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Undertaking

Begriff und Einordnung von „Undertaking”

„Undertaking” ist ein im englischsprachigen Rechtsraum gebräuchlicher Begriff mit zwei Hauptbedeutungen: Zum einen bezeichnet er im Wettbewerbs- und Regulierungsrecht jede Einheit, die wirtschaftlich tätig ist („Unternehmen” im weiten Sinn). Zum anderen steht „Undertaking” für eine verbindliche Zusage oder Verpflichtungserklärung gegenüber Gerichten oder Behörden (Verhaltens- oder Unterlassungszusage). Welche Bedeutung gemeint ist, ergibt sich aus dem Kontext.

Undertaking im Wettbewerbs- und Regulierungsrecht

Im Wettbewerbsrecht (insbesondere im europäischen und britischen Kontext) wird „Undertaking” weit verstanden. Entscheidend ist die wirtschaftliche Tätigkeit, nicht die Rechtsform oder die Finanzierungsart.

Wirtschaftliche Tätigkeit als Anknüpfungspunkt

Als „Undertaking” gilt jede Einheit, die Güter oder Dienstleistungen auf einem Markt anbietet. Das umfasst insbesondere:

  • Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Einzelunternehmen
  • Verbände, Vereine und Kammern, soweit sie wirtschaftlich tätig sind
  • Staatliche oder kommunale Einrichtungen, wenn sie am Markt auftreten
  • Gemeinnützige Organisationen, sofern sie Leistungen gegen Entgelt anbieten

Keine wirtschaftliche Tätigkeit liegt vor, wenn Aufgaben hoheitlich, nicht marktorientiert und ohne Wettbewerbsausrichtung ausgeübt werden.

Einheitlicher Unternehmensbegriff (Single Economic Unit)

Mehrere rechtlich selbstständige Gesellschaften können ein einziges Undertaking bilden, wenn sie wirtschaftlich als Einheit agieren. Typische Konstellationen:

  • Mutter- und Tochtergesellschaften mit einheitlicher Leitung
  • Gemeinschaftsunternehmen, die eigenständig am Markt tätig sind
  • Konzernverbünde mit abgestimmter Geschäftsstrategie

Folge: Handlungen und Verantwortlichkeiten können der gesamten wirtschaftlichen Einheit zugerechnet werden. Sanktions- und Haftungsfragen orientieren sich an dieser Gesamtbetrachtung.

Verbände von Undertakings

Auch Zusammenschlüsse von Unternehmen (z. B. Branchenverbände) fallen in den Anwendungsbereich, soweit sie Beschlüsse fassen oder Empfehlungen geben, die den Wettbewerb beeinflussen können. Verantwortlichkeit kann den Verband selbst und/oder die angeschlossenen Mitglieder treffen.

Öffentliche Einrichtungen und gemischt finanzierte Träger

Öffentliche Träger gelten als Undertaking, wenn sie wirtschaftlich handeln, etwa durch entgeltliche Leistungen am Markt. Handeln sie hingegen ausschließlich hoheitlich, findet der Unternehmensbegriff regelmäßig keine Anwendung.

Praktische Bedeutung

  • Wettbewerbskoordination: Absprachen, abgestimmte Verhaltensweisen oder missbräuchliche Praktiken können Undertakings betreffen.
  • Fusionskontrolle: Beim Zusammenschluss wird geprüft, welche Undertakings betroffen sind und wie sich die Marktstruktur verändert.
  • Bußgelder und Zurechnung: Sanktionen können sich an der wirtschaftlichen Einheit ausrichten; Konzernverhältnisse beeinflussen die Zurechnung.

Undertaking als Verpflichtungserklärung

Im verfahrensrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Kontext bezeichnet „Undertaking” eine verbindliche Zusage. Sie dient dazu, rechtliche Bedenken auszuräumen oder Verfahren zu beenden.

Gerichtliche Undertakings

Eine gegenüber einem Gericht abgegebene Zusage bindet den Verpflichteten zu einem bestimmten Verhalten oder Unterlassen. Ein Verstoß kann mit gerichtlichen Maßnahmen geahndet werden. Solche Zusagen werden häufig in Vergleichen oder Anordnungen festgehalten.

Behördliche Undertakings

Aufsichts- und Wettbewerbsbehörden können Zusagen annehmen, die bestimmte Verhaltensweisen regeln, Missstände abstellen oder Transparenz herstellen. Dadurch können aufwendige Verfahren vermieden oder beendet werden. Die Einhaltung wird meist überwacht; Verstöße können neue Maßnahmen oder Sanktionen nach sich ziehen.

Berufs- und vertragliche Undertakings

In einigen Rechtsordnungen sind auch berufsbezogene Zusagen anerkannt (z. B. verbindliche Zusicherungen von Rechtsvertretern gegenüber Dritten). Vertragliche Undertakings treten als klar definierte Zusagen in Verträgen auf und können bei Nichterfüllung Haftungsfolgen auslösen.

Abgrenzung und Sprachgebrauch

  • Undertaking (Wettbewerbsrecht): weit gefasstes „Unternehmen” als wirtschaftlich tätige Einheit.
  • Undertaking (Verpflichtung): bindende Zusage gegenüber Gericht, Behörde oder Vertragspartner.

Im Deutschen decken „Unternehmen” und „Verpflichtung/Zusage” die jeweiligen Bedeutungen ab. Der Kontext entscheidet, welche Auslegung maßgeblich ist.

Rechtsfolgen und Durchsetzung

  • Wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit: Undertakings können für wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen, Missbrauch marktbeherrschender Stellungen oder unzulässige Koordinationen in Anspruch genommen werden.
  • Haftungszurechnung in Gruppen: Innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit kann Verhalten zugerechnet und sanktioniert werden.
  • Verbindlichkeit von Zusagen: Gerichtliche und behördliche Undertakings sind bindend; Verstöße können zu Sanktionen, Abhilfemaßnahmen oder Vollstreckungsschritten führen.

Internationale Perspektive

Die weite, tätigkeitsbezogene Definition des Undertakings ist im europäischen Wettbewerbsrecht prägend und wird in vielen Rechtsordnungen rezipiert. Im common law ist zudem die Zusagebedeutung besonders ausgeprägt. In der Praxis existieren beide Bedeutungen nebeneinander und können in grenzüberschreitenden Verfahren zusammentreffen, etwa wenn ein Unternehmen (Undertaking) gegenüber einer Behörde ein Undertaking (Zusage) abgibt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Undertaking” im Wettbewerbsrecht konkret?

Es bezeichnet jede Einheit, die wirtschaftlich tätig ist, also Waren oder Dienstleistungen auf einem Markt anbietet. Maßgeblich ist die Tätigkeit, nicht die Rechtsform oder der Gewinnzweck.

Zählt eine staatliche Stelle als Undertaking?

Ja, wenn sie marktorientiert handelt, etwa entgeltliche Leistungen anbietet. Reine Hoheitsausübung ohne Marktbezug fällt regelmäßig nicht darunter.

Was ist eine „Association of Undertakings”?

Ein Zusammenschluss von Unternehmen, beispielsweise ein Branchenverband, der selbst Regeln setzt oder Empfehlungen gibt. Solche Verbände können für wettbewerbsrelevante Beschlüsse verantwortlich sein.

Wann gilt eine Unternehmensgruppe als ein einziges Undertaking?

Wenn mehrere Gesellschaften wirtschaftlich als Einheit auftreten, etwa unter einheitlicher Leitung und mit abgestimmter Marktstrategie. Dann kann Verhalten konzernweit zugerechnet werden.

Was ist ein Undertaking als Zusage gegenüber Gericht oder Behörde?

Eine verbindliche Verpflichtungserklärung, ein bestimmtes Verhalten einzuhalten oder zu unterlassen. Sie wird dokumentiert und kann bei Verstoß durchgesetzt werden.

Worin liegt der Unterschied zwischen Undertaking (Unternehmen) und Undertaking (Zusage)?

Ersteres beschreibt den weiten Unternehmensbegriff im Wettbewerbsrecht; letzteres eine bindende Verpflichtungserklärung. Der Kontext entscheidet über die Bedeutung.

Welche Folgen hat ein Verstoß gegen eine abgegebene Zusage?

Er kann zu gerichtlichen Maßnahmen, Sanktionen, erneuten behördlichen Verfahren oder zusätzlichen Auflagen führen. Die konkrete Folge hängt vom Inhalt der Zusage und dem Verfahren ab.

Welche Rolle spielt der Begriff bei Zusammenschlüssen?

Er dient zur Bestimmung der beteiligten wirtschaftlichen Einheiten und zur Bewertung, wie sich ein Zusammenschluss auf die Marktstruktur und den Wettbewerb auswirkt.