Begriff und Bedeutung der Übersetzung im Urheberrecht
Die Übersetzung im Sinne des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) stellt eine besondere Form der Bearbeitung eines geschützten Werkes dar. Besonders im literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich gewinnt die Übersetzung zentrale Bedeutung, weil sie es ermöglicht, Werke über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg zugänglich zu machen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Übersetzung und deren Schutz sind dabei eng mit dem allgemeinen Urheberrecht und dem Schutz von Bearbeitungen verbunden.
Gesetzliche Grundlagen zur Übersetzung nach UrhG
Schutzfähige Werke (§ 2 UrhG)
Gemäß § 2 Abs. 1 UrhG sind Sprachwerke, einschließlich Schriften, Reden und Computerprogramme, urheberrechtlich geschützt. Voraussetzung für den Schutz ist, dass das Werk persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG darstellt. Das gilt sowohl für das ursprüngliche Werk als auch für dessen Übersetzung, sofern diese ebenfalls als eigene geistige Schöpfung angesehen werden kann.
Übersetzungen als Bearbeitungen (§ 3 UrhG)
Nach § 3 UrhG sind Übersetzungen sogenannte Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen geschützter Werke. Eine Übersetzung erhält dann selbst urheberrechtlichen Schutz, wenn sie die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe aufweist. Der Urheber der Übersetzung wird dabei als „Bearbeiter“ im Sinne des UrhG bezeichnet.
Schöpfungshöhe der Übersetzung
Nicht jede Übersetzung ist automatisch urheberrechtlich geschützt. Es bedarf eines gewissen Grades an Individualität und Gestaltungshöhe. Dies ist etwa dann gegeben, wenn die Übersetzung eigenständige sprachliche Lösungen, kreative Übertragungen von Wortspielen oder idiomatische Besonderheiten enthält. Reine maschinelle Übersetzungen oder wortwörtliche Übertragungen ohne eigene kreative Leistung erreichen diese Schutzschwelle in der Regel nicht.
Rechte und Pflichten bei Übersetzungen
Rechtliche Beziehung zum Originalwerk
Da die Übersetzung eine Bearbeitung des Originalwerks darstellt, bedarf die Herstellung und Veröffentlichung einer Übersetzung gemäß § 23 UrhG grundsätzlich der Zustimmung des Rechteinhabers (Urhebers) des Originals. Fehlt eine solche Erlaubnis, ist die Übersetzung eine unrechtmäßige Bearbeitung. Eigenständiger urheberrechtlicher Schutz der Übersetzung entsteht unabhängig davon, ob die Bearbeitung mit Zustimmung gefertigt wurde.
Doppelte Rechtekette
Für die Nutzung einer Übersetzung müssen in der Regel die Rechte sowohl am Originalwerk (vom Urheber oder Rechteinhaber) als auch an der Übersetzung (vom Übersetzer) beachtet werden. Das betrifft insbesondere die Verwertung, Veröffentlichung und Verbreitung der Übersetzung.
Rechte des Übersetzers
Dem Übersetzer stehen hinsichtlich seiner Arbeit eigene Urheberpersönlichkeitsrechte und Verwertungsrechte (§§ 15 ff. UrhG) zu. Dazu zählen insbesondere:
- das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG)
- Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG)
- Nutzungs- und Verwertungsrechte (z.B. Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Öffentlichkeitsrechte)
Übersetzer können diese Rechte selbst wahrnehmen oder Dritten (beispielsweise Verlagen) übertragen.
Rechtsfolgen einer urheberrechtlich geschützten Übersetzung
Schutzdauer
Die Schutzfrist der Übersetzung beträgt gemäß § 64 UrhG 70 Jahre nach dem Tod des Übersetzers als Bearbeiter. Diese Schutzfrist läuft unabhängig davon, ob auch der Schutz am Originalwerk noch besteht; für die Nutzung sind jedoch immer beide Rechte zu beachten, solange das Originalwerk noch geschützt ist.
Nutzung und Lizenzierung
Da Übersetzungen zwei Rechteketten miteinander verbinden, ist für die rechtmäßige (kommerzielle wie nicht-kommerzielle) Verwertung einer Übersetzung regelmäßig die Lizenzierung sowohl vom Rechteinhaber des Originalwerkes als auch vom Übersetzer erforderlich. Eine Ausnahme besteht, wenn das Originalwerk gemeinfrei ist; dann genügt die Einwilligung des Übersetzers.
Unzulässige Übersetzungen und Rechtsfolgen
Wird eine Übersetzung ohne Zustimmung des Originalrechteinhabers erstellt oder veröffentlicht, liegt u.U. eine Urheberrechtsverletzung vor. Mögliche Konsequenzen umfassen
- Unterlassungsansprüche,
- Schadensersatzforderungen,
- Vernichtungsansprüche bezüglich unrechtmäßig hergestellter Exemplare.
Deckt die Übersetzung jedoch eine eigene Schöpfungshoehe ab, bleibt sie als Werk unter Umständen eigenständig geschützt, auch wenn sie unbefugt zu Stande kam – ihre Verwertung bleibt jedoch rechtlich eingeschränkt.
Übersetzungen gemeinfreier Werke
Ist das Originalwerk gemeinfrei, das heißt, die urheberrechtliche Schutzdauer ist abgelaufen, kann das Werk prinzipiell ohne Zustimmung genutzt und bearbeitet werden. Entsteht durch die Übersetzung eine eigene schöpferische Leistung, steht dem Übersetzer an dieser Übersetzung ein eigenes Urheberrecht zu.
Internationale Aspekte
Geltung internationaler Abkommen
Internationale Verträge wie die Berner Übereinkunft und TRIPS-Abkommen verpflichten Mitgliedsstaaten, Übersetzungen als schutzfähige Bearbeitungen anzuerkennen und den Übersetzern angemessenen Schutz zu gewähren. Dies erleichtert die grenzübergreifende Sicherung der Rechte am Originalwerk und der Übersetzung.
Anwendung des Übersetzungsrechts auf fremdsprachige Werke
Auch bei fremdsprachigen Werken innerhalb Deutschlands findet das UrhG Anwendung, sofern die Werke in Deutschland genutzt oder veröffentlicht werden. Dies gilt ebenso für Übersetzungen ausländischer Werke.
Fazit
Die Übersetzung eines Werkes ist im deutschen Urheberrecht als schutzfähige Bearbeitung anerkannt, vorausgesetzt, sie erfüllt die Anforderungen an die schöpferische Eigenleistung. Die rechtliche Stellung der Übersetzung ist komplex, da die Rechte am Originalwerk und an der Übersetzung selbst voneinander abhängig, aber zugleich eigenständig sind. Die Erteilung, Wahrung und Durchsetzung von Nutzungsrechten an Übersetzungen verlangt daher eine umfassende Kenntnis der einschlägigen urheberrechtlichen Bestimmungen – insbesondere der §§ 2, 3, 23 UrhG sowie der internationalen Regelwerke. Für die rechtssichere Nutzung und Vermarktung von Übersetzungen sind daher stets die Rechte aller beteiligten Urheber und Rechteinhaber zu berücksichtigen.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist eine Übersetzung nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützt?
Eine Übersetzung genießt nach § 3 UrhG als sogenannte „Bearbeitung“ urheberrechtlichen Schutz, sofern die Übersetzung eine persönliche geistige Schöpfung des Übersetzers darstellt. Der Schutz entsteht automatisch mit der Schaffung der Übersetzung und ist unabhängig vom Schutz des Originalwerks. Voraussetzung für den Schutz ist, dass die Übersetzung eine individuelle Ausdrucksstärke aufweist und sich nicht in einer rein maschinellen oder wortwörtlichen Übertragung erschöpft. Die geistige Leistung des Übersetzers muss erkennbar werden und über rein routinemäßige Übertragungen hinausgehen. Zu beachten ist, dass das Urheberrecht an der Übersetzung neben dem Urheberrecht am Originalwerk besteht, sodass Rechte des Originalautors beachtet werden müssen. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers am Original darf eine urheberrechtlich geschützte Vorlage nicht öffentlich zugänglich gemacht oder verwertet werden (§ 23 UrhG).
Welche Rechte stehen dem Übersetzer an seiner Übersetzung zu?
Der Übersetzer einer geschützten Vorlage wird als Urheber der Übersetzung betrachtet und erhält somit die gleichen Rechte wie der Urheber des Originalwerks. Dazu gehören insbesondere das Recht auf die Veröffentlichung, Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe und Bearbeitung der Übersetzung (§ 15 UrhG). Die Rechte fallen dem Übersetzer zu, sofern keine abweichenden Vereinbarungen, zum Beispiel im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder Verlagsvertrages, getroffen wurden. Allerdings wird das Verwertungsrecht durch die Rechte des Originalautors eingeschränkt: Das heißt, die Übersetzung darf nur mit dessen Zustimmung verwertet werden, solange das Originalwerk urheberrechtlich geschützt ist.
Benötigt der Übersetzer immer die Zustimmung des Originalautors?
Ja, solange das Originalwerk urheberrechtlich geschützt ist (in der Regel bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, § 64 UrhG), ist für die Anfertigung und vor allem für jede Veröffentlichung sowie kommerzielle Nutzung der Übersetzung die Erlaubnis des Originalautors oder dessen Rechtsnachfolgers erforderlich. Ohne diese Zustimmung handelt es sich bei der Veröffentlichung der Übersetzung um eine Urheberrechtsverletzung. Lediglich für Übersetzungen von gemeinfreien Werken, also Werken, deren Urheberrechtsschutz erloschen ist, ist keine Zustimmung mehr einzuholen.
Wie lange ist die Übersetzung urheberrechtlich geschützt?
Die Übersetzung ist als eigene schöpferische Leistung urheberrechtlich geschützt. Die Schutzdauer beträgt auch hier 70 Jahre nach dem Tod des Übersetzers (§ 64 UrhG). Allerdings bleibt es dabei: Auch nach Ablauf des Schutzes für die Übersetzung selbst dürfen die Rechte am Originalwerk nicht verletzt sein, falls dieses noch geschützt ist. Erst wenn beide Schutzdauern abgelaufen sind, ist das Werk samt Übersetzung gemeinfrei.
Was geschieht mit dem Urheberrecht einer Übersetzung, wenn das Originalwerk gemeinfrei wird?
Wird das Originalwerk gemeinfrei (also in der Regel 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers), kann jeder dieses Werk übersetzen, veröffentlichen und bearbeiten, ohne eine Erlaubnis einholen zu müssen. Die Übersetzung, die nach Ablauf der Schutzfrist des Originals erstellt wird, ist wiederum als eigenes Werk nach § 3 UrhG geschützt, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. Der Übersetzer hat dann das ausschließliche Recht an seiner Übersetzung, unabhängig vom erloschenen Schutz des Originals.
Welche Besonderheiten gelten bei wissenschaftlichen oder amtlichen Übersetzungen?
Übersetzungen amtlicher Werke (z.B. Gesetzestexte, Gerichtsentscheidungen) sind gemäß § 5 UrhG grundsätzlich nicht urheberrechtlich geschützt, soweit sie amtlichen Werken wortgetreu folgen. Wissenschaftliche Übersetzungen hingegen sind urheberrechtlich schützbar, sofern sie die erforderliche schöpferische Eigenleistung aufweisen. Sofern die Übersetzung lediglich dem Stand der Wissenschaft entspricht, ohne eine persönliche geistige Schöpfung zu erreichen, kann der Schutz versagt werden. Amtliche Übersetzungen, die nicht Bestandteil amtlicher Bekanntmachungen sind, können dennoch geschützt sein, wenn sie eine originelle Leistung („Schöpfungshöhe“) beinhalten.
Was passiert im Falle einer maschinellen Übersetzung (z.B. durch KI)?
Maschinell erstellte Übersetzungen ohne wesentliche menschliche Mitwirkung gelten im Regelfall nicht als persönliche geistige Schöpfung im Sinne des UrhG und sind daher nicht urheberrechtlich geschützt. Erst wenn eine Person die maschinelle Übersetzung danach maßgeblich überarbeitet, anpasst oder kreativ ausgestaltet, kann urheberrechtlicher Schutz für die daraus resultierende Fassung entstehen. Die bloße Bedienung einer Übersetzungssoftware reicht für einen Schutz nach UrhG jedoch nicht aus.