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Telearbeitsplatz


Begriff und rechtliche Grundlagen des Telearbeitsplatzes

Der Telearbeitsplatz bezeichnet einen Arbeitsplatz, an dem Beschäftigte ihre beruflichen Aufgaben ganz oder teilweise außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien erbringen. Im deutschen Arbeitsrecht und im europäischen Kontext gewinnt die Telearbeit mit fortschreitender Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung. Die Begriffsabgrenzung, rechtliche Einordnung und die konkrete Ausgestaltung eines Telearbeitsplatzes unterliegen dabei einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen und tariflicher sowie betrieblicher Vereinbarungen.


Definition und Abgrenzung

Telearbeitsplatz nach deutschem Recht

Ein Telearbeitsplatz wird im Sinne der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) als vom Arbeitgeber eingerichteter Computerarbeitsplatz definiert, der im privaten Umfeld des Arbeitnehmers eingerichtet wird und für den eine regelmäßige Arbeitsstätte außerhalb des Unternehmens besteht. Wichtig ist, dass im rechtlichen Sinne eine verbindliche Vereinbarung über den Telearbeitsplatz vorliegen muss, welche Art und Umfang der Arbeitsleistung, Arbeitszeiten sowie die Ausgestaltung der Arbeitsmittel regelt.

Abgrenzung zu mobiler Arbeit und Homeoffice

Telearbeit ist klar abzugrenzen von mobiler Arbeit und dem Homeoffice im allgemeinen Sprachgebrauch. Während bei mobiler Arbeit der Arbeitsort flexibel gewählt werden kann, ist der Telearbeitsplatz ein fester, vertraglich geregelter Arbeitsplatz außerhalb der Unternehmensräumlichkeiten, in der Regel in der Wohnung des Beschäftigten. Nach § 2 Abs. 7 ArbStättV liegt Telearbeit nur dann vor, wenn die betriebsinternen Vereinbarungen sowie technische Ausstattung schriftlich fixiert sind.


Gesetzliche Regelungen und Arbeitsschutz

Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

Die Arbeitsstättenverordnung enthält spezifische Schutzbestimmungen für Telearbeitsplätze. Nach § 2 Abs. 7 ArbStättV ist der Arbeitgeber verpflichtet sicherzustellen, dass die Einrichtung und der Betrieb von Telearbeitsplätzen den Anforderungen der ArbStättV genügen. Dies betrifft insbesondere Arbeitsplatzausstattung, Ergonomie, Beleuchtung, Belüftung und den Schutz vor Gefährdungen.

Pflichten des Arbeitgebers

  • Einrichtung und Ausstattung: Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten und Beschaffung aller erforderlichen Arbeitsmittel für den Telearbeitsplatz.
  • Gefährdungsbeurteilung: Gemäß § 3 ArbStättV muss eine arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und dokumentiert werden.
  • Unterweisung: Beschäftigte am Telearbeitsplatz sind über Sicherheit und Gesundheitsschutz regelmäßig zu unterweisen.

Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers

Beschäftigte sind verpflichtet, die bereitgestellte Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel ordnungsgemäß zu nutzen und etwaige Sicherheitsmängel dem Arbeitgeber zu melden.


Datenschutz und Datensicherheit

Anforderungen an Telearbeitsplätze

Bei Telearbeit stehen Datenschutz und IT-Sicherheit im besonderen Fokus. Bestehende Datenschutzgesetze, insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), gelten gleichermaßen für Telearbeitsplätze. Es ist sicherzustellen, dass sensible und personenbezogene Daten auch am häuslichen Arbeitsplatz vor unbefugtem Zugriff geschützt sind.

Maßnahmen des technischen und organisatorischen Datenschutzes

  • Zugangsbeschränkungen: Technische Sicherungen gegen unbefugten Zugriff (z. B. Passwortschutz, Verschlüsselung) sind notwendig.
  • Datenträger- und Gerätesicherheit: Datenträger und mobile Endgeräte dürfen nicht durch Dritte nutzbar sein.
  • Verhaltensregeln: Die Beschäftigten müssen datenschutzrechtlich unterwiesen werden.

Arbeitszeitrechtliche Rahmenbedingungen

Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

Das Arbeitszeitgesetz findet uneingeschränkt auch auf Telearbeitsplätze Anwendung. Es gelten die gesetzlichen Regelungen zu Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen und Ruhezeiten.

Arbeitszeiterfassung und Kontrolle

Der Arbeitgeber bleibt verpflichtet, Beginn, Ende sowie Dauer der täglichen Arbeitszeit zu erfassen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen. Bei Telearbeitsplätzen kann dies durch technische Systeme oder Selbstaufschreibung erfolgen.


Mitbestimmung und Beteiligungsrechte

Beteiligung des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG Mitbestimmungsrechte bei der Einführung und Ausgestaltung von Telearbeitsplätzen, insbesondere im Hinblick auf Beginn und Ende der Arbeitszeit, Arbeitszeiterfassung, technische Überwachungseinrichtungen sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Tarifliche und betriebliche Regelungen

In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen können weitere Details zum Einsatz, zur Vergütung, zu Erreichbarkeitsregelungen sowie zum Versicherungsschutz am Telearbeitsplatz festgelegt werden.


Versicherungsschutz und Haftungsfragen

Gesetzliche Unfallversicherung

Beschäftigte an Telearbeitsplätzen stehen grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Versichert sind alle Tätigkeiten, die in Ausübung der beruflichen Aufgaben erfolgen. Verletzungen während der Arbeitszeit am fest eingerichteten Telearbeitsplatz sind als Arbeitsunfälle anerkannt, private Tätigkeiten am selben Ort sind hiervon ausgeschlossen.

Haftung für Schäden

Die Haftung für Beschädigungen von überlassenen Arbeitsmitteln oder an Dritten verursachte Schäden richtet sich nach allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsätzen (insb. §§ 276 ff. BGB), wobei bei leichter Fahrlässigkeit unter Umständen eine Haftungsbegrenzung gelten kann.


Steuerrechtliche Aspekte

Aufwendungen für Telearbeitsplätze

Aufwendungen für einen fest eingerichteten häuslichen Arbeitsplatz können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht werden. Hierzu zählen Kosten für Arbeitszimmer, Ausstattung und laufende Betriebskosten. Die steuerliche Absetzbarkeit setzt voraus, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und der Raum nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG).


Bedeutung und Entwicklung

Zunehmende Verbreitung

Die rechtlichen Vorgaben rund um den Telearbeitsplatz gewinnen mit zunehmender Digitalisierung und neuen Arbeitsformen fortlaufend an Bedeutung. Gesetzgeber und Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Flexibilität für Beschäftigte und gleichzeitigen Schutz der Arbeitnehmerrechte sicherzustellen.

Künftige Rechtsentwicklung

Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen und weitere Konkretisierungen auf nationaler wie europäischer Ebene werden fortlaufend diskutiert, etwa zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu Gesundheits- und Datenschutzanforderungen sowie zu Mitbestimmungsrechten.


Literatur und weiterführende Informationen

  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • Sozialgesetzbuch VII (SGB VII)
  • § 87 BetrVG (Mitbestimmung)
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die rechtliche Ausgestaltung und Bedeutung des Telearbeitsplatzes im deutschen Recht und beleuchtet die wichtigsten gesetzlichen, arbeitsrechtlichen sowie sozialversicherungsrechtlichen Aspekte.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Anforderungen müssen beim Einrichten eines Telearbeitsplatzes beachtet werden?

Beim Einrichten eines Telearbeitsplatzes in Deutschland sind insbesondere die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sowie gegebenenfalls das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu beachten. Die Arbeitsstättenverordnung definiert Telearbeitsplätze explizit und stellt besondere Anforderungen an die Gestaltung und Ausstattung des Arbeitsplatzes. Dazu gehören unter anderem die ergonomische Einrichtung (z.B. geeigneter Schreibtisch und Stuhl), ausreichende Beleuchtung, sowie Schutzvorkehrungen gegen Gefahren wie elektrische Unfälle oder Stolperfallen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die notwendige Ausstattung wie Bildschirm, Tastatur und gegebenenfalls weitere Hilfsmittel bereitzustellen und zu warten. Zudem muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung des Telearbeitsplatzes durchführen und die Beschäftigten hinsichtlich des Arbeitsschutzes unterweisen. Besonderheiten gelten darüber hinaus, wenn Beschäftigte personenbezogene Daten im Homeoffice bearbeiten: Hier müssen technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz implementiert werden, um den gesetzlichen Anforderungen des BDSG und ggf. der DSGVO gerecht zu werden.

Wer trägt die Kosten für die Ausstattung und Unterhaltung eines Telearbeitsplatzes?

Rechtlich ist grundsätzlich der Arbeitgeber verpflichtet, die Kosten für die Ausstattung und Unterhaltung eines Telearbeitsplatzes zu übernehmen, sofern zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein sogenannter Telearbeitsvertrag nach § 2 Abs. 7 der ArbStättV geschlossen wurde. Dies umfasst insbesondere die Bereitstellung der benötigten Arbeitsmittel (wie Computer, Drucker, Software und Büromöbel), aber auch laufende Kosten, die direkt im Zusammenhang mit dem Telearbeitsplatz stehen (z.B. anteilige Stromkosten, Wartung oder ggf. Internetkosten). Es ist aber möglich, hierzu abweichende individuelle oder kollektivrechtliche Regelungen, beispielsweise im Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. durch Betriebsvereinbarungen, zu treffen. Diese dürfen jedoch nicht zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von zwingenden gesetzlichen Vorgaben abweichen.

Inwieweit ist der Arbeitsschutz am Telearbeitsplatz zu gewährleisten?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auch für den Telearbeitsplatz sämtliche Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung einzuhalten. Dies beinhaltet die Durchführung einer systematischen Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes in der Wohnung oder an einem anderen festen Ort außerhalb des Betriebs. Dazu gehört auch die Überprüfung auf ergonomische und sicherheitstechnische Anforderungen. Der Telearbeitende muss über gesundheitsgerechtes Arbeiten informiert und regelmäßig unterwiesen werden. Der Arbeitgeber hat zudem die Möglichkeit – jedoch nur mit Zustimmung der betroffenen Person – den Telearbeitsplatz vor Ort zu besichtigen, um die Einhaltung der Arbeitsschutzanforderungen zu überprüfen. Zudem sind besondere Vorkehrungen für den Schutz vor Bildschirmarbeit, etwa regelmäßige Pausen und der Wechsel der Arbeitsposition, ebenfalls sicherzustellen.

Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat beim Thema Telearbeitsplatz?

Der Betriebsrat hat beim Thema Telearbeitsplatz umfassende Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Besonders relevant sind Mitbestimmungsrechte bei der Ausgestaltung von Telearbeitsregelungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG), der Festlegung technischer Einrichtungen zur Kontrolle von Arbeitnehmerverhalten (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG), dem Arbeitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) sowie bei Fragen der Verteilung der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Der Arbeitgeber darf daher Regelungen zur Telearbeit in der Regel nicht einseitig einführen oder abändern, sondern muss mit dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung abschließen.

Muss der Zugang zur Wohnung für Kontrollen des Telearbeitsplatzes gewährt werden?

Nach deutschem Recht kann der Arbeitgeber nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Arbeitnehmers die Privatwohnung für eine Kontrolle des Telearbeitsplatzes betreten. Der Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG hat hier oberste Priorität. In der Praxis werden meist im Arbeitsvertrag oder in einer Telearbeitsvereinbarung konkrete Regelungen vereinbart, wann und in welchem Umfang der Arbeitgeber (oder beauftragte Arbeitsschutzexperten) den Telearbeitsplatz besichtigen dürfen – beispielsweise zu bestimmten Terminen und nach vorheriger Ankündigung, ausschließlich zur Überprüfung des Arbeitsschutzes und der technischen Sicherheit. Eine Weigerung durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich zulässig, kann aber ggf. arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn dadurch gesetzliche Pflichten des Arbeitgebers nicht erfüllt werden können.

Sind Arbeitszeitgesetze auch am Telearbeitsplatz uneingeschränkt zu beachten?

Ja, sämtliche Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), insbesondere zur Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Mindestruhezeiten, gelten auch am Telearbeitsplatz uneingeschränkt. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Einhaltung dieser Vorgaben durch geeignete Maßnahmen, etwa elektronische Zeiterfassungssysteme oder Vertrauensarbeitszeitmodelle mit Dokumentationspflicht, gewährleistet ist. Auch im Homeoffice sind Überschreitungen der Höchstarbeitszeiten oder das Arbeiten an Sonn- und Feiertagen – sofern keine gesetzlichen Ausnahmen greifen – unzulässig und können bei Verstößen zu Bußgeldern für den Arbeitgeber führen.

Wie ist der Versicherungsschutz bei Arbeitsunfällen im Homeoffice geregelt?

Beschäftigte im Homeoffice oder an einem anerkannten Telearbeitsplatz unterliegen im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit grundsätzlich dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz nach dem Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Versichert sind alle Tätigkeiten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Nicht versichert sind hingegen private Tätigkeiten – beispielsweise Wege zur Küche aus privaten Gründen oder zur Kinderbetreuung. Die Abgrenzung ist oft komplex, weshalb Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf klare Absprachen und gegebenenfalls auf rechtliche Beratung achten sollten. Zudem empfiehlt es sich, Arbeitszeiten und Tätigkeiten möglichst genau zu dokumentieren, um im Schadensfall einen Nachweis für die gesetzliche Unfallversicherung führen zu können.