljährigkeit nicht automatisch entfällt, sondern sich modifiziert fortsetzt. Auch Kindern gegenüber ihren pflegebedürftigen Eltern besteht eine Unterhaltspflicht, sofern diese ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Darüber hinaus besteht eine Unterhaltspflicht für den Ehepartner während der bestehenden Ehe und grundsätzlich auch nach der Trennung oder Scheidung, sobald eine Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit vorliegen.

Wie wird die Höhe des Unterhaltsanspruchs berechnet?

Die Berechnung des Unterhalts richtet sich nach dem Bedarf des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen (§ 1603 BGB). Beim Kindesunterhalt ist insbesondere die Düsseldorfer Tabelle maßgeblich, in der die Unterhaltsbeträge nach dem Nettoeinkommen der unterhaltspflichtigen Person und dem Alter des Kindes gestaffelt sind. Der Bedarf eines Ehegatten orientiert sich hingegen an den ehelichen Lebensverhältnissen und kann verschiedene Bestandteile umfassen, wie Wohnkosten, Versicherungskosten und etwaige Mehrbedarfe. Bei der Berechnung des Einkommens werden relevante Abzüge, wie beispielsweise berufsbedingte Aufwendungen, Kredite oder Vorsorgeaufwendungen, berücksichtigt. Es ist zu beachten, dass dem Unterhaltspflichtigen ein sogenannter Selbstbehalt verbleibt, also ein Mindestbetrag, der ihm zur eigenen Lebensführung verbleiben muss. Die genaue Berechnungsweise kann je nach Unterhaltsart und individuellen Umständen erheblich variieren und bedarf in komplexen Fällen oft einer anwaltlichen Beratung.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Unterhaltsanspruch besteht?

Damit ein Unterhaltsanspruch in rechtlicher Hinsicht entsteht, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss eine rechtliche Beziehung (z. B. Verwandtschaft, Ehe, Lebenspartnerschaft) zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestehen. Weiterhin muss der Gläubiger bedürftig sein, das heißt, er muss außerstande sein, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten (§ 1602 BGB). Gleichzeitig muss der Unterhaltspflichtige leistungsfähig sein, also mehr Einkommen erzielen, als für seinen eigenen notwendigen Lebensbedarf erforderlich ist. Bestehen mehrere potenzielle Unterhaltsansprüche, ist eine sogenannte Rangfolge zu beachten (§ 1609 BGB), bei der minderjährige Kinder und ihnen gleichgestellte privilegierte Volljährige grundsätzlich Vorrang genießen. Beim Ehegattenunterhalt nach Scheidung kommen zudem besondere Voraussetzungen wie ehebedingter Nachteil, Betreuung gemeinsamer Kinder, Alter, Krankheit oder Erwerbslosigkeit hinzu.

Wann kann ein Unterhaltsanspruch verfallen oder ausgeschlossen sein?

Ein Unterhaltsanspruch kann in bestimmten Fällen entfallen oder ausgeschlossen sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Anspruchsberechtigte sich schwerwiegenden Fehlverhaltens schuldig gemacht hat, das die Inanspruchnahme für den Pflichtigen unzumutbar erscheinen lässt (§ 1611 BGB). Dazu zählen etwa grober Undank, schwere Straftaten oder vorsätzliche Verletzungen des Pflichtigen. Darüber hinaus kann ein Unterhaltsanspruch erlöschen, wenn der Anspruchsteller wieder heiratet (beim nachehelichen Unterhalt) oder dauerhaft in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Im Falle des Kindesunterhalts entfällt der Anspruch, wenn das Kind sich einer groben Verfehlung gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil schuldig macht oder selbst in der Lage ist, für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen. Der Anspruch kann zudem zeitlich und inhaltlich beschränkt oder herabgesetzt werden, sofern dies aufgrund besonderer Umstände angezeigt ist.

Welche Rolle spielt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen?

Die Leistungsfähigkeit ist ein zentrales Kriterium im Unterhaltsrecht. Sie beschreibt die wirtschaftliche Möglichkeit des Unterhaltspflichtigen, den geforderten Unterhalt aus seinem Einkommen oder Vermögen zu zahlen, ohne selbst in einen existenzgefährdenden Bereich zu geraten (§ 1603 BGB). Dabei wird das bereinigte Nettoeinkommen herangezogen, abzüglich bestimmter abzugsfähiger Posten (z. B. berufsbedingte Aufwendungen, laufende Kredite, Altersvorsorgebeiträge). Unterhalb des sogenannten Selbstbehalts – der durch die Düsseldorfer Tabelle, aktuelle Leitlinien und gerichtliche Praxis definiert wird – besteht keine Unterhaltspflicht oder sie wird der Höhe nach reduziert. Die Leistungsfähigkeit kann sich ändern, so dass auch laufende Unterhaltstitel in gewissen Fällen angepasst werden (z. B. bei Arbeitslosigkeit, erheblichem Einkommensrückgang oder gestiegenem Eigenbedarf).

Welche Auskunfts- und Nachweispflichten bestehen beim Unterhaltsanspruch?

Sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der Unterhaltspflichtige unterliegen weitreichenden Auskunfts- und Nachweispflichten (§ 1605 BGB). Der Unterhaltspflichtige ist verpflichtet, auf Verlangen dem Berechtigten Auskunft über sein Einkommen, Vermögen und gegebenenfalls über berufsbedingte Ausgaben zu erteilen. Einkommensunterlagen der letzten zwölf Monate sowie Nachweise über außergewöhnliche Belastungen oder Kredite müssen offen gelegt werden. Diese Auskunft kann alle zwei Jahre erneut verlangt werden oder bei wesentlichen Änderungen der Einkommensverhältnisse. Auch der Berechtigte muss auf Verlangen darlegen, aus welchen Gründen eigene Erwerbseinkünfte nicht erzielt werden können, insbesondere beim Ehegatten- oder Elternunterhalt.

Wie kann der Unterhaltsanspruch rechtlich durchgesetzt werden?

Wird der Unterhalt nicht freiwillig gezahlt, kann der Berechtigte seinen Anspruch auf dem Rechtsweg durchsetzen. Zu diesem Zweck ist zunächst ein außergerichtliches Aufforderungsschreiben oder eine Jugendamtsurkunde üblich (insbesondere beim Kindesunterhalt). Kommt es zu keiner Einigung, kann der Anspruch im Unterhaltsverfahren vor dem Familiengericht geltend gemacht werden. Das Gericht prüft die Anspruchsvoraussetzungen, die Höhe des Unterhalts und die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen. Wird ein Unterhaltstitel erlassen (z. B. Urteil, Beschluss, Vergleich, Jugendamtsurkunde), kann dieser notfalls auch im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. In besonders gelagerten Fällen kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auch eine vorläufige Unterhaltszahlung angeordnet werden.