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Testamentserrichtung


Begriff und Bedeutung der Testamentserrichtung

Die Testamentserrichtung stellt den rechtlichen Vorgang dar, durch welchen eine Person (der Erblasser) ihren letzten Willen rechtsverbindlich festlegt. In Deutschland ist die Testamentserrichtung das zentrale Instrument der individuellen Nachlassplanung und ist im fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Die ordnungsgemäße Errichtung eines Testaments gewährleistet, dass der Nachlass des Erblassers nach dessen Ableben im Einklang mit dem niedergeschriebenen Willen verteilt wird.

Das Testament unterscheidet sich von anderen Verfügungen von Todes wegen, insbesondere vom Erbvertrag, durch seine einseitige, jederzeit widerrufbare Willenserklärung.

Formvorschriften der Testamentserrichtung

Eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB)

Das eigenhändige Testament muss vom Erblasser persönlich und vollständig handschriftlich verfasst sowie mit Datum und Unterschrift versehen werden. Der Zweck dieser Formvorschrift liegt in der Sicherstellung der Urheberschaft und der freien Willensbetätigung des Verfassers. Die Angabe des Datums dient der Klarstellung im Falle mehrerer Testamente zur Bestimmung der zeitlich letzten und damit gültigen Verfügung.

Öffentliches Testament (§§ 2232 ff. BGB)

Das öffentliche Testament wird durch Erklärung gegenüber einer Urkundsperson (gewöhnlich einem Notar) errichtet, welche das Testament nach den Vorgaben des Erblassers aufnimmt. Alternativ kann ein schriftlicher Entwurf übergeben werden. Das öffentliche Testament bietet insbesondere erhöhte Rechtssicherheit hinsichtlich der Beachtung formeller und inhaltlicher Vorgaben.

Besonderes Testament (§§ 2249 ff. BGB)

Für besondere Gefahrensituationen, wie etwa Kriegs- oder Notsituationen, sieht das Gesetz Ausnahmeregelungen vor (Nottestament). Diese Sonderformen erlauben die Testamentserrichtung unter erleichterten Bedingungen, beispielsweise vor drei Zeugen oder vor einer amtlichen Person. Sie sind jedoch zeitlich beschränkt gültig.

Inhaltliche Anforderungen und Testierfähigkeit

Bestimmtheit des Testamentsinhalts

Der Erblasser muss seinen letzten Willen klar und eindeutig formulieren. Unklare oder widersprüchliche Aussagen können später zu Auslegungsschwierigkeiten oder formellen Anfechtungen führen. Die wesentlichen Verfügungen, insbesondere die Benennung der Erben sowie etwaiger Vermächtnisnehmer und Auflagen, sollten präzise bezeichnet werden.

Testierfähigkeit (§ 2229 BGB)

Testierfähig ist, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat und die notwendige geistige Reife besitzt, um die Bedeutung und Tragweite der testamentarischen Anordnungen zu erfassen. Bei Krankheit oder psychischer Störung kann die Testierunfähigkeit festgestellt werden, wodurch ein Testament nichtig wird.

Formelle Wirksamkeit und Veröffentlichung

Hinterlegung

Ein notarielles Testament wird häufig amtlich verwahrt. Das zuständige Nachlassgericht hinterlegt das Dokument und sorgt nach dem Tod des Erblassers für dessen Eröffnung. Eigenhändige Testamente können privat verwahrt werden oder beim Nachlassgericht zur amtlichen Verwahrung gegeben werden.

Widerruf und Änderung

Der Erblasser kann sein Testament jederzeit widerrufen oder abändern. Der Widerruf kann ausdrücklich (z. B. durch Vernichtung) oder konkludent (Errichtung eines neuen Testaments) erfolgen. Bei mehreren Testamenten gilt das zuletzt errichtete, sofern dieses gültig ist.

Besondere Typen und Regelungen der Testamentserrichtung

Gemeinschaftliches Testament (§ 2265 ff. BGB)

Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten, beispielsweise das sogenannte „Berliner Testament“. Hierbei werden oftmals gegenseitig Erbeinsetzungen und Schlusserbeneinsätze verbunden. Für das gemeinschaftliche Testament bestehen spezielle Formvorschriften.

Sonderfälle: Nottestamente

Nottestamente, etwa das Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB) oder das Drei-Zeugen-Testament (§ 2250 BGB), erlauben im Ausnahmefall eine mündliche Erklärung gegenüber Amtsträgern oder mehreren Zeugen. Ihre Geltungsdauer ist zeitlich auf drei Monate begrenzt, wenn der Erblasser nicht innerhalb dieser Frist verstirbt.

Rechtliche Folgen fehlerhafter Testamentserrichtung

Wird ein Testament entgegen den gesetzlichen Formvorschriften errichtet, ist es nichtig (§ 125 BGB i.V.m. einschlägigen Vorschriften des BGB). In diesem Fall greift die gesetzliche Erbfolge. Auslegungsbedürftige Testamente werden nach dem mutmaßlichen Willen des Erblassers interpretiert, sofern der Wille noch eindeutig feststellbar ist.

Bedeutung der gesetzlichen Erbfolge bei unwirksamer Testamentserrichtung

Fehler bei Testamenten führen dazu, dass die gesetzliche Erbfolge gemäß §§ 1924 ff. BGB Anwendung findet. Verwandte und Ehegatten werden erbberechtigt berücksichtigt, wodurch der Erblasserwille möglicherweise nicht zur Geltung kommt.

Fazit

Die Testamentserrichtung ist eine rechtlich bedeutsame Gestaltungsmöglichkeit zur individuellen Nachlassplanung. Sie unterliegt strengen Form- und inhaltlichen Vorschriften, deren Missachtung weitreichende Wirkungen für die spätere Erbfolge haben kann. Sorgfältige Umsetzung und Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind unerlässlich, um den letzten Willen des Erblassers verbindlich zur Geltung zu bringen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Formerfordernisse sind bei der Errichtung eines Testaments zu beachten?

Ein Testament kann grundsätzlich entweder eigenhändig oder notariell errichtet werden. Für ein eigenhändiges Testament verlangt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gemäß § 2247, dass die gesamte Erklärung vom Erblasser persönlich handschriftlich geschrieben und unterschrieben wird. Die Angabe von Ort und Datum ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, wird aber dringend empfohlen, um im Erbfall etwaige Zweifelsfragen zur Testierfähigkeit und zur Gültigkeit des Dokuments zu vermeiden sowie Konkurrenztestamente zuordnen zu können. Maschinenschriftliche, getippte oder diktierte Testamente sind ungültig, sofern sie nicht in notarieller Form errichtet werden. Das notarielle Testament wird vor einem Notar erklärt und von diesem protokolliert (§§ 2231 Nr. 1, 2232 BGB). Auch an die Anwesenheit und Testierfähigkeit des Erblassers bei der Erklärung des Willens vor dem Notar werden strenge Anforderungen gestellt. Minderjährige können kein Testament errichten, lediglich wer das 16. Lebensjahr vollendet hat, ist testierfähig, wobei Minderjährige Testamente nur notariell errichten können. Bei Missachtung der Formvorschriften ist das Testament in der Regel nichtig.

Kann ein Testament widerrufen oder geändert werden?

Der Widerruf eines Testaments ist jederzeit möglich, solange der Erblasser testierfähig ist. Der Widerruf kann ausdrücklich durch die Errichtung eines neuen Testaments mit entgegenstehendem Willen erfolgen (§ 2258 BGB), aber auch durch die physische Vernichtung des ursprünglichen Testaments. Der Widerruf muss mit eindeutigem Willen geschehen, also etwa durch Zerstören, Durchstreichen oder Entnehmen von Teilen des Testaments. Ein handschriftliches Testament lässt sich formlos durch ein neues vollständiges handschriftliches oder notarielles Testament aufheben. Ein notarielles Testament kann ebenfalls jederzeit durch ein handschriftliches Testament oder durch eine Widerrufserklärung beim Notar geändert oder aufgehoben werden. Bestehen mehrere Testamente, gilt das zuletzt erstellte Dokument, sofern dieses wirksam errichtet wurde. Teilweise Widerrufe oder Änderungen können mittels Nachträge (Kodizille) vorgenommen werden, die denselben Formvorgaben unterliegen wie das ursprüngliche Testament.

Was ist der Unterschied zwischen einem Einzeltestament und einem gemeinschaftlichen Testament?

Ein Einzeltestament wird von einer Einzelperson errichtet, während ein gemeinschaftliches Testament gemäß § 2265 BGB ausschließlich Eheleuten oder eingetragenen Lebenspartnern vorbehalten ist. Im gemeinschaftlichen Testament können Ehepartner gemeinsam über ihr Vermögen für den Todesfall verfügen. Besonders bekannt ist das sogenannte „Berliner Testament“, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und die gemeinsamen Kinder als Schlusserben bestimmen. Wichtig ist beim gemeinschaftlichen Testament die „Wechselbezüglichkeit“ bestimmter Verfügungen: Änderungen solcher wechselbezüglicher Verfügungen sind nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr möglich (§ 2271 Abs. 2 BGB). Einzeltestamente hingegen können vom Erblasser einseitig jederzeit widerrufen oder geändert werden.

Wer ist testierfähig und wann kann ein Testament angefochten werden?

Die Testierfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit voraus, wobei das BGB in § 2229 Abs. 1 und 4 vorsieht, dass eine Person das 16. Lebensjahr vollendet haben muss. Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, ist nicht testierfähig (§ 2229 Abs. 4 BGB). Eine Testamentsanfechtung kann insbesondere dann erfolgen, wenn Gründe wie Irrtum, Drohung, Täuschung oder mangelnde Testierfähigkeit vorliegen (§§ 2078-2081 BGB). Die Anfechtung muss gegenüber dem Nachlassgericht binnen eines Jahres nach Kenntniserlangung von dem Anfechtungsgrund erklärt werden, spätestens jedoch innerhalb von 30 Jahren nach dem Erbfall.

Wie wirkt sich ein Nachlassverzeichnis im Zusammenhang mit dem Testament aus?

Ein Nachlassverzeichnis wird in der Regel im Rahmen der Testamentsvollstreckung und Nachlassabwicklung erstellt. Es listet sämtliche Vermögenswerte, Schulden und Verpflichtungen des Erblassers zum Todeszeitpunkt auf und verschafft so einen Überblick über den Umfang und die Zusammensetzung des Nachlasses. Ist ein Testament vorhanden, dient das Nachlassverzeichnis zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Verteilung des Nachlasses an die im Testament benannten Erben und Vermächtnisnehmer. Es ist insbesondere dann relevant, wenn Pflichtteilsberechtigte Auskunft verlangen oder ein Testamentsvollstrecker bestellt wurde (§§ 2205, 2314 BGB). Pflichtteilsberechtigte können nach § 2314 BGB ein Nachlassverzeichnis vom Erben verlangen, um ihren Pflichtteilsanspruch berechnen zu können.

Welche Rolle spielt das Nachlassgericht bei der Testamentseröffnung?

Nach dem Tod des Erblassers ist das Nachlassgericht verpflichtet, alle in seinem Gewahrsam befindlichen oder ihm eingereichten Testamente zu eröffnen (§ 348 FamFG). Die Testamentseröffnung ist ein förmliches Verfahren, bei dem das Gericht allen Beteiligten – insbesondere den im Testament Bedachten sowie den gesetzlichen Erben – den Inhalt des Testaments mitteilt. Das Nachlassgericht prüft hierbei nicht die inhaltliche Wirksamkeit, sondern ausschließlich die formelle Ordnungsgemäßheit und Verfügbarkeit des Testaments. Das eröffnete Testament ist Grundlage für die Bestimmung der Erben und die Ausstellung eines Erbscheins. Auch auf Pflichtteilsrechte wird das Nachlassgericht gegebenenfalls hingewiesen. Die Erben werden durch die Testamentseröffnung jedoch noch nicht automatisch als solche anerkannt; gegebenenfalls ist die Beantragung eines Erbscheins erforderlich.