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Teilerbschein


Begriff und rechtliche Einordnung des Teilerbscheins

Ein Teilerbschein ist ein amtliches Zeugnis des Nachlassgerichts, das einen Teil des Nachlasses und die hierzu berufenen Erben ausweist. Im deutschen Erbrecht kommt dem Teilerbschein eine eigenständige Bedeutung zu, insbesondere bei mehreren Erben (Erbengemeinschaft) oder komplexeren Erbfolgen. Der Teilerbschein ist von hoher praktischer Relevanz, wenn Nachweisinteressen nur einen abgegrenzten Anteil am Nachlass betreffen.

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Regelungen zum Teilerbschein finden sich in den §§ 2353 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie in § 352a Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Ein Erbschein ist amtlicher Nachweis der Erbenstellung, während der Teilerbschein diesen Nachweis auf einen bestimmten Anteil oder benannten Teil des Nachlasses beschränkt.

Abgrenzung zum Erbschein

Während der reguläre Erbschein die gesamte Erbfolge inklusive des Bruchteils der Beteiligten und der Verfügung von Todes wegen beurkundet, bezieht sich der Teilerbschein nur auf den Anteil oder Teil des Nachlasses, den bestimmte Erben beanspruchen. Im Falle einer Erbengemeinschaft kann ein Teilerbschein daher gezielt für einzelne Erben oder Bruchteile beantragt werden.

Voraussetzungen und Antragsberechtigung

Erfordernisse für die Ausstellung

Der Teilerbschein wird auf Antrag ausgestellt, wenn ein Bedürfnis besteht, einen Teil der Erbfolge oder einen Teil des Nachlasses – etwa bei mehreren Teilnachlässen – nachzuweisen (§ 352a Abs. 2 Satz 2 FamFG). Dies betrifft insbesondere Konstellationen mit mehreren Miterben, wenn Nachlassgegenstände räumlich (z.B. Inlands- und Auslandsvermögen) oder hinsichtlich ihrer Rechtsverhältnisse differenziert zu behandeln sind.

Antragsberechtigte

Einen Antrag auf Erteilung eines Teilerbscheins kann stellen, wer ein rechtliches Interesse nachweist, etwa als Miterbe oder Nachlassgläubiger. Häufig wird der Antrag von einer Teilmenge der Erben gestellt, wenn beispielsweise Bankkonten, Grundstücke oder sonstige Vermögenswerte separat reguliert werden müssen.

Inhalt und Wirkung des Teilerbscheins

Umfang des Nachweises

Der Teilerbschein weist lediglich die in ihm benannten Erben mit ihrem Anteil am bezeichneten Teil des Nachlasses aus. Er begründet keine weitergehenden Rechte über das in ihm Umfasste hinaus und hat im Übrigen dieselbe Legitimationswirkung wie ein regulärer Erbschein (§ 2366 BGB).

Legitimationswirkung

Der Teilerbschein erfüllt die Funktion eines öffentlichen Glaubens. Banken, Grundbuchämter und andere Behörden dürfen auf die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben vertrauen. Insbesondere gegenüber Dritten legitimiert der Teilerbschein hinsichtlich des angegebenen Teils des Nachlasses, verschafft also Handlungssicherheit im Rechtsverkehr.

Begrenzung der Wirkung

Der Teilerbschein hat nur Wirkung für den jeweils bezeichneten Teil des Nachlasses. Für andere Nachlassbestandteile oder weitere Erben gibt er keine Aussagekraft.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfälle

Typische Fallkonstellationen

Zu den häufigsten Anwendungsfällen zählen:

  • Erbengemeinschaften: Wenn mehrere Miterben existieren, können einzelne Erben für ihren Anteil einen Teilerbschein beantragen, um nur ihren Teil des Nachlasses nachzuweisen.
  • Rahmen von Nachlassteilung: Bei Auseinandersetzungen oder Teilauseinandersetzungen wird der Teilerbschein zur Legitimation herangezogen.
  • Auslandsvermögen: Bei Vermögen im Ausland kann der Teilerbschein auf den Inlandsnachlass beschränkt werden, was insbesondere wegen differierender internationaler Rechtsverhältnisse bedeutsam ist.

Unterschied zu Teilerbquotenschein

Gelegentlich wird der Teilerbschein mit dem sog. Teilerbquotenschein verwechselt. Der Teilerbquotenschein stellt jedoch lediglich die Erbquote eines bestimmten Erben ohne Bezug auf einen bestimmten Nachlassteil fest und ist in der Praxis bedeutungslos beziehungsweise kein eigenständiges Rechtsinstitut.

Ausstellungsverfahren und Kosten

Verfahren beim Nachlassgericht

Das Nachlassgericht prüft die Erbfolge und die Notwendigkeit einer Teilbeurkundung. Der Antragsteller hat alle Nachweise zu erbringen, etwa Testament, Erbvertrag oder Eröffnungsprotokoll. Das Verfahren entspricht im Wesentlichen dem für den Erbschein, ist aber auf den benannten Teil des Nachlasses begrenzt.

Kosten

Die Kosten richten sich wie beim Erbschein nach dem Geschäftswert des beantragten Teils des Nachlasses und werden nach den Bestimmungen des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) erhoben.

Rechtsfolgen bei Fehlern, Einziehung und Berichtigung

Unrichtigkeit des Teilerbscheins

Stellt sich heraus, dass der Teilerbschein auf einer unzutreffenden Feststellung beruht, ist er vom Nachlassgericht einzuziehen (§ 2361 BGB). Eine Berichtigung erfolgt, sofern die Voraussetzungen für die Ausstellung eines richtigen Teilerbscheins erfüllt sind.

Gutglaubensschutz und Haftung

Wer aufgrund eines unrichtigen Teilerbscheins vermögenswirksame Verfügungen vornimmt, kann zum Ersatz verpflichtet werden. Gleichzeitig besteht beim Erwerb vom legitimierten Erben Vertrauensschutz des Rechtsverkehrs (§ 2366 BGB).

Zusammenfassung

Der Teilerbschein ist ein spezialisiertes amtliches Zeugnis, das Miterben oder Dritten ermöglicht, ihre Beteiligung an einem abgegrenzten Teil des Nachlasses nachzuweisen. Er ist ein zentrales Instrument zur Abwicklung komplexer Nachlassfälle, insbesondere bei mehreren Erbanteilen oder räumlich getrennten Nachlassgegenständen. Die Antragstellung, Wirkung und Begrenzungen des Teilerbscheins sind gesetzlich klar geregelt und bieten Rechtssicherheit in der Nachlassabwicklung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung eines Teilerbscheins vorliegen?

Für die Erteilung eines Teilerbscheins müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss ein Erbfall eingetreten sein und die antragstellende Person muss ein berechtigtes Interesse an der Ausstellung des Teilerbscheins glaubhaft machen. Zudem ist Voraussetzung, dass die Rechtsnachfolge nach dem Erblasser nicht in ihrer Gesamtheit, sondern nur in Bezug auf einen bestimmten Teilnachlass (z. B. Nachlassgegenstände, die in einer bestimmten Quote auf einen oder mehrere Miterben entfallen) oder auf einen bestimmten Erben nachgewiesen werden soll. Weiterhin muss die Erbquote des Antragstellers oder zumindest der von ihm beantragte Teil des Erbnachweises unstreitig und geklärt sein. Juristisch ist erforderlich, dass der Antragsteller seine Stellung als Miterbe sowie die behauptete Erbquote entweder durch Vorlage eines Testaments, eines Erbvertrags oder aufgrund der gesetzlichen Erbfolge nachweisen kann. Differenzen bezüglich anderer Anteile, z. B. über die Identität oder den Anteil anderer Miterben, hindern die Erteilung, soweit sie den im Teilerbschein zu bezeugenden Teil berühren. Die Antragstellung erfolgt beim Nachlassgericht, das die Voraussetzungen unter Beiziehung der Nachlassakten, der Sterbeurkunde und der Personenstandsurkunden prüft.

Welche Wirkungen hat der Teilerbschein im Rechtsverkehr?

Ein Teilerbschein wirkt als amtliches Zeugnis des Nachlassgerichts über die Erbenstellung und Erbquote des darin bezeichneten Miterben in Bezug auf den bezeichneten Nachlassteil. Er entfaltet die sogenannte öffentliche Glaubhaftmachung (§ 2365 BGB), d. h. Dritte dürfen grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben vertrauen. Der Teilerbschein erleichtert insbesondere die Geltendmachung von Nachlassrechten, beispielsweise gegenüber Banken oder Grundbuchämtern, wenn bestimmte Nachlassgegenstände übertragen oder verwaltet werden sollen. Der Teilerbschein legitimiert den darin aufgeführten Miterben aber nicht bezüglich des gesamten Nachlasses, sondern nur in Bezug auf den bescheinigten Teil. Seine Wirkung geht nicht über den im Schein angegebenen Bruchteil oder Gegenstand hinaus, so dass z. B. Banken oder Gerichte für andere Nachlassteile weiterhin einen entsprechenden (Teil-)Erbschein fordern können. Im Rechtsverkehr kann der Teilerbschein daher auf einen abgrenzbaren Teil des Nachlasses beschränkt genutzt werden.

Kann ein Teilerbschein nachträglich berichtigt oder eingezogen werden?

Ja, ein Teilerbschein kann vom Nachlassgericht berichtigt oder sogar wieder eingezogen werden, wenn sich herausstellt, dass die darin gemachten Angaben unrichtig sind (§ 2361 BGB). Das ist etwa dann der Fall, wenn nach Erteilung des Scheins neue Tatsachen oder Beweise bekannt werden, die eine andere Erbquote begründen oder einen anderen Miterben zum Eintritt kommen lassen. Die Berichtigung kann sowohl auf Antrag eines Beteiligten als auch von Amts wegen erfolgen, insbesondere wenn das öffentliche Interesse an der Berichtigung besteht. Die Einziehungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Fehler bereits wirksam geworden ist, z. B. weil sich ein Dritter auf die Angaben verlassen hat. Die von dem unrichtig erteilten Teilerbschein ausgehenden Rechtsgeschäfte werden im Rahmen der Gutglaubensschutzvorschriften beurteilt (§ 2366 BGB).

In welchen Konstellationen ist der Teilerbschein gegenüber dem gemeinschaftlichen Erbschein vorzuziehen?

Der Teilerbschein empfiehlt sich in der praktischen Anwendung insbesondere dann, wenn nur einzelne Miterben bestimmte Handlungen durchführen oder Rechte geltend machen möchten, die auf ihren Erbteil beschränkt sind. Typisch ist die Geltendmachung von Auszahlungen von Bankguthaben, die Umschreibung von Miteigentumsanteilen bei Immobilien im Grundbuch oder die Vertretung gegenüber Versicherungen bezüglich klar abgrenzbarer Vermögensbestandteile. Er bietet sich auch dann an, wenn es unter den Miterben Streit über die genaue Zusammensetzung der Erbengemeinschaft gibt oder wenn der übrige Erbfall noch nicht abschließend geregelt ist. So ermöglicht der Teilerbschein ein flexibles Vorgehen einzelner Miterben, ohne auf einen gemeinschaftlichen Erbschein – der alle Erben aufführt – warten oder diesen beantragen zu müssen.

Können mehrere Teilerbscheine für verschiedene Miterben nebeneinander bestehen?

Ja, das Gesetz sieht explizit vor, dass für jeden einzelnen Miterben separate Teilerbscheine mit Bezug auf die jeweilige Erbquote bzw. den jeweiligen Nachlassteil ausgestellt werden können (§ 2368 BGB). Diese parallele Ausstellung ist dann sinnvoll, wenn verschiedene Miterben unterschiedliche Nachlassteile oder Quoten beanspruchen und beispielsweise verschiedene Vermögenspositionen separat veräußern oder sichern wollen. Die parallele Ausstellung mehrerer Teilerbscheine führt jedoch nicht zur Gesamtbescheinigung der Erbfolge; hierfür bleibt der gemeinschaftliche Erbschein die einzig geeignete Urkunde.

Welche Kosten entstehen bei der Ausstellung eines Teilerbscheins?

Die Kosten für einen Teilerbschein richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Bemessungsgrundlage ist dabei regelmäßig der Geschäftswert, welcher dem Nachlasswert beziehungsweise dessen Anteil entspricht, auf den sich der Teilerbschein bezieht. Es gelten die gleichen Gebührensätze wie für den Erbschein, jedoch wird für jede Erteilung eines einzelnen Teilerbscheins die Mindestgebühr separat erhoben. Die genaue Berechnung hängt vom Wert des Nachlassteils und der Erbquote ab. Gegebenenfalls können weitere Kosten für die Beschaffung erforderlicher Urkunden oder für anwaltliche Unterstützung hinzukommen. Antrags- und Einziehungskosten werden jeweils gesondert berechnet.

Welche Rechtsmittel stehen bei Versagung eines Teilerbscheins zur Verfügung?

Wird die Erteilung eines Teilerbscheins durch das Nachlassgericht zurückgewiesen, stehen den Antragstellern unterschiedliche rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Gegen ablehnende Entscheidungen kann binnen eines Monats seit Bekanntgabe des Beschlusses Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) eingelegt werden. Das Beschwerdegericht überprüft dann die Rechts- und Sachlage, wobei es die Entscheidungsgründe des Nachlassgerichts nicht nur auf Verfahrens- und Formfehler, sondern auch auf materielle Richtigkeit überprüft. Der erfolgreiche Abschluss des Beschwerdeverfahrens kann entweder zur Erteilung des beantragten Teilerbscheins oder zur Zurückverweisung an das Nachlassgericht führen.

Besteht die Möglichkeit eines öffentlich beglaubigten Antrags auf Teilerbschein durch einen Notar?

Ein Antrag auf Ausstellung eines Teilerbscheins kann von den betroffenen Miterben grundsätzlich persönlich beim Nachlassgericht oder – zur Vermeidung eines persönlichen Erscheinens – auch in öffentlich beglaubigter Form durch einen Notar gestellt werden. Der Notar übernimmt in diesen Fällen die Aufnahme und Beglaubigung des Antrags sowie die Überprüfung der Urkundenvorlage. Dies bietet, insbesondere bei ausländischem Wohnsitz oder mehreren Antragstellern, eine praktische Alternative zum direkten Gang zum Nachlassgericht. In jedem Fall prüft das Nachlassgericht die Antragsunterlagen inhaltlich selbständig, wobei notarielle Beglaubigungen die Glaubhaftmachung erleichtern, aber keine inhaltliche Vorprüfung seitens des Gerichts ersetzen.