Legal Lexikon

Unland


Definition und Begriffsentwicklung von Unland

Der Begriff Unland stammt aus dem deutschen Rechts- und Sprachgebrauch des Mittelalters und bezeichnete ursprünglich Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt wurden oder nicht zur Urbarmachung geeignet waren. Bis ins 19. Jahrhundert wurde Unland insbesondere im Kontext des Bodenrechts und der Katasterverwaltung verwendet. Die genaue rechtliche Bedeutung unterlag einem historischen Wandel und orientierte sich an den wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Zeit.

Etymologie und historische Entwicklung

Das Wort Unland setzt sich aus dem Präfix „un-“ (Negation) und „Land“ zusammen und bedeutet wörtlich „kein Land“ im Sinne einer nicht nutzbaren Landfläche. In mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Quellen taucht der Begriff im Zusammenhang mit Allmende, Gemeinheit und herrschaftlichen Grundherrschaften auf. Mit fortschreitender Agrarreform und Bodenregistrierung wurde Unland vermehrt in Katasterdokumenten, Vermessungsregistern und Rechtsurkunden genutzt.

Im modernen Sprachgebrauch findet der Begriff Unland in der Rechtssprache sowie in den Bereichen Bodenordnung, Flurbereinigung, Grundstücksrecht und Naturschutz weiterhin Anwendung.

Unland im deutschen Bodenrecht

Unland in der Grundbuchordnung

Im deutschen Bodenrecht spielt die rechtliche Abgrenzung von Unland eine wichtige Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit der Eintragung von Grundstücken ins Grundbuch sowie deren steuerrechtlicher Behandlung. Historisch wurde Unland im Grundbuch als eine spezielle Grundstücksart neben Gartenland, Ackerland und Wiesenland geführt. Die Zuordnung hatte Auswirkungen auf Nutzungsrechte, Besteuerung und Lastenverteilungen.

Relevanz für Eigentumsrechte

Da Unland als nicht kultiviert oder kultivierbar galt, war es häufig vom privaten Eigentum ausgeschlossen und verblieb im Gemeinbesitz (Allmende) oder unterstand öffentlichen Körperschaften. Nutzungsberechtigungen wurden traditionell gemeinschaftlich vergeben, beispielsweise als Weiderechte oder Holzsammelrechte.

Steuerrechtliche Behandlung von Unland

Auch im Steuerrecht unterscheidet die Bewertung unbebauter Grundstücksflächen zwischen nutzungsfähigem sowie als Unland klassifiziertem Terrain. Als Unland deklarierte Grundstücke zählen nicht zum Wirtschaftsgut der land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe, sobald sie mangels Grundstücksrentabilität nicht zu einer nachhaltigen Nutzung beitragen.

Das Bewertungsgesetz (§ 33 BewG) nimmt bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen explizit Bezug auf die Einstufung von Grundstücksteilen als Unland und regelt die steuerliche Ausklammerung solcher Flächen bei der Einheitsbewertung.

Unland im Flurbereinigungs- und Enteignungsrecht

Bedeutung in der Flurbereinigung

Die Flurbereinigung (oder Bodenordnung) zielt auf eine optimale Nutzung von Grundstücken und häufig auch auf die Umwandlung von Unland im Rahmen der Agrarstrukturverbesserung. In §§ 1-3 FlurbG ist dabei geregelt, wie Unland in landwirtschaftlich nutzbare Flächen umgewandelt oder einer anderen öffentlichen Nutzung, etwa als Naturschutzfläche, zugeführt werden kann.

Enteignung und Umwandlung

Wird Unland zur Nutzung für öffentliche Zwecke wie Infrastrukturprojekte benötigt, so greifen die Regelungen des Enteignungsrechts (§§ 85 ff. BauGB). Da Unland per Definition weder bebaut noch bewirtschaftet ist, sind besondere Verfahrensvorschriften zur Wertermittlung und Ausgleichsregelung anzuwenden, um Nachteile für die Rechteinhaber zu vermeiden.

Umweltschutzrechtliche Aspekte von Unland

Unland als Schutzgut

Im Rahmen des Natur- und Landschaftsschutzrechts erhalten Unlandflächen zunehmende Bedeutung. Sie gelten oft als ökologische Vorrangflächen, Rückzugsräume für Flora und Fauna oder als Pufferzonen im Biotopverbund. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bezieht Unland explizit in Schutz- und Erhaltungsprogramme ein, wenn sie seltene oder typische Standorte für geschützte Arten darstellen.

Nutzungseinschränkungen

Nutzungsänderungen von klassifiziertem Unland, insbesondere eine geplante Urbarmachung, Umwandlung oder die Bebauung, unterliegen regelmäßig naturschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalten. Hier greift das Verschlechterungsverbot, und es sind Ausgleichsmaßnahmen nach § 15 BNatSchG zu leisten.

Unland im Kontext der Gemeinheit und des Sachenrechts

Unland als Gemeinheit

Historisch gehörte Unland vielfach zur sogenannten „Gemeinheit“, also zu gemeinschaftlich genutzten Flächen, die keiner individuellen Verwertung unterlagen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 928-929 BGB) sieht für herrenlose Grundstücke – zu denen auch Unland gehören kann – Regelungen zur Okkupation und Erwerb vor. Die Überführung von Unland in Privateigentum war und ist an spezifische Verwaltungsakte gebunden.

Eigentumserwerb und Besitz

Die Eintragung von Unland ins Grundbuch ist an besonders strenge Kriterien gebunden, da der Besitz an „niemandem gehörendem Land“ grundsätzlich ausgeschlossen ist, sofern nicht ein Aneignungsakt durch den Staat oder eine Körperschaft durchgeführt wird.

Fazit: Rechtsstellung und Bedeutung des Begriffs Unland

Unland stellt im deutschen Recht ein eigenständiges Grundstücks- und Bodenrechtsgut dar, dessen Definition und Rechtsfolgen sich aus historischen wie modernen Regelwerken ergeben. Es nimmt eine besondere Stellung im Bodenrecht, Steuerrecht, Enteignungsrecht sowie im Umweltschutzrecht ein. Die Beurteilung eines Grundstücks als Unland hat direkte Auswirkungen auf Nutzungsrechte, Bewirtschaftungsmöglichkeiten, Eigentumsverhältnisse und steuerliche Behandlung. Im Rahmen der modernen Flächenbewirtschaftung und des Naturschutzes erfährt Unland heute eine Aufwertung als ökologisch und rechtlich geschütztes Gut.

Literaturhinweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Bewertungsgesetz (BewG)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Grundstücksverkehrsordnung (GVO)
  • Flurbereinigungsgesetz (FlurbG)
  • Walter, Landschaftsrecht. 7. Auflage, 2018.
  • Strobl, Grundbuchrecht für die Praxis. 12. Auflage, 2022.

Hinweis: Der vorliegende Beitrag liefert eine umfassende, rechtliche Betrachtung des Begriffs Unland. Für die Anwendung im Einzelfall empfiehlt sich die sorgfältige Überprüfung einschlägiger spezialgesetzlicher Regelungen und regionaler Besonderheiten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt Unland im deutschen Bodenrecht und welche rechtlichen Besonderheiten ergeben sich daraus?

Unland nimmt im deutschen Bodenrecht eine besondere Stellung ein, da es sich hierbei um Flächen handelt, die für eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung ungeeignet sind und aufgrund ihrer Eigenschaften (z.B. Dauervernässung, Felsen, Geröll, Moor) keiner wirtschaftlichen Nutzung oder Bebauung zugeführt werden können. Nach dem Bewertungsgesetz (§ 35 BewG) sowie im Kontext der Bodenrichtwert-Ermittlung wird Unland als eigene Bodenkategorie geführt. Im Kataster und Grundbuch wird die Flächennutzung explizit festgehalten, und Unland ist dort als besondere Nutzungsart ausgewiesen. Daher sind Vorschriften zu Umwidmung, Nutzung und steuerlicher Bewertung spezifisch geregelt: Die Umwandlung in bebaubaren Grund oder landwirtschaftliche Nutzfläche unterliegt strengen naturschutzrechtlichen und baurechtlichen Vorgaben. Nicht selten sind Unlandflächen Bestandteil von Natur- oder Landschaftsschutzgebieten, was zusätzliche rechtliche Einschränkungen hinsichtlich einer wirtschaftlichen Verwertung oder baulichen Entwicklung nach sich zieht.

Gibt es für Unland gesonderte steuerliche Regelungen und wie wird die Fläche bewertet?

Die steuerliche Behandlung von Unland ist im Bewertungsgesetz (BewG) und Grundsteuergesetz geregelt. Im Rahmen der Einheitsbewertung wird Unland regelmäßig mit einem weit geringeren Wert als andere Grundstücksarten bemessen, da von einer fehlenden wirtschaftlichen Verwertbarkeit ausgegangen wird. Unland unterliegt meist einem reduzierten Einheitswert oder verbleibt sogar ganz außer Ansatz, sofern eine Nutzung im steuerlichen Sinne nicht möglich ist. Bei der Feststellung der Grundsteuer wird Unland gesondert ausgewiesen und kann unter Umständen, etwa als Teil von Biotopen oder gesetzlich geschützten Flächen, vollständig aus der Besteuerung herausgenommen werden. Eigentümer profitieren dadurch von steuerlichen Entlastungen, müssen jedoch genaue Nachweise im Rahmen des steuerlichen Feststellungsverfahrens erbringen.

Welche baurechtlichen Restriktionen bestehen auf Unland nach dem Baugesetzbuch (BauGB)?

Unland liegt im Regelfall außerhalb von im Bebauungsplan ausgewiesenen Bauflächen. Gemäß § 35 BauGB ist eine Bebauung im Außenbereich (wo Unland typischerweise liegt) generell unzulässig, es sei denn, es handelt sich um privilegierte Vorhaben. Selbst dann machen die natürlichen Gegebenheiten (z.B. fehlende Erschließung, problematische Gründungsverhältnisse) eine bauliche Nutzung nahezu unmöglich. Unland ist oft Bestandteil von Natur-, Landschafts- oder Wasserschutzgebieten, was im Rahmen des Städtebaurechts zu weitergehenden Verboten führen kann. Planungsrechtlich ist eine Umwandlung von Unland in Bauland regelmäßig mit sehr hohen Hürden verbunden und bedingt eine umfassende Änderung der Flächennutzungspläne unter Beachtung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes.

Wer trägt die Verkehrssicherungspflicht bei Unland und in welchem Umfang besteht diese?

Die Verkehrssicherungspflicht obliegt grundsätzlich dem Eigentümer, unabhängig von der rechtlichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Bei Unland allerdings beschränkt sich die Verpflichtung auf das zumutbare Maß, da von einer bestimmungsgemäßen Nutzung in der Regel nicht ausgegangen werden kann. Ist das Unland Teil öffentlicher Wanderwege oder in der Nähe von genutzten Verkehrswegen gelegen, müssen potenzielle Gefahrenquellen (z.B. abrutschende Felsen, lose Steine) abgesichert werden. Besteht jedoch keine tatsächliche Nutzung oder Betretung, reicht ein einfacher Warnhinweis oder eine Absperrung. Juristisch wird die Verkehrssicherungspflicht durch die besondere Beschaffenheit und Nicht-Nutzbarkeit des Unlands eingeschränkt interpretiert, so dass Eigentümer oft geringeren Sicherungsanforderungen unterliegen als bei begehbarem Land.

Können auf Unland Grundstücksrechte (z.B. Dienstbarkeiten oder Erbbaurechte) begründet werden?

Grundsätzlich können auf jedem Grundstück, also auch auf Unland, Rechte wie Dienstbarkeiten (z.B. Wegerechte, Leitungsrechte) eingetragen werden, sofern der Inhalt und Zweck im Grundbuch eindeutig bestimmt ist. Allerdings müssen für die praktische Nutzbarkeit die natürlichen Gegebenheiten und behördlichen Vorgaben beachtet werden. Die Eintragung eines Erbbaurechts ist beispielsweise auf Unland rechtlich möglich, faktisch aber meist ohne Bedeutung, da eine bauliche Nutzung fehlt. Bei Leitungsrechten oder Naturschutz-Dienstbarkeiten (z.B. Verpflichtung zur Pflege eines Biotops) spielt Unland hingegen gelegentlich eine Rolle. Auch öffentlich-rechtliche Beschränkungen wie Schutzgebiete werden häufig in Form grundbuchlicher Lasten ausgewiesen.

Welche Möglichkeiten bestehen zur Nutzung oder Umwidmung von Unland aus naturschutzrechtlicher Sicht?

Die Nutzung oder Umwidmung von Unland ist regelmäßig durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie spezifische Landesnaturschutzgesetze stark eingeschränkt. Insbesondere wenn Unland als Biotop, Feuchtgebiet oder Bestandteil eines ökologisch schützenswerten Areals gilt, besteht ein Umwandlungsverbot (§ 30 BNatSchG). Maßnahmen, die auf eine Entwässerung, Auffüllung, Begradigung oder sonstige Veränderung des Naturzustands abzielen, bedürfen einer behördlichen Ausnahmegenehmigung und Umweltverträglichkeitsprüfung. In der Praxis wird solchen Vorhaben meist nicht stattgegeben, es sei denn, sie dienen explizit dem Naturschutz (z.B. Renaturierungsprojekte). Eine Umwandlung zu landwirtschaftlicher Nutzfläche oder Bauland ist daher kaum realisierbar und an außergewöhnlich strenge Auflagen geknüpft.

(Optional) Was ist bei der Vererbung oder dem Verkauf von Unland zu beachten?

Bei einer Vererbung wird Unland als eigenständige Grundbesitzart im Nachlass behandelt. Es unterliegt den allgemeinen Vorschriften des BGB bezüglich Grundstücksübertragungen. Beim Verkauf ist insbesondere darauf zu achten, dass dem Erwerber die eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten und rechtlichen Besonderheiten bekannt gemacht werden. Die notariellen Vertragsunterlagen müssen den Status als Unland explizit aufführen, um Gewährleistungsansprüche oder Anfechtungsgründe wegen arglistigen Verschweigens auszuschließen. Bei Verkauf innerhalb von Schutzgebieten ergeben sich zudem oftmals Vorkaufsrechte für öffentliche Stellen (§ 66 BNatSchG), die Vorrang vor privaten Käufern beanspruchen können.