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Unionsmarke

Begriff und Funktion der Unionsmarke

Die Unionsmarke ist ein einheitliches Kennzeichenrecht, das mit einer einzigen Eintragung Schutz in sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verleiht. Sie dient dazu, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Der Schutz hat einheitliche Wirkung: Die Eintragung gilt für die gesamte Union und bietet identische Rechte und Wirkungen in allen Mitgliedstaaten.

Einheitlicher Schutz in der gesamten Europäischen Union

Die Unionsmarke entfaltet einheitliche Wirkung über das gesamte Unionsgebiet. Eine Eintragung kann nicht auf einzelne Mitgliedstaaten beschränkt werden. Ein Eintragungshindernis, das bereits in einem Teil der Union besteht (etwa aufgrund der Bedeutung eines Zeichens in einer Amtssprache), kann die Eintragung insgesamt beeinträchtigen. Umgekehrt verschafft eine Eintragung lückenlosen Schutz in allen Mitgliedstaaten.

Abgrenzung zu nationalen Marken und internationalen Registrierungen

Die Unionsmarke steht neben nationalen Markenrechten der Mitgliedstaaten. Beide Systeme bestehen parallel und können unabhängig voneinander genutzt werden. Internationale Registrierungen über ein internationales System können auf die Europäische Union erstreckt werden und wirken dann wie eine Unionsmarke. Die Wahl des Systems beeinflusst Reichweite, Verwaltung und Risiken, nicht aber die Grundfunktion des Kennzeichenschutzes.

Schutzfähige Zeichen und Markenkategorien

Schutzfähig sind Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden und die im Register klar und eindeutig dargestellt werden können.

Arten von Zeichen

Eintragungsfähig sind insbesondere Wortmarken (z. B. Wörter, Buchstabenkombinationen), Bild- und Wort-Bild-Marken, dreidimensionale Formen, Positions-, Muster- und Farbmarken, Klangmarken sowie moderne Formate wie Bewegungs- oder Multimediadarstellungen, soweit sie die Darstellungsanforderungen erfüllen.

Kollektiv- und Gewährleistungsmarken

Neben Individualmarken existieren Kollektivmarken, die die Zugehörigkeit der Nutzer zu einem Verband kennzeichnen, sowie Gewährleistungsmarken, die die Einhaltung festgelegter Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen anzeigen. Für beide Arten gelten zusätzliche Regelungen, etwa zur Satzung und zulässigen Verwendung.

Anmeldeverfahren und Prüfungsablauf

Die Anmeldung erfolgt beim zuständigen Amt der Europäischen Union. Der Schutz bezieht sich auf die in der Anmeldung bezeichneten Waren und Dienstleistungen, die nach Klassen gruppiert werden.

Erzeugnis- und Dienstleistungsverzeichnis

Die Anmeldung muss ein Verzeichnis der beanspruchten Waren und Dienstleistungen enthalten. Die Einteilung erfolgt nach einem international anerkannten Klassifikationssystem. Der Schutzumfang richtet sich nach dem Inhalt dieses Verzeichnisses.

Formale Anforderungen und Sprachen

Die Anmeldung muss die Marke, den Anmelder, eine Darstellung des Zeichens und das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthalten. Das Verfahren folgt einem festgelegten Sprachenregime, das die Auswahl einer Verfahrens- und einer weiteren Sprache vorsieht.

Prüfung auf absolute Schutzhindernisse

Vor der Veröffentlichung wird die Anmeldung auf absolute Eintragungshindernisse geprüft. Dazu zählen insbesondere fehlende Unterscheidungskraft, beschreibender Charakter, gebräuchliche Bezeichnungen, Widerspruch zu öffentlicher Ordnung oder guten Sitten sowie geschützte Hoheitszeichen. Liegen solche Hindernisse vor, kann die Anmeldung zurückgewiesen werden, gegebenenfalls nach Einschränkung des Verzeichnisses.

Veröffentlichung und Widerspruch

Nach erfolgreicher Vorprüfung wird die Anmeldung veröffentlicht. In einem befristeten Zeitraum können Inhaber älterer Rechte Widerspruch erheben. Grundlage sind relative Schutzhindernisse, etwa Verwechslungsgefahr mit älteren Marken oder kollidierende geschäftliche Bezeichnungen. Ohne erfolgreichen Widerspruch gelangt die Anmeldung zur Eintragung.

Eintragung, Schutzdauer und Verlängerung

Mit der Eintragung entsteht das ausschließliche Markenrecht. Die Schutzdauer beträgt zehn Jahre ab Anmeldetag und kann beliebig oft um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Verlängerungen erfolgen für alle oder für einen Teil der geschützten Waren und Dienstleistungen.

Rechte aus der Unionsmarke

Die Inhaberschaft verleiht ausschließliche Rechte, die Verwendung bestimmter Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu untersagen.

Verbietungsrechte und Reichweite

Untersagt werden kann die Benutzung identischer Zeichen für identische Waren und Dienstleistungen sowie die Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen für identische oder ähnliche Waren und Dienstleistungen, wenn Verwechslungsgefahr besteht. Dazu gehören das Anbringen des Zeichens auf Waren oder Verpackungen, das Anbieten, Inverkehrbringen, Bewerben, Importieren oder Lagern zu diesen Zwecken sowie die Verwendung in Geschäftspapieren und Werbung.

Schutz bekannter Marken

Genießt eine Unionsmarke gesteigerte Bekanntheit, besteht erweiterter Schutz auch für unähnliche Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens unlauteren Vorteil aus der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung zieht oder diese beeinträchtigt.

Erschöpfung der Rechte im EWR

Wurden Waren mit Zustimmung des Markeninhabers im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht, sind markenrechtliche Verbietungsrechte an diesen konkreten Waren erschöpft. Ausnahmen gelten, wenn berechtigte Gründe vorliegen, etwa bei Veränderungen des Zustands der Ware.

Grenzbeschlagnahme und Online-Kontext

Markenrechte können im Rahmen des Grenzbeschlagnahmerechts gegenüber Waren geltend gemacht werden, die im Verdacht stehen, Markenrechte zu verletzen. Auch die Verwendung von Zeichen in Internetdomains, in Online-Marktplätzen oder als Schlüsselwörter kann eine markenmäßige Benutzung darstellen und unterliegt den genannten Verbietungsrechten.

Benutzungspflicht und Verfallsgründe

Nach der Eintragung besteht eine Pflicht zur ernsthaften Benutzung im Gebiet der Union für die geschützten Waren und Dienstleistungen.

Benutzungsschonfrist und ernsthafte Benutzung

Innerhalb einer Schonfrist nach Eintragung wird keine Benutzung verlangt. Danach kann die Marke auf Antrag wegen Nichtbenutzung ganz oder teilweise für verfallen erklärt werden. Ernsthafte Benutzung liegt vor, wenn die Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion zur Herkunftsunterscheidung im geschäftlichen Verkehr verwendet wird.

Nachweise und territoriale Anforderungen

Benutzungsnachweise können verschiedene Formen annehmen, etwa Verkaufsbelege, Werbematerialien und Marktpräsenz. Erforderlich ist eine tatsächliche, wirtschaftlich sinnvolle Nutzung innerhalb des Unionsgebiets, deren Umfang nach Art, Dauer und geografischer Streuung bewertet wird.

Weitere Verfallsgründe

Neben Nichtbenutzung zählen insbesondere die Umwandlung der Marke in eine gebräuchliche Bezeichnung im Handel sowie die Irreführung des Publikums über Art, Qualität oder geografische Herkunft zu Verfallsgründen. Diese können die Marke ganz oder teilweise betreffen.

Nichtigkeit und Kollisionsfragen

Unionsmarken können aus relativen oder absoluten Gründen angegriffen und für nichtig erklärt werden.

Relative Schutzhindernisse und Widerspruch

Die Amtsprüfung erfasst regelmäßig keine älteren Rechte Dritter. Inhaber älterer Marken, geschäftlicher Bezeichnungen oder sonstiger Kennzeichenrechte müssen selbst tätig werden und innerhalb der Widerspruchsfrist gegen die Veröffentlichung vorgehen. Erfolgt kein Widerspruch, bleibt die Möglichkeit eines späteren Nichtigkeitsverfahrens aus relativen Gründen bestehen.

Nichtigkeitsverfahren und Verteidigung älterer Rechte

Nichtigkeitsanträge können auf ältere Marken, notorisch bekannte Kennzeichen, Namensrechte oder andere kollidierende Rechte gestützt werden. Im Verfahren werden Priorität, Benutzung älterer Marken (sofern benutzungspflichtig) und Verwechslungsgefahr geprüft. Eine erfolgreiche Nichtigkeit wirkt grundsätzlich rückwirkend und beseitigt die Eintragung, soweit der Konflikt reicht.

Übertragung, Lizenzierung und sonstige Registervorgänge

Unionsmarken sind übertragbare Vermögensrechte, deren Verfügungen und Belastungen im Register vermerkt werden können.

Abtretung, Lizenzen, Pfandrechte

Die Marke kann ganz oder teilweise (bezogen auf Waren und Dienstleistungen) übertragen werden. Lizenzen können exklusiv oder nicht exklusiv erteilt werden und gelten unionsweit oder räumlich beschränkt. Zudem sind Sicherungsrechte und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen möglich. Eintragungen im Register schaffen gegenüber Dritten erhöhte Rechtssicherheit.

Seniorität und Umwandlung

Die Seniorität erlaubt es, bei bestehenden älteren nationalen Marken in Mitgliedstaaten den Zeitrang auf die Unionsmarke zu übertragen. Dadurch kann eine nationale Marke ohne Verlust des Zeitrangs aufgegeben werden. Scheitert eine Unionsmarkenanmeldung oder wird sie zurückgenommen, besteht die Möglichkeit der Umwandlung in nationale Anmeldungen einzelner Mitgliedstaaten unter Wahrung des Anmelde- oder Prioritätstags für die betroffenen Waren und Dienstleistungen.

Durchsetzung und Zuständigkeiten

Rechte aus der Unionsmarke werden verwaltungsrechtlich und zivilgerichtlich durchgesetzt.

Verwaltungs- und Gerichtsverfahren

Amtsentscheidungen können in einem mehrstufigen Verwaltungsverfahren angefochten werden. Gerichtliche Streitigkeiten über Verletzung, Feststellung der Nichtverletzung oder Verfall/Nichtigkeit werden vor speziell benannten nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten geführt. Entscheidungen zu Unionsmarken wirken einheitlich und entfalten unionsweite Folgen im Umfang des Tenors.

Zuständige Gerichte und territoriale Wirkung von Entscheidungen

Verletzungsklagen können je nach Anknüpfungspunkten zu Gerichten in verschiedenen Mitgliedstaaten geführt werden. Zuständigkeitsregeln bestimmen, ob eine Entscheidung unionsweite oder beschränkte territoriale Wirkung entfaltet. Unterlassungsansprüche, Auskunft, Beseitigung und Schadensersatz sind typische Rechtsfolgen festgestellter Verletzungen.

Gebühren und wirtschaftliche Aspekte

Für Anmeldung, Prüfung, Eintragung und Verlängerung fallen Gebühren an, die sich insbesondere nach der Anzahl der beanspruchten Klassen richten. Hinzu kommen mögliche Kosten für Verfahren wie Widerspruch, Nichtigkeit, Verlängerung oder Registereintragungen zu Übertragungen und Lizenzen. Die wirtschaftliche Bewertung berücksichtigt Reichweite des Schutzes, Kollisionsrisiken und Anforderungen an die Benutzung.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Unionsmarke?

Die Unionsmarke ist ein einheitliches Kennzeichenrecht, das mit einer einzigen Eintragung Schutz in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährt. Sie ermöglicht, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden und verleiht unionsweit identische Rechte.

Welche Zeichen können als Unionsmarke eingetragen werden?

Eintragungsfähig sind Zeichen, die unterscheidungskräftig sind und klar dargestellt werden können, darunter Wörter, Logos, Formen, Farben, Muster, Töne sowie Bewegungs- und Multimediadarstellungen. Kollektiv- und Gewährleistungsmarken stehen für besondere Nutzungs- und Funktionsmodelle.

Wie lange gilt der Schutz einer Unionsmarke?

Die Schutzdauer beträgt zehn Jahre ab dem Anmeldetag und kann beliebig oft um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Der Schutz wirkt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Welche Gründe können zur Zurückweisung oder Nichtigkeit führen?

Absolute Hindernisse wie fehlende Unterscheidungskraft, beschreibende Angaben oder Widerspruch zu öffentlicher Ordnung können die Eintragung verhindern. Relative Hindernisse betreffen Konflikte mit älteren Rechten Dritter und werden im Widerspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren geprüft.

Welche Benutzungspflichten bestehen?

Nach einer Schonfrist ist eine ernsthafte Benutzung im Gebiet der Union erforderlich. Erfolgt diese nicht für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen, kann die Marke auf Antrag ganz oder teilweise wegen Nichtbenutzung für verfallen erklärt werden.

Worin besteht der Unterschied zu nationalen Marken?

Die Unionsmarke gewährt einheitlichen Schutz in allen Mitgliedstaaten aufgrund einer zentralen Eintragung. Nationale Marken bieten Schutz jeweils in einem Staat. Beide Systeme können parallel bestehen und sich ergänzen.

Wie kann eine Unionsmarke angegriffen werden?

Gegnerische Rechte können im Widerspruchsverfahren nach Veröffentlichung der Anmeldung geltend gemacht werden. Nach Eintragung kommen Nichtigkeitsanträge aus absoluten oder relativen Gründen sowie Verfallsanträge, etwa wegen Nichtbenutzung oder Irreführung, in Betracht.

Wo werden Streitigkeiten aus Unionsmarken ausgetragen?

Streitigkeiten über Verletzung, Verfall oder Nichtigkeit werden vor benannten nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten geführt. Verwaltungsentscheidungen des Amts können in einem eigenen Rechtsmittelzug angefochten werden.