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Treunehmer


Begriff und Definition des Treunehmers

Der Begriff Treunehmer bezeichnet im deutschen Recht eine natürliche oder juristische Person, die im Rahmen eines Treuhandverhältnisses Vermögenswerte, Rechte oder Ansprüche auf fremde Rechnung und im Interesse einer anderen Person (Treugeber oder Treugeberin) hält und verwaltet. Das Treuhandverhältnis basiert in der Regel auf einer schuldrechtlichen Abrede, dem sogenannten Treuhandvertrag, und ist in eine Vielzahl von gesellschafts-, vermögens- und verfahrensrechtlichen Konstellationen eingebunden.

Rechtliche Einordnung des Treunehmers

Treuhandverhältnis

Im Zentrum des Handelns eines Treunehmers steht das Treuhandverhältnis, das nicht ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) normiert, jedoch durch die allgemeine Privatautonomie anerkannt ist. Es bildet sich regelmäßig durch Vertragsschluss zwischen Treunehmer und Treugeber.

Das Wesen des Treuhandverhältnisses besteht darin, dass der Treunehmer zwar die rechtliche Stellung an einem Vermögenswert erwirbt oder hält, ihm jedoch hinsichtlich der Ausübung der Rechte oder Verfügungsmöglichkeiten gegenüber dem Treugeber eine Bindung auferlegt wird. Der Treunehmer ist demnach Inhaber von Rechten im sogenannten Außenverhältnis, im Innenverhältnis ist er den Weisungen des Treugebers verpflichtet.

Rechtsgrundlagen

Da es keine spezielle „Treuhandgesetzgebung“ gibt, ergibt sich die rechtliche Einordnung des Treunehmers insbesondere aus den allgemeinen Vorschriften des BGB (§§ 662 ff., Auftrag; §§ 677 ff., Geschäftsbesorgung; §§ 688 ff., Verwahrung), aus dem Handelsrecht (HGB) sowie aus spezialgesetzlichen Regelungen (zum Beispiel im Insolvenzrecht, Erbrecht oder Steuerrecht).

Abgrenzung zu vergleichbaren Rechtsfiguren

Der Treunehmer unterscheidet sich insbesondere vom Eigentümer ohne Bindung und von bloßen Besitzdienern. Im Unterschied zum Trusteeship im angelsächsischen Recht ist die deutsche Treuhand lediglich ein Verpflichtungsverhältnis, das keine getrennten rechtlichen Eigentumsebenen in Bezug auf das Treugut kennt.

Pflichten und Rechte des Treunehmers

Pflichten im Innenverhältnis

Im Innenverhältnis ist der Treunehmer zur gewissenhaften Vermögensverwaltung verpflichtet und darf ausschließlich im Interesse und nach den Weisungen des Treugebers handeln. Zu seinen Hauptpflichten zählen:

  • Weisungsgebundenheit: Der Treunehmer hat Anordnungen und Vorgaben des Treugebers zu beachten, soweit diese nicht im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Vereinbarungen stehen.
  • Vermögensschutz: Der Treunehmer ist verpflichtet, das treuhänderisch verwaltete Vermögen sorgfältig zu verwalten und es von eigenem Vermögen abzugrenzen.
  • Rechnungslegung: Er muss über seine treuhänderische Tätigkeit transparent Rechenschaft ablegen und Auskünfte sowie Abrechnungen erteilen.
  • Rückübertragungsverpflichtung: Nach Beendigung des Treuhandverhältnisses hat der Treunehmer das Treugut an den Treugeber zurückzugeben oder nach dessen Weisung zu übertragen.

Rechte im Außenverhältnis

Im Außenverhältnis nach außen kann der Treunehmer im eigenen Namen über das Treugut verfügen, Verträge abschließen sowie Rechte und Pflichten begründen. Gegenüber Dritten ist in der Regel nur er selbst berechtigt und verpflichtet. Dritte müssen die interne Bindung nicht beachten, sofern sie nicht von der Treuhandabrede wissen oder wissen müssten (gutgläubiger Erwerb).

Haftung

Der Treunehmer haftet für Pflichtverletzungen gegenüber dem Treugeber auf Schadensersatz (§§ 280 ff. BGB). Bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Handeln kann eine weitergehende Haftung bestehen. Zudem kann dem Treunehmer eine persönliche Haftung gegenüber Dritten treffen, falls er im eigenen Namen handelt und der Treuhandcharakter offengelegt ist.

Typische Anwendungsfelder und Erscheinungsformen

Vermögensverwaltung

Ein häufiges Einsatzfeld für den Treunehmer ist die Verwaltung von Vermögensgegenständen, darunter Bankkonten, Wertpapiere und Immobilien. Auch Sicherungstreuhandschaften, beispielsweise im Rahmen von Kreditverhältnissen, sind verbreitet.

Unternehmensbeteiligungen

Im Gesellschaftsrecht tritt der Treunehmer etwa bei Treuhandbeteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften auf. Hier hält er Geschäftsanteile im eigenen Namen, aber mit Bindung an den Treugeber.

Insolvenzrecht

Im Insolvenzverfahren kann ein Treunehmer eine Rolle spielen, etwa wenn Sicherungsgut vom Sicherungsnehmer treuhänderisch gehalten wird, um die Gläubigerinteressen zu wahren.

Erbrecht und Nachlass

Im Rahmen der Nachlassabwicklung kann ein Treunehmer mit der Verwaltung und Verteilung des Erbes betraut werden, etwa zur Sicherung von Pflichtteilsrechten oder zugunsten von minderjährigen Erben.

Steuerrecht

Im Steuerrecht wird der Treunehmer ebenfalls anerkannt, etwa bei der wirtschaftlichen Zurechnung und der Zuordnung von Erträgen zu bestimmten Steuerpflichtigen.

Beendigung des Treuhandverhältnisses

Das Treuhandverhältnis endet regelmäßig mit Erreichen des Vertragszwecks, durch Zeitablauf, Kündigung oder Widerruf durch den Treugeber. Nach Beendigung ist der Treunehmer verpflichtet, das Treugut herauszugeben oder die vereinbarte Übertragung vorzunehmen.

Treunehmer in der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat die Stellung und die Verantwortung von Treunehmern stetig weiterentwickelt. Insbesondere betont sie die Treuepflichten, strenge Sorgfaltsmaßstäbe und die Abgrenzung zu missbräuchlichen Gestaltungen, etwa im Bereich der Vermögensverschiebung oder Umgehungstatbestände.

Literaturhinweise

  • Kienle, Treuhandverhältnis und Treuhandvertrag, 2022
  • Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 42. Auflage, München 2023
  • BGH, Entscheidung vom 25.09.2019, Az. VIII ZR 160/18

Der Begriff Treunehmer besitzt im deutschen Recht eine vielschichtige Bedeutung und kommt in zahlreichen Rechtsgebieten zur Anwendung. Seine Stellung ist geprägt durch die rechtliche Inhaberschaft an Vermögenswerten unter gleichzeitiger Bindung an die Interessen und Weisungen des Treugebers. Die komplexen Pflichten sowie die abweichende Rechtsposition im Innen- und Außenverhältnis machen den Treunehmer zu einer zentralen Figur bei der treuhänderischen Vermögensverwaltung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten hat ein Treuhänder aus rechtlicher Sicht?

Ein Treuhänder ist kraft Gesetzes und des zugrunde liegenden Treuhandvertrags zu einer Vielzahl von Pflichten verpflichtet, die sich grundsätzlich aus dem deutschen Zivilrecht, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), ergeben. Zentral ist die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Treuguts im Interesse des Treugebers. Dies beinhaltet insbesondere die Pflicht zu sorgfältigem und gewissenhaftem Handeln, zur Beachtung der Weisungen des Treugebers – sofern diese nicht im Widerspruch zum Vertrag oder zum Gesetz stehen – sowie zur Wahrung von Treue und Loyalität (sog. Treuepflicht). Des Weiteren trifft den Treuhänder eine umfassende Informations- und Auskunftspflicht: Er muss dem Treugeber auf Verlangen oder in vereinbarten Zeitintervallen Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen und das Treugut transparent verwalten. Bei schuldhafter Pflichtverletzung haftet der Treuhänder grundsätzlich auf Schadensersatz. Daneben besteht die Verpflichtung, Vermögenswerte des Treugebers strikt vom eigenen Vermögen zu trennen, was besonders bei einer möglichen Insolvenz des Treuhänders bedeutsam ist.

Welche Rechte stehen dem Treuhänder im Rahmen des Treuhandverhältnisses zu?

Im Rahmen eines rechtlichen Treuhandverhältnisses erlangt der Treuhänder vor allem das Recht, über das Treugut entsprechend den getroffenen Vereinbarungen zu verfügen und es im Außenverhältnis im eigenen Namen geltend zu machen. Diese Rechtspositionen sind im Regelfall im Treuhandvertrag explizit geregelt. Dem Treuhänder steht ferner das Recht zu, vom Treugeber Weisungen zu verlangen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung oder zur Klärung von Zweifelsfragen erforderlich ist. Darüber hinaus kann der Treuhänder im Regelfall eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit sowie Ersatz für angemessene Aufwendungen verlangen, sofern dies im Treuhandvertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Führen die Handlungen des Treuhänders im Außenverhältnis zu Verbindlichkeiten, so kann er unter bestimmten Voraussetzungen die Freistellung durch den Treugeber verlangen.

Wie wird die Haftung des Treuhänders rechtlich geregelt?

Die Haftung des Treuhänders orientiert sich grundsätzlich an den für Auftragsverhältnisse geltenden Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 662 ff. BGB). Der Treuhänder haftet im Innenverhältnis für jedes schuldhafte Fehlverhalten, insbesondere bei Verletzung der Sorgfalts-, Informations- und Rechenschaftspflichten oder bei Verstößen gegen die Weisungen des Treugebers. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet er uneingeschränkt auf Ersatz des entstandenen Schadens; eine Haftungsbeschränkung ist in gewissem Umfang vertraglich möglich, jedoch nicht bei vorsätzlichem Handeln. Im Außenverhältnis kann es aufgrund der Stellvertretung bzw. des Auftretens im eigenen Namen zu einer persönlichen Haftung gegenüber Dritten kommen, falls und soweit der Treuhänder die Grenzen seines Auftrags oder die Interessen des Treugebers überschreitet. Im Insolvenzfall ist das Treugut – sofern korrekt getrennt – regelmäßig dem Zugriff von Gläubigern des Treuhänders entzogen.

Welche typischen Gestaltungsformen des Treuhandverhältnisses werden rechtlich unterschieden?

Rechtlich werden verschiedene Gestaltungsformen des Treuhandverhältnisses unterschieden. Am häufigsten ist die Unterscheidung zwischen der sogenannten offenen und der verdeckten Treuhand. Bei der offenen Treuhand ist das Treuhandverhältnis für Dritte ersichtlich, der Treuhänder agiert offen im Auftrag des Treugebers. Bei der verdeckten Treuhand agiert der Treuhänder für Dritte erkennbar im eigenen Namen, während der Treugeber im Hintergrund bleibt. Auch wird in der Praxis zwischen der Sicherungstreuhand (vornehmlich zu Sicherungszwecken, insbesondere im Zusammenhang mit Kreditsicherungen) und der Verwaltungstreuhand (zur ordnungsgemäßen Verwaltung von Vermögenswerten, etwa in der Vermögensverwaltung oder im Rahmen von Nachlässen) unterschieden. Je nach Zweck und Ausgestaltung können die Anforderungen an die rechtliche Dokumentation und die Gestaltung der Pflichten und Rechte variieren.

Wie kann ein Treuhandverhältnis beendet werden und welche rechtlichen Folgen hat dies?

Die Beendigung eines Treuhandverhältnisses richtet sich primär nach den vertraglichen Vereinbarungen sowie ergänzend nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Häufige Beendigungsgründe sind die Erfüllung des Treuhandzwecks, der Ablauf einer vereinbarten Frist, Kündigung durch eine Partei (bei Dauerschuldverhältnissen) oder der Tod des Treugebers bzw. Treuhänders – sofern das Rechtsverhältnis nicht ausdrücklich vererbbar ausgestaltet ist. Nach Beendigung ist der Treuhänder verpflichtet, das verwaltete Treugut unverzüglich an den Treugeber (bzw. dessen Rechtsnachfolger) herauszugeben und eine abschließende Rechenschaft zu legen. Er ist während der Abwicklungsphase weiterhin zu sorgfältigem und interessengerechtem Handeln verpflichtet. Nicht selten ergeben sich nach Beendigung Haftungsfragen, etwa aus Pflichtverstößen während der vergangenen Tätigkeit.

Welche Rolle spielen Treuhandverhältnisse im Bereich der Unternehmens- und Immobilientransaktionen?

Im Rahmen größerer Unternehmens- oder Immobilientransaktionen kommt dem Treuhandverhältnis oft eine zentrale Bedeutung zu. Typischerweise werden hier Treuhänder zur Sicherung der Interessen der Vertragsparteien eingesetzt: Beispielsweise können Kaufpreiszahlungen oder Aktien/Immobilientitel „auf Treuhandkonten“ hinterlegt werden, um die Vertragserfüllung sicherzustellen. Juristisch regelt der Treuhandvertrag detailliert den Ablauf, insbesondere die Voraussetzungen der Freigabe von Treugut, die Sorgfaltspflichten und das Vorgehen im Fall von Streitigkeiten. Der Treuhänder agiert dabei als neutraler Intermediär und ist verpflichtet, ausschließlich gemäß den vertraglichen Anweisungen der Parteien zu handeln. Kommt es zu Verstößen gegen diese Anweisungen, können umfangreiche Haftungsfolgen entstehen.

Wie werden Treuhandverträge rechtlich wirksam gestaltet und welche Formerfordernisse bestehen?

Ein Treuhandvertrag unterliegt im deutschen Recht grundsätzlich keinen strengen Formvorschriften und kann formlos – auch mündlich – abgeschlossen werden, es sei denn, das Treuhandverhältnis bezieht sich auf Rechtsgeschäfte, die einer bestimmten Form bedürfen (z.B. notarielle Beurkundung beim Erwerb von Grundstücken gemäß § 311b BGB). In der Praxis werden Treuhandverträge jedoch nahezu immer schriftlich abgefasst, um die Rechte und Pflichten eindeutig festzuhalten und Beweisprobleme zu vermeiden. Der Vertrag sollte die Identität und Rolle der Beteiligten, das Treugut, den Treuhandzweck, die maßgeblichen Pflichten und Rechte sowie Haftungs- und Vergütungsregelungen detailliert regeln. Je nach Komplexität und Risikoprofil können ergänzende Klauseln etwa zu Vertraulichkeit, Verschwiegenheit, Laufzeit und Streitbeilegung aufgenommen werden. Bei internationalen Sachverhalten ist zudem die Rechtswahl von besonderer Bedeutung.