Legal Lexikon

Übertragung


Begriff und Bedeutung der Übertragung im Recht

Die Übertragung ist ein zentraler Rechtsbegriff, der in zahlreichen Teilbereichen des Zivilrechts, öffentlichen Rechts und Arbeitsrechts Anwendung findet. Grundsätzlich bezeichnet Übertragung den Vorgang, bei dem ein Recht, eine Pflicht, ein Anspruch oder ein Gegenstand von einer natürlichen oder juristischen Person auf eine andere übergeht. Rechtlich betrachtet handelt es sich dabei um einen dinglichen oder obligatorischen Vorgang, der Voraussetzungen sowie unterschiedliche Rechtsfolgen erzeugt. Die Übertragung kann durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder gerichtliche Entscheidung erfolgen.

Übertragung im Zivilrecht

Übertragung von Rechten

Die Übertragung von Rechten, insbesondere Forderungen und Eigentumsrechten, ist einer der wichtigsten Anwendungsbereiche.

Abtretung (Zession)

Gemäß §§ 398 ff. BGB beschreibt die Abtretung (Zession) die vertragliche Übertragung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar). Die Abtretung bedarf eines wirksamen Abtretungsvertrages; eine bestimmte Form ist, soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, meist nicht erforderlich. Die Zustimmung des Schuldners ist nicht notwendig (§ 398 S. 2 BGB), jedoch kann ein Abtretungsverbot vereinbart werden (§ 399 BGB).

Übertragung von Eigentum

Die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache bedarf nach § 929 BGB grundsätzlich einer Einigung (Übereignungsvertrag) und der Übergabe der Sache. Bei Grundstücken erfolgt die Übertragung durch Einigung und Eintragung ins Grundbuch (§ 873 BGB). Demzufolge bezeichnet die Eigentumsübertragung den Wechsel der Eigentümerstellung unter Wahrung der gesetzlichen Vorschriften.

Übertragung von Gesellschaftsanteilen

Bei Anteilen an einer Gesellschaft (z. B. GmbH-Anteilen) ist deren Übertragung von besonderen formellen Voraussetzungen abhängig, meist schriftlich oder, wie bei GmbH-Anteilen, notariell (§ 15 GmbHG). Die rechtliche Wirkung der Übertragung richtet sich nach den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften.

Übertragung von Pflichten

Die Übertragung von Verpflichtungen ist rechtlich stärker begrenzt und kommt insbesondere durch Schuldübernahme (§ 414 ff. BGB) oder Vertragsübernahme vor. Während bei der Schuldübernahme der Schuldner ausgetauscht wird, erfolgt bei Vertragsübernahme die Gesamtübertragung des Rechtsverhältnisses, was regelmäßig die Zustimmung aller Beteiligten erfordert.

Gesamtrechtsnachfolge

Ein Sonderfall ist die Gesamtrechtsnachfolge, bei der das Vermögen als Ganzes übergeht, beispielsweise im Erbfall (§ 1922 BGB: Erbfolge), aber auch bei der Verschmelzung von Gesellschaften (vgl. Umwandlungsgesetz).

Übertragung im Öffentlichen Recht

Die Übertragung spielt auch im öffentlichen Recht eine zentrale Rolle, vor allem im Kontext der Übertragung von Kompetenzen und Zuständigkeiten.

Übertragung von Hoheitsrechten

Hoheitsrechte können durch Gesetz auf andere staatliche Stellen oder Körperschaften übertragen werden, beispielsweise auf Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) oder im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung.

Übertragung von Aufgaben und Befugnissen

Behördliche Aufgaben können durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsakt auf andere öffentliche oder private Stellen übertragen werden. Die formellen Voraussetzungen sowie der Umfang richten sich nach den jeweiligen Spezialgesetzen.

Übertragung im Arbeitsrecht

Im Arbeitsverhältnis wird unter Übertragung insbesondere die Zuweisung anderer Tätigkeiten, Aufgaben oder Arbeitsbereiche verstanden. Die Grenzen der Übertragung ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, tariflichen Vorschriften und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO).

Betriebliches Mitbestimmungsrecht

Berührt eine Übertragung von Aufgaben oder Tätigkeiten kollektive Interessen, ist oft die Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderlich (z. B. bei Versetzung, § 99 BetrVG).

Betriebsübergang

Ein Sonderfall ist der Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, bei dem Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den Erwerber eines Betriebs übergehen. Hier gibt es spezielle Schutzmechanismen zugunsten der Beschäftigten.

Übertragung im Gesellschaftsrecht und Steuerrecht

Anteilübertragung und Beteiligungsquoten

Im Gesellschaftsrecht sind die Übertragung von Anteilen, Rechten und Pflichten an Gesellschaften, sowie deren steuerliche Behandlung, häufig Gegenstand eingehender gesetzlicher Regelung. Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen und stillen Beteiligungen erfordert besondere Beachtungen hinsichtlich Insolvenz und Gläubigerschutz.

Steuerliche Folgen bei Übertragung

Mit der Übertragung von Vermögensgegenständen oder Rechten (beispielsweise Schenkung, Erbschaft oder Unternehmensübergabe) sind steuerliche Konsequenzen verbunden (Erbschaft-, Schenkungsteuer, Grunderwerbsteuer etc.). Hierbei orientiert sich die Besteuerung regelmäßig am Wert des übertragenen Gegenstands und dem Verhältnis der Beteiligten.

Übertragung und Rechtsfolgen

Die rechtlichen Wirkungen einer Übertragung sind vielfältig. Sie reichen von der Änderung der Rechtsinhaberschaft bis zur umfassenden Übernahme von Verantwortung und Rechten. Die Einzelheiten bestimmen sich jeweils nach der Art und Weise sowie der rechtlichen Grundlage der jeweiligen Übertragung.

Literaturhinweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Umwandlungsgesetz (UmwG)
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

Zusammenfassung

Die Übertragung ist ein vielschichtiger Rechtsbegriff, der als zentrales Bindeglied zwischen den verschiedenen Rechtsbereichen dient. Sowohl im Zivilrecht, im öffentlichen Recht als auch im Arbeits- und Steuerrecht regelt sie den gesetzlichen oder vertraglichen Übergang von Rechten, Pflichten, Vermögenswerten oder Zuständigkeiten mit jeweils spezifischen Voraussetzungen und Rechtswirkungen. Die genaue rechtliche Ausgestaltung erfordert stets eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen gesetzlichen Regelung und der betroffenen Rechtsgüter.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame Übertragung erfüllt sein?

Für eine wirksame Übertragung – beispielsweise von Rechten, Forderungen oder Eigentum – bedarf es im deutschen Recht in der Regel eines sogenannten „Verfügungsgeschäfts“, das auf einen rechtlichen Übergang des jeweiligen Gegenstands gerichtet ist. Je nach Art des Rechts kann hierfür ein formeller Akt erforderlich sein; etwa bei Grundstücksübertragungen, für die neben dem schuldrechtlichen Grundgeschäft (z.B. Kaufvertrag) ein notariell beurkundeter Vertrag sowie die Eintragung im Grundbuch nötig sind (§§ 873 ff. BGB). Die Übertragung von Forderungen, etwa durch Abtretung (Zession gemäß §§ 398 ff. BGB), setzt voraus, dass die Forderung abtretbar ist, es keine vertraglichen oder gesetzlichen Abtretungsverbote gibt und die Abtretung dem gesetzlichen Formerfordernis genügt. Zusätzlich müssen die Parteien über die Übertragung einig sein („Einigung“), und der Übertragende muss in der Regel verfügungsberechtigt sein, also Inhaber des Rechts sein. Bei beweglichen Sachen benötigt das Gesetz häufig die Übergabe, es sei denn, es liegt ein Besitzkonstitut oder eine Besitzmittlungsverhältnis vor (§ 929 ff. BGB).

In welchen Fällen ist eine Übertragung gesetzlich ausgeschlossen?

Eine Übertragung ist rechtlich ausgeschlossen, wenn sie durch Gesetz, Vertrag oder die Natur der Sache selbst untersagt ist. Gesetzliche Verbote finden sich beispielsweise bei höchstpersönlichen Rechten, wie dem Nießbrauch (§ 1059 BGB), Unterhaltsansprüchen (§ 400 BGB) oder Mitgliedschaftsrechten in Vereinen (§ 38 BGB). Auch kann per Vertrag ein Abtretungsverbot für Forderungen vereinbart werden (§ 399 BGB). Darüber hinaus verbietet das Gesetz die Übertragung von Rechtspositionen, deren Ausübung untrennbar an die Person des Berechtigten geknüpft ist – etwa Vormundschaften oder öffentliche Ämter. Bei Übertragung bestimmter Sachen, wie beispielsweise Kulturgütern, können zudem öffentlich-rechtliche Genehmigungspflichten vorliegen (Kulturgutschutzgesetz).

Welche besondere Formvorschriften gelten für die Übertragung bestimmter Rechte oder Sachen?

Je nach Art des zu übertragenden Rechts oder Gegenstands gelten unterschiedliche Formvorschriften. Bei der Übertragung von Grundstücken ist eine notarielle Beurkundung des Vertrags unabdingbar (§ 311b Abs. 1 BGB), gefolgt von der Grundbucheintragung (§ 873 BGB) als konstitutivem Element. Bei Forderungen reicht grundsätzlich Einigung ohne besondere Form, es sei denn, eine besondere gesetzliche Schrift- oder Textform ist vorgeschrieben (beispielsweise für bestimmte Lizenzen oder Beteiligungen an Gesellschaften). Bei Namensaktien erfolgt die Übertragung durch Indossament und Übergabe der Urkunde (§§ 68 ff. AktG). Die Übertragung von beweglichen Sachen folgt dagegen dem Prinzip der Übergabe und Einigung (§ 929 Satz 1 BGB); bei Kraftfahrzeugen ist jedoch zudem die Vorlage von Zulassungsbescheinigung und Fahrzeugbrief üblich, um einen gutgläubigen Erwerb zu belegen. Bei einigen Urheberrechten ist eine schriftliche Abtretung zwingend.

Welche Rolle spielt die Zustimmung Dritter bei der Übertragung?

In vielen Fällen ist eine Übertragung nur mit Zustimmung eines Dritten möglich oder wirksam. Das gilt beispielsweise bei gemeinschaftlichem Eigentum, bei dem die Übertragung nur im Einverständnis aller Miteigentümer erfolgen darf (§ 747 BGB). Auch Gesellschaftsanteile sind häufig nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter oder der Gesellschaft selbst übertragbar, wie etwa nach § 15 Abs. 5 GmbHG für Geschäftsanteile einer GmbH, bei dem der Gesellschaftsvertrag entsprechende Regelungen enthalten kann. Im Mietrecht kann die Übertragung der Mietrechte oder Untervermietung von der Zustimmung des Vermieters abhängig sein (§ 540 BGB). Gleiches gilt für Pfandrechte oder Sicherungsrechte, bei denen Drittrechte bestehen. Auch bei Rechten mit Abtretungsverbot ist regelmäßig die Zustimmung des Schuldners oder Berechtigten erforderlich.

Können durch eine Übertragung bestehende Haftungsverhältnisse geändert werden?

Die Übertragung eines Rechts ändert in der Regel die mit diesem Recht verbundenen Haftungsverhältnisse entsprechend dem gesetzlichen Leitbild. Bei Eigentumsübertragung haftet der neue Eigentümer ab Eintragung beziehungsweise Übergabe für die mit der Sache verbundenen Rechte und Pflichten (z.B. Kosten und Lasten eines Grundstücks nach § 446 BGB). Bei Forderungsübertragung (Zession) haftet der Zedent grundsätzlich nicht für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners, sondern lediglich für das Bestehen der Forderung (§ 398 ff. BGB, insbesondere § 437 BGB). Bei Vertragsübernahmen hingegen (z.B. im Rahmen von Schuldnerschafts- oder Gläubigerwechsel nach §§ 414 ff. BGB) gehen – soweit vereinbart und gesetzlich zulässig – die entsprechenden Verpflichtungen und Nebenpflichten auf den neuen Vertragspartner über. Soweit eine befreiende Schuldübernahme vorliegt, bedarf es regelmäßig der Zustimmung des Gläubigers nach § 415 BGB.

Welche Folgen hat eine fehlerhafte Übertragung?

Eine fehlerhafte Übertragung, beispielsweise aufgrund fehlender Verfügungsbefugnis, nicht erfüllter Formvorschriften oder eines bestehenden Abtretungsverbots, ist regelmäßig unwirksam und entfaltet keine rechtsändernde Wirkung. Die Folge ist, dass das Recht weiterhin beim bisherigen Inhaber verbleibt und der Erwerber keine rechtlichen Ansprüche daraus herleiten kann. In manchen Fällen besteht jedoch ein gutgläubiger Erwerbsschutz, etwa bei beweglichen Sachen (§§ 932 ff. BGB) oder bei bestimmten Wertpapieren. Im Bereich der Forderungen schützt das deutsche Recht den Schuldner, sofern er in gutem Glauben an den bisherigen Gläubiger leistet (§ 407 BGB). Liegt ein Formmangel vor, kann das Geschäft in Ausnahmefällen nachträglich geheilt werden (z.B. durch Grundbucheintragung bei Grundstücksgeschäften, § 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Sind durch die fehlerhafte Übertragung Schäden entstanden, kommen Ersatzansprüche gegen den Übertragenden wegen positiver Vertragsverletzung oder Verschuldenshaftung in Betracht.