Übersetzung (Schutz nach UrhG): Begriff und Einordnung
Unter einer Übersetzung wird die Übertragung eines bestehenden Werkes aus einer Sprache in eine andere verstanden. Sie bildet ein neues sprachliches Werk, das inhaltlich an das Original anknüpft, sich aber in Ausdruck, Stil und Wortwahl eigenständig ausgestaltet. Im urheberrechtlichen Sinn ist die Übersetzung ein eigenständiges Werk, das vom Schutz des Originalwerkes abhängig bleibt. Schutz und Nutzung bewegen sich daher typischerweise im Zusammenspiel zwischen der Urheberin des Originals und der Urheberin der Übersetzung.
Übersetzung als abhängiges Werk
Die Übersetzung entsteht aus einem bereits bestehenden Werk. Sie ist deshalb von dessen Schutzlage abhängig. Solange das Original geschützt ist, berührt jede Nutzung der Übersetzung regelmäßig auch Rechte am Original. Gleichwohl ist die Übersetzung selbst ein eigenständiger Gegenstand des Schutzes, sofern sie eine persönliche geistige Leistung erkennen lässt.
Selbstständigkeit der Ausdrucksform
Die inhaltliche Bindung an das Original schließt eine eigenständige schöpferische Ausgestaltung nicht aus. Gerade die Auswahl von Begriffen, Satzbau, Tonalität und stilistischer Feinheiten kann der Übersetzung eine eigene Prägung verleihen. Diese individuelle Formgebung begründet den Schutz als eigenes Werk.
Entstehung und Voraussetzungen des Schutzes
Schöpfungshöhe bei Übersetzungen
Der Schutz entsteht mit der Schaffung der Übersetzung, sofern eine eigene geistige Leistung vorliegt. Erforderlich ist eine persönliche Prägung durch kreative Entscheidungen, die über rein mechanisches Übertragen hinausgehen. Je anspruchsvoller das Original und je größer der Spielraum für stilistische Gestaltung, desto eher entfaltet die Übersetzung eigenständigen Schutz.
Maschinelle Übersetzungen und menschliche Mitwirkung
Automatisch erzeugte Texte ohne maßgebliche menschliche Mitwirkung gelten als nicht persönlich geschaffen. Schutz kann sich dann ergeben, wenn eine Person die maschinelle Vorlage durch Auswahl, Eingriffe, Bearbeitung und stilistische Entscheidungen in einer Weise prägt, die eine eigene geistige Leistung erkennen lässt. Die bloße Korrektur offensichtlicher Fehler genügt hierfür in der Regel nicht.
Nicht schutzfähige Elemente
Einzelwörter, sehr kurze Wendungen oder rein technische Übertragungen ohne eigene Prägung erreichen typischerweise keinen Schutz. Auch rein sachliche Inhalte, Ideen, Methoden oder Fakten werden nicht geschützt; geschützt ist die besondere sprachliche Form, in der sie ausgedrückt werden.
Rechte und Pflichten
Rechte der Übersetzerin
Die Urheberin der Übersetzung besitzt an ihrer Fassung ausschließliche Rechte. Dazu zählen insbesondere das Recht, die Übersetzung zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich zugänglich zu machen oder in anderer Form zu verwerten, sowie das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft an der Übersetzung.
Zustimmungserfordernis gegenüber dem Originalwerk
Die Veröffentlichung und sonstige Verwertung der Übersetzung berührt regelmäßig auch die Rechte am Original. Ist das Original noch geschützt, erfordert die Nutzung der Übersetzung neben den Rechten der Übersetzerin grundsätzlich die Zustimmung der Rechteinhaberin des Originals. Es entsteht eine doppelte Rechtsposition: Die Übersetzung ist eigenständig geschützt, bleibt aber für die Nutzung an die Schutzlage des Originals gebunden.
Namensnennung und Schutz vor Entstellung
Die Übersetzerin hat grundsätzlich Anspruch darauf, als Urheberin ihrer Übersetzung genannt zu werden. Zudem besteht ein Schutz vor entstellenden Veränderungen, die den geistigen Gehalt oder die persönliche Prägung der Übersetzung beeinträchtigen. Diese persönlichkeitsrechtlichen Positionen gelten neben den Verwertungsrechten.
Nutzung und Verwertung
Lizenzierung und Rechtekette
Die Nutzung einer Übersetzung erfolgt üblicherweise auf Grundlage von Nutzungsrechten. Dabei kann zwischen einfachen und ausschließlichen Nutzungsrechten unterschieden werden. Da die Übersetzung als abhängiges Werk gilt, betrifft die Verwertung regelmäßig eine Rechtekette: Es bedarf typischerweise der Rechte an der Übersetzung sowie der Berechtigung am Originalwerk, sofern dessen Schutz noch andauert.
Verlags- und Arbeitsverhältnisse
In der Praxis werden Nutzungsrechte an Übersetzungen häufig über Verlags-, Agentur- oder Arbeitsverträge geregelt. Dabei können Umfang, Dauer, Gebiet, Medien und Vergütung vereinbart werden. Auch bei arbeitgeberbezogener Tätigkeit verbleibt die Urheberschaft bei der natürlichen Person, die die Übersetzung geschaffen hat; die Verwertung kann vertraglich zugewiesen werden.
Kollektive Rechtewahrnehmung
Für bestimmte Nutzungen, etwa gesetzlich erlaubte Nutzungen mit Vergütungspflicht oder Massennutzungen, kann eine Wahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften erfolgen. Übersetzerinnen können daran partizipieren, soweit ihre Rechte betroffen sind.
Schranken und Ausnahmen
Zitat, Privatkopie, Unterricht und Barrierefreiheit
Das Urheberrecht kennt gesetzliche Ausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen Nutzungen erlauben, etwa für Zitate, für die private Vervielfältigung, für Zwecke von Unterricht und Forschung oder zur Herstellung barrierefreier Fassungen. Diese Ausnahmen können auch Übersetzungen betreffen. Ihr Umfang ist eng umgrenzt und an konkrete Bedingungen geknüpft. Soweit die Nutzung sowohl die Übersetzung als auch das Original berührt, sind die jeweiligen Voraussetzungen für beide Werkebenen zu beachten.
Schutzdauer und Gemeinfreiheit
Laufzeit der Übersetzung
Die Schutzdauer einer Übersetzung richtet sich nach der Person der Übersetzerin. Sie endet nach Ablauf eines langen Zeitraums, der erst viele Jahre nach dem Tod der Urheberin beginnt. Bis zum Ablauf dieser Frist besteht Schutz an der konkreten Übersetzungsfassung.
Gemeinfreiheit des Originals und Auswirkungen
Ist das Original gemeinfrei, kann eine Übersetzung ohne Zustimmung der ursprünglichen Urheberin geschaffen und verwertet werden. Die neu entstandene Übersetzung ist jedoch selbständig geschützt, sofern sie die Voraussetzungen einer eigenen geistigen Leistung erfüllt. Ältere, deren Schutzdauer abgelaufene Übersetzungen sind ihrerseits gemeinfrei.
Internationale Bezüge
Geltungsbereich und Anerkennung
Der Schutz von Übersetzungen folgt in Deutschland dem Territorialitätsprinzip. Zugleich sorgt das internationale Urheberrechtssystem dafür, dass Übersetzerinnen und Originalautorinnen in vielen Staaten vergleichbare Grundpositionen genießen. Bei grenzüberschreitender Nutzung gelten jedoch die jeweiligen nationalen Regeln des Nutzungsortes.
Streitfragen und typische Konstellationen
Abgrenzung zur freien Nutzung
Von einer schutzbegründenden Übersetzung ist die freie schöpferische Auseinandersetzung zu unterscheiden, die sich vom Original so weit löst, dass sie als unabhängiges Werk erscheint. Bei bloßen Umgestaltungen des Wortlauts bleibt es regelmäßig bei der Abhängigkeit vom Original.
Team-Übersetzungen und Miturheberschaft
Arbeiten mehrere Personen schöpferisch zusammen, kann eine Miturheberschaft an der Übersetzung entstehen. Die Verwertung erfordert in diesem Fall grundsätzlich die Zustimmung aller Miturheberinnen, sofern keine abweichenden Vereinbarungen bestehen.
Besondere Werkarten: Titel, Slogans, Software, Datenbanken
Sehr kurze Titel oder Slogans erreichen häufig keine Schutzschwelle; ihre Übersetzung bleibt dann regelmäßig ohne eigenen Schutz. Bei Computerprogrammen gilt die Übertragung in eine andere Programmiersprache als Umgestaltung, die die Rechte am Programm berührt. Bei Datenbanken können neben urheberrechtlichen Positionen auch eigene Schutzrechte des Herstellers eine Rolle spielen; die Übersetzung einzelner Einträge berührt deren Schutzlage nur, wenn eine schutzfähige Gestaltung betroffen ist.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist eine Übersetzung automatisch urheberrechtlich geschützt?
Der Schutz entsteht mit der Schaffung, sofern die Übersetzung eine eigene geistige Leistung aufweist. Eine rein mechanische, wortwörtliche Übertragung ohne individuelle Prägung begründet in der Regel keinen Schutz.
Wer ist Rechteinhaberin an der Übersetzung?
Urheberin der Übersetzung ist die Person, die die konkrete Übersetzungsfassung geschaffen hat. Sie hält die Rechte an dieser Fassung. Für die Verwertung sind jedoch regelmäßig auch die Rechte am Original zu berücksichtigen, solange dessen Schutz andauert.
Darf eine Übersetzung ohne Zustimmung der Autorin des Originals veröffentlicht werden?
Solange das Original geschützt ist, betrifft die Veröffentlichung der Übersetzung typischerweise auch die Rechte am Original. Die Nutzung setzt daher regelmäßig die Berechtigung für beide Werkebenen voraus.
Ist eine Übersetzung geschützt, wenn das Original bereits gemeinfrei ist?
Ja, eine eigenständig geprägte Übersetzung eines gemeinfreien Werkes kann selbst urheberrechtlich geschützt sein. Die Rechte am Original stehen der Verwertung dann nicht mehr entgegen.
Sind maschinell erstellte Übersetzungen geschützt?
Allein maschinell erzeugte Texte ohne maßgebliche menschliche Prägung begründen üblicherweise keinen Schutz. Schutz kann entstehen, wenn eine Person die maschinelle Vorlage durch kreative Entscheidungen wesentlich ausgestaltet.
Wie lange dauert der Schutz einer Übersetzung?
Die Schutzdauer richtet sich nach der Person der Übersetzerin und endet erst viele Jahre nach deren Tod. Bis dahin besteht Schutz an der konkreten Übersetzungsfassung.
Muss die Übersetzerin namentlich genannt werden?
Die Übersetzerin hat grundsätzlich das Recht auf Anerkennung ihrer Urheberschaft. Dazu gehört in der Regel die Nennung ihres Namens im Zusammenhang mit der veröffentlichten Übersetzung.
Sind die Übersetzung von Titeln oder kurzen Slogans geschützt?
Sehr kurze Bezeichnungen erreichen häufig nicht die erforderliche Schöpfungshöhe. Deren Übersetzung ist dann in der Regel nicht geschützt, sofern keine eigenständige kreative Prägung vorliegt.