Begriff und rechtliche Einordnung der Terrorismusfinanzierung
Unter dem Begriff Terrorismusfinanzierung wird das Bereitstellen, Sammeln oder Leiten finanzieller Mittel verstanden, die dazu bestimmt sind, terroristische Handlungen oder terroristische Vereinigungen zu unterstützen. Die Finanzierung kann sowohl durch legale als auch illegale Quellen erfolgen und umfasst sämtliche Handlungen, die darauf abzielen, finanzielle Ressourcen zur Planung, Vorbereitung oder Durchführung terroristischer Aktivtäten bereitzustellen.
International und national wird Terrorismusfinanzierung als gravierende Straftat angesehen, die u. a. das Potential hat, gesellschaftliche Sicherheit und staatliche Ordnung erheblich zu gefährden. Die Bekämpfung dieses Phänomens ist zentraler Bestandteil der globalen Antiterrorismus-Strategien und wird von einer Vielzahl rechtlicher Vorschriften flankiert.
Internationaler Rechtsrahmen zur Terrorismusfinanzierung
Vereinigte Nationen
Bereits im Jahr 1999 wurde das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism, kurz Terrorismusfinanzierungskonvention) durch die UN-Generalversammlung verabschiedet. Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, umfassende Strafvorschriften gegen die Finanzierung terroristischer Aktivitäten einzuführen und Maßnahmen zur Verhinderung und Aufdeckung von Terrorismusfinanzierung zu schaffen.
Weitere internationale Initiativen
Ergänzend dazu regelt die Finanzaktionsgruppe (Financial Action Task Force, FATF) internationale Standards zur Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung. FATF-Empfehlungen sind weltweit maßgebend für die Einrichtung von Präventions-, Sanktions- und Kontrollmaßnahmen in den nationalen Rechtsordnungen.
Europäischer Rechtsrahmen zur Terrorismusfinanzierung
Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union
Die Europäische Union hat mit mehreren Richtlinien, insbesondere der Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (insbesondere die EU-Richtlinie 2015/849 – Vierte Geldwäscherichtlinie sowie deren Nachfolger), umfassende Regelwerke zum Schutz des Binnenmarktes geschaffen. Ziele sind die Identifizierung und Meldung verdächtiger Finanztransaktionen, die Schaffung zentraler Meldestellen und die Verpflichtung von Banken und weiteren Finanzdienstleistern zur Einhaltung strikter Sorgfaltspflichten.
Sanktionsregime
Die Durchsetzung von gezielten finanziellen Sanktionen gegen bestimmte Organisationen, Einzelpersonen oder Staaten, die mit Terrorismus in Verbindung stehen, ist ein weiteres markantes Element des europäischen Rechtsrahmens.
Nationales Recht zur Terrorismusfinanzierung
Deutschland
Strafbarkeit nach § 89c StGB
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Terrorismusfinanzierung insbesondere durch § 89c des Strafgesetzbuches (StGB) unter Strafe gestellt. Der Straftatbestand umfasst das Bereitstellen oder Sammeln von Vermögenswerten mit dem Wissen oder der Absicht, sie für terroristische Zwecke zu verwenden. Die Vorschrift richtet sich gegen sämtliche Formen der finanziellen Unterstützung terroristischer Handlungen, gleich ob die Mittel auch tatsächlich verwendet werden oder bereits das Bereitstellen für solche Zwecke ausreicht.
Tatbestandsvoraussetzungen:
- Bereitstellen oder Sammeln von Vermögenswerten,
- mit Wissen oder Absicht, dass die Mittel zur Tatausführung eines terroristischen Delikts oder zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung dienen sollen.
Strafmaß
Die Strafandrohung liegt, je nach Schwere des Delikts, bei Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Eine Versuchsstrafbarkeit ist ausdrücklich geregelt (§ 89c Abs. 5 StGB).
Österreich
Im österreichischen Recht ist Terrorismusfinanzierung nach § 278d Strafgesetzbuch kriminalisiert. Die Norm setzt ähnlich wie in Deutschland auf die abstrakte Gefährdung ab und verfolgt die Unterstützung terroristischer Aktivitäten bereits in der Vorbereitungsphase.
Schweiz
In der Schweiz regelt Art. 260quinquies StGB die Strafbarkeit der Terrorismusfinanzierung. Die Norm stellt insbesondere das Organisieren und Beschaffen von Geld oder anderen Vermögenswerten für terroristische Aktivitäten unter Strafe.
Abgrenzung zu verwandten Straftaten
Die Terrorismusfinanzierung weist Berührungspunkte zu anderen Deliktsbereichen auf. Besonders hervorzuheben sind:
Geldwäsche
Während Geldwäsche auf die Verschleierung der Herkunft illegal erworbener Vermögenswerte abzielt, ist Terrorismusfinanzierung nicht notwendigerweise an eine illegale Herkunft der Mittel geknüpft – sie kann auch durch legale Einkünfte erfolgen, sofern die Mittel terroristischen Zwecken zugeführt werden.
Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
Die finanzielle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ist in aller Regel ebenfalls von den einschlägigen Strafnormen umfasst, überschneidet sich also mit der Terrorismusfinanzierung. Allerdings kann auch ohne organisatorische Einbindung bereits eine Strafbarkeit nach den Vorschriften zur Terrorismusfinanzierung bestehen.
Präventions- und Ermittlungsmaßnahmen
Verpflichtungen für Finanzdienstleister
Banken, Versicherungen und andere Finanzintermediäre unterliegen umfangreichen Pflichten zur Identifizierung und Überwachung von Kunden sowie zur Meldung verdächtiger Transaktionen an die jeweiligen zentralen Meldestellen (Financial Intelligence Units, FIU).
Internationale Zusammenarbeit
Die grenzüberschreitende Verfolgung von Terrorismusfinanzierung erfordert eine enge Kooperation zwischen nationalen und internationalen Behörden sowie einen effizienten Informationsaustausch. Dies erfolgt etwa auf der Grundlage von Rechtshilfeabkommen, Eurojust, Europol sowie Interpol.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Vermögensabschöpfung und Einziehung
Im Falle nachgewiesener Terrorismusfinanzierung können Gerichte nicht nur Freiheitsstrafen verhängen, sondern auch eine Einziehung der finanzierten oder gestellten Vermögenswerte sowie der daraus erzielten Gewinne anordnen. Diese Maßnahmen dienen sowohl repressiven als auch präventiven Zwecken.
Listen gefrorener Vermögenswerte
Sanktionen werden teilweise durch das Einfrieren von Konten und Vermögenswerten umgesetzt, die Personen und Organisationen mit Terrorismusbezug zugeordnet werden.
Aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen
Terrorismusfinanzierung ist ein dynamisches Phänomen, das mit den globalen Entwicklungen und technischen Innovationen Schritt hält. Zu den aktuellen Herausforderungen zählen unter anderem die Nutzung digitaler Zahlungsmittel und anonymer Finanztransaktionen, etwa über Kryptowährungen oder alternative Finanzdienstleistungen, weshalb regelmäßige Anpassungen der gesetzlichen Vorschriften auf nationaler und internationaler Ebene erforderlich sind.
Zusammenfassung
Terrorismusfinanzierung beschreibt sämtliche Handlungen, die darauf ausgerichtet sind, Finanzquellen für terroristische Aktivitäten bereitzustellen. Der Begriff ist national wie international durch umfangreiche Straf- und Präventionsvorschriften normiert. Die rechtlichen Regelungen umfassen neben der Bekämpfung und Ahndung der Terrorismusfinanzierung auch präventive Vorgaben für den Finanzsektor und eine Vielzahl international abgestimmter Maßnahmen. Die kontinuierliche Entwicklung neuer Finanzierungswege von Terrorismus stellt Rechtsprechung, Verwaltung und Gesetzgebung auch weiterhin vor signifikante Aufgaben.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für die Terrorismusfinanzierung in Deutschland?
Die Terrorismusfinanzierung ist in Deutschland strafbar und findet ihre rechtliche Grundlage insbesondere im § 89c Strafgesetzbuch (StGB). Daneben greifen zahlreiche weitere Vorschriften, wie das Geldwäschegesetz (GwG) sowie Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) und des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG). Auch auf europäischer Ebene bestehen wesentliche Regelungen, insbesondere in Gestalt der EU-Verordnungen und Richtlinien zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung. Diese Normen sehen umfassende Sorgfalts-, Anzeige- und Dokumentationspflichten vor – insbesondere für Finanzinstitute und andere Verpflichtete im Sinne des GwG. Die rechtlichen Vorgaben verlangen dabei neben der aktiven Strafverfolgung auch präventive Maßnahmen, wie Risikobewertungen und interne Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung und Aufdeckung solcher Straftaten. Internationale Vorgaben, etwa die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF), werden kontinuierlich in die deutsche Gesetzgebung implementiert.
Wer ist bei Verdacht auf Terrorismusfinanzierung anzeigepflichtig?
Die Anzeigepflicht betrifft gemäß § 43 GwG sog. „Verpflichtete“. Hierzu zählen vor allem Kredit- und Finanzinstitute, Versicherungsunternehmen, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Immobilienmakler und weitere Berufsträger, die im Gesetz explizit genannt sind. Sie sind verpflichtet, bei Vorliegen von Tatsachen, die auf einen Verdacht der Terrorismusfinanzierung hindeuten, unverzüglich eine Verdachtsmeldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) zu erstatten. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob der Vorgang tatsächlich stattgefunden hat oder lediglich geplant ist. Die betreffende Person oder Institution darf die Verdachtsmeldung nicht gegenüber dem Betroffenen offenbaren (sog. „Tipping-Off“-Verbot). Eine Verletzung dieser Verpflichtung kann mit Bußgeldern oder strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden.
Wie unterscheiden sich die Strafmaße für Terrorismusfinanzierung von anderen wirtschaftskriminellen Taten?
Die Strafandrohung für Terrorismusfinanzierung nach § 89c StGB ist im Vergleich zu anderen wirtschaftskriminellen Delikten besonders streng ausgestaltet. Es drohen Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in besonders schweren Fällen auch über zehn Jahre hinaus. Die Strafrahmen spiegeln die besondere Gefährlichkeit der Tat wider, da hierdurch terroristische Aktivitäten unmittelbar ermöglicht oder unterstützt werden können. Daneben können – je nach Tatbegehung – weitere Tatbestände wie Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB) oder Geldwäsche (§ 261 StGB) verwirklicht werden, was zu einer Erhöhung des Strafmaßes führen kann. Auch Versuch und Fahrlässigkeit können unter bestimmten Voraussetzungen strafbar sein; zudem drohen umfangreiche Einziehungs- und Vermögensabschöpfungsmaßnahmen.
Welche Rolle spielen internationale Kooperationen bei der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung?
Die grenzüberschreitende Natur der Terrorismusfinanzierung erfordert eine enge internationale Zusammenarbeit. Deutschland kooperiert daher aktiv mit internationalen Partnern und Organisationen wie der Financial Action Task Force (FATF), Interpol, Europol sowie verschiedenen UN- und EU-Behörden. Auf Grundlage von Rechtshilfeabkommen werden Informationen zwischen den Staaten und deren Ermittlungsbehörden ausgetauscht. Auch internationale Sanktionslisten und Überwachungsmaßnahmen tragen dazu bei, Geldflüsse, die mit Terrorismusfinanzierung verbunden sein könnten, frühzeitig zu erkennen und zu stoppen. Auf EU-Ebene bestehen zudem spezifische Rechtsakte, die Maßnahmen zur Kontenermittlung, Vermögenssicherung und Sanktionierung von Personen und Organisationen, die im Verdacht der Terrorismusfinanzierung stehen, ermöglichen.
Was sind typische Compliance-Maßnahmen gegen Terrorismusfinanzierung in Unternehmen?
Unternehmen, die unter das Geldwäschegesetz fallen, müssen umfassende Compliance-Maßnahmen implementieren. Dazu gehören die Durchführung von Risikoanalysen, die Einrichtung von internen Kontrollsystemen zur Prävention und Aufdeckung verdächtiger Transaktionen sowie die Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf die bestehenden gesetzlichen Anforderungen. Besonders wichtig ist die Identifizierung und Verifizierung von Vertragspartnern („Know your customer“-Prinzip), die laufende Überwachung von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen sowie das Führen von Aufzeichnungen über verdächtige Vorgänge. Unternehmen sind verpflichtet, Verdachtsfälle umgehend an die FIU zu melden und eine lückenlose Dokumentation sicherzustellen. Auch regelmäßige interne und externe Audits zur Überprüfung und Aktualisierung der ergriffenen Maßnahmen sind rechtlich vorgeschrieben.
Wie läuft ein Ermittlungsverfahren bei Verdacht der Terrorismusfinanzierung ab?
Bei Verdacht der Terrorismusfinanzierung wird das Verfahren in mehreren Schritten durchgeführt. Nach Eingang einer Verdachtsmeldung bei der FIU prüft diese zunächst die Sachlage und leitet die Informationen gegebenenfalls an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei) weiter. Es folgen Ermittlungen, die unter anderem die Analyse von Geldflüssen, Durchsuchungen, Sicherstellungen und gegebenenfalls operative Maßnahmen wie Observation oder Telekommunikationsüberwachung umfassen können. Die Ermittlungen erfolgen oft in enger Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und werden durch rechtsstaatliche Sicherungsmechanismen wie richterliche Anordnungen flankiert. Während des Ermittlungsverfahrens können Konten eingefroren, Vermögenswerte beschlagnahmt und Beteiligte vorläufig festgenommen werden. Abschluss bildet entweder die Einstellung des Verfahrens oder die Anklageerhebung beim zuständigen Strafgericht. Im Falle einer Verurteilung drohen empfindliche Strafen und weitergehende Maßnahmen wie Berufsverbote oder Vermögenseinzug.