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Untere Verwaltungsbehörde


Begriff und rechtliche Einordnung der Unteren Verwaltungsbehörde

Die Untere Verwaltungsbehörde ist ein Begriff aus dem öffentlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland. Er bezeichnet eine Verwaltungseinheit auf einer bestimmten Ebene der öffentlichen Verwaltung, meist auf Ebene des Landkreises oder der kreisfreien Stadt. Die Untere Verwaltungsbehörde nimmt vielfältige staatliche Aufgaben wahr und steht in einem gestuften Aufbau der allgemeinen und speziellen Verwaltungsbehörden zwischen der obersten und der mittleren Verwaltungsebene. Die genaue rechtliche Ausgestaltung, die Aufgabenwahrnehmung sowie die Zuständigkeiten können je nach Bundesland und Rechtsgebiet variieren.

Grundlagen und Bedeutung der Unteren Verwaltungsbehörde

Allgemeine Definition

Untere Verwaltungsbehörden sind Behörden des öffentlichen Rechts, denen auf Grund gesetzlicher Vorschrift bestimmte Aufgaben und Befugnisse übertragen sind. Sie sind meistens organisatorisch den Landratsämtern oder Stadtverwaltungen zugeordnet und bilden das Bindeglied zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie der oberen Landesverwaltung (Ministerien, Bezirksregierungen).

Der Begriff ist ein sogenannter Sammelbegriff und findet sich in verschiedenen Fachgesetzen, etwa im Polizei- und Ordnungsrecht, im Baurecht, im Gewerberecht oder im Ausländerrecht.

Rechtsgrundlagen

Die rechtliche Grundlage für die Einrichtung und Tätigkeit unterer Verwaltungsbehörden ergibt sich primär aus den jeweiligen Landesverwaltungsgesetzen (z.B. Verwaltungsverfahrensgesetz der Länder, Kommunalverfassungen) sowie aus Spezialgesetzen, in denen die Behörden als sachlich und örtlich zuständig benannt sind. Auch viele bundesrechtliche Vorschriften, wie etwa das Bundesimmissionsschutzgesetz oder das Passgesetz, übertragen Aufgaben an diese Behörden.

In manchen Ländern der Bundesrepublik ist „Untere Verwaltungsbehörde“ mit einer bestimmten organisatorischen Einheit identisch (z.B. Landratsamt als Behörde des Landkreises). In anderen Ländern erfolgt die Aufgabenverteilung an die Städte, kreisangehörigen Gemeinden oder an Sonderbehörden.

Aufgaben und Zuständigkeiten

Aufgabenvielfalt

Untere Verwaltungsbehörden nehmen eine Vielzahl hoheitlicher Aufgaben wahr. Diese umfassen unter anderem:

  • Ordnungsaufgaben: allgemeines Ordnungsrecht, Erlass von Verfügungen zur Gefahrenabwehr.
  • Bauaufsicht: Zuständigkeiten im Baugenehmigungsverfahren.
  • Gewerberecht: Erteilung von Erlaubnissen, Überwachung der Gewerbetätigkeit.
  • Meldewesen: Führung der Melderegister.
  • Ausländerwesen: Ausstellung von Aufenthaltstiteln und Duldungen.
  • Immissionsschutz: Genehmigung und Überwachung von Anlagen.
  • Gefahrenabwehr: Maßnahmen nach dem Polizei- und Ordnungsrecht.

Im Einzelnen kann die Aufgabenverteilung in den jeweiligen Landesgesetzen unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Übertragung erfolgt regelmäßig durch Gesetz oder entsprechende Rechtsverordnung.

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit wird in den Fachgesetzen festgelegt und bestimmt, für welche Aufgaben eine Untere Verwaltungsbehörde zuständig ist.

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach dem Wohnort oder Sitz der betroffenen Person oder des Unternehmens beziehungsweise nach dem Handlungsort der Maßnahme.

Stellung im Verwaltungssystem

Hierarchische Einordnung

Im vertikalen Aufbau der deutschen Verwaltung befinden sich die unteren Verwaltungsbehörden zwischen den oberen (zum Beispiel Bezirksregierungen) und den höchsten Verwaltungsbehörden (in der Regel Ministerien auf Landes- oder Bundesebene). Sie sind weisungsgebunden, das heißt, sie unterliegen Fachaufsicht und ggf. Rechtsaufsicht der jeweils übergeordneten Behörden.

Verhältnis zu anderen Behörden

Untere Verwaltungsbehörden sind in vielen Fällen die erste staatliche Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger. Sie unterscheiden sich von Selbstverwaltungsorganen (z.B. Gemeinderäte) dadurch, dass sie staatliche Aufgaben in staatlicher Verantwortung wahrnehmen. Sie erfüllen damit Exekutivfunktionen und sind nicht Teil der Justiz.

Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Unteren Verwaltungsbehörde

Gegen Entscheidungen und Maßnahmen der unteren Verwaltungsbehörden kann in der Regel Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten gesucht werden (Verwaltungsprozessordnung, VwGO). Meist ist vor Klageerhebung ein Widerspruchsverfahren vorgesehen. Die konkret zuständige Widerspruchsbehörde ist abhängig von der Organisation in dem jeweiligen Bundesland und der jeweiligen Aufgabenübertragung.

Unterschiede zwischen den Bundesländern

Die genaue Ausgestaltung, Bezeichnung und Zuständigkeit der unteren Verwaltungsbehörden unterscheiden sich teilweise erheblich zwischen den Ländern. Einige Länder verwenden auch Begriffe wie „untere Landesbehörde“, „Landratsamt“, „Ordnungsamt“ oder „Bürgeramt“ für die jeweiligen Verwaltungseinheiten.

Im Regelfall sind Kreisverwaltungen (Landratsämter) für das Kreisgebiet sowie Stadtverwaltungen für das Stadtgebiet zuständig. In einigen Bereichen können auch größere Gemeinden als Untere Verwaltungsbehörde fungieren, insbesondere, wenn ihnen bestimmte Aufgaben der staatlichen Verwaltung zur selbstständigen Erledigung übertragen wurden (z.B. als „Große kreisangehörige Stadt“ in Baden-Württemberg).

Bedeutung für Bürger, Unternehmen und Verwaltungspraxis

Untere Verwaltungsbehörden haben eine herausragende praktische Bedeutung, da sie den Großteil der allgemeinen Verwaltungsdienstleistungen erbringen. Sie sind wichtigste Schnittstelle für zahlreiche alltägliche Anliegen, etwa An- und Ummeldungen, Gewerbeanmeldungen, Baugenehmigungen, polizeiliche Auflagen oder Aufenthaltsgenehmigungen. Die korrekte Kenntnis über ihre Zuständigkeit ist für die effiziente Wahrnehmung von Rechten und Pflichten notwendig.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Bundesministerium des Innern und für Heimat (Hrsg.), Handbuch des Verwaltungsrechts, laufend aktualisierte Auflagen.
  • Landesrechtliche Verwaltungsvorschriften und Fachgesetze der jeweiligen Bundesländer.

Hinweis: Die vorstehende Beschreibung bietet einen Überblick über die Untere Verwaltungsbehörde als zentrales Element öffentlicher Verwaltung auf Ebene der Kreisverwaltungen und kreisfreien Städte in Deutschland. Differenzierte Einzelfragen zu Aufgaben, Aufbau und besonderen Zuständigkeiten sollten jeweils anhand der einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften geprüft werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben und Zuständigkeiten hat die untere Verwaltungsbehörde im Verwaltungsverfahren?

Die untere Verwaltungsbehörde übernimmt im deutschen Verwaltungsrecht eine Vielzahl von Aufgaben, die maßgeblich durch Landesgesetze sowie das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bestimmt werden. In erster Linie ist sie für die Durchführung von Verwaltungsverfahren auf erster Ebene zuständig, etwa bei Erteilung von Genehmigungen, Erlaubnissen oder der Ausübung von Aufsichtsfunktionen im eigenen Wirkungskreis und im übertragenen Wirkungskreis. Beispiele hierfür sind die Ausstellung von Baugenehmigungen, Gewerbeanmeldungen oder die Durchführung verwaltungsrechtlicher Ordnungsmaßnahmen. Sie trifft Verwaltungsentscheidungen (Verwaltungsakte), bearbeitet Anträge von Bürgern und Unternehmen, ahndet Ordnungswidrigkeiten und übernimmt Kontroll- sowie Überwachungsaufgaben. Ihre Zuständigkeit ergibt sich regelmäßig aus der jeweiligen Spezialgesetzgebung (z.B. Bauordnungsrecht, Polizeirecht, Ausländerrecht) auf Landes- oder kommunaler Ebene und schließt Berufungsverfahren und Widerspruchsverfahren gegen die eigenen Verwaltungsakte mit ein, sofern nicht ausdrücklich andere Behörden (z.B. Sonderbehörden oder obere Verwaltungsbehörden) zuständig sind.

In welchem Verhältnis steht die untere Verwaltungsbehörde zu anderen Verwaltungsebenen?

Die untere Verwaltungsbehörde steht im hierarchischen Verhältnis zu den oberen und obersten Verwaltungsbehörden, wobei die Hierarchie und das Weisungsrecht durch Landesrecht sowie spezielle Fachgesetze geregelt sind. Sie ist die unterste Ausführungsebene der Verwaltung und unterliegt Weisungen und fachlicher Aufsicht durch die nächsthöhere (in der Regel obere) Verwaltungsbehörde, welche wiederum der obersten Landesbehörde (meist das jeweilige Landesministerium) unterstellt ist. Das Verhältnis ist von Verantwortungsübertragung geprägt: Die untere Verwaltungsbehörde führt sowohl Aufgaben in eigener Zuständigkeit (eigener Wirkungskreis, etwa als untere Bauaufsichtsbehörde der Gemeinde) als auch Auftragsangelegenheiten für höhere Landesbehörden aus (übertragener Wirkungskreis, etwa kommunale Ordnungsaufgaben).

Wer kontrolliert die Rechtmäßigkeit des Handelns der unteren Verwaltungsbehörde?

Die Rechtmäßigkeit des Handelns der unteren Verwaltungsbehörde wird zum einen von übergeordneten Behörden im Wege der Fachaufsicht überprüft und zum anderen von Gerichten im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Fachaufsicht bedeutet, dass die nächsthöhere Verwaltungsbehörde die Tätigkeit im Hinblick auf Gesetzesgemäßheit, Zweckmäßigkeit und Einhaltung von Weisungen überwacht. Bürger oder betroffene Unternehmen können gegen rechtswidrige Maßnahmen der unteren Verwaltungsbehörde Rechtsbehelfe einlegen, insbesondere Widerspruch (§ 68 ff. VwGO) oder direkt Klage erheben (§ 42 VwGO), wobei das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte kontrolliert.

Kann die untere Verwaltungsbehörde eigene Satzungen oder Rechtsnormen erlassen?

Die untere Verwaltungsbehörde ist in der Regel nicht normsetzungsbefugt. Ihr Handeln beruht auf bestehenden Rechtsnormen und Satzungen, die entweder durch den Gesetzgeber oder die dafür zuständigen Organe (wie Gemeinderat oder Kreistag) erlassen wurden. Sie ist folglich an Gesetz und Recht gebunden und unterliegt dem Vorbehalt des Gesetzes. Eigene Regelungsbefugnis besitzt sie allenfalls in Form von Verwaltungsakten (individuelle Entscheidungen im Einzelfall) und dem Erlass von Allgemeinverfügungen (konkret-generelle Anordnungen), solange diese sich im Rahmen der durch Gesetze bestimmten Zuständigkeit und Ermächtigungsgrundlagen bewegen.

In welchen Rechtsbereichen findet die untere Verwaltungsbehörde überwiegend Anwendung?

Untere Verwaltungsbehörden sind typischerweise in besonders bürgernahen, grundlegenden Rechtsbereichen tätig. Hierzu zählen insbesondere das Ordnungsrecht (Gefahrenabwehr), das Bauordnungsrecht (Baugenehmigungen, Bauüberwachung), das Gewerberecht (Gewerbeanmeldung, Überwachung), das Melde- und Personenstandswesen, das Ausländerrecht (Aufenthaltstitel, Meldepflichten), das Sozialrecht (Leistungserbringung auf kommunaler Ebene), das Straßenverkehrsrecht (Zulassungen, Verkehrsüberwachung) und Teile des Umweltrechts (z.B. Abfallbeseitigung, Gewässerschutz auf lokaler Ebene). Die Einzelheiten der Zuständigkeit ergeben sich aus der jeweiligen Landes- und Bundesgesetzgebung.

Was ist im Widerspruchsverfahren gegenüber Entscheidungen der unteren Verwaltungsbehörde zu beachten?

Im Widerspruchsverfahren prüft dieselbe oder eine übergeordnete Behörde die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts der unteren Verwaltungsbehörde auf Antrag des Betroffenen. Ausgangsbehörde ist in der Regel die untere Verwaltungsbehörde selbst, die über einen eingelegten Widerspruch zunächst eine Selbstüberprüfung vornimmt. Lehnt sie den Widerspruch ab, wird ein förmlicher Widerspruchsbescheid erlassen, gegen den der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist. Das Widerspruchsverfahren ist in den Verwaltungsverfahrensgesetzen geregelt und dient dem verwaltungsinternen Rechtsschutz, indem es eine außergerichtliche Streitbeilegung ermöglicht und Gerichte entlastet.

Welche Bedeutung haben Verfahrensvorschriften für die Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörde?

Die Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörde unterliegt strengen gesetzlichen Verfahrensvorschriften, insbesondere aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes und der jeweiligen Länder. Diese Vorschriften regeln das Verwaltungsverfahren, also die Art und Weise, wie Bescheide oder Verwaltungsakte zu erlassen sind, einschließlich Beteiligung der Betroffenen, Anhörungspflichten (§ 28 VwVfG), Aktenführung (§ 29 VwVfG), Begründungspflicht (§ 39 VwVfG), Bekanntgabe (§ 41 VwVfG) und Rechtsschutzmöglichkeiten (§ 68 ff. VwGO). Die Einhaltung dieser Vorschriften stellt sicher, dass das Verwaltungshandeln rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, Fehler vermieden werden und Betroffene ihre Rechte effektiv wahrnehmen können.