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Überwachung am Arbeitsplatz


Begriff und Bedeutung der Überwachung am Arbeitsplatz

Unter Überwachung am Arbeitsplatz versteht man alle Maßnahmen und technischen Mittel, mit denen Arbeitgeber das Verhalten und die Leistung ihrer Beschäftigten während der Arbeitszeit systematisch erfassen, beobachten oder kontrollieren. Ziel der Überwachung kann unter anderem die Sicherstellung von Arbeitsabläufen, die Kontrolle der Einhaltung betrieblicher Vorschriften, der Schutz von Eigentum sowie die Optimierung von Arbeitsprozessen sein. Die rechtliche Zulässigkeit und die Grenzen solcher Überwachungsmaßnahmen sind in Deutschland sowie auf europäischer Ebene umfassend geregelt.

Rechtliche Grundlagen der Überwachung am Arbeitsplatz

Datenschutzrechtliche Regelungen

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Die DSGVO bildet seit Mai 2018 die zentrale Grundlage für den Umgang mit personenbezogenen Daten in der Europäischen Union. Die Überwachung am Arbeitsplatz stellt grundsätzlich eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, da häufig Arbeitsverhalten, Kommunikationsinhalte oder Standorte von Beschäftigten betroffen sind. Nach Art. 6 DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur bei Vorliegen einer Rechtsgrundlage zulässig.

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Ergänzend zur DSGVO konkretisiert das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Regelungen zur Mitarbeiterüberwachung. Besonders relevant ist § 26 BDSG, der die Verarbeitung von Beschäftigtendaten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses erlaubt, soweit sie für die Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.

Arbeitsrechtliche Vorgaben

Direktionsrecht und Grenzen

Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht (§ 106 Gewerbeordnung) gestattet Anweisungen hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Die Überwachung am Arbeitsplatz überschreitet jedoch oft den arbeitsvertraglichen Rahmen und muss im Einzelfall am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemessen werden.

Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats sind viele Maßnahmen unzulässig.

Persönlichkeitsrechte und Grundgesetz

Die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer werden durch Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützt. Die Überwachung darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der Menschenwürde oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führen.

Zulässige und unzulässige Formen der Überwachung

Videoüberwachung

Offen vs. Verdeckte Videoüberwachung

Eine dauerhafte, offene Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht, wie etwa der Schutz vor Diebstahl. Die verdeckte Videoüberwachung ist nur unter engen Voraussetzungen und bei einem konkreten Verdacht auf strafbare Handlungen rechtlich gestattet und stets das letzte Mittel („Ultima Ratio“).

Informationspflichten

Arbeitnehmer müssen über Art, Umfang und Zweck der Videoüberwachung informiert werden (Art. 13 DSGVO).

Kontrolle von E-Mails und Internetnutzung

Einblick in betriebliche E-Mails oder Internetnutzungsdaten ist nur erlaubt, sofern keine private Nutzung gestattet wurde und ein berechtigtes Interesse besteht. Ist private Nutzung ausdrücklich untersagt, ist eine Kontrolle eher zulässig; andernfalls ist die Einsichtnahme rechtlich problematisch.

Einsatz von GPS und Ortungssystemen

Die Überwachung der Mitarbeiter per GPS ist ausschließlich bei Vorliegen eines konkreten Sachgrundes zulässig (z. B. bei Außendiensttätigkeit, Schutz von Unternehmenswerten). Die Nutzung der Daten muss auf das Notwendigste begrenzt und transparent gestaltet sein.

Telefonüberwachung und Mitschneiden von Gesprächen

Das heimliche Abhören oder Aufzeichnen von Telefongesprächen ist grundsätzlich nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) verboten. Eine Einwilligung aller beteiligten Personen ist zwingend erforderlich.

Grenzen und Voraussetzungen von Überwachungsmaßnahmen

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Jede Form der Überwachung am Arbeitsplatz muss verhältnismäßig sein. Das bedeutet, die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Alternativen mit geringerem Eingriffsvorbehalt sind stets vorrangig zu prüfen.

Transparenz und Dokumentationspflichten

Unternehmen sind verpflichtet, betroffene Arbeitnehmer in verständlicher Form über Überwachungsmaßnahmen aufzuklären (Informationspflicht gemäß DSGVO). Erforderlich ist eine genaue Beschreibung des Zwecks, Umfangs und der Dauer der Datenspeicherung.

Einwilligung der Beschäftigten

Eine freiwillige Einwilligung der Arbeitnehmer kommt als Rechtsgrundlage infrage, ist jedoch im Arbeitsverhältnis aufgrund des bestehenden Über- und Unterordnungsverhältnisses in der Praxis oft umstritten. Sie muss freiwillig, informiert und dokumentiert erfolgen.

Sanktionen bei rechtswidriger Überwachung

Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen können nach Art. 83 DSGVO empfindliche Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens nach sich ziehen. Zudem drohen arbeitsrechtliche Sanktionen (z. B. Beweisverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess) sowie die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch betroffene Arbeitnehmer.

Überwachung am Arbeitsplatz im Spannungsverhältnis von Arbeitgeberinteressen und Arbeitnehmerschutz

Die Überwachung am Arbeitsplatz befindet sich im Schnittpunkt zwischen berechtigten Arbeitgeberinteressen, unternehmerischer Sicherheit und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. Bei jeder geplanten Überwachungsmaßnahme ist eine sorgfältige Abwägung aller Interessen unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben vorzunehmen. Die Einbindung von Arbeitnehmervertretungen und die Schaffung von Transparenz fördern einen rechtskonformen und vertrauensvollen Umgang mit Überwachungstechnologien am Arbeitsplatz.


Siehe auch:

  • Datenschutz am Arbeitsplatz
  • Arbeitnehmerdatenschutz
  • Betriebsrat und Mitbestimmungsrechte
  • Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Häufig gestellte Fragen

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz rechtlich zulässig?

Eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist in Deutschland grundsätzlich nach den Maßgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorliegt und die Überwachungsmaßnahmen verhältnismäßig sind. Die Maßnahme muss erforderlich sein, um beispielsweise Eigentum, die Sicherheit von Mitarbeitern oder Betriebsgeheimnisse zu schützen. Gleichzeitig sind die Interessen und Grundrechte der Arbeitnehmer zu wahren; insbesondere das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dürfen nicht unangemessen beeinträchtigt werden. Vor dem Einsatz müssen die Beschäftigten umfassend über Art, Umfang, Zweck und Dauer der Überwachung informiert werden. Ferner ist in Bereichen mit besonderem Persönlichkeitsschutz, wie Umkleideräumen, Pausenräumen oder Toiletten, eine Videoüberwachung grundsätzlich unzulässig. Eine offene Überwachung ist stets einer verdeckten vorzuziehen. Besteht ein Betriebsrat, ist dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwingend zu beteiligen.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer gegen eine unrechtmäßige Überwachung?

Arbeitnehmer können sich auf verschiedene Rechte berufen, wenn sie von einer unzulässigen Überwachung betroffen sind. Zunächst besteht das Recht auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO; der Arbeitgeber muss mitteilen, welche Daten, auf welcher Grundlage, zu welchem Zweck und für wie lange verarbeitet werden. Im Falle einer rechtswidrigen Überwachung haben Beschäftigte das Recht, auf Löschung der erhobenen Daten (Art. 17 DSGVO) sowie auf Einschränkung der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO) zu bestehen. Darüber hinaus können sie sich bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde beschweren und gegebenenfalls zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung und Schadensersatz, geltend machen. Auch der Betriebsrat kann bei Verdacht auf unrechtmäßige Maßnahmen intervenieren und das Mitbestimmungsrecht einfordern.

Ist die Überwachung der E-Mail- und Internetnutzung von Arbeitnehmern rechtlich erlaubt?

Die Überwachung der E-Mail- und Internetnutzung unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Sie ist nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse nachweisbar ist, etwa zur Sicherstellung der IT-Sicherheit oder zur Verhinderung rechtswidriger Tätigkeiten. Wurde die private Nutzung von E-Mail und Internet ausdrücklich untersagt, kann eine Überwachung eher gerechtfertigt sein, während sie im Falle erlaubter Privatnutzung weitgehend unzulässig ist, da dann das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) zusätzlich zu berücksichtigen ist. Vor Durchführung solcher Maßnahmen ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Überdies ist eine detaillierte Information der Beschäftigten erforderlich und die Maßnahme muss sich auf das notwendige Maß beschränken. Auch hier ist die Beteiligung des Betriebsrats vorgeschrieben.

Unter welchen Bedingungen dürfen GPS-Ortungsdaten von Dienstfahrzeugen aufgezeichnet werden?

Die Aufzeichnung von GPS-Daten bei Dienstfahrzeugen stellt eine Erhebung personenbezogener Daten dar und ist daher nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Die Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach einer Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, etwa zur Einsatzplanung, Routenoptimierung oder Diebstahlsicherung, und dem Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner persönlichen Daten. Eine dauerhafte Überwachung ist in den wenigsten Fällen verhältnismäßig und wäre nur durch besonders gewichtige Interessen, wie zum Beispiel bei begründetem Verdacht auf Straftaten, zu rechtfertigen. Die Betroffenen sind vor Beginn der Maßnahme über Zweck, Umfang und Dauer der Datenerhebung zu informieren. Auch die Möglichkeit privater Nutzung des Fahrzeugs ist zu berücksichtigen. Ist diese gestattet, ist die GPS-Überwachung im privaten Modus unzulässig. Die Speicherung und Auswertung der Daten sind auf ein Minimum zu beschränken und die Mitbestimmung des Betriebsrats ist zu gewährleisten.

Dürfen Arbeitgeber heimliche Überwachungsmaßnahmen (verdeckte Kameras, Keylogger) einsetzen?

Verdeckte Überwachungsmaßnahmen, wie der Einsatz geheimer Kameras oder Keylogger zur heimlichen Aufzeichnung von Tastatureingaben, sind nur in äußerst engen gesetzlichen Ausnahmefällen zulässig. Solche Eingriffe stellen erhebliche Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht und die informationelle Selbstbestimmung der Arbeitnehmer dar und sind daher grundsätzlich unzulässig. Zulässig ist eine verdeckte Überwachung nur dann, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder eine schwerwiegende Vertragsverletzung vorliegt, mildere Mittel ausgeschöpft wurden und die Überwachungsmaßnahme im Einzelfall verhältnismäßig ist. Vor dem Einsatz solcher Maßnahmen ist ebenfalls die Beteiligung des Betriebsrats zwingend erforderlich. Bei Verstößen können die gesammelten Daten vor Gericht als unzulässige Beweismittel verworfen werden und dem Arbeitgeber drohen empfindliche Sanktionen.

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei Überwachungsmaßnahmen?

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei allen technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Dies umfasst sämtliche Überwachungsmaßnahmen wie Videoüberwachungen, E-Mail- und Internetkontrollen, Zeiterfassungssysteme oder GPS-Tracking. Der Arbeitgeber darf derartige Maßnahmen nicht ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats einführen oder anwenden. Der Betriebsrat kann auf die Ausgestaltung der Maßnahme, Transparenz, Protokollierung und Löschung der Daten Einfluss nehmen und gegebenenfalls auch den Zugang zu den Daten regeln. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats ist die Maßnahme rechtswidrig und kann von Arbeitsgerichten untersagt werden.

In welchem Umfang müssen Beschäftigte über Überwachungsmaßnahmen informiert werden?

Arbeitgeber unterliegen einer umfassenden Informationspflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern, wenn es um Überwachungsmaßnahmen geht. Die Informationspflicht ergibt sich aus Art. 13 DSGVO. Die Beschäftigten sind vor der Einführung einer Überwachungsmaßnahme über Zweck, Art, Rechtsgrundlage, Umfang und Dauer der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung sowie über ihre Rechte hinsichtlich der erhobenen Daten aufzuklären. Diese Informationen müssen transparent, verständlich und leicht zugänglich erfolgen; eine bloße allgemeine Betriebsvereinbarung reicht meist nicht aus. Verstöße gegen diese Informationspflicht können zu Ansprüchen auf Schadensersatz und Bußgeldern führen. Die Dokumentation und Nachweisbarkeit der erfolgten Aufklärung ist ratsam, um Streitfällen vorzubeugen.