Begriff und Rechtsgrundlagen der Unionsmarke
Die Unionsmarke (vormals: Gemeinschaftsmarke) stellt eine markenrechtliche Schutzform innerhalb der Europäischen Union dar, welche es ermöglicht, mit einer einzigen Anmeldung Markenschutz in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU zu erlangen. Dieses Schutzsystem ist ein zentraler Bestandteil des einheitlichen Binnenmarktes und zielt darauf ab, europaweit einheitliche Standards und Schutzmechanismen für Markeninhaber zu gewährleisten.
Die rechtlichen Grundlagen der Unionsmarke finden sich maßgeblich in der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Unionsmarke. Diese regelt sowohl die Anmeldung als auch die Verwaltung, den Schutz und die Durchsetzung von Unionsmarken.
Definition und Funktion der Unionsmarke
Die Unionsmarke ist ein Kennzeichen, das dazu dient, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen im gesamten Gebiet der Europäischen Union zu unterscheiden. Sie bietet damit einen einheitlichen Schutz für alle EU-Mitgliedstaaten auf Grundlage eines einzigen registrierten Rechts.
Zu den wesentlichen Funktionen der Unionsmarke gehören:
- Unterscheidungskraft hinsichtlich der Herkunft von Waren und Dienstleistungen,
- Schutz gegen Nachahmung und Verwechslungsgefahr,
- Möglichkeit der Durchsetzung von Markenrechten auf gesamteuropäischer Ebene.
Anmeldung und Eintragung
Anmeldung der Unionsmarke
Die Anmeldung erfolgt beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz in Alicante, Spanien. Die Anmeldung kann in jeder Amtssprache der EU eingereicht werden, wobei eine zweite Sprache für das Verfahren zu benennen ist. Die Anmeldung umfasst u. a. die Definition der zu schützenden Waren und Dienstleistungen nach der Internationalen Klassifikation von Nizza.
Anforderungen an die Unionsmarkenanmeldung
Für die erfolgreiche Anmeldung sind folgende Voraussetzungen einzuhalten:
- Einreichung einer Anmeldung in Text- oder Bildform,
- Angabe der zu schützenden Waren und Dienstleistungen,
- Zahlung der Anmeldegebühr,
- Angaben zum Anmelder.
Eintragungsverfahren und Prüfung
Das EUIPO prüft im Rahmen der Anmeldung die sogenannten absoluten Schutzvoraussetzungen. Dazu gehören insbesondere:
- Unterscheidungskraft,
- Keine täuschenden oder beschreibenden Angaben,
- Kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten.
Ein Widerspruchsverfahren betreffend ältere Rechte Dritter (relative Schutzvoraussetzungen) kann nach der Veröffentlichung der Anmeldung innerhalb einer Frist von drei Monaten eingeleitet werden.
Schutzumfang und Wirkung der Unionsmarke
Geografischer Geltungsbereich
Der Schutz der Unionsmarke erstreckt sich automatisch auf alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, unabhängig davon, wie viele Länder bei der Anmeldung genannt wurden oder in welchen der Mitgliedstaaten die Marke tatsächlich verwendet wird.
Rechte aus der Unionsmarke
Mit der Eintragung erhält der Inhaber das ausschließliche Recht, die Unionsmarke für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen und Dritten die widerrechtliche Nutzung zu untersagen. Der Schutz umfasst sämtliche Handlungen, die zu einer Gefahr der Verwechslung führen könnten, einschließlich der Verwendung ähnlicher oder identischer Marken durch Dritte.
Markennutzung und Verfall
Ein zentrales Element ist die Benutzungspflicht: Die Unionsmarke muss innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Eintragung ernsthaft in der EU für die geschützten Waren oder Dienstleistungen genutzt werden. Andernfalls kann sie auf Antrag Dritter wegen Nichtbenutzung gelöscht werden.
Verhältnis zu nationalen Marken und internationalen Markenanmeldungen
Die Unionsmarke steht neben den nationalen Marken der Mitgliedstaaten. Rechtehistorisch handelt es sich um ein eigenständiges Schutzrecht, das unabhängig von landesspezifischen Markenrechten besteht. Im Kollisionsfall haben frühere nationale Marken grundsätzlich Vorrang, sofern die entsprechenden Widerspruchs- und Löschungsverfahren eingeleitet werden.
Ferner kann die Unionsmarke im Wege des sogenannten Protokolls zum Madrider Markenabkommen als Basis für internationale Markenregistrierungen genutzt werden (Markenerstreckung).
Schutzdauer, Verlängerung und Übertragung
Schutzdauer
Die Schutzdauer der Unionsmarke beträgt jeweils zehn Jahre ab dem Tag der Anmeldung. Sie kann unbegrenzt um jeweils zehn Jahre verlängert werden, sofern die Verlängerungsgebühren fristgerecht entrichtet werden.
Übertragung, Lizenzierung und Rechtspfändung
Unionsmarken sind verkehrsfähige Wirtschaftsgüter und können vom Inhaber an Dritte übertragen werden (ganz oder teilweise, für bestimmte Waren und Dienstleistungen), lizenziert sowie im Rahmen von Sicherungsrechten verpfändet werden. Eine entsprechende Eintragung beim EUIPO ist erforderlich, um die Rechtsfolgen auch gegenüber Dritten wirksam werden zu lassen.
Rechtsbehelfe, Widerspruch und Löschung
Widerspruchsverfahren
Nach Veröffentlichung der Markenanmeldung können Dritte binnen drei Monaten Widerspruch einlegen, sofern sie ältere Rechte anmelden. Das Verfahren wird vor dem EUIPO geführt. Die häufigsten Widerspruchsgründe sind ältere Unionsmarken, nationale Marken oder notorisch bekannte Marken sowie geschützte Herkunftsangaben.
Nichtigkeits- und Löschungsverfahren
Die Löschung oder Nichtigkeit einer Unionsmarke kann sowohl aufgrund absoluter Schutzhindernisse als auch aus relativen Gründen (ältere Rechte) beantragt werden. Diese Verfahren werden unmittelbar beim EUIPO geführt. Gründe sind unter anderem fehlende Unterscheidungskraft, Täuschungspotenzial, Verstoß gegen öffentliche Ordnung oder Bestehen älterer Rechte.
Rechtsdurchsetzung und Markenschutz
Durchsetzung von Markenrechten
Der Inhaber einer Unionsmarke kann markenrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche in allen EU-Mitgliedstaaten geltend machen. Die Geltendmachung erfolgt vor den sogenannten „Unionsmarkengerichten“, welche von den einzelnen Staaten bestimmt werden.
Grenzbeschlagnahme und Maßnahmen gegen Produktpiraterie
Unionsmarkeninhaber können Grenzbeschlagnahmemaßnahmen anstoßen, um das Inverkehrbringen von nachgeahmten oder unerlaubten Produkten innerhalb der Europäischen Union effektiv zu verhindern.
Bedeutung der Unionsmarke im Binnenmarkt
Die Unionsmarke leistet einen wesentlichen Beitrag zur Harmonisierung des Markenschutzes innerhalb der Europäischen Union und unterstützt die wirtschaftliche Entwicklung durch die Vereinfachung und Reduzierung administrativer Hürden für Unternehmen. Sie ermöglicht schnellen, kostengünstigen und einheitlichen Schutz in allen Mitgliedstaaten.
Literatur und weiterführende Regelungen
- Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke
- Richtlinie (EU) 2015/2436 zur Angleichung der Markenrechte in den Mitgliedstaaten
- Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) – Leitfäden und Rechtsprechung
Häufig gestellte Fragen
Wer ist berechtigt, eine Unionsmarke anzumelden?
Zur Anmeldung einer Unionsmarke berechtigt ist jede natürliche oder juristische Person, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Sitz. Nach Art. 5 UMV (Verordnung über die Unionsmarke) kann somit jede Person, Gesellschaft oder Organisation die Registrierung einer Marke beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) beantragen. Voraussetzung ist nicht, dass der Antragsteller einen Wohnsitz oder eine Niederlassung in einem EU-Mitgliedsstaat hat; allerdings muss ein Vertreter mit Sitz in der EU benannt werden, sofern der Anmelder seinen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) hat. Die rechtlichen Befugnisse umfassen die Befugnis zur Anmeldung, Übertragung, Lizensierung und Verteidigung der Marke. Mehrere Anmelder können gemeinsam als Inhaber eingetragen werden, wobei jeder einzeln oder gemeinsam Rechte aus der Marke geltend machen kann. Bereits juristische Einheiten wie Personengesellschaften, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, sind explizit ebenfalls zur Markenanmeldung berechtigt.
Welche Schutzwirkungen entfaltet eine eingetragene Unionsmarke?
Mit der Eintragung der Unionsmarke entsteht ein einheitliches Markenschutzrecht, das in sämtlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gilt (Art. 1, Art. 9 UMV). Die Unionsmarke gewährt dem Inhaber das ausschließliche Recht, das geschützte Zeichen für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen zu benutzen sowie Dritten die Benutzung ähnlicher oder identischer Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, sofern Verwechslungsgefahr besteht. Die Schutzwirkung ist territorial einheitlich und kann nicht geografisch beschränkt werden. Der Markenschutz umfasst insbesondere das Recht, gegen Produkte oder Dienstleistungen vorzugehen, die unter Missachtung der Marke angeboten, vertrieben oder beworben werden, sowie gegen die widerrechtliche Ein- und Ausfuhr entsprechender Waren im gesamten EU-Binnenmarkt. Die Wirkung der Unionsmarke kann durch Nichtigkeit oder Verfall allerdings aufgehoben werden, wodurch der Schutz rückwirkend oder ex nunc entfällt.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Unionsmarke gelöscht werden?
Die Löschung einer Unionsmarke kann durch verschiedene Verfahren erfolgen. Der wichtigste Grund ist die Nichtigkeit der Marke, etwa wegen fehlender Unterscheidungskraft, beschreibenden Charakters, Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung oder bösen Glaubens bei der Anmeldung (Art. 59, 60 UMV). Die Nichtigkeit wird entweder im Wege des Verfahrens vor dem EUIPO oder auf Klage vor nationalen Gerichten festgestellt. Daneben kann die Marke wegen Verfalls gelöscht werden, etwa bei Nichtbenutzung (Art. 58 UMV), wenn der Inhaber die Marke während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach Eintragung nicht ernsthaft in mindestens einem Mitgliedstaat für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen benutzt hat, oder wenn die Marke degeneriert, d. h. zu einer gebräuchlichen Bezeichnung geworden ist. Die Löschung kann auf Antrag eines Dritten oder von Amts wegen eingeleitet werden; relevantes Rechtsschutzinteresse hierfür haben in der Regel Wettbewerber oder sonstige geschädigte Marktbeteiligte.
Welche Waren- und Dienstleistungsklassen sind bei der Anmeldung zu beachten?
Für die Anmeldung einer Unionsmarke ist die klare und genaue Angabe der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beansprucht wird, zwingend erforderlich (Art. 33 UMV). Die Angabe erfolgt nach der sogenannten „Nizza-Klassifikation“, einer internationalen Systematik, die derzeit aus 45 Klassen besteht (34 Warenklassen, 11 Dienstleistungsklassen). Die gewählte Klasseneinteilung bestimmt den Schutzbereich der Marke; nur für die angemeldeten und eingetragenen Klassen entfaltet die Marke Schutzwirkung. Eine spätere Erweiterung auf zusätzliche Klassen ist nur durch eine neue Anmeldung möglich, nicht durch Ergänzung der bestehenden Eintragung. Die Einteilung muss eindeutig und präzise sein, da Unklarheiten zum Teil zur Ablehnung der Marke oder zu einschränkenden Auslegungen im Streitfall führen können.
In welchen Fällen kann die Priorität einer früheren Anmeldung beansprucht werden?
Nach Art. 34 UMV kann der Anmelder einer Unionsmarke die Priorität einer früheren Markenanmeldung – entweder national oder international – beanspruchen, sofern die spätere Anmeldung innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag der ersten Anmeldung erfolgt. Weitere Voraussetzungen sind die Identität der Ware/Dienstleistung und der Anmelder beziehungsweise seines Rechtsnachfolgers sowie die Einreichung einer entsprechenden Prioritätsunterlage innerhalb der gesetzten Frist. Die beanspruchte Priorität bewirkt, dass die Unionsmarkenanmeldung hinsichtlich ihres Zeitrangs (Anmeldetag) behandelt wird, als wäre sie am Tag der früheren Anmeldung eingereicht worden. Dies kann insbesondere bei entgegenstehenden Rechten Dritter oder im Fall von Nachanmeldungen durch Dritte von entscheidender Bedeutung sein. Für Ausstellungen existiert die spezielle Ausstellungspriorität nach Art. 35 UMV.
Welcher Rechtsschutz steht bei Verletzung einer Unionsmarke zur Verfügung?
Der Inhaber einer Unionsmarke kann gegen jede Verletzungshandlung zivilrechtliche Schritte sowohl vor den spezialisierten Unionsmarkengerichten als auch nach Maßgabe der UMV einleiten (Art. 122 ff. UMV). Er hat Anspruch auf Beseitigung, Unterlassung, Schadenersatz sowie ggf. Vernichtung widerrechtlich gekennzeichneter Waren. Die Gerichte können einstweilige Maßnahmen wie Beschlagnahme, Unterlassungsverfügungen sowie Auskunftsansprüche anordnen. Die Rechtsverfolgung ist einheitlich in allen EU-Mitgliedsstaaten möglich; Urteile der Unionsmarkengerichte gelten unmittelbar EU-weit und können in jedem Mitgliedstaat vollstreckt werden. Zusätzlich können Maßnahmen an Zollbehörden beim Verdacht auf Markenverletzungen im Rahmen des Grenzschutzes beantragt werden.
Ist eine Unionsmarke verlängerbar und wie ist der Ablauf?
Die Schutzdauer einer Unionsmarke beträgt zehn Jahre ab Anmeldetag, kann jedoch unbegrenzt um jeweils weitere zehn Jahre verlängert werden (Art. 47 UMV). Der Verlängerungsantrag ist spätestens innerhalb von sechs Monaten vor Ablauf der Schutzdauer beim EUIPO einzureichen. Eine Zahlung der Verlängerungsgebühr ist vorgeschrieben, ansonsten erlischt der Schutz. Eine Nachfrist von weiteren sechs Monaten ist gegen zusätzliche Gebühr möglich; nach Ablauf dieser Nachfrist ist eine Wiederherstellung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Verlängerung betrifft sämtliche eingetragenen Waren und Dienstleistungen, sofern keine Einschränkung beantragt wird. Die Verlängerung ändert nichts am Schutzumfang, sondern bewahrt lediglich den bestehenden Rechtsstatus.