Legal Lexikon

Trinkwasser


Begriff und rechtliche Bedeutung von Trinkwasser

Trinkwasser ist Wasser, das für den menschlichen Genuss und Gebrauch geeignet ist und bestimmte Qualitätsanforderungen gemäß nationalen und europäischen Vorschriften erfüllen muss. Die rechtliche Definition und Bedeutung von Trinkwasser ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen, Verordnungen und Normen, die auf den Schutz der menschlichen Gesundheit, die Sicherstellung einer zuverlässigen Versorgung sowie den Umweltschutz abzielen.

Nationale und europäische Rechtsgrundlagen

Trinkwasserverordnung (TrinkwV)

Die maßgebliche nationale Rechtsgrundlage in Deutschland bildet die Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV). Sie setzt die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2020/2184 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (auch „EU-Trinkwasserrichtlinie“ genannt) in deutsches Recht um.

Definition nach der TrinkwV

Nach § 3 Nr. 1 TrinkwV ist Trinkwasser:
„… Wasser, das im ursprünglichen Zustand oder nach Aufbereitung zum Trinken, zum Kochen, zur Zubereitung von Speisen und Getränken oder zu anderen häuslichen Zwecken bestimmt ist, sowie Wasser, das in einem Lebensmittelunternehmen für die Herstellung, Behandlung oder den Vertrieb von Produkten für den menschlichen Genuss verwendet wird.“

Anwendungsbereiche

Die Trinkwasserverordnung gilt für die Bereitstellung von Wasser sowohl durch zentrale Wasserversorgungsanlagen als auch durch private Versorgungsanlagen, sofern das Wasser für den menschlichen Konsum bestimmt ist. Ausgenommen sind Wasserarten wie natürliches Mineralwasser (geregelt durch die Mineral- und Tafelwasserverordnung), Heilwasser sowie Wasser zur industriellen Nutzung außerhalb des Lebensmittelbereichs.

Weitere einschlägige Rechtsquellen

  • Infektionsschutzgesetz (IfSG): Enthält Regelungen zur Überwachung von Wasserversorgungsanlagen zum Schutz vor Infektionserkrankungen.
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Regelt den Schutz der Wasserressourcen und dient der Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung.
  • Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): Definiert Wasser als Lebensmittel bei Verwendung im Lebensmittelbetrieb.
  • Landeswassergesetze: Enthalten ergänzende Bestimmungen zu Qualität und Nutzung von Trinkwasser im jeweiligen Bundesland.
  • DIN-Normen (z. B. DIN 2000, DIN EN 806): Stellen technische Standards für Planung, Errichtung und Betrieb von Trinkwasseranlagen dar.

Qualitätsanforderungen und Überwachung

Grenzwerte und Qualitätsparameter

Gemäß Anhang 1 der Trinkwasserverordnung müssen bestimmte Grenzwerte für mikrobiologische, chemische und physikalische Parameter eingehalten werden. Zu den wichtigsten zählen:

  • Mikrobiologische Anforderungen: z. B. keine Nachweise für Escherichia coli oder Enterokokken
  • Chemische Anforderungen: z. B. Grenzwerte für Blei, Nitrat, Pestizide, Chlor, Kupfer, Nickel
  • Physikalische Anforderungen: z. B. Geruch, Geschmack, Färbung, Trübung

Überwachungspflichten

Die Überwachung der Trinkwasserqualität obliegt den Gesundheitsämtern (§ 21 TrinkwV). Betreiber von Wasserversorgungsanlagen sind verpflichtet, regelmäßige Untersuchungen und Beprobungen durchzuführen. Ergebnisse müssen dokumentiert und dem Gesundheitsamt sowie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bei Überschreitungen der Grenzwerte sind Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen.

Pflichten der Betreiber

Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, gleich ob öffentlich oder privat, müssen Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte ergreifen. Dazu zählen:

  • Betrieb und Instandhaltung der Anlagen entsprechend den anerkannten Regeln der Technik
  • Durchführung von Eigenkontrollen und Untersuchungspflichten
  • Information und Zusammenarbeit mit Behörden bei festgestellten Abweichungen

Versorgungssicherheit und Schutz der Ressource

Öffentliche Wasserversorgung

Gemäß Wasserhaushaltsgesetz besteht eine Pflicht der Gemeinden zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung (§ 50 WHG). Dies umfasst auch den Vorrang der Trinkwasserversorgung gegenüber anderen Nutzungsarten wie Landwirtschaft oder Industrie (sogenannter Vorrang der Trinkwasserversorgung).

Schutzgebiete

Zum Schutz der Trinkwasserressourcen können Wasserschutzgebiete gem. §§ 51 ff. WHG sowie nach Landesrecht ausgewiesen werden. In diesen Gebieten gelten besondere Einschränkungen für bestimmte Nutzungen (z. B. Düngeverbot, Baurückhaltungen, Verbot von wassergefährdenden Stoffen).

Notfallvorsorge

Die gesetzlichen Grundlagen verpflichten Betreiber und Behörden zur Planung und Umsetzung von Notfallmaßnahmen, etwa für den Fall von Störungen in der Wasserversorgung, Kontaminationen oder Naturkatastrophen.

Haftung und Sanktionen

Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Verstöße gegen die sich aus der Trinkwasserverordnung ergebenden Pflichten können als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeld oder als Straftat sanktioniert werden (§§ 24, 25 TrinkwV, § 75 IfSG). Dazu gehören etwa:

  • Nichteinhaltung von Grenzwerten
  • Unterlassen vorgeschriebener Untersuchungen
  • Nichtanzeige von Gefahrenlagen

Zivilrechtliche Haftung

Bei nachgewiesenen Gesundheitsschäden infolge von mangelhafter Trinkwasserqualität kommen zivilrechtliche Ansprüche (z. B. Schadensersatz, Gewährleistungsansprüche) gegen Betreiber oder Lieferanten in Betracht.

Internationales und Umweltrecht

EU-Recht

Die EU-Trinkwasserrichtlinie legt europaweit harmonisierte Mindeststandards für Trinkwasser fest. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Standards national umzusetzen und regelmäßig Berichte an die Europäische Kommission zu erstatten.

Umweltrechtliche Verknüpfungen

Trinkwasserschutz ist ein zentraler Aspekt des europäischen und nationalen Umweltrechts. Die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) verfolgt das Ziel, einen guten Zustand aller europäischen Gewässer, auch der Trinkwasserressourcen, sicherzustellen.

Zusammenfassung

Trinkwasser ist rechtlich umfassend geregelt und unterliegt strengen Anforderungen und Kontrollmechanismen zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Die Einhaltung dieser Normen ist durch nationale und europäische Vorschriften verpflichtend vorgegeben. Neben der Qualitätsüberwachung bestehen weitreichende Betreiberpflichten zur Sicherstellung einer nachhaltigen, sicheren und gesundheitlich unbedenklichen Trinkwasserversorgung. Verstöße können erheblich sanktioniert werden. Der Schutz und Erhalt der Ressource Trinkwasser steht im Zentrum einer Vielzahl von Vorschriften des öffentlichen Rechts, Umweltrechts sowie Zivilrechts.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Überwachung der Trinkwasserqualität in Deutschland rechtlich verantwortlich?

Für die Überwachung der Trinkwasserqualität in Deutschland sind gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV) die Gesundheitsämter der jeweiligen Kommunen bzw. Landkreise als zuständige Behörden verantwortlich (§ 21 TrinkwV). Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, wie Stadtwerke oder private Wasserversorger, sind gemäß § 8 und § 9 TrinkwV verpflichtet, regelmäßige Eigenkontrollen sowie Kontrollen durch zugelassene Untersuchungsstellen durchführen zu lassen. Die Umsetzung und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der Grenzwerte für bestimmte Inhaltsstoffe gemäß Anlage 2 der TrinkwV, wird durch das Gesundheitsamt durch stichprobenartige Probenahmen, Prüfungen der Eigenüberwachungsberichte und bei Anlass durch weitergehende Kontrollen sichergestellt. Bei Überschreitungen von Grenzwerten oder anderweitigen Auffälligkeiten kann das Gesundheitsamt auch Maßnahmen wie Informationspflichten an die Verbraucher, Nutzungsbeschränkungen oder sogar die Stilllegung von Wasserversorgungsanlagen anordnen. Die rechtliche Grundlage hierfür bilden die §§ 16-21 TrinkwV in Verbindung mit den Infektionsschutzgesetzen auf Bundes- und Länderebene.

Welche Rechte haben Verbraucher bei Mängeln in der Trinkwasserversorgung?

Verbraucher haben gemäß Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verschiedenste Rechte gegenüber dem Versorger, wenn Mängel bei der Trinkwasserversorgung auftreten. Liegt beispielsweise eine Grenzwertüberschreitung nach TrinkwV vor, kann dies einen Sachmangel nach § 434 BGB darstellen, wodurch Verbraucher das Recht auf Mängelbeseitigung („Nacherfüllung“) haben. Besteht weiterhin ein erheblicher Mangel und wird dieser nicht zeitnah behoben, können Verbraucher auch das Recht auf Minderung (§ 536 BGB) oder im Extremfall auf Kündigung des Versorgungsvertrags geltend machen. Darüber hinaus stehen Verbrauchern nach § 536a BGB ggf. Schadensersatzansprüche zu, etwa wenn durch verunreinigtes Trinkwasser gesundheitliche Schäden entstehen. Im Mietrecht kann ein erheblicher Mangel an der Trinkwasserversorgung als Mietmangel geltend gemacht werden mit entsprechenden Minderungsrechten. Darüber hinaus verpflichtet § 16 TrinkwV die Wasserversorgungsunternehmen, Verbraucher bei Gefahren für die Gesundheit unverzüglich zu informieren.

Besteht eine rechtliche Meldepflicht bei Legionellenbefall im Trinkwasser?

Besitzer und Betreiber von Trinkwasser-Installationen unterliegen einer Meldepflicht bei positiven Befunden auf Legionellen. Nach § 16 Abs. 1 TrinkwV müssen Überschreitungen des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen (aktuell 100 KBE/100 ml) umgehend dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Zudem ist nach § 6 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) jeder direkte Nachweis von Legionellen in einer zur Trinkwassererwärmung genutzten Anlage meldepflichtig. Das Gesundheitsamt beurteilt in diesem Fall, ob weitere Maßnahmen, wie weitergehende Untersuchungen, Desinfektionsmaßnahmen oder zumindest eine Information der Nutzer anzuordnen sind. Betreiber haften unter Umständen sogar strafrechtlich, wenn sie eine festgestellte Kontamination wissentlich nicht melden oder keine adäquaten Maßnahmen ergreifen.

Dürfen Mieter die Miete mindern, wenn die Trinkwasserqualität mangelhaft ist?

Ja, Mieter sind rechtlich zur Mietminderung berechtigt, wenn die Qualität des Trinkwassers in der gemieteten Wohnung die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt und dies einen erheblichen Mangel darstellt (§ 536 Abs. 1 BGB). Voraussetzung ist, dass der Mangel die Tauglichkeit der Sache, hier der Wohnung, zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Die Minderungsquote ist nach Einzelfall zu bemessen und richtet sich nach dem Ausmaß und der Dauer des Mangels sowie nach der konkreten Nutzungseinschränkung. Gesundheitsgefährdende Grenzwertüberschreitungen, beispielsweise bei Blei, Legionellen oder anderen Schadstoffen, können eine erhebliche Minderung rechtfertigen. Für die Durchsetzung sind die Mieter zur Anzeige des Mangels und Fristsetzung zur Mängelbeseitigung verpflichtet; eine Rückwirkung der Minderung ist meist ab dem Zeitpunkt der Anzeige möglich. Die Rechtsprechung orientiert sich hier an den Vorgaben der TrinkwV und des BGB.

Welche Pflichten haben Vermieter hinsichtlich der Einhaltung der Trinkwasserverordnung?

Vermieter sind als Betreiber der Trinkwasser-Installationen im Sinne der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) zur Sicherstellung der Einhaltung aller mikrobiologischen und chemischen Grenzwerte verpflichtet (§ 4, § 17 TrinkwV). Besonders relevant ist dabei die jährliche oder zumindest alle drei Jahre vorgeschriebene Untersuchungspflicht auf Legionellen (§ 14b TrinkwV), sofern eine Großanlage zur Trinkwassererwärmung existiert und Wohnungen oder Gemeinschaftseinrichtungen von mehreren Parteien versorgt werden. Vermieter müssen bei Auffälligkeiten umgehend Gegenmaßnahmen ergreifen und die betroffenen Mieter sowie das Gesundheitsamt informieren. Werden diese Pflichten wiederholt oder vorsätzlich verletzt, droht ein Bußgeld nach § 25 TrinkwV oder im Einzelfall eine strafrechtliche Verfolgung, insbesondere dann, wenn nachweisbare Gesundheitsgefahr entstand. Dokumentations- und Nachweispflichten betreffen zudem die Vorlage der Prüfprotokolle auf Verlangen der Behörden und der betroffenen Nutzer.

Wie ist die Haftung bei Gesundheitsschäden durch verunreinigtes Trinkwasser geregelt?

Kommt es durch verunreinigtes Trinkwasser zu Gesundheitsschäden, greifen verschiedene Haftungstatbestände. Auf der einen Seite ergibt sich eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung des Wasserversorgungsunternehmens aus § 1 Haftpflichtgesetz in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften zur Produkthaftung (§§ 823 ff. BGB, Produkthaftungsgesetz). Der Versorger muss nachweisen, alle gesetzlichen und technischen Vorgaben eingehalten zu haben, um einer Haftung zu entgehen. Auf Seiten von Vermietern und Installationsbetreibern kommt eine Haftung aus Verkehrssicherungspflichten in Betracht, wenn beispielsweise eine mangelhafte Installation zur Kontamination geführt hat. Im Mietverhältnis kann direkt Schadensersatz nach § 536a BGB gefordert werden, sofern dem Vermieter Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachzuweisen ist. Daneben sind Ansprüche nach § 280 BGB wegen Pflichtverletzung zu prüfen. Gesundheitsschäden müssen in jedem Fall eindeutig auf das Trinkwasser zurückgeführt werden; hierfür werden zumeist Gutachten oder behördliche Feststellungen herangezogen.

Welche Informationspflichten bestehen gegenüber Verbrauchern im Falle einer Grenzwertüberschreitung?

Beim Überschreiten von Grenzwerten für Schadstoffe oder Mikroorganismen im Trinkwasser sind die Wasserversorger nach § 16 TrinkwV verpflichtet, die betroffenen Verbraucher unverzüglich und in geeigneter Weise über die Art des Problems, die möglichen gesundheitlichen Risiken und die empfohlenen Verhaltensmaßnahmen (z. B. Abkochgebot) zu informieren. Auch das zuständige Gesundheitsamt ist zu benachrichtigen, welches das weitere Vorgehen koordiniert und notfalls die Veröffentlichung der Warnhinweise anordnet. Die Informationspflicht umfasst die Pflicht zur transparenten, leicht verständlichen und kostenlosen Information der Verbraucher, gegebenenfalls auch in mehreren Sprachen, falls es die Situation erfordert. Die Versäumnis dieser Informationspflicht kann zivil- und ordnungsrechtliche Konsequenzen, insbesondere Bußgelder, nach sich ziehen.