Begriff und rechtliche Einordnung des Trustees
Der Begriff Trustee beschreibt eine natürliche oder juristische Person, der im Rahmen eines sogenannten Trusts das rechtliche Eigentum an Vermögenswerten übertragen wird. Diese Person verwaltet und handelt mit diesen Vermögenswerten treuhänderisch zugunsten einer oder mehrerer begünstigter Personen (sogenannte Beneficiaries) und unterliegt dabei den strikten Vorgaben einer Trusturkunde oder eines vergleichbaren Regelwerks. Die Funktion des Trustees ist insbesondere im angelsächsischen Rechtskreis von zentraler Bedeutung und weist zahlreiche rechtliche Besonderheiten auf.
Rechtsgrundlage und Grundzüge des Trusts
Ursprünge und rechtliche Herkunft
Das Institut des Trustees hat seine Wurzeln im englischen Common Law. Ein Trust entsteht, wenn ein Settlor (Errichter des Trusts) Vermögenswerte an einen Trustee überträgt und diesem bestimmte Verwaltungsanweisungen gibt, um sie im Interesse von Dritten (Beneficiaries) zu halten. Die Rechtsfigur des Trustees ist dabei strikt zu trennen von vergleichbaren Institutionen im kontinentaleuropäischen Recht, etwa dem Treuhänder nach deutschem Recht, der Treuhand in Österreich oder bestimmten Stiftungsstrukturen.
Rechtsstellung des Trustees
Der Trustee ist rechtlicher Eigentümer (legal owner) der im Trust befindlichen Vermögenswerte. Ihm obliegt die Verwaltung und Verfügungsbefugnis über diese Gegenstände, wobei er ausschließlich nach den im Trustinstrument niedergelegten Vorgaben sowie den gesetzlichen Bestimmungen handelt. Im Trustverhältnis liegt eine Trennung von rechtlichem (legal ownership) und wirtschaftlichem Eigentum (beneficial ownership) vor. Der Trustee handelt nicht im eigenen Interesse, sondern ausschließlich zum Wohl der Begünstigten.
Aufgaben und Pflichten des Trustees
Treuhänderische Verwaltungspflicht
Der Trustee nimmt sämtliche Handlungen an den dem Trust zugeordneten Vermögenswerten treuhänderisch und im Rahmen der Trustbedingungen wahr. Er muss das Vermögen schützen, erhalten und gegebenenfalls vermehren. Er ist dazu verpflichtet, die im Trustinstrument niedergelegten Regelungen strikt zu befolgen.
Sorgfaltsmaßstab und Haftung
Der Trustee unterliegt einem hohen Sorgfaltsmaßstab und haftet für etwaige Pflichtverletzungen im Rahmen seiner Verwaltung. Dazu zählen insbesondere Pflichtverstöße gegen die Vorgaben der Trusturkunde (deed of trust) oder der Gesetzgebung. Die Haftung erstreckt sich regelmäßig auch auf Ersatzzahlungen gegenüber den Begünstigten, falls durch fehlerhaftes Handeln ein Schaden entsteht.
Auskunfts- und Rechenschaftspflicht
Gegenüber den Begünstigten besteht die Pflicht zur Auskunft und Rechnungslegung. Der Trustee muss umfassend und transparent über alle Maßnahmen in Bezug auf das Trustvermögen sowie über dessen Entwicklung informieren.
Neutralitätsgebot und Verbot des Interessenkonflikts
Ein Trustee darf keine eigenen Interessen verfolgen oder Entscheidungen treffen, die im Konflikt zu den Interessen des Trusts und der Begünstigten stehen. Jede Benachteiligung eines Begünstigten durch Bevorzugung anderer ist unzulässig, sofern nicht ausdrücklich anders in der Trusturkunde geregelt.
Rechte des Trustees
Verwaltungshoheit und Verfügungsbefugnisse
Der Trustee ist mit weitgehenden Verwaltungs- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet. Diese umfassen u. a. Anlegen, Umschichten und Veräußern von Vermögenswerten, das Eingehen von Verträgen, Führen von Prozessen und sonstiges Handeln im Namen des Trusts – stets im Rahmen der Trustvorgaben.
Ersatzansprüche und Vergütung
Trustees haben regelmäßig Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen, notwendigen Kosten und je nach Trusturkunde auch auf eine angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit. Die genaue Höhe und Anspruchsberechtigung hängen von den einzelnen Regelungen des Trusts und gegebenenfalls von gesetzlichen Vorgaben ab.
Arten von Trustees
Trustees können Einzelpersonen oder Kollegialgremien (Board of Trustees) sein. Sie unterscheiden sich im Regelfall nach den ihnen übertragenen Aufgaben und der Zusammensetzung:
- Individual Trustee: Einzelperson, der das gesamte Verwaltungsmandat obliegt.
- Corporate Trustee: Gesellschaft oder Institution, die das Trustee-Mandat übernimmt, oft bei umfangreichen oder komplexen Trustvermögen üblich.
- Protector: Eine Person, die über Sonderrechte im Trust verfügt und Kontrollfunktionen über die Tätigkeit des Trustees ausübt. Der Protector ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Trustee im Sinne der rechtlichen Eigentümerstellung.
Beendigung und Haftung des Trustees
Entlassung, Rücktritt und Ablösung
Der Trustee kann unter bestimmten Voraussetzungen entlassen oder von seinem Amt zurücktreten. Die Gründe für eine Entlassung können Pflichtverletzungen, Interessenkonflikte oder sonstige Unzulänglichkeiten in der Amtsführung sein. Auch im Trustinstrument kann ein jederzeitiges Ablösungsrecht des Settlors oder des Protectors vorgesehen sein.
Nachhaftung und Freistellung
Mit Beendigung des Trusteeamts endet in der Regel auch die Haftung, soweit nicht fortwirkende Pflichtverletzungen im Raum stehen. Eine vollständige Freistellung (Indemnification) kann durch entsprechende Regelungen im Trust erfolgen, ist allerdings stets an die Gesetzgebung des jeweiligen Rechtsraums gekoppelt.
Trustee im internationalen Rechtsvergleich
Der Trustee ist im angelsächsischen Raum (z. B. Großbritannien, USA, Australien, Kanada, Neuseeland) ein fest verankertes Rechtsinstitut. In vielen kontinentaleuropäischen Ländern ist die genaue Rechtsfigur des Trustees dagegen unbekannt; es existieren jedoch teils ähnliche Konstruktionen (u. a. fideikommissarische Treuhand, Stiftung). Das Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht sowie über ihre Anerkennung (1985) regelt die internationale Einordnung und Durchsetzbarkeit von Truststrukturen in den Unterzeichnerstaaten.
Abgrenzung zu verwandten Institutionen
Trustee im Vergleich zum Treuhänder
Der deutsche Treuhänder wird zivilrechtlich eher als eine Person betrachtet, die Vermögensgegenstände aufgrund eines obligatorischen Rechtsverhältnisses treuhänderisch für einen anderen hält, ohne jedoch das rechtliche Eigentum vollständig zu übernehmen. Der Trustee hingegen ist mit dem vollen Rechtstitel ausgestattet, unterliegt jedoch ebenso strikten Treuhandpflichten.
Trustee und Testamentsvollstrecker
Während der Trustee langfristig auf Basis der Trusturkunde agiert, übernimmt der Testamentsvollstrecker (executor/trustee) typisch nur die zeitlich begrenzte Abwicklung eines Nachlasses und die Verwaltung des Nachlassvermögens bis zur Verteilung an die Erben oder Begünstigten.
Literaturverzeichnis und weiterführende Quellen
- Waters, D.W.M.: The Law of Trusts in Canada. Carswell, Toronto.
- Hayton, D.J., Matthews, P., Mitchell, C.: Underhill and Hayton: Law of Trusts and Trustees. LexisNexis.
- Maier, Franz: Trusts und Trustees im internationalen Privat- und Steuerrecht.
- Haager Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung.
Hinweis: Dieser Artikel versteht sich als zusammenfassende Darstellung des Begriffs Trustee für Leserinnen und Leser mit Interesse an rechtlichen, insbesondere angloamerikanischen, Begrifflichkeiten und Zusammenhängen und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten hat ein Trustee?
Ein Trustee nimmt eine treuhänderische Rolle ein und unterliegt im rechtlichen Kontext einer Vielzahl von Pflichten und Verantwortlichkeiten gegenüber dem Trust und den Begünstigten (Beneficiaries). Wesentliche Kernpflicht ist die sog. „Treuepflicht“ (Fiduciary Duty), die uneigennütziges Handeln, Loyalität und die Wahrung der Interessen der Begünstigten verlangt. Der Trustee muss das Trustvermögen sorgfältig verwalten, erhalten und im Sinne des Trustzwecks vermehren („Pflicht zur ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung“). Das umfasst beispielsweise die ordnungsgemäße Buchführung, das Einholen von fachlichem Rat bei Investitionen, die Einhaltung gesetzlicher und vertraglicher Vorgaben des Trusts sowie die Transparenz- und Informationsoffenlegungspflichten gegenüber den Begünstigten. Zudem ist der Trustee verpflichtet, Interessenkonflikte zu vermeiden und keinerlei persönlichen Nutzen aus dem Trustvermögen zu ziehen. Bei Pflichtverletzungen drohen dem Trustee zivilrechtliche Haftung und unter Umständen die Entlassung aus dem Amt.
Wann und wie kann ein Trustee abgesetzt oder ausgetauscht werden?
Die Absetzung eines Trustees ist sowohl nach den Bestimmungen des Trustdeeds (Vertrag, der den Trust regelt), als auch nach gesetzlichen Vorgaben möglich. Häufig werden im Trustdeed explizite Regelungen zur Abberufung und zum Austausch von Trustees formuliert, beispielsweise bei grober Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur Wahrnehmung der Aufgaben oder auf Wunsch der Begünstigten bei Erreichen einer bestimmten Mehrheit. Gesetzlich kann ein Gericht die Abberufung anordnen, wenn der Trustee nachweislich seine Pflichten verletzt, sich unredlich verhält, bankrottgeht oder anderweitig nicht mehr in der Lage ist, die Funktion auszuüben. Die Nachbesetzung erfolgt in der Regel durch eine im Trustvertrag festgelegte Person (Successor Trustee) oder durch gerichtliche Bestellung. Dabei ist stets auf eine kontinuierliche und lückenlose Vertrauensverwaltung zu achten, um Nachteile für das Trustvermögen und die Begünstigten zu vermeiden.
Was sind die Haftungsrisiken eines Trustees im rechtlichen Kontext?
Ein Trustee kann zivilrechtlich für eigenes schuldhaftes Fehlverhalten haftbar gemacht werden. Die Haftung erstreckt sich besonders auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen, wie Missmanagement, Untreue, widerrechtliche Entnahmen aus dem Trustvermögen oder eine nicht ordnungsgemäße Informationsweitergabe an die Begünstigten. Im Rahmen der sogenannten Innenhaftung haften sie gegenüber dem Trust und den Begünstigten, während die Außenhaftung gegenüber Dritten bestehen kann, wenn der Trustee im Namen des Trusts Verträge abgeschlossen hat, ohne dies ordnungsgemäß kenntlich zu machen. Unter Umständen (z. B. nachgewiesene Veruntreuung) kann auch eine strafrechtliche Haftung in Betracht kommen. Es ist aber möglich, Haftungsrisiken durch eine sorgfältige Dokumentation, rechtzeitige Einholung von Fachgutachten und eine ausreichende Haftpflichtversicherung zu minimieren.
In welchem Rechtsraum findet das Trustee-Recht Anwendung und wo sind Unterschiede zu beachten?
Das Trustee-Recht ist vor allem im Common Law beheimatet, gilt also insbesondere in Ländern wie England, den USA, Australien, Kanada sowie gewissen anderen Jurisdiktionen, die nach dem angelsächsischen Rechtssystem arbeiten. Die Grundlagen des Trusteeships sind dort gesetzlich (etwa im „Trustee Act“) kodifiziert und durch umfangreiche Rechtsprechung ausgeformt. In kontinentaleuropäischen Ländern, z.B. Deutschland, existiert kein klassisches Trustsystem; analoge Strukturen finden sich jedoch in verwandten Rechtsinstituten wie dem Treuhandverhältnis oder der Stiftung. Die rechtlichen Regelungen, der Umfang der Befugnisse sowie die Haftungsgrundlagen können daher je nach Rechtsraum erheblich variieren und sind bei internationalen Sachverhalten detailliert zu prüfen.
Gibt es Melde- und Rechenschaftspflichten für Trustees gegenüber Behörden oder Begünstigten?
Trustees sind verpflichtet, den Begünstigten auf Anfrage umfassend Auskunft über sämtliche Belange des Trusts zu geben, hierzu zählen Konten, Vermögensstatus und absehbare Entwicklungen. Daneben existieren in verschiedenen Jurisdiktionen Berichtspflichten gegenüber staatlichen Behörden, insbesondere im Zusammenhang mit Steuerrecht, Geldwäscheprävention und Transparenzregistern. In Deutschland kann eine Treuhand beispielsweise meldepflichtig bezüglich wirtschaftlich Berechtigter gegenüber dem Transparenzregister sein. In angelsächsischen Systemen muss der Trustee jährlich Buchhaltungen oder Berichte erstellen, die den Begünstigten und ggf. Supervisory Bodies vorzulegen sind. Unzureichende oder verzögerte Berichterstattung kann zu Sanktionen und Haftung führen.
Bestehen für Trustees besondere Anforderungen an Qualifikation oder Zuverlässigkeit?
Rechtsordnungen verlangen von Trustees in der Regel persönliche Zuverlässigkeit, Geschäftsfähigkeit und Unabhängigkeit. Berufs- oder Fachqualifikationen sind regelmäßig nicht zwingend vorgeschrieben, werden aber bei komplexen Sachverhalten (z.B. große Vermögen oder Unternehmenstrusts) praktisch vorausgesetzt. Juristische Laien können Trustee werden, müssen sich aber im Rahmen der Sorgfaltspflichten ggf. durch Experten beraten lassen. In bestimmten Fällen (z.B. bei Family Offices, großen Stiftungen, Berufstreuhändern) werden gesetzliche Zuverlässigkeitsanforderungen, Prüfungen oder behördliche Anerkennungen verlangt. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen kann die Bestellung als Trustee verhindern oder zur nachträglichen Abberufung führen.