Legal Lexikon

TVöD


Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Rechtliche Grundlagen und Systematik

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bildet das Fundament der Arbeitsbedingungen für Angestellte im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Seit seinem Inkrafttreten zum 1. Oktober 2005 ersetzt der TVöD die früheren Tarifwerke BAT (Bundes-Angestelltentarifvertrag), BMT-G (Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter) sowie MTArb (Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter). Der TVöD normiert umfassend die wichtigsten arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen und Entgeltregelungen für Angestellte bei Bund, Kommunen und zahlreichen öffentlich-rechtlichen Anstalten und Stiftungen.

Rechtsnatur und Anwendungsbereich des TVöD

Tarifvertragliche Normqualität

Der TVöD stellt einen Tarifvertrag im Sinne des Tarifvertragsgesetzes (TVG) dar. Er ist das Ergebnis von Tarifverhandlungen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie dem Bund einerseits und den verhandlungsführenden Gewerkschaften, insbesondere ver.di, andererseits. Aufgrund seiner Einordnung als schuldrechtlicher Vertrag mit normativer Wirkung entfaltet der TVöD unmittelbare und zwingende Wirkung auf die rechtlichen Beziehungen zwischen den tarifgebundenen Parteien gemäß § 4 TVG. Die tariflichen Regelungen gelten kraft Gesetzes für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die jeweils Mitglied eines tarifschließenden Verbandes sind, oder bei Allgemeinverbindlicherklärung.

Geltungsbereich

Der TVöD findet Anwendung auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Arbeiterinnen, Arbeiter, Angestellte) des Bundes sowie der dem TVöD beigetretenen kommunalen Arbeitgeber. Nicht vom Geltungsbereich erfasst sind Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Soldatinnen und Soldaten, deren Rechtsverhältnisse in Sondersystemen geregelt sind.

Die jeweilige Tarifanwendung erfolgt durch Tarifgebundenheit oder einzelvertragliche Bezugnahme. Der TVöD besteht aus verschiedenen Teilen und Sonderregelungen, die spezifisch für die Bedarfe unterschiedlicher Bereiche (bspw. Verwaltung, Krankenhäuser, Flughäfen) ausgestaltet sind. Die wichtigsten Teilwerke sind demnach: TVöD-VKA (Kommunale Arbeitgeberverbände) und TVöD-Bund.

Aufbau und Gliederung des TVöD

Systematische Struktur

Der TVöD ist modular aufgebaut und gliedert sich in einen Allgemeinen Teil (AT), Besondere Teile (BT) für einzelne Arbeitsbereiche sowie diverse Anlagen zu Vergütungstabellen und Sonderregelungen. Wichtige Anlagen und Anhänge strukturieren die Eingruppierung, Sonderzahlungen sowie Arbeitszeitmodelle.

Allgemeiner Teil (AT)

Der Allgemeine Teil des TVöD legt grundlegende Definitionen, Arbeitszeitregelungen, Entgeltgrundsätze, Probezeiten und Beendigungstatbestände fest. Die Neutralität und weitgehende Vereinheitlichung sind Leitlinie dieses Tarifteils.

Besondere Teile (BT)

Die Besonderen Teile enthalten spezielle Regelungen für verschiedene Fachbereiche, beispielsweise Verwaltung (TVöD-V), Krankenhäuser (TVöD-K), Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD-SuE) sowie Flughäfen (TVöD-F). Diese differenzieren hinsichtlich der Eingruppierung, Arbeitszeiten und Zuschlagsregelungen, um den unterschiedlichen branchenspezifischen Betriebsbedingungen Rechnung zu tragen.

Tabellen und Anlagen

Die verschiedenen Anlagen und Tabellen des TVöD legen die systematische Eingruppierung (Entgeltgruppen und Stufen), Jahressonderzahlungen, Zulagen sowie Regelungen zur Zusatzversorgung (betriebliche Altersvorsorge) fest.

Kernelemente des TVöD

Eingruppierung und Entgeltsystematik

Das tarifliche Entgeltsystem des TVöD folgt einem Gruppen- und Stufensystem. Arbeitnehmer werden nach einer Stellenbewertung anhand der übertragenen Tätigkeit in Entgeltgruppen (E 1 – E 15) eingruppiert. Innerhalb der Gruppen existieren Erfahrungsstufen, welche die Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit abbilden. Die Entgelttabellen werden regelmäßig in Tarifrunden angepasst.

Arbeitszeitregelungen

Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt je nach Entgeltbereich und Tarifgebiet in der Regel 39 bis 40 Stunden. Der TVöD enthält detaillierte Vorgaben zu Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Pausen, Bereitschaftsdienst und Überstundenregelungen.

Urlaub und Sonderurlaub

Reguläre Urlaubsansprüche betragen mindestens 30 Tage kalenderjährlich bei einer Fünftagewoche. Zusätzlich bestehen Regelungen zum Zusatzurlaub, etwa für Nachtarbeit oder Tätigkeiten im Schichtdienst. Besondere Anspruchsgrundlagen regeln Sonderurlaubstatbestände.

Arbeitsverhältnis: Beginn, Änderung, Beendigung

Der TVöD regelt alle wesentlichen Modalitäten über das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses, Probezeiten, Kündigungsfristen sowie Beendigungstatbestände. Mitwirkungspflichten, etwa aus dem Kündigungsschutzgesetz, werden mit berücksichtigt.

Altersvorsorge und Zusatzversorgungsrecht

Als tarifliche Leistung ist eine ergänzende Altersversorgung vorgesehen, die über arbeitgeberfinanzierte Zusatzversorgungseinrichtungen (z. B. Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder – VBL) läuft. Hieraus resultieren Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung.

Rechtsschutz und Durchsetzung der Tarifnormen

Wirkung der Tarifnormen

Durch unmittelbare und zwingende Wirkung wirken die normativen Regelungen des TVöD unmittelbar auf das einzelne Arbeitsverhältnis ein, wenn nämlich beide Vertragsparteien tarifgebunden sind. Individual- und Kollektivrechtspositionen werden durch das Tarifrecht unmittelbar geprägt.

Tarifliche und gesetzliche Abweichungen

Der TVöD kann und muss vielfach die Vorgaben des allgemeinen Arbeitsrechts konkretisieren, z. B. das Bundesurlaubsgesetz oder das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Abweichungen zugunsten der Arbeitnehmer werden durch die Günstigkeitsprinzipien und Nachwirkung gesichert (§ 4 Abs. 3 TVG).

Mitbestimmung und Beteiligung

Personalvertretungen und Betriebsräte nehmen nach Maßgabe von Personalvertretungsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz umfassende Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte bei Durchführung, Auslegung und Umsetzung tariflicher Standards wahr.

Weiterentwicklung und Relevanz des TVöD

Tarifrunde und Anpassungsdynamik

Der TVöD unterliegt einer ständigen tariflichen Fortentwicklung. In regelmäßigen Tarifrunden werden insbesondere Vergütungen, Arbeitszeiten oder sonstige Arbeitsbedingungen zwischen den Tarifparteien neu verhandelt und angepasst. Die Ergebnisse wirken oft als Leitbild auch auf andere öffentliche und private Tarifbereiche.

Öffnungs- und Bezugnahmeklauseln

Zahlreiche privatwirtschaftliche oder kirchliche Einrichtungen orientieren sich zumindest in Teilen an die Regelungen des TVöD, etwa durch dynamische oder statische Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen. Auch Landes- und Gemeindebetriebe setzen zum Teil auf modifizierte TVöD-Konditionen.

Literatur und Quellen

  1. TVöD – Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, konsolidierte Fassung (www.bmi.bund.de)
  2. Tarifvertragsgesetz (TVG)
  3. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: Tarifvertragsrecht im öffentlichen Dienst
  4. „Der TVöD: Systematik und Anwendung“, Bund-Verlag
  5. BAG-Rechtsprechung zum Tarifrecht des öffentlichen Dienstes

Der TVöD steht für ein transparentes, rechtlich klar geregeltes Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst, das durch ausdifferenzierte Tarifnormen und fortlaufende Weiterentwicklung höchste Relevanz für zahlreiche Beschäftigte und Arbeitgeber im gesamten Bereich der öffentlichen Hand besitzt.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Eingruppierung von Beschäftigten im TVöD aus rechtlicher Sicht?

Die Eingruppierung von Beschäftigten im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) erfolgt nach strikten rechtlichen Vorgaben. Maßgeblich hierfür sind die auszuübenden Tätigkeiten und die tariflich definierten Entgeltgruppen, die sich nach den spezifischen Anforderungen und Verantwortlichkeiten des jeweiligen Arbeitsplatzes richten. Die notwendige rechtliche Grundlage bietet insbesondere § 12 TVöD, ergänzt durch die jeweiligen Entgeltordnungen (z.B. die Entgeltordnung (VKA) für kommunale Arbeitgeber). Die Eingruppierung ist bindend an die tatsächlichen Arbeitsaufgaben, wobei das so genannte „Arbeitsvorgängeprinzip“ gilt: Arbeitsvorgänge sind die zusammengefassten Arbeitsaufgaben, die für die Wertigkeit des Arbeitsplatzes entscheidend sind. Die Zuordnung erfolgt dabei unabhängig von der individuellen Qualifikation der beschäftigten Person, sondern ausschließlich nach der Tätigkeitsbewertung des Arbeitsplatzes. Streitigkeiten über die Eingruppierung können im Rahmen eines betrieblichen Beschwerdeverfahrens (§ 13 TVöD) oder arbeitsgerichtlich geklärt werden. Zudem hat der Personalrat bzw. die Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht.

Welche rechtlichen Vorschriften regeln den Anspruch auf Zulagen und Zuschläge nach dem TVöD?

Der Anspruch auf Zulagen und Zuschläge im TVöD ergibt sich aus verschiedenen rechtlichen Vorschriften des Tarifvertrags sowie den zugehörigen Durchführungsanweisungen. Zentrale Regelungen hierzu finden sich unter anderem in § 8 (Zulagen für besondere Tätigkeiten), § 19 (Wechselschicht- und Schichtarbeit), § 20 (Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft) und den Zusatzregelungen zu speziellen Tätigkeitsbereichen. Die konkrete Höhe, Dauer und Voraussetzungen für den Erhalt von Zulagen (z. B. Erschwerniszulagen, Funktionszulagen oder Leitungszulagen) sind abschließend im TVöD und ergänzenden Regelwerken festgelegt. Ein individueller Anspruch besteht nur, wenn die jeweiligen tariflichen Tatbestände vollständig erfüllt sind – dies ist stets anhand der tatsächlichen Tätigkeitsbeschreibung und der Arbeitsorganisation zu prüfen und im Streitfall von den Arbeitsgerichten zu überprüfen.

Unter welchen Voraussetzungen ist eine ordentliche Kündigung nach dem TVöD zulässig?

Die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach dem TVöD unterliegt den gesetzlichen und tariflichen Schutzbestimmungen. Insbesondere § 34 TVöD und die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sind zu berücksichtigen. Nach § 34 TVöD genießen Beschäftigte nach einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten grundsätzlich Kündigungsschutz, wodurch eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nur aus sozial gerechtfertigten Gründen (personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt) zulässig ist. Daneben sind etwaige tarifliche und gesetzliche Kündigungsfristen einzuhalten, wobei sich die Fristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit staffeln und in § 34 Abs. 1 S. 2 TVöD abschließend geregelt sind. Für besonders schutzwürdige Personengruppen, wie werdende Mütter oder schwerbehinderte Menschen, gelten weitergehende gesetzliche Sonderregelungen. Die ordentliche Kündigung ist zudem mitbestimmungspflichtig, d. h., der Personalrat/Mitarbeitervertretung ist stets anzuhören.

Wie gestaltet sich der Anspruch auf Sonderzahlungen (z. B. Jahressonderzahlung) im TVöD rechtlich?

Der Anspruch auf Sonderzahlungen, insbesondere die sogenannte Jahressonderzahlung, ist im TVöD in § 20 (TVöD Bund) bzw. § 20 (TVöD VKA) geregelt. Der rechtliche Anspruch entsteht dem Grunde nach für alle Beschäftigten, wenn das Arbeitsverhältnis am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres besteht und das Arbeitsverhältnis mindestens seit dem 1. Oktober ununterbrochen besteht. Die Berechnung der Höhe erfolgt nach dem im jeweiligen Tarifgebiet festgesetzten Prozentsatz des in den Monaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlten Entgelts. Der Anspruch kann unter bestimmten rechtlichen Tatbeständen anteilig gekürzt oder ausgeschlossen werden, etwa bei Elternzeit oder längeren unbezahlten Freistellungen. Streitfälle über die Berechtigung und Berechnung der Sonderzahlung sind gerichtlich überprüfbar; etwaige Ausschlussfristen aus dem TVöD (meist sechs Monate gemäß § 37 TVöD) sind strikt zu beachten.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, gegen eine aus Sicht des Beschäftigten fehlerhafte Eingruppierung oder Vergütung vorzugehen?

Beschäftigte, die die Rechtmäßigkeit ihrer Eingruppierung oder Vergütung nach dem TVöD anzweifeln, haben verschiedene rechtliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Zunächst sieht § 13 TVöD ein innerbetriebliches Beschwerdeverfahren vor, das formlos und innerhalb einer angemessenen Frist bei der Personalabteilung bzw. dem Arbeitgeber einzuleiten ist. Der Personalrat ist nach den jeweiligen Mitbestimmungsgesetzen zu beteiligen. Führt dies nicht zur Klärung, besteht die Möglichkeit, vor dem zuständigen Arbeitsgericht Klage auf die richtige Eingruppierung oder Nachzahlung von Vergütung zu erheben – zu beachten sind hierbei tarifvertragliche Ausschlussfristen gemäß § 37 TVöD. Die gerichtliche Überprüfung stützt sich auf die tatsächliche Tätigkeitsausübung und deren tarifliche Bewertung; Beweislast und Darlegungslast für die ausgeübten Tätigkeiten obliegen grundsätzlich dem Beschäftigten.

Inwieweit sind befristete Arbeitsverträge nach dem TVöD rechtlich zulässig?

Befristete Arbeitsverträge im Geltungsbereich des TVöD sind rechtlich nur unter den Voraussetzungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) zulässig. Der TVöD selbst enthält keine eigenständigen Regelungen zur Befristungsdauer oder -begründung, verweist aber auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (§ 30 TVöD). Sachgrundlose Befristungen sind gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG nur bis zur Höchstdauer von zwei Jahren zulässig; sachgrundbegründete Befristungen (z. B. Projektarbeit, Vertretung, Drittmittelfinanzierung) sind davon unabhängig möglich. Die Befristung muss stets schriftlich vereinbart sein, anderenfalls gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet. Für den öffentlichen Dienst gelten zudem diverse Ausnahmen und Sonderregelungen, etwa bei Haushaltsmittelbindung oder wissenschaftlichem Personal. Im Streitfall obliegt die Prüfung der Befristung den Arbeitsgerichten, wobei formale und inhaltliche Fehler zur Unwirksamkeit der Befristung führen können.