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Teilstationäre Pflege


Begriff und Definition der Teilstationären Pflege

Die teilstationäre Pflege ist eine besondere Form der pflegerischen Versorgung, die Menschen mit Pflegebedarf tagsüber oder in der Nacht in Einrichtungen betreut, während sie im Übrigen in ihrer häuslichen Umgebung verbleiben. Sie stellt eine Schnittstelle zwischen der vollstationären Pflege in einem Heim und der ambulanten Pflege im häuslichen Umfeld dar. Ziel der teilstationären Pflege ist es, die häusliche Pflege zu ergänzen, zu entlasten oder zu ersetzen, insbesondere dann, wenn die Pflege zu Hause nicht im erforderlichen Umfang sichergestellt werden kann.

Rechtsgrundlagen der Teilstationären Pflege

Sozialgesetzbuch XI (Pflegeversicherungsgesetz)

Die rechtliche Grundlage der teilstationären Pflege ist im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) verankert. Gemäß § 41 SGB XI haben Pflegebedürftige mit anerkanntem Pflegegrad einen Anspruch auf teilstationäre Pflegeleistungen, sofern diese aus medizinischen oder sozialen Gründen erforderlich ist.

§ 41 SGB XI – Anspruch auf teilstationäre Pflege

Nach § 41 SGB XI umfassen die Leistungen der Pflegeversicherung für teilstationäre Pflege die notwendige Betreuung und Versorgung in einer geeigneten Einrichtung, entweder als Tages- oder als Nachtpflege. Die Leistungen sind darauf ausgelegt, den Verbleib der Pflegebedürftigen im gewohnten häuslichen Umfeld längerfristig zu ermöglichen und die Angehörigen oder andere Pflegepersonen zu entlasten.

Voraussetzungen des Leistungsanspruchs

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf teilstationäre Pflege sind im Wesentlichen:

  • Feststellung eines Pflegegrades nach SGB XI (Pflegegrad 2 bis 5)
  • Erforderlichkeit der teilstationären Versorgung zur Ergänzung der häuslichen Pflege
  • Versorgung in einer zugelassenen Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege

Eingliederung in die Pflegeversicherung

Die teilstationäre Pflege wird nicht auf die ambulanten Pflegesachleistungen angerechnet. Leistungen der Tages- und Nachtpflege können ergänzend zu anderen Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden (§ 41 Abs. 3 SGB XI), mit Ausnahme der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Pflegegeld oder Pflegesachleistungen für den gleichen Zeitraum.

Abgrenzung zu anderen Pflegeformen

Die teilstationäre Pflege unterscheidet sich deutlich von der vollstationären Pflege, bei der der gesamte Lebensmittelpunkt in einer Einrichtung liegt, sowie von ambulanter Pflege, die ausschließlich im häuslichen Umfeld erfolgt. Ziel ist es, eine flexible Alternative zu bieten, die den Verbleib im häuslichen Umfeld unterstützt und Überforderung der pflegenden Angehörigen vorbeugt.

Umfang und Leistungsspektrum der Teilstationären Pflege

Tagespflege und Nachtpflege

Die Leistungen der teilstationären Pflege teilen sich in zwei Formen:

  • Tagespflege: Betreuung und Pflege an mehreren Tagen in der Woche während des Tages
  • Nachtpflege: Versorgung während der Nachtstunden, häufig für Menschen mit besonderem nächtlichen Pflegebedarf

Inhalt der Leistungen

Zu den gesetzlich definierten Leistungen zählen:

  • Grundpflege (z. B. Körperpflege, Ernährung, Mobilität)
  • Behandlungspflege (medizinnahe Pflegeleistungen)
  • soziale Betreuung und Beschäftigungsangebote
  • Verpflegung in der Einrichtung
  • Transport der Pflegebedürftigen zwischen Wohnung und Einrichtung (§ 41 Abs. 2 SGB XI)

Der Umfang der Leistungen ist bedarfsorientiert und wird individuell im Rahmen der Pflegeplanung festgelegt.

Finanzierung und Kostenübernahme

Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für pflegebedingte Aufwendungen, soziale Betreuung und notwendige Investitionskosten bis zu gesetzlich festgelegten Höchstbeträgen, abhängig vom jeweiligen Pflegegrad. Leistungen für Unterkunft und Verpflegung sowie mögliche zusätzliche Leistungen müssen privat vom Pflegebedürftigen getragen werden.

Gesetzliche Zulassung und Qualitätsanforderungen

Zulassung der Einrichtungen

Nur Einrichtungen, die nach § 72 SGB XI eine Zulassung zur Pflege nach SGB XI besitzen – das heißt, einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen abgeschlossen haben -, dürfen teilstationäre Pflege anbieten und abrechnen.

Qualitätsprüfung

Die Einrichtungen unterliegen regelmäßigen Qualitätskontrollen durch den Medizinischen Dienst (MD) und die Pflegekassen. Dabei werden Leistungsumfang, Qualität der Pflege und Betreuung sowie die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen überprüft.

Anspruchsprüfung und Antragstellung

Verfahren zur Inanspruchnahme

Der Anspruch auf teilstationäre Pflege setzt eine Antragstellung bei der zuständigen Pflegekasse voraus. Hierzu ist ein aktueller Pflegegrad erforderlich, welcher nach dem Begutachtungsassessment des Medizinischen Dienstes festgestellt wird. Nach positiver Prüfung erfolgt die Bewilligung der Leistungen.

Beratungspflicht der Pflegekassen

Die Pflegekassen sind gemäß § 7a SGB XI verpflichtet, eine umfassende individuelle Beratung zur teilstationären Pflege durch Pflegeberater anzubieten.

Bedeutung und Zielsetzung der Teilstationären Pflege

Die teilstationäre Pflege verfolgt das Ziel, den Verbleib pflegebedürftiger Menschen in ihrem sozialen und häuslichen Umfeld zu sichern, Angehörige zu entlasten sowie die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten. Sie ist unverzichtbarer Bestandteil des gegliederten Pflegesystems und bietet insbesondere für Menschen mit fortschreitender Pflegebedürftigkeit eine wichtige Unterstützung.

Literaturhinweise und weiterführende Regelungen

  • Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI): §§ 41, 7a, 72 ff.
  • Pflege-Qualitätssicherungsgesetz und Durchführungsverordnungen
  • Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur teilstationären Pflege

Dieser Artikel bietet eine umfassende und rechtlich fundierte Übersicht über den Begriff der teilstationären Pflege und beleuchtet insbesondere die relevanten gesetzlichen Vorschriften, Anspruchsvoraussetzungen, Leistungsausgestaltung und praktische Bedeutung der Versorgung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Inanspruchnahme der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI erfüllt sein?

Für die Inanspruchnahme der Leistungen der teilstationären Pflege gemäß § 41 SGB XI (Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung) müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss bei der pflegebedürftigen Person mindestens der Pflegegrad 2 festgestellt worden sein. Die Pflegeperson bzw. der/die Pflegebedürftige muss zudem in der häuslichen Umgebung gepflegt werden, sodass der Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung dauerhaft, etwa im Sinne einer stationären Pflege, ausgeschlossen ist; die teilstationäre Pflege dient ausschließlich der Ergänzung und Unterstützung der häuslichen Pflege, jedoch nicht deren dauerhaften Ersetzung. Weiterhin muss entweder die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt sein – beispielsweise weil Angehörige tagsüber berufstätig sind – oder sie muss zur Entlastung der pflegenden Angehörigen notwendig sein. Rechtlich relevant ist, dass die Einrichtung, in der die Tages- oder Nachtpflege stattfindet, nach Landesrecht zugelassen sein und von der Pflegekasse anerkannt werden muss. Um die Kostenübernahme von der Pflegekasse zu erhalten, ist ein entsprechender Antrag zu stellen; die Einrichtung muss zudem mit der jeweiligen Pflegekasse einen Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI abgeschlossen haben.

Wie wird die Kostenerstattung durch die Pflegekassen bei teilstationärer Pflege geregelt?

Die Kostenerstattung für teilstationäre Pflege ist im § 41 SGB XI spezifisch geregelt und erfolgt unabhängig von den Leistungen der ambulanten häuslichen Pflege nach § 36 SGB XI, also zusätzlich zu den Leistungen für Pflegesachleistungen, Pflegegeld oder Kombinationsleistungen. Die Pflegekasse übernimmt dabei die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich notwendiger sozialer Betreuung sowie der Aufwendungen für die medizinische Behandlungspflege, soweit diese nicht von der Krankenversicherung getragen werden. Nicht übernommen werden Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie etwaige Investitionskosten. Die erstattungsfähigen Höchstbeträge sind gesetzlich gestaffelt und richten sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Für die genaue Höhe der Erstattung und eine mögliche Kostenbeteiligung der Pflegebedürftigen gilt es, die regelmäßig von der Pflegekasse veröffentlichten Beträge und etwaige Zusatzleistungen im Rahmen des jeweiligen Pflegevertrages zu beachten.

Müssen für die teilstationäre Pflege Verträge mit der Einrichtung abgeschlossen werden und worauf ist dabei rechtlich zu achten?

Ja, für die Inanspruchnahme der teilstationären Pflege ist in der Regel der Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen der pflegebedürftigen Person beziehungsweise deren rechtlichem Vertreter und der jeweiligen Einrichtung erforderlich. Dieser Vertrag muss den gesetzlichen Anforderungen nach § 8 WBVG (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz) sowie nach den Vorgaben aus SGB XI entsprechen. Er muss insbesondere den Leistungsumfang (Pflegeleistungen, Betreuungsleistungen, medizinische Behandlungspflege), die Kostenstruktur (detaillierte Aufschlüsselung in pflegebedingte Aufwendungen, Investitionskosten, Unterkunft und Verpflegung) sowie die Bedingungen zu Kündigung, Haftung und Leistungsänderungen transparent und verständlich regeln. Die Einrichtung ist verpflichtet, die Vertragsbestimmungen vor Unterzeichnung zu erläutern. Die Missachtung dieser gesetzlichen Vorgaben kann zur Unwirksamkeit einzelner Vertragskomponenten oder zur gesamten Nichtigkeit des Vertrages führen.

Wie verhält sich die teilstationäre Pflege im Verhältnis zu den anderen Leistungen der Pflegeversicherung aus rechtlicher Sicht?

Rechtlich betrachtet, handelt es sich bei der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI um eine ergänzende Leistung zu den Leistungen der ambulanten Pflege nach § 36 SGB XI. Sie stellt keine Alternative, sondern eine kombinierbare Leistung dar. Die Inanspruchnahme der Tages- oder Nachtpflege beeinflusst die Höhe der Pflegesachleistungen oder des Pflegegeldes grundsätzlich nicht; beide Leistungstypen können parallel in voller Höhe geltend gemacht werden. Lediglich die Leistungen für die Entlastungsbeträge nach § 45b SGB XI können – soweit sie in der Einrichtung beansprucht werden – auf die entsprechenden Ansprüche angerechnet werden. Des Weiteren gilt, dass bei einer temporären vollstationären Pflege (z. B. Kurzzeitpflege) die Ansprüche aus § 41 SGB XI in dieser Zeit ruhen.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten hinsichtlich des Datenschutzes bei der Inanspruchnahme teilstationärer Pflege?

Im Zusammenhang mit der teilstationären Pflege gelten die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), welche die Verarbeitung personenbezogener und besonders sensibler Gesundheitsdaten regeln. Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege sind verpflichtet, ein Datenschutzkonzept vorzuhalten, die Einwilligung der Betroffenen bzw. ihrer gesetzlichen Vertretung zur Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten einzuholen und geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz dieser Daten zu gewährleisten. Gleiches gilt für die Weitergabe von Daten an die Pflegekassen und andere Leistungsträger, die ausschließlich zweckgebunden, also zur Abrechnung oder zur Qualitätssicherung, erfolgen darf. Verstöße gegen diese gesetzlichen Regelungen können mit Bußgeldern oder Schadensersatzforderungen geahndet werden.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann die Bewilligung teilstationärer Pflegeleistungen durch die Pflegekasse abgelehnt werden?

Die Bewilligung teilstationärer Pflegeleistungen kann von der Pflegekasse abgelehnt werden, wenn die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 41 SGB XI nicht erfüllt sind. Eine Ablehnung ist in der Praxis insbesondere möglich, wenn kein anerkannter Pflegegrad ab Stufe 2 vorliegt, die häusliche Pflege (ausschließlich durch Pflegepersonen) ausreichend sichergestellt werden kann oder die gewählte Pflegeeinrichtung weder anerkannt noch vertragsgebunden ist. Ebenfalls erfolgt eine Ablehnung, wenn keine Notwendigkeit zur Entlastung der Pflegeperson oder zur Sicherstellung der Versorgung besteht. Zudem kann eine Bewilligung versagt werden, wenn die erforderlichen Unterlagen, Anträge oder Nachweise nicht oder nicht ordnungsgemäß eingereicht werden, beziehungsweise wenn falsche Angaben gemacht werden. Gegen einen ablehnenden Bescheid besteht der Rechtsweg, insbesondere das Recht auf Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht.

Welche Pflichten treffen den pflegebedürftigen Menschen und dessen Angehörige gegenüber der Pflegekasse bei Inanspruchnahme teilstationärer Pflegeleistungen?

Die pflegebedürftige Person sowie deren Angehörige sind im Rahmen der Antragstellung und Inanspruchnahme verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Informationen und Unterlagen wahrheitsgemäß und vollständig der Pflegekasse zur Verfügung zu stellen. Hierzu zählen insbesondere die regelmäßige Vorlage von Nachweisen zum Pflegeaufwand, zur Notwendigkeit der teilstationären Versorgung, sowie Nachweise über die Anwesenheit und Nutzung der Tages- oder Nachtpflegeleistungen. Änderungen im Pflegebedarf, im Gesundheitszustand oder in den Lebensumständen (zum Beispiel eine Verschiebung von der häuslichen in die stationäre Pflege) sind umgehend anzuzeigen. Bei Missachtung dieser Mitwirkungspflichten kann die Pflegekasse die Leistungen ganz oder teilweise zurückfordern oder neue Bescheide erlassen. Auch eine Rückzahlungspflicht bei zu Unrecht bezogenen Leistungen ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 50 SGB X).


Falls weitere Detailfragen zu einzelnen Unterpunkten gewünscht sind, kann ich gern gezielt darauf eingehen.