Teilarbeitslosengeld: Begriff, rechtliche Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen
Das Teilarbeitslosengeld ist eine spezielle Leistung der Arbeitsförderung in Deutschland, die unter bestimmten Voraussetzungen von der Agentur für Arbeit gemäß dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gewährt wird. Ziel dieser Leistung ist es, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen, die nach dem Verlust eines Nebenarbeitsverhältnisses weiterhin eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung ausüben, jedoch eine Einkommenseinbuße erleiden. Nachfolgend wird das Teilarbeitslosengeld umfassend unter Einbeziehung aller rechtlichen Regelungen dargestellt.
Rechtsgrundlagen des Teilarbeitslosengeldes
Gesetzliche Grundlage
Die Anspruchsgrundlage für das Teilarbeitslosengeld ist § 162 SGB III. Dort werden die Voraussetzungen, der Umfang des Anspruchs, die Berechnungsweise sowie der Leistungsausschluss geregelt. Weitere Bestimmungen finden sich in den Vorschriften zu den allgemeinen Leistungen bei Arbeitslosigkeit (§§ 136 ff. SGB III).
Zweck der Leistung
Der Zweck des Teilarbeitslosengeldes ist der Ausgleich eines durch den Verlust einer Nebenbeschäftigung entstehenden, nicht unerheblichen Einkommensverlustes, wenn die hauptberufliche Tätigkeit weiterhin fortgeführt wird und eine volle Arbeitslosigkeit nicht vorliegt.
Anspruchsvoraussetzungen für Teilarbeitslosengeld
Persönlicher Anwendungsbereich
Anspruch auf Teilarbeitslosengeld haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die
- neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung
- eine oder mehrere versicherungspflichtige Nebenbeschäftigungen verloren haben,
- jedoch weiterhin in einem Hauptarbeitsverhältnis stehen.
Teilarbeitslosigkeit
Teilweise arbeitslos ist nach § 162 Abs. 1 SGB III, wer aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen entlassen worden ist und weiterhin eine Hauptbeschäftigung ausübt. Die Voraussetzung ist, dass die verlorenen Beschäftigungen zusätzlich zur fortbestehenden Haupterwerbstätigkeit bestanden.
Weitere Voraussetzungen
Folgende Voraussetzungen müssen zudem erfüllt sein:
- Versicherungspflicht: Aus der Nebenbeschäftigung(en) bestand Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung.
- Meldung bei der Agentur für Arbeit: Die betroffene Person muss sich persönlich als teilarbeitslos gemeldet haben (§ 137 SGB III analog).
- Anwartschaftszeit: In den letzten 30 Monaten vor Eintritt der Teilarbeitslosigkeit müssen mindestens zwölf Monate mit Versicherungspflicht (Haupt- und Nebenbeschäftigungen zusammengerechnet) erfüllt sein (§ 142 SGB III).
Anspruchsdauer und Höhe des Teilarbeitslosengeldes
Anspruchsdauer
Die Anspruchsdauer richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie beim regulären Arbeitslosengeld. Die Höchstdauer richtet sich dabei nach der Dauer der vorherigen Versicherungspflichtverhältnisse und dem Lebensalter (§ 147 SGB III).
Berechnung der Höhe
Bei der Berechnung des Leistungsanspruchs wird das Arbeitsentgelt aus den versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, die beendet wurden, und aus dem fortbestehenden Hauptarbeitsverhältnis zugrunde gelegt. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem vorherigen Gesamtentgelt (vor Eintritt der Teilarbeitslosigkeit) und dem aktuellen Entgelt bildet die Bemessungsgrundlage für das Teilarbeitslosengeld. Die Berechnung orientiert sich an den Vorgaben zur Berechnung des regulären Arbeitslosengeldes (§§ 149, 151 SGB III).
Teilarbeitslosengeld und parallele Sozialleistungen
Verhältnis zu sonstigen Leistungen
Ein gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld I und Teilarbeitslosengeld ist ausgeschlossen. Überschneidungen mit Arbeitslosengeld II (sog. Hartz IV) müssen gemeldet werden und führen ggf. zu einer Anrechnung auf den Anspruch (§ 143, § 158 SGB III, § 22 SGB II).
Ruhen und Ausschlussgründe
Das Teilarbeitslosengeld ruht oder erlischt,
- wenn eine neue versicherungspflichtige Nebenbeschäftigung angetreten wird,
- im Falle einer Sperrzeit wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (§ 159 SGB III) oder
- wenn das Hauptarbeitsverhältnis endet und vollständige Arbeitslosigkeit eintritt.
Verfahren zur Beantragung von Teilarbeitslosengeld
Antragstellung
Das Teilarbeitslosengeld muss bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden. Die Agentur prüft das Vorliegen aller Anspruchsvoraussetzungen und berechnet die Leistungshöhe anhand der eingereichten Unterlagen und Entgeltbescheinigungen.
Mitwirkungspflichten
Die antragsstellende Person ist verpflichtet, alle Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen und alle Änderungen in ihren Beschäftigungsverhältnissen unverzüglich mitzuteilen. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht kann zu einer Rückforderung der Leistung führen.
Verpflichtungen während des Bezugs von Teilarbeitslosengeld
Eigenbemühungen
Empfängerinnen und Empfänger von Teilarbeitslosengeld sind verpflichtet, sich aktiv um die Wiederaufnahme einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung zu bemühen und dies gegenüber der Agentur für Arbeit darzulegen.
Melde- und Auskunftspflichten
Die Anzeige jeglicher Änderungen in den Beschäftigungsverhältnissen, des Einkommens und persönlicher Daten ist verpflichtend, um Nachteile wie Leistungsentzug oder Rückforderungen zu vermeiden.
Steuerliche Behandlung des Teilarbeitslosengeldes
Das Teilarbeitslosengeld stellt eine sogenannte Lohnersatzleistung dar und ist steuerfrei gemäß § 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG, was bedeutet, dass diese Leistung bei der Ermittlung des Steuersatzes für das übrige Einkommen berücksichtigt wird und somit zu einer höheren Steuerbelastung führen kann.
Abgrenzung zu anderen Leistungen der Arbeitsförderung
Das Teilarbeitslosengeld unterscheidet sich vom regulären Arbeitslosengeld darin, dass der vollständige Verlust des Arbeitsplatzes nicht Voraussetzung ist. Es gibt auch Unterschiede zum sogenannten Kurzarbeitergeld, das auf den temporären Arbeitsausfall infolge betrieblicher Ursachen (z.B. Auftragsmangel) zugeschnitten ist und nicht auf den Verlust einer Nebenbeschäftigung.
Zusammenfassung
Das Teilarbeitslosengeld ist eine gesetzlich geregelte Leistung zur Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die den Verlust einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung erleiden, während das Hauptbeschäftigungsverhältnis fortbesteht. Die Anspruchsvoraussetzungen, das Verfahren, die Berechnung sowie die Rechte und Pflichten während des Bezugs sind detailliert im Dritten Buch Sozialgesetzbuch geregelt und gewährleisten einen zuverlässigen sozialen Schutz im Falle einer Teilarbeitslosigkeit. Die strikte Trennung zu anderen Leistungen der Arbeitsförderung und die klaren gesetzlichen Voraussetzungen unterstreichen die besondere Funktion dieser Leistung innerhalb des Sozialversicherungssystems Deutschlands.
Häufig gestellte Fragen
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Teilarbeitslosengeld zu erhalten?
Um Teilarbeitslosengeld beanspruchen zu können, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen vorliegen. Zunächst muss der Antragsteller einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung (regelmäßig mindestens 15 Wochenstunden, aber weniger als die tarifliche Vollarbeitszeit) nachgehen und einen Teil seiner vorherigen Arbeitszeit aufgrund eines versicherungsrechtlich relevanten Ereignisses (z.B. betriebsbedingte Arbeitszeitreduzierung, Auslaufen eines Arbeitsvertrages bei Mehrfachbeschäftigten) verloren haben. Das Beschäftigungsverhältnis muss dabei ungekündigt fortbestehen, und die Teilzeitarbeit darf nicht auf eigenen Wunsch reduziert worden sein, sondern aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen durch den Arbeitgeber veranlasst worden sein. Zudem besteht Anspruch nur, wenn für die weggefallene Beschäftigung grundsätzlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I bestanden hätte (Erfüllung der Anwartschaftszeit in den letzten 30 Monaten vor der Arbeitslosigkeit, mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtige Beschäftigung). Der Antrag muss umgehend, spätestens jedoch innerhalb einer Woche nach Eintritt der Teilarbeitslosigkeit bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. Der Bezug von Teilarbeitslosengeld ist ausgeschlossen, wenn gleichzeitig eine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird oder der Antragsteller bestimmte sozialrechtliche Leistungen wie Krankengeld oder Erwerbsminderungsrente erhält.
Wie wird die Höhe des Teilarbeitslosengeldes berechnet?
Die Berechnung des Teilarbeitslosengeldes basiert auf der Differenz zwischen dem bisherigen und dem weiterhin erzielten Einkommen aus der verbleibenden Teilzeitbeschäftigung. Zunächst wird das sogenannte Bemessungsentgelt ermittelt, das dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt der letzten 12 Monate vor der Teilarbeitslosigkeit entspricht. Daraus wird das tägliche Leistungsentgelt berechnet, auf dessen Grundlage das Arbeitslosengeld pro Tag (60 % des pauschalierten Nettoentgelts; 67 % bei mindestens einem Kind) festgelegt wird. Das erzielte Einkommen aus der Teilzeitbeschäftigung wird als sogenanntes „sonstiges Einkommen“ auf das Teilarbeitslosengeld angerechnet. Das Teilarbeitslosengeld entspricht der Differenz zwischen dem Anspruch auf Arbeitslosengeld bei vollständigem Wegfall der Beschäftigung und dem tatsächlichen Einkommen aus der ausgeübten Teilzeitbeschäftigung, sodass sichergestellt wird, dass durch die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit kein finanzieller Nachteil entsteht. Ergänzende Freibeträge oder Hinzuverdienstregelungen gemäß § 141 SGB III finden keine Anwendung.
Welche Melde- und Mitwirkungspflichten bestehen beim Bezug von Teilarbeitslosengeld?
Beim Bezug von Teilarbeitslosengeld treffen den Leistungsbezieher strenge Melde- und Mitwirkungspflichten nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Dazu zählt zunächst die persönliche Arbeitslosmeldung bei der zuständigen Agentur für Arbeit unmittelbar nach Eintritt der Teilzeitarbeitslosigkeit, spätestens jedoch innerhalb einer Woche. Änderungen, die Einfluss auf die Leistungsgewährung haben könnten (wie etwa Änderung der wöchentlichen Arbeitszeit, Wechsel des Arbeitgebers, Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit, Bezug anderer Sozialleistungen oder Wegfall der Kinderberücksichtigung), müssen unverzüglich und unaufgefordert mitgeteilt werden. Ebenfalls besteht eine Pflicht, sich frühzeitig um zumutbare Vollarbeitsstellen zu bemühen und an entsprechenden Vermittlungsbemühungen, Maßnahmen oder Beratungsterminen der Agentur für Arbeit mitzuwirken. Verletzungen dieser Mitwirkungspflichten können zur vorübergehenden Sperre oder gar zum Wegfall des Teilarbeitslosengeldes führen.
Wie lange wird Teilarbeitslosengeld gezahlt und unter welchen Umständen endet der Anspruch?
Der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld besteht grundsätzlich für die gleiche Bezugsdauer wie beim regulären Arbeitslosengeld I. Die maximale Bezugsdauer bemisst sich nach der vorherigen Versicherungszeit und dem Alter der berechtigten Person (§ 147 SGB III). Der Anspruch endet vorzeitig, wenn die Arbeitslosigkeit ganz oder teilweise entfällt – etwa durch Aufnahme einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung, die den Arbeitsausfall kompensiert, durch Eigenkündigung, durch das Erreichen des Rentenalters oder durch den Anspruch auf eine andere vorrangige Sozialleistung (z.B. Krankengeld oder Rente wegen Erwerbsminderung). Gleiches gilt im Todesfall oder bei Verzug von Melde- bzw. Mitwirkungspflichten. Wird innerhalb der Anspruchsdauer eine Vollarbeitsstelle vermittelt, ruht der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld.
Besteht beim Bezug von Teilarbeitslosengeld ein besonderer Kündigungsschutz?
Das deutsche Arbeitsrecht sieht keinen besonderen Kündigungsschutz ausschließlich aufgrund des Bezugs von Teilarbeitslosengeld vor. Es gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzregelungen (insbesondere das Kündigungsschutzgesetz – KSchG). In besonderen Fällen, etwa bei Schwerbehinderung oder während bestimmter Schutzzeiten (wie Mutterschutz oder Elternzeit), können zusätzliche Kündigungsverbote greifen, die jedoch unabhängig vom Bezug des Teilarbeitslosengeldes bestehen. Es ist jedoch möglich, dass die Agentur für Arbeit im Rahmen der Arbeitsvermittlung arbeitsrechtliche Fragen prüft und gegebenenfalls auf bestehende Schutzvorschriften hinweist, ohne dass sich daraus ein direkter Einfluss auf den Kündigungsschutz selbst ergibt.
Welche Auswirkungen hat der Bezug von Teilarbeitslosengeld auf Sozialversicherungsbeiträge und andere Sozialleistungen?
Beim Bezug von Teilarbeitslosengeld bleibt das bestehende Teilzeitarbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet, dass aus dem erzielten Arbeitseinkommen weiterhin Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt werden. Für das Teilarbeitslosengeld selbst besteht Altersvorsorgepflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 166 SGB VI), sodass die Agentur für Arbeit auf das pauschalierte Leistungsentgelt Rentenversicherungsbeiträge abführt. Die Dauer des Bezugs zählt somit als Pflichtbeitragszeit und kann sich positiv auf rentenrechtliche Ansprüche auswirken. Hinsichtlich anderer Sozialleistungen, wie Wohngeld oder Kinderzuschlag, gilt das Teilarbeitslosengeld als Einkommen, sodass je nach Höhe des Gesamtbedarfs eine Anrechnung erfolgt und die Leistung unter Umständen gemindert werden kann.
Ist eine Ablehnung des Antrags auf Teilarbeitslosengeld möglich und wie kann dagegen vorgegangen werden?
Eine Ablehnung des Antrags auf Teilarbeitslosengeld ist möglich, insbesondere wenn die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 162 ff. SGB III) nicht erfüllt sind. Gründe können beispielsweise das Fehlen der notwendigen Anwartschaftszeit, eine nicht versicherungspflichtige Beschäftigung, Eigenkündigung oder verspätete Antragstellung sein. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich bei der ausstellenden Agentur für Arbeit Widerspruch eingelegt werden. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Sozialgericht, wobei die Einhaltung der gesetzlichen Fristen essenziell ist. Eine detaillierte Begründung und ggf. die Vorlage weiterer Nachweise erhöhen die Erfolgsaussichten im Widerspruchsverfahren.