Begriff und Rechtsgrundlagen der Telemedien
Der Begriff Telemedien ist ein zentraler Terminus der deutschen Medien- und Informationsgesellschaft. Rechtlich umfassend definiert und geregelt werden Telemedien insbesondere durch das Telemediengesetz (TMG) und nachfolgend das Medienstaatsvertrag (MStV). Sie unterscheiden sich von klassischen Rundfunkangeboten und Telekommunikationsdiensten und bilden die rechtliche Grundlage für eine Vielzahl von Online-Angeboten.
Definition von Telemedien
Telemedien werden im Sinne von § 1 Abs. 1 TMG und § 2 Abs. 1 Satz 1 MStV als alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste verstanden, mit Ausnahme des Rundfunks, der Telekommunikationsdienste sowie bestimmter fernmeldetechnischer Dienste. Konkret zählen dazu unter anderem Webseiten, Online-Shops, soziale Netzwerke, Streamingdienste (wenn sie kein Rundfunk sind), E-Mail-Dienste und Apps. Nicht umfasst sind hingegen Telefonie- oder Messaging-Dienste, die Kommunikationsdienste im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) darstellen, sowie klassische Rundfunkinhalte wie Fernsehen oder Hörfunk.
Abgrenzung zu anderen Dienstformen
Die rechtliche Unterscheidung von Telemedien gegenüber anderen elektronischen Diensten beruht auf folgenden Merkmalen:
- Telekommunikationsdienste (z.B. Telefon, SMS): Übertragung von Signalen, keine Verantwortung für die Inhalte.
- Rundfunk: Lineare Informations- und Kommunikationsdienste für die Allgemeinheit, die entlang eines Sendeplans verbreitet werden.
- Telemedien: Übermittlung und/ oder Bereitstellung von Inhalten auf individuellem Abruf an die Allgemeinheit, unabhängig von einem Sendeplan.
Regelungsrahmen der Telemedien in Deutschland
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Telemedien ergeben sich maßgeblich aus dem Telemediengesetz (TMG), dessen Regelungen teilweise in den Medienstaatsvertrag überführt wurden, sowie aus dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und weiteren spezialgesetzlichen Regelungen.
Telemediengesetz (TMG)
Das TMG war seit 2007 das zentrale Gesetz für die Ordnung des elektronischen Geschäftsverkehrs sowie der rechtlichen Anforderungen an Telemedien-Anbieter. Es regelte unter anderem:
- Impressumspflichten (§ 5 TMG)
- Datenschutz und Datenschutzinformationen (§§ 12-15 TMG)
- Haftung und Verantwortlichkeit (§§ 7-10 TMG)
- Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen (§ 6 TMG)
Mit dem Inkrafttreten des Medienstaatsvertrags (MStV) zum 7. November 2020 wurden zahlreiche Regelungen des TMG auf den MStV übertragen, insbesondere solche zu inhaltlichen Anforderungen, Pflichtangaben und der Regulierung von Telemedien.
Medienstaatsvertrag (MStV)
Der Medienstaatsvertrag (MStV) löste den Rundfunkstaatsvertrag ab und regelt nunmehr weitreichend die Vorgaben für Telemedien, insbesondere in Bezug auf:
- Pflichtangaben (§ 18 MStV, Impressum)
- Werbung, Sponsoring und Produktplatzierung (§§ 7-10 MStV)
- Jugendschutz und barrierefreie Angebote (§§ 19 ff. MStV)
- Verantwortlichkeit für Inhalte (§ 7 MStV)
Der MStV stellt damit einen modernen Rechtsrahmen für digitale Medienangebote dar und passt die Vorgaben laufend an die technologische Entwicklung an.
Weitere relevante Gesetze
Neben dem MStV und dem TMG finden auf Telemedien zahlreiche weitere Gesetze Anwendung, insbesondere:
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bzgl. Verarbeitung personenbezogener Daten
- Urheberrechtsgesetz (UrhG) bzgl. Schutz von Inhalten und Werken
- Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bzgl. Werbe- und Wettbewerbsverhalten
- Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von Hassrede und strafbaren Inhalten in sozialen Netzwerken
Rechtspflichten und Verantwortlichkeit der Anbieter von Telemedien
Das Telemedienrecht bestimmt eine Vielzahl von Verpflichtungen für Anbieter von Telemedien.
Impressumspflicht und Anbieterkennzeichnung
Nach § 18 MStV und vormals § 5 TMG besteht die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung (Impressum). Dies betrifft fast alle geschäftsmäßigen, nicht rein privaten Telemedien und fordert Angaben wie Name, Anschrift, Erreichbarkeit sowie gegebenenfalls zusätzliche Informationen (z.B. Umsatzsteuer-ID, Handelsregisternummer).
Datenschutz und Cookie-Bestimmungen
Telemedienanbieter unterliegen strengen Anforderungen des Datenschutzrechts. Die DSGVO, das BDSG sowie spezifische Vorgaben im TMG und MStV verlangen die Information der Nutzer über die Verarbeitung personenbezogener Daten, die Einholung wirksamer Einwilligungen (etwa bei Cookies, Tracking- und Analysediensten) sowie die Sicherstellung der Datensicherheit.
Cookie-Richtlinie
Seit dem Inkrafttreten der ePrivacy-Richtlinie und nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist für das Setzen von Cookies, die nicht unbedingt erforderlich sind, eine informierte und ausdrückliche Einwilligung einzuholen.
Haftung und Verantwortlichkeit für Inhalte
Die haftungsrechtlichen Bestimmungen stellen Telemedienanbieter unter bestimmte Auflagen:
- Eigene Inhalte: Anbieter haften uneingeschränkt für selbst erstellte und verbreitete Inhalte.
- Fremde Inhalte: Bei von Dritten bereitgestellten Inhalten gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Haftungsprivilegien (§§ 7-10 TMG), insbesondere für Hostprovider, Access-Provider und Caching-Dienste.
Sperr- und Löschpflichten
Betreiber müssen rechtswidrige Inhalte nach Kenntnisnahme unverzüglich entfernen oder den Zugang zu ihnen sperren. Für bestimmte Angebote, etwa Videoportale oder Foren, existieren weitere Sorgfaltspflichten.
Werberechtliche Anforderungen
Für Telemedien gelten zahlreiche Regelungen zur Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt, Transparenzpflichten bei Werbung und Sponsorings sowie Verbotstatbestände für irreführende oder unzulässige Werbemaßnahmen. Diese Vorgaben finden sich in §§ 7-10 MStV sowie im UWG und Telemediengesetz.
Jugendschutz in Telemedien
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) schreibt den Schutz Minderjähriger vor entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten vor. Telemedienanbieter müssen geeignete Maßnahmen treffen, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Dazu zählen Sendezeitbeschränkungen, technische Zugangsbeschränkungen oder Alterskennzeichnungen.
Bedeutung und praktische Relevanz der Telemedien
Telemedien nehmen einen stetig wachsenden Stellenwert in der Gesellschaft ein. Sie sind die rechtliche Basis für den digitalen Handel, die Meinungsbildung, die Unterhaltung sowie unzählige Informations- und Kommunikationsangebote.
Überblick über Beispiele
Typische Telemedien sind:
- Suchmaschinen
- Webseiten und Blogs
- Online-Shops und Marktplätze
- Soziale Netzwerke und Foren (sofern kein Rundfunk vorliegt)
- Streamingdienste auf Abruf (Video-on-Demand)
- Podcasts und Abrufdienste
- Apps mit Informations- und Unterhaltungsangeboten
Rundfunkartige Livestreams und klassische Broadcast-Angebote auf Abruf können je nach Ausgestaltung ebenfalls als Telemedien gelten, sofern keine Rundfunklizenzpflicht besteht.
Entwicklung und Ausblick
Die Regulierung von Telemedien befindet sich im stetigen Wandel und unterliegt der rasanten Entwicklung digitaler Technologien. Der Gesetzgeber aktualisiert und erweitert regelmäßig den Regelungsrahmen, um neue Kommunikationsformen, Geschäftsmodelle und Risiken wie Desinformation, Datenschutz oder digitale Barrierefreiheit adäquat zu adressieren.
Weitergehende Harmonisierung auf europäischer Ebene
Insbesondere durch die fortschreitende europäische Gesetzgebung – etwa mit der Digital Services Act (DSA) und der ePrivacy-Verordnung – ist künftig mit weiteren Vereinheitlichungen und Anpassungen der Vorschriften für Telemedien zu rechnen, um ein einheitliches Schutzniveau im digitalen europäischen Binnenmarkt zu gewährleisten.
Telemedien stehen im Mittelpunkt des digitalen Kommunikations- und Informationsverkehrs. Die Rechtslage ist komplex und von ständiger Fortentwicklung geprägt. Anbieter und Nutzer profitieren von klaren gesetzlichen Vorgaben, die einen sicheren sowie vertrauenswürdigen Umgang mit digitalen Angeboten gewährleisten.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Impressumspflicht von Telemedienanbietern?
Die Impressumspflicht für Telemedienanbieter ist insbesondere im § 5 Telemediengesetz (TMG) geregelt. Jeder, der geschäftsmäßig, also nicht ausschließlich privat, Telemedien anbietet, muss bestimmte Pflichtangaben leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Dazu gehören Name und Anschrift des Anbieters, Kontaktdaten wie E-Mail-Adresse und ggf. Telefonnummer, Angaben zum Vertretungsberechtigten bei juristischen Personen, das zuständige Registergericht und die Registernummer, sowie Aufsichtsbehörden im Falle besonderer Genehmigungspflichten. Für bestimmte Berufsgruppen, wie Ärzte oder Rechtsanwälte, gelten zusätzliche Angaben, etwa zur Kammerzugehörigkeit und zur berufsrechtlichen Regelungen. Verstöße gegen die Impressumspflicht können Abmahnungen und Bußgelder nach sich ziehen. Es wird empfohlen, das Impressum auf jeder Webseite oder Plattform einfach zugänglich, zum Beispiel über einen Link im Footer, zu platzieren.
Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen müssen bei Telemedien eingehalten werden?
Für Telemedien ist neben dem TMG insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) maßgeblich. Telemedienanbieter müssen die Nutzer über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in einer Datenschutzerklärung informieren. Zudem muss die Datenerhebung dem Prinzip der Datenminimierung folgen und darf nur zweckgebunden erfolgen. Technisch muss der Anbieter durch geeignete Maßnahmen (z.B. Verschlüsselung) sicherstellen, dass Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Bei der Einbindung von Drittanbietern zu Analyse- oder Werbezwecken sind Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung notwendig. Nutzer müssen über ihre Rechte, wie Auskunft, Berichtigung und Löschung, informiert und Möglichkeiten zur Ausübung dieser Rechte bereitgestellt werden. Außerdem sind für Cookies und ähnliche Technologien nach § 25 TTDSG Einwilligungen einzuholen, sofern diese für den Betrieb der Webseite nicht zwingend erforderlich sind.
Wann liegt eine journalistisch-redaktionelle Verantwortung bei Telemedien vor?
Gemäß § 55 Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der teilweise durch den Medienstaatsvertrag (MStV) abgelöst wurde, besteht eine besondere Impressumspflicht, wenn Telemedien journalistisch-redaktionell gestaltete Inhalte bereitstellen. In diesem Fall müssen Anbieter zusätzlich einen inhaltlich Verantwortlichen benennen, der in Deutschland ansässig sein muss und der den gesetzlichen Anforderungen an die Verantwortlichkeit genügt (z.B. Volljährigkeit, keine Verurteilung zu bestimmten Straftaten). Diese Regelung dient der Medienregulierung und soll eine schnelle Kontaktaufnahme zu einer verantwortlichen Person im Falle von Rechtsverstößen ermöglichen, etwa bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder Verstößen gegen presserechtliche Grundsätze. Betreiber von Blogs, Newsseiten oder ähnlichen Angebote sollten sorgfältig prüfen, ob sie unter diese Regelung fallen.
Welche Haftungsregeln gelten für Telemedienanbieter bezüglich Nutzerinhalte (z.B. Forenbeiträge, Kommentare)?
Telemedienanbieter haften grundsätzlich nicht unmittelbar für Nutzerinhalte, wenn sie als sogenannte „Diensteanbieter“ lediglich den Zugang zur Nutzung bereitstellen (§ 7 TMG). Allerdings besteht eine eingeschränkte Haftungsprivilegierung für fremde Informationen bei Diensten der Informationsgesellschaft (Hosting-Provider), sofern sie keine Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten haben oder diese nach Hinweis umgehend entfernen („Notice & Takedown“-Prinzip, § 10 TMG). Sobald ein Anbieter positive Kenntnis von rechtswidrigen Nutzerinhalten, wie Beleidigungen, Urheberrechtsverletzungen o.Ä., erlangt, besteht die Pflicht zur unverzüglichen Entfernung oder Sperrung des entsprechenden Inhalts. Bei Missachtung dieser Pflicht droht die volle Haftung samt zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen.
Was ist beim Versand von Newslettern und Werbemails aus rechtlicher Sicht zu beachten?
Der Versand von Newslettern und Werbebotschaften unterliegt strengeren Regelungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie dem TMG und der DSGVO. Grundsätzlich ist für den Versand werblicher E-Mails eine ausdrückliche Einwilligung der Empfänger erforderlich (Double-Opt-in-Verfahren). Diese Einwilligung muss protokolliert und jederzeit widerrufbar sein. Bei Verstößen drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und empfindliche Bußgelder. Die E-Mails müssen zudem einen klaren Absender, ein Impressum sowie eine einfache Abmeldemöglichkeit („Unsubscribe-Link“) enthalten. Auch rein informierende Newsletter können als Werbung eingestuft werden, sofern sie Produkte oder Dienstleistungen anpreisen.
Müssen Telemedienanbieter besondere Pflichten gegenüber Jugendlichen und Kindern beachten?
Telemedienanbieter müssen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden und jugendgefährdenden Inhalten geschützt werden. Dies betrifft sowohl die Zugänglichmachung von Inhalten (Altersverifikationssysteme, Sendezeitbeschränkungen) als auch die Gestaltung der Angebote (Verzicht auf bestimmte Werbung, Kennzeichnungspflichten). Anbieter sind verpflichtet, Mechanismen einzuführen, die den Zugang zu bedenklichen Inhalten für Minderjährige wirksam verhindern, und müssen auf ihren Seiten einen Jugendschutzbeauftragten benennen, sofern das Angebot nicht ganz offensichtlich unproblematisch ist. Zuwiderhandlungen können mit Bußgeldern und weiteren aufsichtsrechtlichen Maßnahmen geahndet werden.
Welche besonderen Vorgaben gelten für E-Commerce-Angebote im Rahmen von Telemedien?
Für E-Commerce-Angebote greifen neben den allgemeinen Vorschriften des TMG auch dezidierte Informations- und Widerrufsrechte nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und der Preisangabenverordnung (PAngV). Anbieter müssen ihre Kunden deutlich und transparent über wesentliche Eigenschaften der Ware/Dienstleistung, Gesamtpreise inkl. Versandkosten, Widerrufsrechte, Lieferbedingungen und Vertragsabschlussmechanismus informieren. Diese Informationspflichten dienen dem Verbraucherschutz und werden von den Aufsichtsbehörden sowie Verbraucherschutzverbänden streng kontrolliert. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben können zu kostenpflichtigen Abmahnungen führen. Darüber hinaus sind Bestellvorgänge so zu gestalten, dass dem Nutzer klar wird, wann ein verbindlicher Vertrag abgeschlossen wird („Button-Lösung“).