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Unfallkassen im kommunalen Bereich

Unfallkassen im kommunalen Bereich: Begriff und Einordnung

Unfallkassen im kommunalen Bereich sind öffentlich-rechtliche Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie sichern vor allem Beschäftigte kommunaler Arbeitgeber, bestimmte ehrenamtlich Tätige sowie Kinder in Tageseinrichtungen und Schülerinnen und Schüler gegen die Folgen von Unfällen und bestimmten beruflich bedingten Erkrankungen ab. Ihre Aufgabe ist dreifach: Unfälle verhindern, nach einem Versicherungsfall medizinisch und beruflich rehabilitieren sowie wirtschaftliche Folgen ausgleichen.

Im Unterschied zu privaten Absicherungen handelt es sich um eine Pflichtversicherung mit hoheitlichen Aufgaben. Unfallkassen arbeiten nicht gewinnorientiert und erfüllen ihre Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung unter staatlicher Aufsicht. Sie sind Teil des gegliederten Systems der gesetzlichen Unfallversicherung, neben den Berufsgenossenschaften für die Privatwirtschaft.

Trägerstruktur und Zuständigkeit

Mitgliedschaft und versicherte Personen

Mitglieder kommunaler Unfallkassen sind in der Regel Gemeinden, Landkreise, Zweckverbände, kommunale Eigen- und Regiebetriebe, öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie jeweils zugeordnete Einrichtungen. Versichert sind insbesondere:

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommunaler Einrichtungen sowie Auszubildende
  • Ehrenamtlich Tätige, beispielsweise in Rettungsdiensten, Wohlfahrtsverbänden oder kommunalen Gremien, soweit eine Zuordnung vorgesehen ist
  • Kinder in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege sowie Schülerinnen und Schüler im Schulbetrieb
  • Mitwirkende bei öffentlichen Wahlhandlungen und vergleichbaren kommunalen Tätigkeiten

Beamtinnen und Beamte fallen grundsätzlich unter eine eigene Unfallfürsorge ihres Dienstherrn; sie gehören nicht zum typischen Kreis der durch Unfallkassen versicherten Personen.

Regionale Organisation und Feuerwehr-Unfallkassen

Die kommunalen Unfallkassen sind regional gegliedert. In einigen Ländern bestehen eigenständige Feuerwehr-Unfallkassen oder integrative Zuständigkeiten innerhalb der kommunalen Unfallkassen für Angehörige der freiwilligen Feuerwehren. Die konkrete Zuständigkeit richtet sich nach Sitz der Einrichtung und Art der Tätigkeit.

Versicherte Ereignisse und Leistungsumfang

Versicherungsfälle

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Ereignisse, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. Dazu zählen insbesondere:

  • Arbeitsunfälle bei kommunalen Tätigkeiten sowie Unfälle bei Aus- und Fortbildung
  • Unfälle auf dem direkten Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit (Wegeunfälle), auch bei Schule und Kita
  • Bestimmte beruflich verursachte Erkrankungen, die als berufsbedingt anerkannt sind

Nicht umfasst sind regelmäßig Unfälle im rein privaten oder freizeitbezogenen Bereich ohne Bezug zur versicherten Tätigkeit.

Leistungen

Leistungen verfolgen das Ziel, Gesundheit und Erwerbsfähigkeit bestmöglich wiederherzustellen und wirtschaftliche Nachteile auszugleichen. Der Leistungsrahmen umfasst typischerweise:

  • Medizinische Heilbehandlung einschließlich besonderer unfallmedizinischer Versorgung
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft (Rehabilitation)
  • Geldleistungen bei Arbeitsunfähigkeit und Minderung der Erwerbsfähigkeit (zum Beispiel Verletztengeld, Renten)
  • Leistungen an Hinterbliebene, etwa Renten und Bestattungskosten, bei tödlichen Versicherungsfällen
  • Sach- und Hilfsmittel, Reha-Management sowie Präventionsleistungen nach einem Ereignis

Eigenbeteiligungen und Zuzahlungen, wie sie in anderen Zweigen der Sozialversicherung vorkommen, fallen bei unfallbedingten Leistungen grundsätzlich nicht an.

Finanzierung und Beitragsrecht

Beitragszahler und Umlageverfahren

Unfallkassen finanzieren sich durch Umlagen ihrer Mitglieder. Beschäftigte zahlen keine Beiträge. Für Kinder in Tageseinrichtungen sowie Schülerinnen und Schüler tragen öffentliche Haushalte die Finanzierung. Die Beitragserhebung erfolgt nachträglich auf Basis der Entgeltsummen und der angefallenen Aufwendungen.

Gefahrklassen und Veranlagung

Die Höhe der Umlage richtet sich nach dem Risiko der versicherten Tätigkeiten. Hierzu ordnen die Unfallkassen ihre Mitgliedsunternehmen Gefahrklassen oder Gefahrtarifstellen zu. Zusätzlich fließen Aufwands- und Schadenverläufe in die Bemessung ein, um risikogerecht und solidarisch zu finanzieren.

Prävention und Aufsicht

Unfallverhütung und Beratung

Ein Kernauftrag ist die Prävention. Unfallkassen erlassen verbindliche Regeln zur Unfallverhütung, beraten Träger und Einrichtungen, schulen Führungskräfte und Sicherheitsbeauftragte, prüfen Arbeits- und Lernstätten und fördern sichere Organisation, Technik und Verhalten. Im Bildungsbereich umfasst dies auch Unterrichtsmaterialien und Programme zur Sicherheitskultur.

Aufsicht und Selbstverwaltung

Unfallkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Organe mit paritätischer Besetzung durch Vertreter der Arbeitgeber- und Versichertenseite beschließen Satzungen und Budgets. Die Fach- und Rechtsaufsicht führen zuständige staatliche Stellen. Auf Bundesebene wirkt ein Spitzenverband koordinierend und normsetzend.

Verfahren und Rechtsschutz

Feststellung des Versicherungsfalls

Der Eintritt eines Versicherungsfalls wird im Verwaltungsverfahren geprüft. Grundlage sind Meldungen der Einrichtung, ärztliche Feststellungen und sonstige Sachverhaltsaufklärung. Entscheidungen ergehen durch Bescheid und legen Art und Umfang der Leistungen fest.

Widerspruch und Klageweg

Gegen belastende oder ablehnende Entscheidungen besteht ein mehrstufiger Rechtsweg. Zunächst ist ein Widerspruchsverfahren vorgesehen. Danach kann der sozialgerichtliche Weg beschritten werden. In diesen Verfahren werden medizinische und rechtliche Fragen umfassend geprüft.

Abgrenzungen

Unterschied zu Berufsgenossenschaften

Berufsgenossenschaften sind für Unternehmen der Privatwirtschaft zuständig, Unfallkassen für den öffentlichen Sektor und bestimmte Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Beide erfüllen denselben gesetzlichen Auftrag, unterscheiden sich jedoch in Mitgliederkreis, Gefahrtarifierung und branchenspezifischer Präventionsarbeit.

Verhältnis zur Unfallfürsorge für Beamtinnen und Beamte

Für Beamtinnen und Beamte gelten eigenständige Regelungen der Unfallfürsorge durch den Dienstherrn. Diese Systeme bestehen neben der gesetzlichen Unfallversicherung und sind von den Unfallkassen abzugrenzen.

Abgrenzung zur privaten Unfallversicherung

Private Unfallversicherungen basieren auf individuellen Verträgen und ergänzen gegebenenfalls die Absicherung. Die gesetzliche Unfallversicherung der Unfallkassen ist demgegenüber eine öffentlich-rechtliche Pflichtversicherung mit umfassenden Rehabilitationsleistungen und besonderem Schutz bei Tätigkeiten von Allgemeininteresse.

Besondere Personengruppen im kommunalen Bereich

Kinder in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege

Versichert sind Unfälle während des Besuchs der Einrichtung, bei Betreuungsangeboten und auf den direkten Wegen. Träger sind öffentliche oder anerkannte Einrichtungen; die Finanzierung erfolgt durch öffentliche Stellen.

Schülerinnen und Schüler

Der Schutz umfasst den Unterricht, schulische Veranstaltungen, Praktika im Rahmen der Schule und die direkten Wege. Die Absicherung gilt unabhängig von der Schulform.

Ehrenamt und kommunale Mandatsträger

Bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten für kommunale Zwecke stehen unter Versicherungsschutz, wenn sie im organisatorischen Verantwortungsbereich der öffentlichen Hand stattfinden. Dazu zählen beispielsweise Wahlhelfende, Mitglieder kommunaler Vertretungen oder bürgerschaftlich Engagierte in zugeordneten Aufgabenfeldern.

Freiwillige Feuerwehren

Einsatz-, Übungs- und Ausbildungsdienste der freiwilligen Feuerwehren sind typischerweise versichert. Die Zuständigkeit liegt je nach Land bei spezialisierten Feuerwehr-Unfallkassen oder bei den kommunalen Unfallkassen.

Datenverarbeitung und Zusammenarbeit

Für die Aufgabenerfüllung verarbeiten Unfallkassen personen- und gesundheitsbezogene Daten. Sie kooperieren mit medizinischen Leistungserbringern, Bildungseinrichtungen und Arbeitgebern. Ziel ist die zügige und sachgerechte Leistungsgewährung sowie die Vermeidung von Doppelzuständigkeiten innerhalb der Sozialversicherung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer gilt im kommunalen Bereich als versicherte Person?

Versichert sind insbesondere Beschäftigte kommunaler Einrichtungen, Auszubildende, bestimmte Ehrenamtliche, Kinder in Tageseinrichtungen sowie Schülerinnen und Schüler. Beamtinnen und Beamte unterliegen grundsätzlich einer separaten Unfallfürsorge.

Was zählt als Arbeits- oder Wegeunfall?

Ein Arbeitsunfall ist ein plötzliches Ereignis infolge einer versicherten Tätigkeit. Ein Wegeunfall ist ein Unfall auf dem direkten Weg zur oder von der versicherten Tätigkeit, einschließlich Schule und Kita. Private Umwege sind in der Regel nicht umfasst.

Sind Kindergarten- und Schulunfälle abgesichert?

Ja. Unfälle in der Einrichtung, im Unterricht, bei schulischen Veranstaltungen und auf den direkten Wegen stehen unter Versicherungsschutz. Die Finanzierung erfolgt aus öffentlichen Mitteln, nicht durch Beiträge der Kinder oder Eltern.

Welche Leistungen erbringt die Unfallkasse nach einem Versicherungsfall?

Leistungen umfassen medizinische Heilbehandlung, Rehabilitation, Geldleistungen bei Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie Hinterbliebenenleistungen. Ziel ist die Wiederherstellung der Gesundheit und die Teilhabe am Arbeitsleben und gesellschaftlichen Leben.

Worin besteht der Unterschied zu Berufsgenossenschaften?

Berufsgenossenschaften sind für Unternehmen der Privatwirtschaft zuständig, Unfallkassen für den öffentlichen und kommunalen Bereich sowie für Bildung und Betreuung. Beide erfüllen denselben Schutzauftrag, unterscheiden sich jedoch im Mitgliederkreis.

Zahlt die Unfallkasse bei Freizeitunfällen?

Unfälle in der Freizeit ohne Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit sind grundsätzlich nicht gedeckt. Versicherungsschutz besteht nur, wenn ein sachlicher Bezug zur versicherten Tätigkeit oder den versicherten Wegen vorliegt.

Wie werden Beiträge erhoben und wer zahlt sie?

Die Finanzierung erfolgt über Umlagen der Mitglieder, also kommunaler Einrichtungen und sonstiger zugeordneter Träger. Beschäftigte leisten keine Beiträge. Für Kinder und Schülerinnen und Schüler tragen öffentliche Haushalte die Finanzierung.