Begriffserklärung: Unschuldig erlittene Untersuchungs- oder Strafhaft
Unschuldig erlittene Untersuchungs- oder Strafhaft bezeichnet die Situation, in der eine Person aufgrund eines Verdachts auf eine Straftat entweder in Untersuchungshaft genommen oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und inhaftiert wird, sich jedoch später herausstellt, dass sie die ihr vorgeworfene Tat nicht begangen hat. In solchen Fällen gilt die Haft als „unschuldig erlitten“, da sie ohne tatsächliche Schuld des Betroffenen vollzogen wurde.
Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen
Die Möglichkeit einer Entschädigung für unschuldig erlittene Haft ist im Rechtssystem vorgesehen. Voraussetzung ist, dass ein rechtskräftiges Urteil oder eine Entscheidung festgestellt hat, dass der Betroffene zu Unrecht festgehalten wurde. Dies kann beispielsweise durch einen Freispruch nach erneuter Beweisaufnahme geschehen oder wenn das Verfahren eingestellt wird und sich im Nachhinein herausstellt, dass keine Schuld vorlag.
Untersuchungshaft versus Strafhaft
Untersuchungshaft dient dazu, während eines laufenden Ermittlungsverfahrens sicherzustellen, dass der Beschuldigte dem Verfahren zur Verfügung steht und keine weiteren Straftaten begeht. Wird jemand während dieser Zeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt und es stellt sich heraus, dass kein hinreichender Tatverdacht bestand, spricht man von unschuldig erlittener Untersuchungshaft.
Strafhaft hingegen erfolgt nach einem Urteilsspruch. Stellt sich später durch neue Beweise heraus, dass die Verurteilung falsch war und der Betroffene tatsächlich unschuldig ist, liegt unschuldig erlittene Strafhaft vor.
Entschädigung für unschuldig erlittene Haft
Personen mit nachweislich unschuldiger Haft haben grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung durch den Staat. Die Höhe dieser Entschädigung richtet sich meist nach festen Tagessätzen für jeden Tag der unrechtmäßigen Inhaftierung sowie gegebenenfalls weiteren Schäden wie Verdienstausfall oder immateriellen Belastungen (z.B. Rufschädigung). Die Geltendmachung dieses Anspruchs erfolgt über ein entsprechendes Antragsverfahren bei den zuständigen Behörden.
Ausschlussgründe für eine Entschädigung
Nicht jede Form von Freiheitsentzug führt automatisch zu einem Anspruch auf Entschädigung. Ein Ausschluss kann beispielsweise dann erfolgen, wenn die betroffene Person selbst zur Verhängung der Maßnahme beigetragen hat – etwa durch falsche Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden – oder wenn andere besondere Umstände vorliegen.
Verfahren zur Feststellung und Durchsetzung des Anspruchs
Das Verfahren beginnt meist mit einer gerichtlichen Entscheidung über die Unschuld beziehungsweise das Fehlen ausreichender Beweise gegen den Betroffenen. Im Anschluss daran kann ein Antrag auf Entschädigungszahlung gestellt werden.
Im Rahmen dieses Verfahrens prüft die zuständige Stelle alle relevanten Umstände des Falles sowie mögliche Ausschlussgründe sorgfältig.
Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten über Umfang oder Berechtigung des Anspruchs besteht grundsätzlich auch hier Zugang zum Rechtsweg.
Bedeutung für Betroffene und Gesellschaft
Die Anerkennung von Ansprüchen aus unschuldig erlittener Untersuchungs- oder Strafhaft dient dem Schutz individueller Rechte sowie dem Vertrauen in einen funktionierenden Rechtsstaat. Sie soll sicherstellen,
dass Personen nicht dauerhaft unter Folgen leiden müssen,
die ihnen ohne eigenes Verschulden entstanden sind.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Unschuldig erlittene Untersuchungs- oder Strafhaft
Was versteht man unter „unschuldiger“ Untersuchungshaft?
Unter „unschuldiger“ Untersuchungshaft versteht man einen Freiheitsentzug während eines laufenden Ermittlungsverfahrens gegen eine Person,
bei dem sich im Nachhinein herausstellt,
dass diese Person keine Straftat begangen hat.
Kann jeder Inhaftierte bei Freispruch eine Entschädigung verlangen?
Nicht jeder Freispruch führt automatisch zu einem Anspruch auf Entschädigungszahlung; entscheidend ist,
ob tatsächlich feststeht,
dass keine Schuld bestand
und ob bestimmte Ausschlussgründe nicht greifen.
Muss ein Antrag gestellt werden,
um entschädigt zu werden?
Einen finanziellen Ausgleich erhält nur,
wer diesen ausdrücklich beantragt;
das geschieht üblicherweise bei den dafür vorgesehenen Stellen.
Können auch immaterielle Schäden ersetzt werden?
Neben finanziellen Einbußen können auch sogenannte immaterielle Schäden wie seelische Belastungen berücksichtigt werden;
die Bewertung solcher Schäden erfolgt individuell.
Sind Angehörige ebenfalls anspruchsberechtigt?
Angehörige erhalten nur dann Ersatzleistungen,
wenn sie selbst unmittelbar betroffen waren;
der Hauptanspruch bezieht sich stets auf die betroffene Person selbst.
Müssen Gründe angegeben werden,wenn kein Antrag gestellt wird?
Einen Grund muss niemand angeben,wenn kein Antrag gewünscht ist;ein Verzicht bleibt folgenlos.