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Unfallkassen im kommunalen Bereich


Unfallkassen im kommunalen Bereich

Unfallkassen im kommunalen Bereich sind Bestandteil der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland und stellen einen wichtigen Pfeiler des sozialen Sicherungssystems dar. Sie sind im Spektrum der Unfallversicherungsträger vornehmlich für die Prävention, Rehabilitation und Entschädigung bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten von Beschäftigten im kommunalen Dienst, von Schülern und weiteren Anspruchsberechtigten zuständig.

Rechtliche Grundlagen

Sozialgesetzbuch VII

Die gesetzlichen Fundamente für die Tätigkeit der kommunalen Unfallkassen finden sich im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung). Dieses regelt umfassend Aufgaben, Zuständigkeiten, Versicherungsbereiche sowie die Organisation der Unfallkassen.

Weitere Rechtsquellen

Zusätzlich zum SGB VII finden diverse Verordnungen, insbesondere die Unfallverhütungsvorschriften (UVV), Anwendung. Steuerungswirksam sind ebenso Satzungen der jeweiligen Unfallkassen sowie Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).

Aufgaben und Zuständigkeiten der Unfallkassen

Präventionsaufgaben

Unfallkassen im kommunalen Bereich verfolgen das Ziel, Arbeitsunfälle, Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten durch gezielte Präventionsmaßnahmen zu verhindern. Sie unterstützen Kommunen, öffentliche Einrichtungen und deren Unternehmen durch Beratung, Schulungen und regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen.

Leistungen im Versicherungsfall

Im Fall eines Arbeits- oder Wegeunfalls beziehungsweise bei Anerkennung einer Berufskrankheit übernehmen die Unfallkassen sämtliche im SGB VII geregelten Leistungen. Dazu zählen:

  • Kostenübernahme für Heilbehandlung (z. B. medizinische Versorgung, Rehabilitation)
  • Übergangsgeld und Verletztengeld zur Existenzsicherung bei Arbeitsunfähigkeit
  • Rentenzahlungen bei dauerhafter Minderung der Erwerbsfähigkeit
  • Integrations- und Teilhabeleistungen zur Wiederaufnahme eines möglichst selbstbestimmten beruflichen und gesellschaftlichen Lebens
  • Leistungen an Hinterbliebene im Todesfall, wie Hinterbliebenenrenten und Sterbegeld

Rehabilitationsaufgaben

Die Aufgaben der Unfallkassen umfassen sämtliche Maßnahmen, die darauf abzielen, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Versicherten nach einem Versicherungsfall umfassend wiederherzustellen. Dies betrifft medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation.

Zuständiger Personenkreis

Unfallkassen im kommunalen Bereich sind insbesondere zuständig für:

  • Beschäftigte von Gemeinden, Städten, Landkreisen und deren Einrichtungen
  • Schüler, Studierende und Kinder in öffentlichen Kindertageseinrichtungen
  • Ehrenamtlich tätige Personen im Auftrag kommunaler Träger
  • Mitarbeiter kommunaler Eigenbetriebe, Zweckverbände und Anstalten öffentlichen Rechts

Organisation der kommunalen Unfallkassen

Trägerstruktur

Kommunale Unfallkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Sie unterliegen einer staatlichen Rechtsaufsicht und sind Mitglied in der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Die Organisation erfolgt in der Regel auf Ebene der Bundesländer oder als regionale übergeordnete Einheiten.

Organe und Vertretung

Die Organe der Unfallkassen setzen sich klassisch aus Vertreterversammlungen sowie Vorständen zusammen. In den Selbstverwaltungsorganen sind Vertreter der Arbeitgeberseite (Kommunen) und der Versicherten (Beschäftigte) paritätisch vertreten.

Finanzierung

Die Finanzierung der kommunalen Unfallkassen erfolgt in erster Linie durch Beiträge der angeschlossenen Kommunen oder sonstigen Mitgliedsunternehmen. Die Beitragshöhe orientiert sich an den Lohnsummen der zu versichernden Personen sowie am jeweiligen Gefährdungsrisiko. Eine Umlagefinanzierung sorgt für solidarischen Ausgleich innerhalb der Mitgliedseinrichtungen.

Versicherungsumfang und -pflicht

Umfang des Versicherungsschutzes

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz umfasst alle Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem kommunalen Arbeitsverhältnis oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit im öffentlichen Auftrag ausgeübt werden. Auch der Weg von und zur Arbeitsstätte bzw. zur jeweiligen Einrichtung fällt unter den Versicherungsschutz.

Pflichtversicherung

Die Versicherung in einer kommunalen Unfallkasse ist für die genannten Personenkreise obligatorisch (Pflichtversicherung). Freiwillig versichert werden können weitere Gruppen, sofern Satzung oder Gesetz dies zulassen.

Melde- und Aufklärungspflichten

Meldepflichten der Arbeitgeber

Kommunale Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitsunfälle und meldepflichtige Berufskrankheiten umgehend der zuständigen Unfallkasse anzuzeigen. Versäumnisse können zu Ordnungswidrigkeitenverfahren führen.

Auskunftspflichten der Versicherten

Auch Versicherte haben Kooperations- und Auskunftspflichten, insbesondere im Hinblick auf die Klärung des Unfallhergangs und der Folgen.

Verhältnis zu anderen Sozialversicherungsträgern

Die Unfallkassen sind im System der sozialen Sicherung eigenständige Träger, kooperieren jedoch mit anderen Institutionen wie etwa den Kranken-, Renten- und Pflegekassen insbesondere im Rahmen der Rehabilitation und bei Rentenleistungen für Versicherte.

Rechtsschutz, Widerspruch und Klage

Entscheidungen der Unfallkasse können mit dem Rechtsmittel des Widerspruchs angefochten werden. Im Fall der Ablehnung eines Widerspruchs steht der Klageweg zum Sozialgericht offen. Maßstab für die abschließende Prüfung sind dabei die gesetzlichen Vorgaben des SGB VII sowie einschlägige Verordnungen.

Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen

Digitalisierung und moderne Verwaltungsverfahren

Die kommunalen Unfallkassen setzen zunehmend digitale Verfahren ein, um Meldewesen, Leistungsbearbeitung und Kommunikation mit Versicherten und Arbeitgebern zu optimieren. Neue gesetzgeberische Impulse fördern diesen Prozess kontinuierlich.

Prävention im Mittelpunkt

Mit der fortschreitenden Ausrichtung auf präventive Strategien werden die Ressourcen der kommunalen Unfallkassen verstärkt in die Entwicklung neuer Arbeits-, Gesundheits- und Sicherheitskonzepte zur frühzeitigen Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten investiert.


Zusammenfassung

Unfallkassen im kommunalen Bereich spielen eine zentrale Rolle im deutschen System der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie gewährleisten den umfassenden Schutz für Beschäftigte, Schüler und weitere Anspruchsgruppen im öffentlichen Dienst. Die rechtliche Ausgestaltung erfolgt vornehmlich über das SGB VII sowie zahlreiche ergänzende Vorschriften. Prävention, Rehabilitation und Entschädigung stehen im Mittelpunkt der Tätigkeit, wobei die Finanzierung solidarisch unter den Mitgliedseinrichtungen erfolgt. Der Versicherungsschutz ist gesetzlich verpflichtend, während eine Vielzahl organisatorischer, finanzierungsbezogener und verfahrensrechtlicher Regelungen eine umfassende Absicherung der Versicherten sicherstellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Pflichten haben Kommunen gegenüber der Unfallkasse?

Kommunen sind als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst gemäß Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) verpflichtet, ihre Beschäftigten sowie bestimmte andere Personen, wie ehrenamtlich tätige Bürger, bei der zuständigen Unfallkasse gegen Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten zu versichern. Diese Pflicht umfasst die Anmeldung aller versicherungspflichtigen Personen, die Meldung von meldepflichtigen Arbeitsunfällen bzw. Berufskrankheiten, die Abführung der Umlagebeiträge an die Unfallkasse sowie die Unterstützung der präventiven Maßnahmen zur Unfallverhütung. Rechtliche Grundlage hierfür ist insbesondere § 128 SGB VII, der die Aufgaben und Zuständigkeiten der Unfallkassen regelt. Verstöße gegen die Melde- oder Beitragspflichten können bußgeldbewährt sein und führen gegebenenfalls zu Regressansprüchen der Unfallkasse gegenüber der Kommune.

Inwieweit unterliegen Beschlüsse der Unfallkassen im kommunalen Bereich der gerichtlichen Kontrolle?

Die Unfallkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts treffen Verwaltungsakte, beispielsweise bei der Feststellung der Versicherungspflicht oder Leistungsgewährung nach einem Unfall. Gegen diese Entscheidungen steht den Betroffenen – etwa Kommunen oder ihren Mitarbeitenden – der Verwaltungsrechtsweg offen, insbesondere auf Grundlage der §§ 78 ff. SGG (Sozialgerichtsgesetz). Das bedeutet, Betroffene können gegen Verwaltungsakte zunächst Widerspruch einlegen und, falls nötig, Klage vor dem Sozialgericht erheben. Dabei prüft das Gericht die rechtliche Richtigkeit des Verwaltungshandelns, z. B. bei Streitigkeiten über Beitragshöhe, Kostenübernahme oder Leistungen nach einem Unfall.

Welche Rolle spielt der Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) aus rechtlicher Sicht?

Der GUV beziehungsweise die kommunalen Unfallkassen haben eine duale Rolle: Sie sind sowohl Träger der gesetzlichen Unfallversicherung als auch Dienstleister für die Kommunen. Rechtlich übernehmen sie damit Aufgaben der Unfallverhütung, Beratung und Sachbearbeitung bei Leistungsfällen. Ihre Rechtsstellung ist im SGB VII geregelt, das die besondere Vertretung der kommunalen Selbstverwaltung im Verwaltungsrat und in den Organen der Kasse vorsieht (§§ 43 ff. SGB IV, § 144 SGB VII). Kommunen sind dadurch als Mitglieder verpflichtet, sich den satzungsmäßigen Regelungen ihrer jeweiligen Unfallkasse zu unterwerfen und wirken regelmäßig bei der Selbstverwaltung mit.

Wann haften Kommunen bei Arbeitsunfällen über die Unfallkasse hinaus?

Die Haftungsfrage ist besonders im Rahmen der sogenannten Haftungsprivilegierung (§ 104 SGB VII) zu betrachten. Grundsätzlich sind Ansprüche der Beschäftigten gegen die Kommune als Arbeitgeber wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Innenverhältnis ausgeschlossen, soweit ein Versicherungsfall nach SGB VII vorliegt. Die Haftung wird auf die Leistungen der Unfallkasse beschränkt. Nur in Fällen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz seitens der Kommune entfällt dieses Haftungsprivileg; dann können Geschädigte zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Gegebenenfalls kann auch ein Rückgriff der Unfallkasse auf die Kommune erfolgen, wenn die Kommune ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt hat.

Gibt es Besonderheiten bei der Versicherung von ehrenamtlich Tätigen im kommunalen Bereich?

Ja, ehrenamtlich Tätige unterliegen nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII in der Regel ebenfalls der Versicherungspflicht bei der Unfallkasse, wenn sie im Auftrag oder Interesse der Kommune tätig werden. Rechtlich ist es dabei unerheblich, ob ein Arbeitsentgelt gezahlt wird; maßgeblich ist die Ausübung einer den Hauptamtlichen vergleichbaren Tätigkeit im Sinne des öffentlichen Interesses. Die Kommune muss diese Personen bei der Unfallkasse aufführen und entsprechende Beiträge leisten. Besonderheiten können sich aus der jeweiligen Satzung der Unfallkasse ergeben, insbesondere hinsichtlich Meldepflichten und Beitragsbemessung.

Wie wird die Beitragshöhe für Kommunen zur Unfallkasse rechtlich bestimmt?

Die Beitragshöhe richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben des SGB VII, insbesondere §§ 168 ff. SGB VII, und den jeweiligen Satzungen der Unfallkassen. Die Berechnung basiert meist auf der Lohnsumme aller versicherten Personen oder dem Gefährdungsrisiko der ausgeübten Tätigkeiten. In manchen Fällen können auch Personenzahl oder andere kennzeichnende Größen als Berechnungsgrundlage dienen. Die konkreten Beitragssätze werden in der Mitgliederversammlung der Kasse beschlossen; etwaige Einwände der Kommune sind im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen, ggf. können diese durch Widerspruchs- und Klageverfahren rechtlich überprüft werden.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen bezüglich der Präventionspflichten der Kommunen?

Gemäß §§ 14, 17 und 18 SGB VII sind Kommunen verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu treffen. Dies umfasst die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften, regelmäßige Unterweisungen der Beschäftigten, Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel. Die Unfallkassen üben dabei die Aufsicht aus und können Anordnungen zur Mängelbeseitigung erlassen. Bei Verstößen drohen nicht nur Leistungsverweigerungen im Schadensfall, sondern auch Bußgelder sowie die Möglichkeit von Schadenersatzforderungen der Unfallkasse gegen die Kommune.