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Umgangspflegschaft


Begriff und rechtlicher Rahmen der Umgangspflegschaft

Die Umgangspflegschaft stellt eine besondere Form der Pflegschaft im deutschen Familienrecht dar. Sie wird durch das Familiengericht angeordnet, um das Umgangsrecht eines minderjährigen Kindes mit einem Elternteil oder einer anderen umgangsberechtigten Person sicherzustellen, wenn dessen Ausübung durch Dritte oder durch das Verhalten eines Elternteils gefährdet oder blockiert wird. Rechtsgrundlage ist § 1684 Abs. 3 und 4 sowie § 1684 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Rechtliche Grundlagen

Die Umgangspflegschaft ist ausdrücklich in § 1684 BGB geregelt. Demnach kann das Familiengericht eine neutrale Pflegeperson zur Ausübung und Durchsetzung des Umgangs für das Kind einsetzen. Das Gericht greift auf diese Maßnahme meist dann zurück, wenn mildere Mittel, insbesondere Beratungsangebote, Vermittlung durch das Jugendamt oder begleiteter Umgang, nicht zum Erfolg führen und eine eigenständige Umsetzung des Umgangs durch die Eltern massiv gestört oder verhindert ist.

Abgrenzung zu anderen Pflegschaftsarten

Die Umgangspflegschaft ist abzugrenzen von der Sorgerechtspflegschaft oder einer Beistandschaft, die jeweils andere Aufgabenschwerpunkte haben. Während die Sorgerechts- oder Ergänzungspflegschaft weitreichende Entscheidungskompetenzen umfasst, beschränkt sich die Umgangspflegschaft allein auf die Durchsetzung und Organisation bestehender Umgangsregelungen.


Voraussetzungen der Anordnung einer Umgangspflegschaft

Problematische Umgangssituationen

Die Anordnung einer Umgangspflegschaft kommt insbesondere bei nachhaltigen, schwerwiegenden Konflikten der Eltern über den Umgang in Betracht, etwa wenn der betreuende Elternteil den Umgang wiederholt verweigert oder aktiv behindert. Voraussetzung ist eine nachhaltige Gefährdung des Kindeswohls durch die Umgangsverweigerung. Das Familiengericht prüft dabei stets, ob mildere Mittel, wie Vermittlung, Beratung oder beaufsichtigter Umgang, ausgeschöpft sind oder erfolglos blieben.

Verfahren und Ablauf

Das Umgangspflegschaftsverfahren ist Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das Familiengericht eröffnet ein Verfahren auf Antrag eines Elternteils oder von Amts wegen. Folgende Punkte werden insbesondere geprüft:

  • Kindeswohl (§ 1697a BGB)
  • Erfolgsaussicht milderer Mittel
  • Geeignetheit und Neutralität des Umgangspflegers
  • Angemessenheit der Anordnung im Verhältnis zur Eingriffsintensität

Rechte und Pflichten des Umgangspflegers

Stellung des Umgangspflegers

Der Umgangspfleger erhält das Recht und die Pflicht, alle Entscheidungen zu treffen und praktische Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um den Umgang zwischen Kind und Umgangsberechtigtem zu ermöglichen. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Organisation und Begleitung der Kontakte
  • Übergabe des Kindes zu den Umgangszeiten
  • Kommunikation mit beiden Elternteilen
  • Berichtspflicht gegenüber dem Gericht

Die Rechte des Sorgeberechtigten werden in Bezug auf die Umgangsdurchführung dabei im erforderlichen Umfang eingeschränkt.

Dauer und Umfang

Die Dauer der Umgangspflegschaft wird vom Gericht regelmäßig auf einen klar definierten Zeitraum beschränkt oder bis zur Beseitigung der Umgangsschwierigkeiten angeordnet. Die Anordnung kann hinsichtlich einzelner Umgangstermine, der gesamten Umgangsregelung oder auch hinsichtlich der Organisation der Übergabe des Kindes ergehen.


Praktische Durchführung und Kosten

Auswahl und Bestellung des Umgangspflegers

Die Auswahl des Umgangspflegers erfolgt durch das Familiengericht. Die Pflegeperson sollte neutral, unabhängig und fachlich geeignet sein, über pädagogische sowie kommunikative Kompetenzen verfügen und im Regelfall nicht mit den beteiligten Parteien verwandt oder verschwägert sein.

Vergütung und Kostenregelung

Die Vergütung des Umgangspflegers richtet sich nach den Grundsätzen der §§ 1836, 1836a BGB. In der Regel werden die Kosten dem Elternteil auferlegt, der Anlass für die Anordnung der Umgangspflegschaft gegeben hat, oftmals also der umgangsverweigernde Elternteil. In Ausnahmefällen kann eine Kostenaufteilung oder die Übernahme der Kosten durch die Staatskasse erfolgen.


Beendigung und Aufhebung der Umgangspflegschaft

Eine Umgangspflegschaft ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für deren Anordnung entfallen, beispielsweise wenn sich der Elternstreit beigelegt hat oder das Kind ein Alter erreicht, in dem es den Umgang selbstbestimmt ausübt. Die Aufhebung erfolgt durch gerichtlichen Beschluss.


Bedeutung der Umgangspflegschaft für das Kindeswohl

Die Umgangspflegschaft dient der Sicherung des Rechts des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen (§ 1684 Abs. 1 BGB) und trägt dazu bei, langfristige emotionale und psychische Schäden zu verhindern, die durch den Kontaktabbruch zu einem Elternteil entstehen können. Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt aller gerichtlichen Erwägungen und der Arbeit des Umgangspflegers. Ihre praktische Anwendung trägt dazu bei, festgefahrene Konflikte zu lösen und die Entwicklung des Kindes positiv zu beeinflussen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, eine Umgangspflegschaft zu beantragen?

Eine Umgangspflegschaft kann grundsätzlich durch jeden Elternteil beantragt werden, der eine Beeinträchtigung oder Verweigerung des Umgangs mit dem Kind geltend macht. Zusätzlich sind auch andere umgangsberechtigte Personen, wie beispielsweise Großeltern oder Geschwister, antragsbefugt, sofern ihnen das Umgangsrecht gesetzlich zusteht (§ 1685 BGB). Das zuständige Familiengericht kann jedoch auch von Amts wegen, also ohne Antrag einer Partei, eine Umgangspflegschaft anordnen, wenn es dem Wohl des Kindes dient (§ 1684 Abs. 3 S. 3 BGB i.V.m. § 1915 BGB). Das Jugendamt als Beistand hat kein eigenes Antragsrecht, kann das Gericht aber auf eine erforderlich erscheinende Umgangspflegschaft hinweisen.

Welche Aufgaben und Befugnisse hat der Umgangspfleger?

Der Umgangspfleger wird vom Familiengericht bestellt, um die Durchführung der gerichtlich geregelten oder vereinbarten Umgangskontakte sicherzustellen. Seine zentrale Aufgabe besteht darin, den Umgang zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil unabhängig von den widerstreitenden Interessen der Eltern zu ermöglichen und zu organisieren. Dazu kann der Umgangspfleger die notwendigen Maßnahmen ergreifen, etwa die Übergabe des Kindes organisieren, Anweisungen zu Zeit und Ort des Umgangs treffen oder notfalls Umgangstermine begleiten. Er hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht in Bezug auf die mit dem Umgang zusammenhängenden Fragen, was ihn insbesondere dazu befähigt, das Kind an den umgangsberechtigten Elternteil herauszugeben oder wieder zurückzuführen (§ 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB). Entscheidungsbefugnisse über weitergehende Angelegenheiten – insbesondere bei gravierenden Gesundheitsfragen oder der generellen Personen- und Vermögenssorge – liegen weiterhin bei den Eltern oder dem Sorgerechtsinhaber.

Wie lange dauert eine Umgangspflegschaft?

Die Dauer einer Umgangspflegschaft ist stets vom Einzelfall abhängig und vom Familiengericht zu bestimmen. In der Regel ist sie auf den Zeitraum begrenzt, in dem ein nachhaltiger Konflikt zwischen den Eltern den Umgang behindert oder verhindert, beziehungsweise bis sich die Konfliktsituation soweit entspannt hat, dass eine eigenständige, reibungslose Umgangsausübung ohne fremde Hilfe wieder möglich erscheint. Häufig wird die Umgangspflegschaft zunächst befristet, beispielsweise für einige Monate oder bis zum Eintritt bestimmter Bedingungen. Eine gerichtliche Überprüfung und ggf. Verlängerung oder Aufhebung der Maßnahme ist auf Antrag oder von Amts wegen jederzeit möglich, wenn sich die Umstände ändern (§ 1696 BGB).

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Umgangspflegschaft?

Die rechtliche Grundlage bildet § 1684 Abs. 3 Satz 3 und Satz 6 BGB. Voraussetzung für die Bestellung eines Umgangspflegers ist, dass der Umgang zwischen Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil erheblich erschwert oder vereitelt wird, insbesondere durch die Weigerung des betreuenden Elternteils, das Kind herauszugeben oder den Umgang zu ermöglichen. Das Gericht muss dabei stets das Kindeswohl als oberste Leitlinie berücksichtigen und die milderen Mittel zur Durchsetzung des Umgangs ausschöpfen, bevor die Bestellung eines Umgangspflegers erfolgt. Die Bestellung stellt einen erheblichen Eingriff in das elterliche Sorgerecht dar und ist daher nur zulässig, wenn weniger einschneidende Maßnahmen, wie z.B. Zwangsgeld oder Zwangshaft, nicht erfolgreich oder nicht zumutbar sind (§ 1696 BGB; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).

Wer trägt die Kosten einer Umgangspflegschaft?

Die Kosten für eine Umgangspflegschaft umfassen primär die Vergütungsansprüche des Umgangspflegers, die in der Regel nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) abgerechnet werden. Die Festsetzung der konkreten Höhe erfolgt durch das Familiengericht. Grundsätzlich sind diese Kosten von den Eltern anteilig je nach ihrem Einkommen zu tragen, soweit keine Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde (§ 81 FamFG). In Ausnahmefällen kann das Gericht die Kosten auch einer Partei ganz auferlegen, beispielsweise wenn diese durch ihr Verhalten die Bestellung des Umgangspflegers erforderlich gemacht hat. Wenn das Kind Verfahrensbeteiligter ist, kommt eine Kostenübernahme durch die Staatskasse nur bei Mittellosigkeit der Beteiligten in Betracht.

Welche Rechte und Pflichten haben die Eltern während einer Umgangspflegschaft?

Während einer Umgangspflegschaft gehen die elterlichen Rechte bezüglich der den Umgang betreffenden Angelegenheiten auf den Umgangspfleger über. Eltern müssen dessen Anordnungen in Bezug auf die Durchführung, zeitliche Gestaltung und Übergabe dulden und dürfen den Umgang nicht weiter eigenmächtig behindern oder verweigern. Sie sind verpflichtet, an der Umsetzung der gerichtlichen Umgangsregelung sowie an dessen Organisation mitzuwirken und dem Umgangspfleger den Zugang zum Kind zu ermöglichen. Die übrigen elterlichen Rechte und Pflichten, etwa in Bereichen der allgemeinen Sorge, bleiben jedoch unberührt und werden nur für die spezifischen Fragen des Umgangs eingeschränkt.

Kann gegen die Bestellung eines Umgangspflegers Rechtsmittel eingelegt werden?

Gegen den Beschluss des Familiengerichts, mit dem ein Umgangspfleger bestellt wird, ist die Beschwerde als Rechtsmittel statthaft (§ 58 FamFG). Elternteile und sonstige beteiligte Personen können binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung Beschwerde bei dem zuständigen Oberlandesgericht einlegen. Die Beschwerde kann sich sowohl gegen die Bestellung als solche als auch gegen den Umfang der Umgangspflegschaft oder die Auswahl der Person des Umgangspflegers richten. Während des Beschwerdeverfahrens bleibt die Entscheidung, sofern nicht besonders ausgesetzt, zunächst vollziehbar (§ 64 FamFG).