Begriff und rechtliche Einordnung der Unfallkassen der Länder
Die Unfallkassen der Länder sind Einrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland und zählen zum Kreis der gewerblichen und öffentlichen Unfallversicherungsträger. Sie erfüllen eine bedeutende Rolle im System der sozialen Sicherung, indem sie insbesondere für die Unfallversicherung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder sowie für andere spezifische Personengruppen zuständig sind. Die rechtlichen Grundlagen und die Organisation der Unfallkassen der Länder ergeben sich maßgeblich aus dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sowie aus landesrechtlichen Bestimmungen.
Gesetzliche Grundlagen
Sozialgesetzbuch (SGB VII)
Das gesetzliche Fundament der Unfallkassen der Länder ist das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) – Gesetzliche Unfallversicherung. § 114 SGB VII regelt die Eigenständigkeit und Aufgaben der Unfallversicherungsträger, zu denen auch die Unfallkassen der Länder gehören. Sie sind mit der Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere für die Beschäftigten der jeweiligen Länder beauftragt.
Weitere gesetzliche Regelungen
Ergänzend zum SGB VII finden sich Regelungen zur Organisation und Zuständigkeit der Unfallkassen der Länder in den jeweiligen Landesgesetzen, Satzungen und Landesverordnungen. Auch Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts sowie haushalts- und prüfungsrechtliche Bestimmungen beeinflussen das Handeln und die Organisation der Unfallkassen der Länder maßgeblich.
Aufgaben und Zuständigkeiten
Versicherungsschutz
Die Unfallkassen der Länder sind Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und schützen versicherte Personen bei Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten. Zu den gesetzlich versicherten Personen zählen unter anderem
- Beschäftigte der Landesverwaltungen und Landesbetriebe,
- ehrenamtlich Tätige im Bereich von Landesaufgaben,
- Schülerinnen und Schüler landeseigener Schulen,
- weitere Personengruppen, soweit diese durch Landesrecht oder Satzung mitversichert sind.
Leistungen
Die Unfallkassen der Länder erbringen umfangreiche Leistungen, insbesondere in Form von
- Heilbehandlung und medizinischer Rehabilitation,
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
- Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft,
- Geldleistungen wie Verletztengeld, Übergangsgeld, Rentenzahlungen an Versicherte oder Hinterbliebene,
- Präventionsleistungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren.
Prävention und Unfallverhütung
Ein zentrales Ziel der Unfallkassen der Länder besteht in der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Grundlage hierfür ist § 14 SGB VII, wonach die Unfallversicherungsträger verpflichtet sind, durch Prävention das Unfall- und Gesundheitsrisiko zu minimieren. Dies erfolgt u.a. durch:
- Überwachung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften,
- Beratung von Arbeitgebern und Versicherten,
- Förderung der Aus- und Fortbildung im Arbeitsschutz,
- Information und Aufklärung über sicherheitsrelevante Aspekte,
- Durchführung von Forschungsvorhaben zur Unfallverhütung.
Organisation und Verwaltung
Rechtsform und Selbstverwaltung
Die Unfallkassen der Länder sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Sie verfügen über eigenständige Organstrukturen, bestehend aus
- der Vertreterversammlung als höchstem Organ,
- dem Vorstand,
- dem Geschäftsführer bzw. der Geschäftsführerin.
Die Selbstverwaltung stellt die Beteiligung der Versicherten und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an der Willensbildung und Verwaltung der Unfallkassen sicher.
Finanzierung
Die Finanzierung der Unfallkassen der Länder erfolgt überwiegend durch Beiträge der jeweiligen Landesbehörden als Arbeitgeber. Die Beitragserhebung richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben und nach der jeweiligen Satzung der Unfallkasse.
Die Mittel der Unfallkassen werden ausschließlich im Rahmen ihres Sozialauftrags verwendet, d. h. für die Gewährung von Versicherungsleistungen sowie für die Förderung von Präventionsmaßnahmen. Eine Gewinnerzielungsabsicht besteht nicht.
Verhältnis zu anderen Unfallversicherungsträgern
Die Unfallkassen der Länder sind Teil des deutschen Unfallversicherungssystems und stehen neben anderen Trägern wie den Berufsgenossenschaften, den Gemeindeunfallversicherungsverbänden und speziellen Unfallkassen (z. B. Unfallkassen der Kommunen). Die Abgrenzung der Zuständigkeiten erfolgt nach dem Versichertenkreis und nach dem Tätigkeitsbereich.
In Fällen, in denen mehrere Unfallversicherungsträger in Betracht kommen, greifen besondere Vorschriften zur Zuständigkeitsabgrenzung, welche im SGB VII und in entsprechenden Satzungen näher geregelt sind.
Rechtsaufsicht und Kontrolle
Die Unfallkassen der Länder unterliegen der Rechtsaufsicht der zuständigen Landesbehörden. Die Rechtsaufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und der ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Interne und externe Prüfungen, etwa durch die Prüfungsämter oder den Landesrechnungshof, sind weitere Elemente der Kontrolle.
Rechtsmittel und Rechtsschutz
Entscheidungen der Unfallkassen können von betroffenen Personen mittels Widerspruch und gegebenenfalls durch Klage vor den Sozialgerichten überprüft werden. Rechtsgrundlage für das Verwaltungsverfahren bildet das Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch (SGB X).
Außendarstellung und Kooperation
Unfallkassen der Länder kooperieren auf Bundesebene mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sowie mit anderen Unfallversicherungsträgern, um einheitliche Standards und reibungslose Verwaltungsprozesse sicherzustellen.
Literatur und weiterführende Informationen
- Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) – Gesetzliche Unfallversicherung
- Satzungen und Geschäftsordnungen der einzelnen Unfallkassen der Länder
- Veröffentlichungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Unfallkassen der Länder spielen eine zentrale Rolle im Gefüge der deutschen Sozialversicherung, indem sie einen umfassenden Schutz für viele Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, ehrenamtlich Tätige sowie Schüler und weitere Gruppen gewährleisten. Ihre Maßnahmen und Leistungen sind integraler Bestandteil der gesetzlichen Fürsorgepflicht des Staates und tragen wesentlich zur Prävention und zur Absicherung im Falle von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten bei.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die wesentlichen rechtlichen Grundlagen für das Handeln der Unfallkassen der Länder?
Die rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Unfallkassen der Länder bildet hauptsächlich das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), das die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland regelt. Daneben spielen landesrechtliche Vorschriften eine wichtige Rolle, da die Organisation und Zuständigkeit der einzelnen Unfallkassen auf Ebene der jeweiligen Bundesländer zusätzlich geregelt werden können. Die Aufgaben und Pflichten der Unfallkassen sind ferner durch untergesetzliche Regelungen, wie beispielsweise die Satzungen der jeweiligen Unfallkassen, Festlegungen des Spitzenverbands Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sowie Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften konkretisiert. Zu beachten ist außerdem das subsidiäre Verhältnis zu anderen Sozialleistungsträgern, das im SGB I und SGB IV näher bestimmt ist.
In welchen Fällen unterliegt eine Person zwingend dem Schutz der Unfallkassen der Länder?
Eine Person unterliegt dem Schutz der Unfallkassen der Länder, wenn sie Tätigkeiten verrichtet, die im gesetzlichen Unfallversicherungssystem den Bereich der öffentlichen Hand bzw. der Länder betreffen. Dazu zählen insbesondere Schüler und Studierende öffentlicher Bildungseinrichtungen, Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder sowie bestimmte ehrenamtlich Tätige. Der Versicherungsschutz tritt kraft Gesetzes ein, eine ausdrückliche Anmeldung oder Beitragspflicht der Versicherten besteht nicht. Ausschlaggebend ist die Erfüllung der Voraussetzungen, wie sie § 2 Abs. 1 SGB VII konkretisiert. Dabei entscheidet im Streitfall regelmäßig die Unfallkasse auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen, wobei auch der genaue Sachverhalt und die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt juristisch zu würdigen sind.
Welche rechtlichen Pflichten haben Arbeitgeber oder Bildungseinrichtungen gegenüber den Unfallkassen der Länder?
Arbeitgeber sowie Bildungseinrichtungen, die der Zuständigkeit der Unfallkassen der Länder unterfallen, sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten, Schüler und weitere versicherte Personen ordnungsgemäß zu melden und Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entrichten (§§ 150 ff. SGB VII). Darüber hinaus müssen sie Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten unverzüglich der zuständigen Unfallkasse anzeigen (§ 193 SGB VII). Die Einhaltung einschlägiger Vorschriften des Arbeitsschutzes zählt ebenso zu den Pflichten wie die unterstützende Mitwirkung bei der Untersuchung von Unfällen oder der Umsetzung präventiver Maßnahmen. Die Erfüllung dieser Pflichten kann von den Unfallkassen überwacht und bei Verstößen sanktioniert werden.
Wie gestaltet sich das Verwaltungsverfahren bei Leistungsanträgen gegenüber den Unfallkassen der Länder?
Das Verwaltungsverfahren bei Leistungsanträgen richtet sich nach den Bestimmungen des Sozialverwaltungsverfahrensrechts, insbesondere SGB X. Ein Leistungsantrag, etwa auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, kann formlos erfolgen, löst aber dennoch ein formalisiertes Prüf- und Ermittlungsverfahren aus, in das unter Umständen weitere Stellen, Sachverständige und Unfallzeugen einbezogen werden. Die Unfallkassen treffen auf Basis der eingereichten und selbst erhobenen Informationen eine Entscheidung per Verwaltungsakt, der zwingend zu begründen ist und gegen den die Versicherten innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen können. Das Verfahren ist für die Versicherten beitragsfrei und unterliegt dem Grundsatz der Amtsermittlung.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Betroffene, sich gegen Entscheidungen der Unfallkassen der Länder zu wehren?
Betroffene haben gemäß § 62 SGB X das Recht, gegen Entscheidungen der Unfallkassen Rechtsmittel einzulegen. Zunächst ist gegen jeden ablehnenden oder beschwerenden Verwaltungsakt das Widerspruchsverfahren obligatorisch (§ 78 SGG). Bleibt der Widerspruch erfolglos, kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben werden (§§ 87 ff. SGG). Auch im gerichtlichen Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz; das Verfahren ist kostenfrei. Ergänzend besteht die Möglichkeit, sich an den Petitionsausschuss des jeweiligen Landes oder an die Aufsichtsbehörden zu wenden. Zur Wahrung der Chancengleichheit besteht zudem ein Anspruch auf rechtliches Gehör.
Welche Besonderheiten bestehen hinsichtlich des Leistungsumfangs der Unfallkassen der Länder im Vergleich zu den Unfallkassen der Gemeinden oder gewerblichen Unfallversicherungsträgern?
Der Leistungsumfang der Unfallkassen der Länder ist gesetzlich weitgehend identisch mit dem der anderen Zweige der gesetzlichen Unfallversicherung und umfasst Heilbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Übergangsgeld, Renten und Hinterbliebenenleistungen (§ 26 ff. SGB VII). Zentrale Besonderheiten ergeben sich jedoch aus dem jeweiligen versicherten Personenkreis (z.B. Schüler, Auszubildende, Studierende) und insbesondere aus den Anforderungen bei der Anerkennung von Unfällen im schulischen oder universitären Bereich. Auch die Regelungen zur Prävention und zur Unfallverhütung richten sich teilweise nach spezifischen landesrechtlichen und organisatorischen Vorgaben, sodass die praktische Ausgestaltung des Leistungsumfangs im Einzelfall variieren kann.
Wie erfolgt die Aufsicht und Kontrolle der Unfallkassen der Länder aus rechtlicher Sicht?
Die Unfallkassen der Länder unterliegen der Rechtsaufsicht durch die jeweils zuständigen Landesministerien, meist das Ministerium für Arbeit oder das Innenministerium. Diese Aufsicht umfasst die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns, also insbesondere die Einhaltung bundes- und landesrechtlicher Vorgaben. Eingriffe der Aufsichtsbehörde erfolgen in Form von Beanstandungen, Weisungen oder – in Ausnahmefällen – durch das Einsetzen von Beauftragten. Aufsichtsbeschwerden von Betroffenen oder der Versichertenvertretung werden förmlich geprüft und münden ggf. in aufsichtsrechtliche Maßnahmen oder Empfehlungen. Die interne Kontrolle erfolgt zudem durch die Selbstverwaltungsorgane (z.B. Vorstand, Vertreterversammlung), deren rechtliches Handeln ebenfalls an die gesetzlichen Vorgaben gebunden ist.