Legal Lexikon

Unterbringung


Begriff und Allgemeine Definition der Unterbringung

Unterbringung ist ein zentraler Begriff des deutschen Rechts und bezeichnet die zwangsweise oder gesetzlich angeordnete Unterbringung einer Person in einer geschlossenen Einrichtung. Sie stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf persönliche Freiheit dar und ist daher nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig. Die Unterbringung wird in unterschiedlichen Rechtsgebieten, insbesondere im Strafrecht, im Betreuungsrecht sowie im öffentlichen Recht, beispielsweise im Polizeirecht und im Psychisch-Kranken-Recht, geregelt.

Rechtliche Grundlagen der Unterbringung

Unterbringung im Strafrecht

Maßregel der Besserung und Sicherung

Im Strafrecht kann eine Unterbringung gemäß § 63 und § 64 Strafgesetzbuch (StGB) erfolgen. Dies umfasst die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt. Voraussetzung ist unter anderem, dass der oder die Betroffene aufgrund einer psychischen Störung, einer Sucht oder einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.

Voraussetzungen
  • Das Vorliegen einer schuldunfähigen oder vermindert schuldfähigen Person (§ 20, § 21 StGB)
  • Gefährdung der Allgemeinheit durch die zu erwartenden weiteren Straftaten (§§ 63, 64 StGB)
  • Prognose negativer Entwicklungen bei fehlender Unterbringung
Ablauf und Dauer

Die Unterbringung im Maßregelvollzug erfolgt durch gerichtliche Entscheidung. Regelmäßig werden die Unterbringungsmaßnahmen in jährlichen Abständen auf ihre Fortdauer hin überprüft.

Unterbringung im Betreuungsrecht und Zivilrecht

Unterbringung nach § 1906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Eine Unterbringung im Rahmen des Betreuungsrechts ist möglich, wenn eine psychische Krankheit oder eine geistige beziehungsweise seelische Behinderung vorliegt und die betroffene Person sich selbst oder andere erheblich gefährdet.

Voraussetzungen und Verfahren

Die Unterbringung bedarf grundsätzlich einer richterlichen Genehmigung. Den Antrag stellt der gesetzliche Betreuer oder eine bevollmächtigte Person. Das Gericht prüft, ob die gesetzlich geregelten Voraussetzungen (unter anderem drohende Gefahr für Leben oder Gesundheit) erfüllt sind.

Rechtsmittel und Überprüfungen

Gegen die Anordnung besteht die Möglichkeit einer Beschwerde. Die Unterbringung ist außerdem zeitlich befristet und unterliegt regelmäßigen richterlichen Überprüfungen.

Unterbringung im öffentlichen Recht

Polizeirecht und Gefahrenabwehr

Das Polizeirecht der Länder sieht die Unterbringung als Maßnahme der Gefahrenabwehr vor. Grundlage sind die jeweiligen Polizeigesetze oder die Landesgesetze über die öffentliche Sicherheit.

Anordnung und Durchführung

Zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben können Personen vorübergehend in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden. Die Anordnung erfolgt in der Regel durch die zuständige Behörde (Ordnungsamt, Polizei) und muss durch einen Richter bestätigt werden.

Psychisch-Kranken-Gesetze der Bundesländer

Die Länderpsychisch-Kranken-Gesetze regeln die Unterbringung psychisch erkrankter Menschen, wenn sie eine erhebliche Gefahr für sich selbst oder andere darstellen.

Verfahren und Schutzmaßnahmen

Im Rahmen der Unterbringung bestehen zahlreiche Schutzmechanismen, wie beispielsweise richterliche Anhörung, medizinische Begutachtung sowie die Möglichkeit, Beschwerde einzulegen.

Eingriffe in Grundrechte und Verhältnismäßigkeit

Die Unterbringung stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) dar. Sie ist nur auf gesetzlicher Grundlage, mit richterlicher Anordnung sowie unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Unverhältnismäßige oder nicht erforderliche Maßnahmen sind unzulässig.

Prüfung der Verhältnismäßigkeit

Die Verhältnismäßigkeitsprüfung umfasst insbesondere:

  • Geeignetheit der Maßnahme zur Abwehr der Gefahr
  • Erforderlichkeit, da keine milderen Mittel zur Verfügung stehen
  • Angemessenheit im engeren Sinne, insbesondere im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs

Verfahrensrechtliche Anforderungen

Für sämtliche Unterbringungsmaßnahmen bestehen strenge verfahrensrechtliche Vorgaben, die die Rechte der Betroffenen schützen sollen.

Richterliche Anordnung

Eine richterliche Entscheidung ist grundsätzlich für jede freiheitsentziehende Maßnahme erforderlich. Das Verfahren ist in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (insbesondere § 312 ff. FamFG) und in den jeweiligen Spezialgesetzen geregelt.

Anhörung und Recht auf Rechtsmittel

Die betroffene Person hat Anspruch auf persönliche Anhörung und kann Rechtsmittel gegen die Anordnung einlegen. Dem Betroffenen steht regelmäßig ein Verfahrenspfleger oder ein gesetzlicher Vertreter zur Seite.

Abgrenzung zu anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen

Nicht jede freiheitsbeschränkende Maßnahme gilt als Unterbringung im Sinne des Gesetzes. Abzugrenzen sind beispielsweise kurzfristige polizeiliche Maßnahmen oder kurzzeitige Aufenthaltseinschränkungen.

Kurzzeitige Fixierungen und Sicherungen

Fixierungen und andere freiheitsentziehende Maßnahmen im Gesundheitswesen oder in Pflegeeinrichtungen stellen nur dann eine Unterbringung dar, wenn sie nicht nur kurzfristig oder gelegentlich erfolgen.

Bedeutung der Unterbringung in der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung befasst sich fortlaufend mit den Voraussetzungen und Grenzen der Unterbringung. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass der Schutz der persönlichen Freiheit höchste Priorität genießt und die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen sowie ihre Anwendung einem besonders strengen Kontrollmaßstab unterliegen.

Fazit

Unterbringung ist ein Rechtsbegriff mit erheblicher praktischer Bedeutung und rechtlicher Komplexität. Sie ist nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen und unter strikter Beachtung der Grundrechte zulässig. Die verfahrensrechtlichen Schutzmechanismen dienen dem Ziel, die Rechte der Betroffenen zu wahren und unverhältnismäßige Freiheitsentziehungen zu verhindern. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Rechtsgebiete, die strengen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit sowie die Bedeutung des richterlichen Verfahrens machen die Unterbringung zu einem zentralen Thema im deutschen Recht.

Häufig gestellte Fragen

Wer entscheidet über eine Unterbringung nach geltendem Recht?

Die Entscheidung über eine Unterbringung im rechtlichen Sinne obliegt grundsätzlich dem zuständigen Gericht. Maßgebliche Rechtsgrundlagen finden sich insbesondere in den Unterbringungsgesetzen der Bundesländer (z.B. Psychisch-Kranken-Gesetze) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), §§ 1906 ff. Beim Verdacht, dass die Voraussetzungen einer freiheitsentziehenden Unterbringung vorliegen, wird ein gerichtliches Unterbringungsverfahren eingeleitet, häufig auf Antrag eines Betreuers, eines Bevollmächtigten oder einer Ordnungsbehörde. Bevor das Gericht entscheidet, ist in aller Regel ein medizinisches oder psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen, das die Notwendigkeit sowie die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beleuchtet. Darüber hinaus muss der Betroffene persönlich vom Richter angehört werden, um dessen Sichtweise und Wünsche rechtlich zu berücksichtigen. Die gerichtliche Anordnung ist häufig befristet und unterliegt einer regelmäßigen richterlichen Überprüfung.

Welche Rechte hat eine untergebrachte Person während der Maßnahme?

Während der gesamten Dauer einer gerichtlichen Unterbringung besitzt die betroffene Person unterschiedliche bedeutsame Rechte, die aus dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie den spezialgesetzlichen Regelungen hervorgehen. Dazu gehört in erster Linie das Recht auf persönliche Anhörung durch das Gericht sowie das Recht auf die Bestellung eines Verfahrensbeistandes oder eines gesetzlichen Betreuers zur Wahrnehmung ihrer Interessen. Die untergebrachte Person kann außerdem gegen die Unterbringung Beschwerde einlegen, was in der Fachpraxis als „Rechtsmittel“ oder „Beschwerdeverfahren“ bezeichnet wird. Ferner hat sie das Recht auf regelmäßige Überprüfung der Maßnahme und das Recht auf den Zugang zu einer adäquaten medizinischen, sozialen und rechtlichen Betreuung. Das Fernmeldegeheimnis sowie Besuchsrechte dürfen – vorbehaltlich behördlicher Beschränkungen – ebenfalls grundsätzlich gewahrt bleiben.

Wie lange darf eine Unterbringung rechtlich angeordnet werden?

Die rechtliche Dauer einer Unterbringung ist gesetzlich streng reglementiert und unterliegt mehrfachen Kontrollmechanismen. Nach § 329 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) darf eine Unterbringungsmaßnahme grundsätzlich nur für eine bestimmte, vom Gericht festgesetzte Dauer angeordnet werden. Die maximale Dauer der Erstunterbringung beträgt in der Regel höchstens ein Jahr, in Ausnahmefällen, etwa bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung, auch kürzer. Jede Verlängerung bedarf einer erneuten umfassenden gerichtlichen Prüfung und Begründung. Beim Vorliegen eines akuten Notfalls kann auch eine einstweilige Unterbringung angeordnet werden – diese ist jedoch nochmals zeitlich enger befristet und muss rasch durch eine endgültige gerichtliche Entscheidung abgelöst werden.

Können auch Minderjährige zwangsweise untergebracht werden?

Ja, auch Minderjährige können nach den gesetzlichen Vorgaben unter bestimmten Voraussetzungen einer Unterbringung unterworfen werden. Hier regelt in erster Linie das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen (FamFG) in Verbindung mit den einschlägigen Landesgesetzen die Voraussetzungen. Notwendig ist, dass eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu besorgen ist, die ohne eine zwangsweise Unterbringung nicht anders abgewehrt werden kann. Das Familiengericht entscheidet unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls. Bei Minderjährigen ist die Einbindung der Eltern bzw. des Sorgeberechtigten vorgeschrieben. Auch hier gilt das Minderjährigenschutzgesetz, besonders in Bezug auf Anhörungsrechte, Einholung von Gutachten und die Bestellung eines Verfahrensbeistandes zur Vertretung der Interessen des Minderjährigen.

Gibt es Alternativen zur stationären Unterbringung?

Rechtlich gesehen ist vor jeder freiheitsentziehenden Unterbringung stets zu prüfen, ob mildere Mittel oder Alternativen in Betracht kommen (Verhältnismäßigkeitsprinzip, § 1906 BGB und Landesgesetze). Hierzu zählen betreute Wohnformen, ambulante psychiatrische Behandlung, betreutes Einzelwohnen oder die intensive sozialpädagogische Betreuung im häuslichen Umfeld. Gerade Gerichte müssen im Rahmen ihrer Entscheidung darlegen, dass keine geeignetere, weniger einschneidende Maßnahme ausreicht, um die Gefahrenlage abzuwenden. Nur sofern alle Alternativen als ungeeignet, nicht ausreichend oder undurchführbar eingestuft werden, darf eine stationäre Unterbringung letztlich in Erwägung gezogen und angeordnet werden.

Welche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte haben Angehörige?

Rechtsgrundlagen zu Mitwirkungs- und Informationsrechten von Angehörigen ergeben sich vor allem aus den jeweiligen Landesgesetzen und dem BGB. Sind Angehörige gleichzeitig Betreuer oder Bevollmächtigte, haben sie umfassende Antrags-, Anhörungs- und Beschwerderechte im gerichtlichen Unterbringungsverfahren. Auch ohne formelle Betreuung werden sie – insbesondere, wenn es dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen entspricht – häufig in das Verfahren einbezogen, angehört und über wesentliche Maßnahmen informiert. Das Gericht soll Angehörige über das Vorliegen und den Verlauf einer Unterbringung unterrichten, soweit das Interesse des Betroffenen und datenschutzrechtliche Vorschriften dies zulassen. Angehörige können zudem eigene Anträge stellen, z.B. auf eine Überprüfung oder Beendigung der Unterbringung.