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Unterbringungsbefehl


Unterbringungsbefehl

Begriffserklärung und Einordnung

Der Begriff Unterbringungsbefehl bezeichnet im deutschen Recht eine behördliche oder richterliche Anordnung, durch welche die zwangsweise Unterbringung einer Person in einer geschlossenen Einrichtung, wie beispielsweise einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Justizvollzugsanstalt oder einer Entziehungsanstalt, angeordnet wird. Diese Maßnahme dient in der Regel dem Schutz der Allgemeinheit oder der betroffenen Person selbst und findet insbesondere im Strafrecht, im Maßregelvollzug und im zivilrechtlichen Unterbringungsverfahren Anwendung.

Der Unterbringungsbefehl stellt ein gravierendes Grundrechtseingriff dar, da er mit einer Freiheitsentziehung einhergeht. Aus diesem Grund sind an dessen Erlass hohe rechtliche Anforderungen geknüpft, die durch verschiedene gesetzliche Grundlagen, unter anderem das Strafgesetzbuch (StGB), die Strafprozessordnung (StPO), das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sowie spezielle Landesgesetze, geregelt werden.

Rechtliche Grundlagen

Strafrecht und Maßregelvollzug (StGB, StPO)

Im Strafrecht sieht das StGB in Verbindung mit der StPO Unterbringungsmaßnahmen als sogenannte Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB) vor. Hierzu gehören insbesondere die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB). Die Anordnung erfolgt durch gerichtlichen Unterbringungsbefehl, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Voraussetzungen der Unterbringung im Maßregelvollzug

Die Unterbringung nach §§ 63, 64 StGB setzt voraus, dass bei dem Beschuldigten eine schwere psychische Störung oder eine Suchterkrankung vorliegt, die mit der Begehung rechtswidriger Taten in Zusammenhang steht. Vor Erlass des Unterbringungsbefehls müssen folgende Aspekte festgestellt werden:

  • Feststellung eines schuldunfähigen oder vermindert schuldfähigen Zustandes (§§ 20, 21 StGB)
  • Gefahr erheblicher Straftaten infolge der psychischen Störung oder Suchterkrankung
  • Erforderlichkeit der Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit

Der Unterbringungsbefehl wird im Ermittlungsverfahren vom zuständigen Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen (§ 126a StPO). Während des Strafverfahrens kann die einstweilige Unterbringung durch einen vorläufigen Unterbringungsbefehl gemäß § 126a StPO angeordnet werden.

Zivilrechtliche Unterbringung (BGB, PsychKG)

Im zivilrechtlichen Bereich regelt das Bürgerliche Gesetzbuch insbesondere im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (§ 1906 BGB und § 1906a BGB seit 2023) die Möglichkeit der Unterbringung psychisch kranker Personen. Die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung sind streng:

  • Gefahr für sich selbst (Selbstgefährdung) oder andere (Fremdgefährdung)
  • Fehlen einer zumutbaren weniger eingreifenden Alternative
  • Zustimmung des Betreuungsgerichts

Der Unterbringungsbefehl wird vom zuständigen Betreuungsgericht auf Antrag des Betreuers oder der beteiligten Behörden erlassen. Der Richter muss die betroffene Person in der Regel persönlich anhören und eine ärztliche Stellungnahme einholen (§ 312 FamFG).

Die Psychisch-Kranken-Gesetze der Länder (PsychKG) können im Falle akuter psychischer Notlagen die vorläufige Unterbringung durch die Ordnungsbehörden ermöglichen. Auch hier erfolgt die endgültige Anordnung durch das zuständige Gericht innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist.

Ablauf und Inhalt des Unterbringungsbefehls

Form und Inhalt

Ein Unterbringungsbefehl muss bestimmte Mindestinhalte aufweisen, um wirksam zu sein:

  • Eindeutige Bezeichnung der unterzubringenden Person (Personalien)
  • Feststellung der gesetzlichen Grundlage für die Maßnahme
  • Genaue Darstellung des Sachverhalts und der Gründe für die Unterbringung
  • Benennung der Anstalt, in der die Unterbringung zu erfolgen hat
  • Hinweise auf Rechtsmittelmöglichkeiten

Insbesondere aufgrund des Eingriffs in das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 GG) ist eine sorgfältige, nachvollziehbare Begründung zwingend vorgeschrieben.

Rechtsschutz und Beschwerdeverfahren

Gegen den Unterbringungsbefehl bestehen umfassende Rechtsschutzmöglichkeiten. Die betroffene Person kann Rechtsmittel einlegen, etwa die sofortige Beschwerde (§ 304 StPO, § 58 FamFG). Gerichte sind verpflichtet, die Voraussetzungen der Unterbringung regelmäßig zu überwachen und die Fortdauer der Maßnahme in bestimmten Abständen zu überprüfen.

Dauer und Aufhebung des Unterbringungsbefehls

Die Dauer einer Unterbringungsmaßnahme richtet sich nach dem jeweiligen gesetzlichen Rahmen. Eine Verlängerung oder Aufhebung des Unterbringungsbefehls ist möglich, wenn die Voraussetzungen für die Maßnahme entfallen. Die Aufhebung erfolgt auf Antrag der betroffenen Person, eines Betreuers oder von Amts wegen durch das Gericht.

Wird die Gefahr für die Allgemeinheit oder für die betroffene Person selbst nicht mehr gesehen, ist der Unterbringungsbefehl aufzuheben und die Person zu entlassen.

Bedeutung im Grundrechtsschutz

Der Unterbringungsbefehl ist eng an die Grundrechte aus dem Grundgesetz gebunden. Insbesondere der Schutz der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) sind betroffen. Daher sieht das Gesetz neben strengen materiellen Voraussetzungen auch besondere verfahrensrechtliche Sicherungen vor, darunter die Anhörung der betroffenen Person, das Recht auf Verteidigung sowie die gerichtliche Überprüfung der Maßnahme.

Zusammenfassung

Der Unterbringungsbefehl ist eine zentrale staatliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und zum Schutz psychisch erkrankter Menschen sowie der Allgemeinheit. Er verbindet komplexe Anforderungen aus Strafrecht, zivilrechtlichem Unterbringungsrecht und dem Bereich der öffentlichen Sicherheit. Aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die persönliche Freiheit sind hohe materielle und verfahrensrechtliche Voraussetzungen sowie umfassende Rechtsschutzmöglichkeiten vorgesehen. Die rechtssichere Ausgestaltung und Kontrolle des Unterbringungsbefehls ist für die Balance zwischen individuellem Freiheitsschutz und gesellschaftlicher Sicherheit von zentraler Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für den Erlass eines Unterbringungsbefehls vorliegen?

Der Erlass eines Unterbringungsbefehls setzt voraus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Person aufgrund psychischer Erkrankung, Suchterkrankung oder geistiger Behinderung für sich selbst oder für andere eine erhebliche Gefahr darstellt oder in anderer Weise erheblich gefährdet ist. Die rechtlichen Grundlagen finden sich je nach Bundesland in den jeweiligen Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker (z.B. Psychisch-Kranken-Gesetze, PsychKG). Die Anordnung der Unterbringung muss dabei stets verhältnismäßig sein – das bedeutet, das gewählte Mittel darf nicht außer Verhältnis zum Zweck stehen, insbesondere muss geprüft werden, ob mildere Maßnahmen ausreichend sind. Der Antrag auf Erlass eines Unterbringungsbefehls wird in der Regel von einer Behörde, häufig dem zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst oder Ordnungsamt, beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Ein ärztliches Zeugnis, das die Voraussetzungen der Gefährdung und zur Person des Betroffenen bzw. der Betroffenen ausführlich Stellung nimmt, ist zwingend beizufügen.

Welche Rechte hat die betroffene Person während des Unterbringungsverfahrens?

Während des gesamten Unterbringungsverfahrens stehen der betroffenen Person umfassende Verfahrensrechte zu, die insbesondere durch das Grundgesetz (Art. 104 GG) und das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) abgesichert werden. Dazu gehört das Recht auf rechtliches Gehör, also die Möglichkeit, sich persönlich vor dem Gericht zu äußern. Die Anhörung der betroffenen Person findet regelmäßig spätestens vor der Entscheidung über den Unterbringungsbefehl statt, wobei sie das Recht hat, sich anwaltlicher oder sonstiger Beistände zu bedienen. Zudem hat die betroffene Person das Recht, alle entscheidungserheblichen Unterlagen einzusehen. Im Verfahren ist ein Verfahrenspfleger zu bestellen, sofern die Interessen der betroffenen Person nicht von einer anderen geeigneten Person oder einem Rechtsanwalt wahrgenommen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, gegen eine Anordnung der Unterbringung Beschwerde einzulegen.

Wie läuft das gerichtliche Verfahren zum Unterbringungsbefehl ab?

Das gerichtliche Verfahren beginnt regelmäßig mit dem Antrag auf Unterbringung, der von einer berechtigten Stelle mit einem ärztlichen Zeugnis oder Gutachten eingereicht wird. Nach Eingang prüft das Gericht zunächst, ob die Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens gegeben sind. In der Regel erfolgt im Zuge der Anhörung eine persönliche Vorstellung der betroffenen Person beim zuständigen Richter. Das Gericht prüft auch, ob mildere Maßnahmen oder ambulante Hilfen ausreichend sind. Bei erheblicher Eilbedürftigkeit kann zunächst eine einstweilige Unterbringung ohne vorherige Anhörung angeordnet werden, die jedoch baldmöglichst nachzuholen ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss des Gerichts. Der Beschluss wird der betroffenen Person und ggf. dem Krankenhaus oder der betreuenden Einrichtung bekannt gegeben. Gegen den Beschluss kann innerhalb einer bestimmten Frist Beschwerde eingelegt werden.

Wie lange gilt ein Unterbringungsbefehl und kann dieser verlängert werden?

Die Dauer einer gerichtlich angeordneten Unterbringung ist gesetzlich begrenzt und unterliegt strengen Voraussetzungen. Nach den landesrechtlichen Bestimmungen darf die Dauer in der Regel sechs Wochen nicht überschreiten, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die eine längere Unterbringung rechtfertigen. Eine Verlängerung ist nur nach erneuter richterlicher Prüfung und Entscheidung möglich. Hierfür ist in der Regel wiederum ein aktuelles ärztliches Gutachten erforderlich, das die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung bestätigt. Verlängerungsbeschlüsse müssen detailliert begründet werden und ergehen unter erneuter persönlicher Anhörung der betroffenen Person. Jede Maßnahme ist fortlaufend auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen, und die Unterbringung ist umgehend aufzuheben, falls ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Wer darf einen Antrag auf Unterbringungsbefehl stellen?

Ein Antrag auf Erlass eines Unterbringungsbefehls darf nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften in der Regel von Behörden wie dem Sozialpsychiatrischen Dienst, dem Gesundheitsamt oder auch Polizeibehörden gestellt werden. Angehörigen steht lediglich ein Anregungsrecht zu; sie können sich mit ihrem Anliegen an die zuständige Behörde wenden, die dann prüft, ob die Voraussetzungen für einen Antrag vorliegen. In akuten Situationen kann bei Gefahr im Verzug die Polizei kurzfristig eine Unterbringung veranlassen und im Nachhinein den richterlichen Beschluss einholen. Die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ist jedoch stets dem zuständigen Amtsgericht vorbehalten.

Unter welchen Umständen kann ein Unterbringungsbefehl aufgehoben werden?

Ein Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür entfallen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Gefahrenlage, die den Befehl ursprünglich gerechtfertigt hat, nicht mehr besteht bzw. abgeklungen ist. Dies prüft das Gericht entweder von Amts wegen oder auf Antrag der betroffenen Person, des behandelnden Arztes, des gesetzlichen Betreuers oder anderer berechtigter Stellen. Im Rahmen einer sogenannten Überprüfungsentscheidung werden medizinische Berichte und neue Umstände berücksichtigt. Auch bei formalen Mängeln im Verfahren – beispielsweise fehlender richterlicher Anhörung oder nicht ordnungsgemäß eingeholtem ärztlichen Zeugnis – ist der Befehl aufzuheben. Ein Antrag auf Aufhebung kann jederzeit gestellt werden.