Begriff und rechtlicher Rahmen der Überschusseinkünfte
Die Überschusseinkünfte stellen im deutschen Einkommensteuerrecht eine zentrale Einkunftsart dar. Sie kommen im Rahmen des Systems der sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG zur Anwendung. Überschusseinkünfte unterscheiden sich grundlegend von den Gewinneinkünften und unterliegen eigenen steuerlichen Bewertungskriterien. Ihr gesetzlicher Rahmen definiert sich insbesondere durch die Vorschriften der §§ 8 bis 22 EStG.
Definition der Überschusseinkünfte
Überschusseinkünfte sind jene Einkünfte, bei denen der steuerpflichtige Betrag durch den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt wird. Im Unterschied zu Gewinneinkünften, bei denen der Gewinn gemäß Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung festgestellt wird, werden Überschusseinkünfte lediglich als Differenz zwischen erhaltenen Einnahmen und angefallenen Werbungskosten berechnet. Diese Methodik ist typisch für Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit und andere nicht unternehmerische Einkommensarten.
Gesetzliche Einordnung der Überschusseinkünfte
Nach dem EStG werden die folgenden Einkunftsarten den Überschusseinkünften zugeordnet:
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG): Dazu zählen insbesondere Arbeitslohn, Gehälter und andere Vergütungen im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses.
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG): Hierunter fallen Zinsen, Dividenden oder Ausschüttungen aus Fonds- oder Aktienbesitz.
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG): Dazu gehören Einkünfte aus der Vermietung von Immobilien, Grundstücken oder beweglichem Vermögen.
- Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG: Hierzu rechnen beispielsweise wiederkehrende Bezüge, Unterhaltsleistungen oder bestimmte private Veräußerungsgeschäfte.
Die Einnahmen der genannten Einkunftsarten werden um die jeweils zugehörigen Werbungskosten vermindert. Der resultierende Überschuss bildet die steuerlich relevante Bemessungsgrundlage.
Systematische Abgrenzung zu Gewinneinkünften
Eine präzise Abgrenzung zu den Gewinneinkünften ist für die steuerliche Behandlung maßgeblich. Während Überschusseinkünfte durch den Einnahme-Überschuss-Ansatz bestimmt werden, ermitteln sich Gewinneinkünfte (etwa aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit) nach den Regeln des Betriebsvermögensvergleichs oder der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG.
Zudem besteht bei Überschusseinkünften keine Verpflichtung zur Aufstellung einer Bilanz. Es genügt die Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten, üblicherweise in der Form einer einfachen Einnahmenübersicht.
Ermittlung der Einkünfte
Einnahmen
Als Einnahmen gelten sämtliche geldwerten Zuflüsse, die einem Steuerpflichtigen im Rahmen der entsprechenden Einkunftsart zufließen. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen hierzu beispielsweise Löhne, Tantiemen, Sachbezüge sowie sämtliche geldwerte Vorteile. Im Bereich des Kapitalvermögens sind es Erträge wie Zinsen, Dividenden oder Veräußerungsgewinne.
Werbungskosten
Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen (§ 9 Abs. 1 EStG). Hierzu können etwa Fahrtkosten zum Arbeitsplatz, Kosten für Fachliteratur, Steuerberatungskosten oder bei Vermietung und Verpachtung auch Instandhaltungs- und Finanzierungskosten gehören.
Werbungskosten sind von den jeweiligen Einnahmen abzuziehen. Soweit keine oder nur geringe Werbungskosten nachweisbar sind, kommen bei einigen Einkunftsarten Pauschbeträge zum Ansatz, wie etwa der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Steuerliche Besonderheiten und Regelungen
Persönliche und sachliche Zurechnung
Die erzielten Überschusseinkünfte sind grundsätzlich demjenigen Steuerpflichtigen zuzurechnen, der Träger der jeweiligen Rechte und Pflichten ist. Bei gemeinschaftlicher Nutzung von Vermögensgegenständen (Beispiel: Ehegatten als Miteigentümer einer vermieteten Immobilie) erfolgt eine anteilige Zurechnung der Einnahmen und Werbungskosten entsprechend den Eigentumsverhältnissen.
Zeitliche Zurechnung
Maßgeblich für Überschusseinkünfte ist regelmäßig das Zufluss-Abfluss-Prinzip gemäß § 11 EStG. Einnahmen und Werbungskosten sind dem Kalenderjahr zuzurechnen, in dem sie tatsächlich zu- oder abgeflossen sind. Unter besonderen Voraussetzungen sieht das Gesetz abweichende Regelungen, etwa bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen oder Ausgaben um den Jahreswechsel.
Verlustverrechnung
Erzielt ein Steuerpflichtiger negative Überschusseinkünfte (überwiegen die Werbungskosten die Einnahmen), entstehen sogenannte Werbungskostenüberschüsse. Diese negativen Einkünfte können nach den allgemeinen Regelungen im Einkommensteuerrecht entweder mit anderen positiven Einkünften des gleichen Jahres (Verlustausgleich) oder durch Verlustrücktrag bzw. Verlustvortrag in andere Jahre (Verlustabzug nach § 10d EStG) verrechnet werden.
Praktische Bedeutung
Überschusseinkünfte sind für die steuerliche Praxis von großer Relevanz. Die meisten privatwirtschaftlichen Einkünfte natürlicher Personen (wie Gehalt, Zinsen, Mieteinnahmen) fallen unter diese Kategorie. Die einfache Ermittlungsmethodik durch den Ansatz von Einnahmen und Werbungskosten erleichtert die steuerliche Handhabung und ermöglicht eine nachvollziehbare und transparente Feststellung der relevanten Einkunftsarten.
Zusammenfassung
Überschusseinkünfte bilden einen wesentlichen Bestandteil des deutschen Einkommensteuerrechts. Ihre Ermittlung erfolgt durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Werbungskosten bei den gesetzlich definierten Einkunftsarten. Die Vorschriften zu Überschusseinkünften schaffen einen transparenten und nachvollziehbaren Rahmen zur steuerlichen Beurteilung privater Einkünfte einzelner Steuerpflichtiger und haben einen entscheidenden Einfluss auf die Steuerquote zahlreicher Privathaushalte.
Durch die klare Abgrenzung zu den Gewinneinkünften und die Anwendung des Zufluss-Abfluss-Prinzips ermöglichen die gesetzlichen Vorschriften eine differenzierte steuerliche Behandlung unterschiedlichster Einnahmequellen gemäß den Prinzipien des deutschen Steuerrechts.
Häufig gestellte Fragen
Welche steuerrechtlichen Besonderheiten gelten bei der Ermittlung von Überschusseinkünften?
Im steuerlichen Kontext gelten bei der Ermittlung von Überschusseinkünften gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besondere Regelungen, die sich maßgeblich von den Vorschriften zur Einkunftsermittlung bei Gewinneinkunftsarten unterscheiden. Überschusseinkünfte werden durch den sogenannten Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Dabei kommt nicht die Gewinnermittlung, sondern das Zufluss-Abfluss-Prinzip nach § 11 EStG zur Anwendung. Dies bedeutet, Einnahmen und Werbungskosten werden grundsätzlich in dem Kalenderjahr berücksichtigt, in dem sie zu- beziehungsweise abgeflossen sind. Sonderregelungen gelten etwa bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben. Darüber hinaus sind für den Werbungskostenabzug besondere Nachweispflichten und Einschränkungen relevant, z.B. das Aufteilungsverbot nach § 12 Nr. 1 EStG bei gemischt veranlassten Aufwendungen. Auch steuerliche Besonderheiten wie der Verlustabzug und die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen finden eigene Regeln. Die Anwendung von Pauschbeträgen, wie etwa der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, ist ferner zu beachten.
Welche Möglichkeiten zur Verlustverrechnung bestehen bei Überschusseinkünften?
Bei Überschusseinkünften können Verluste gemäß den allgemeinen steuerlichen Vorgaben mit anderen positiven Einkünften verrechnet oder in andere Veranlagungszeiträume vor- oder zurückgetragen werden. Nach § 10d EStG ist ein Verlustrücktrag in das unmittelbar vorangegangene Jahr möglich, sowie ein Verlustvortrag in die Folgejahre. Die Verluste aus Überschusseinkünften – etwa solchen aus Vermietung und Verpachtung – dürfen mit anderen Einkünften aus Überschusseinkünften, aber auch mit Gewinneinkünften ausgeglichen werden (horizontaler und vertikaler Verlustausgleich), sofern keine spezielle Ausgleichsbeschränkung gilt. Es sind jedoch Abzugsbeschränkungen, wie etwa das steuerliche Abzugsverbot für private Lebensführungskosten, zu beachten. Zudem gelten Sonderregeln bei steuerlich nicht zulässigen Verlusten, etwa aus sogenannten Steuerstundungsmodellen oder in Bezug auf § 15b EStG (Verlustverrechnung bei Steuerstundungsmodellen).
Inwieweit ist die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Überschusseinkünften relevant?
Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen ist bei der Ermittlung und Geltendmachung der Überschusseinkünfte von zentraler Bedeutung. Nach den Vorschriften der Abgabenordnung (§ 90 AO) ist der Steuerpflichtige verpflichtet, alle für die Besteuerung erheblichen Tatsachen offenzulegen und die erforderlichen Nachweise beizubringen. Dies betrifft insbesondere die detaillierte Aufschlüsselung der Einnahmen und der geltend gemachten Werbungskosten. Bei unvollständigen, verspäteten oder unzureichend dokumentierten Angaben kann das Finanzamt Schätzungen vornehmen (§ 162 AO), was regelmäßig zu steuerlichen Nachteilen führen kann. Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der Belegvorlagepflicht, z.B. müssen bestimmte Nachweise wie Spendenquittungen oder Reisekostennachweise dem Finanzamt auf Anforderung vorgelegt werden.
Welche Arten von Einnahmen werden den Überschusseinkünften zugeordnet?
Überschusseinkünfte umfassen gemäß den Bestimmungen des EStG ausschließlich bestimmte gesetzlich festgelegte Einkunftsarten, für die der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten maßgeblich ist. Zu diesen zählen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) sowie sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG (z.B. private Veräußerungsgeschäfte). Nicht hierzu zählen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, da für diese die Gewinnermittlung maßgeblich ist. Die Einordnung der Einnahmen erfolgt nach dem jeweiligen wirtschaftlichen Gehalt und unterliegt ggf. einer Einzelfallprüfung durch die Finanzbehörden, insbesondere wenn Zuordnungskonflikte entstehen.
Gibt es Besonderheiten bei Auslandsbezug von Überschusseinkünften?
Beziehen Steuerpflichtige Überschusseinkünfte mit Auslandsbezug, etwa durch Vermietung einer im Ausland belegenen Immobilie oder ausländische Kapitaleinnahmen, greifen spezifische steuerrechtliche Regelungen, insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und nationale Vorschriften wie §§ 34c, 32b EStG. Überschusseinkünfte, die im Ausland erzielt werden, können in Deutschland entweder unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt oder unter Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Steuerlast einbezogen werden. Eine Doppelbesteuerung soll damit vermieden werden. Der Steuerpflichtige ist auch hier zu besonderer Mitwirkung verpflichtet und muss sämtliche relevanten Auslandsbezüge offenlegen und entsprechend dokumentieren. Bei fehlerhafter oder unterlassener Mitwirkung drohen straf- und bußgeldrechtliche Konsequenzen.
Welche steuerlichen Folgen hat die gemeinsame Veranlagung von Ehegatten bei Überschusseinkünften?
Bei der gemeinsamen Veranlagung von Ehegatten (Zusammenveranlagung nach § 26b EStG) werden alle Überschusseinkünfte beider Ehegatten zusammengefasst und nach dem sogenannten Splittingtarif besteuert. Dies kann insbesondere bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder gemeinsamer Vermietung steuerliche Vorteile bieten, da sich Progressionsnachteile abmildern lassen. Allerdings bleiben die Grundsätze zur Einkünftezurechnung maßgeblich; Einkünfte werden demjenigen Ehegatten zugerechnet, der sie tatsächlich erzielt. Bei gemeinschaftlichem Eigentum, etwa bei gemeinsam vermieteten Immobilien, erfolgt die Aufteilung i.d.R. nach dem Miteigentumsanteil. Auch Besonderheiten bei der Verlustverrechnung und Werbungskostenaufteilung sind zu beachten.