Begriff und Stellung des Technischen Hilfswerks (THW)
Das Technische Hilfswerk (THW) ist eine bundesunmittelbare, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) nachgeordnete nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Bundesoberbehörde. Das THW nimmt im deutschen Katastrophen- und Zivilschutz eine zentrale Rolle ein. Aufgabe des THW ist es, technische Hilfe in Katastrophenfällen, bei öffentlichen Notständen sowie im Rahmen internationaler Hilfeleistungen zu leisten. Die Organisation basiert maßgeblich auf dem ehrenamtlichen Engagement der Helferinnen und Helfer. Die rechtlichen Grundlagen des Technischen Hilfswerks sind umfassend geregelt und betreffen verschiedene Rechtsbereiche wie das Behördenrecht, das Verwaltungsrecht, das Katastrophen- und Zivilschutzrecht sowie das Arbeits- und Haftungsrecht.
Rechtliche Grundlagen und Organisation
Gesetz über das Technische Hilfswerk (THWG)
Die zentrale rechtliche Grundlage für das Technische Hilfswerk bildet das Gesetz über das Technische Hilfswerk (THW-Gesetz, THWG) in der jeweils geltenden Fassung. Es regelt die Aufgaben, Organisation und Zuständigkeiten des THW im Detail. Kernelemente sind die bundesweite Organisation, die Aufgabenwahrnehmung im Auftrag des Bundes sowie die Bestimmung der Einsatzbereiche und der Zusammensetzung der Einsatzkräfte.
Das Gesetz unterscheidet das THW deutlich von anderen Hilfsorganisationen (wie z.B. Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe), da es als Bundesbehörde nicht privatrechtlich, sondern öffentlich-rechtlich organisiert ist.
Struktur und Verwaltung
Bundeseinheitliche Organisation
Das Technische Hilfswerk untersteht als Bundesanstalt unmittelbar der Dienstaufsicht des BMI. Ihm vorangestellt ist die Bundesanstalt THW mit Sitz in Bonn, welche durch eine Präsidentin oder einen Präsidenten geleitet wird (§ 2 Abs. 1 THWG). Den untergliederten Landesverbänden und Regionalstellen sind die ca. 668 örtlichen Ortsverbände nachgeordnet (§ 4 THWG).
Ehrenamt und Bedienstete
Das THW verfügt sowohl über hauptamtliche Beschäftigte als auch – schwerpunktmäßig – über ehrenamtliche Helfer (§ 6 THWG). Die Rechte und Pflichten der Ehrenamtlichen sind detailliert im Gesetz geregelt, darunter Dienstverpflichtungen, Unfall- und Haftpflichtversicherung (§ 12, § 13 THWG) sowie Aufgaben im Katastrophenfall (§ 8 Abs. 1 THWG).
Aufgaben und Zuständigkeiten
Einsatzbereiche und Aufgabenfeld
Nach § 1 THWG umfasst der Aufgabenbereich insbesondere:
- Technische Hilfe im Zivil- und Katastrophenschutz
- Mitwirkung bei Notlagen auf Anforderung der zuständigen Behörden
- Einsätze im Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen oder aufgrund bi- und multilateraler Vereinbarungen
- Unterstützung anderer Behörden bei Großschadenslagen
Das THW wird sowohl im Inland (beispielsweise Überschwemmungen, Stromausfälle, Bauwerkssicherung) wie auch im Rahmen humanitärer Auslandsmissionen aktiv.
Weisungsbefugnisse und Zusammenarbeit
Laut § 5 THWG besteht eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit anderen Behörden sowie Hilfsorganisationen und öffentlichen Stellen. Im Einsatzfall handelt das THW entweder auf Anforderung der jeweils zuständigen Landes- oder Bundesbehörden oder im Rahmen europäischer und internationaler Einsatzstrukturen.
Rechtsstellung der Mitglieder
Helferstatus und Verantwortlichkeiten
Die Angehörigen des THW sind – sofern sie im ehrenamtlichen Dienst tätig sind – nicht als Beamte, sondern als Helfer*innen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis „sui generis“ eingeordnet. Damit besitzen sie besondere Rechtsverhältnisse, die per Gesetz geregelt sind und sich insbesondere auf die Dienstpflichten, den Versicherungsschutz (§ 13 THWG), Rechte im dienstlichen Einsatz oder Schutzmaßnahmen im Katastropheneinsatz beziehen.
Entschädigungs- und Versicherungspflichten
Die Freistellung vom Arbeitsplatz während eines Einsatzes sowie Lohnfortzahlung und Verdienstausfall werden nach § 12 THWG und ergänzenden Vorschriften (z.B. Hilfsleistungsentschädigungsgesetz) geregelt. Mitglieder des THW sind zudem bei allen Dienstausübungshandlungen beitragsfrei in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Einsatz und Zusammenarbeit mit Behörden
Anforderungsmechanismus und Einsatzleitung
Das THW wird ausschließlich auf Anforderung tätig. Verantwortlich für die Anforderung sind die Katastrophenschutzbehörden der Länder sowie – im Ausland – das Auswärtige Amt oder internationale Organisationen. Im Einsatzfall bleibt die Einsatzleitung nach Landeskatastrophenschutzgesetzen (KatSG) in der Regel bei den örtlichen Katastrophenschutzbehörden. Das THW führt die angeforderten technischen Aufgaben im Rahmen seiner Zuständigkeit aus.
Rechtliche Befugnisse im Einsatz
Im Einsatz besitzt das THW spezielle Sonderrechte nach § 35 StVO (Straßenverkehrsgesetz) sowie bestimmte Notkompetenzen im Gefahrenabwehrrecht. Die Mitglieder sind im Rahmen des Einsatzes vor bestimmten Haftungen geschützt; die Verantwortlichkeit im Schadensfall ist über das Staatshaftungsrecht sowie die Diensthaftpflichtversicherung abgedeckt (§ 13 THWG).
Internationale Einsätze und völkerrechtliche Rahmenbedingungen
Auslandseinsätze
Das THW kann auf Ersuchen internationaler Organisationen (z.B. Europäische Union, Vereinte Nationen) oder ausländischer Regierungen im Bereich der technischen Hilfeleistungen tätig werden, wenn eine entsprechende Weisung durch das BMI erfolgt (§ 1 Abs. 2 THWG). Die rechtliche Grundlage hierfür bilden sowohl das THWG als auch internationale und europarechtliche Vereinbarungen.
Völkerrechtlicher Status
Mitglieder des THW unterliegen bei Auslandsmissionen den völkerrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Einsatzlandes, etwa den Regelungen über Schutz von Hilfskräften (z.B. Genfer Konventionen), bilateralen Abkommen zur Kooperation in Notlagen sowie den Modalitäten internationaler Mechanismen, wie dem EU Civil Protection Mechanism.
Finanzierung, Vermögen und Kontrolle
Bundeshaushalt und Finanzierung
Das THW wird vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert, was auch die Ausstattung, Materialerhaltung, Aus- und Fortbildung, Räume und Personal umfasst. Einkünfte aus Dienstleistungen sowie aus dem Einsatz im privatrechtlichen Bereich sind dem Bund zuzuführen.
Aufsicht und Kontrolle
Die Aufsicht über das THW liegt vollumfänglich beim Bundesministerium des Innern und für Heimat. Das THW unterliegt zudem der Haushaltskontrolle des Bundesrechnungshofes und internen Prüfmechanismen, um die Einhaltung der haushaltsrechtlichen und organisatorischen Vorgaben sicherzustellen.
Verhältnis zu anderen Behörden und Organisationen
Abgrenzung zu anderen Hilfsorganisationen
Im Gegensatz zu anderen Hilfsorganisationen im Sinne des § 54 Abs. 2 AO (z.B. Deutsches Rotes Kreuz, Malteser Hilfsdienst) handelt es sich beim THW um eine bundesunmittelbare Behörde, deren Handeln als öffentlich-rechtlich anzusehen ist. Private Rechtsstreitigkeiten mit Bezug zum THW unterliegen daher grundsätzlich dem öffentlichen Recht.
Amtshilfe und Technische Unterstützung
Das THW kann auf Grundlage des § 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) Amtshilfe leisten. Zudem bestehen umfassende Kooperationsabkommen, Verwaltungsvereinbarungen und Rahmenkonzepte zur Sicherstellung der Zusammenarbeit mit anderen Hilfs- und Rettungsorganisationen auf sämtlichen Verwaltungsebenen.
Literatur und weiterführende Rechtsquellen
- Gesetz über das Technische Hilfswerk (THWG)
- Katastrophenschutzgesetze der Länder
- Straßenverkehrsgesetz (StVO)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere Haftungsrecht
- Völkerrechtliche Verträge im Bereich Zivilschutz
Das Technische Hilfswerk stellt somit eine einzigartige, bundesunmittelbare Katastrophenschutzorganisation dar, deren rechtliche Fundierung, Aufgabenwahrnehmung, Einsatzmechanismen und die Rechtsstellung der Mitglieder umfassend im öffentlichen Recht geregelt sind. Die besondere Stellung des THW ergibt sich aus der Kombination von staatlichem Auftrag und ehrenamtlicher Mitwirkung, der bundesgesetzlichen Organisation und dem breiten Aufgabenprofil im nationalen wie internationalen Kontext.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Aufgaben und Befugnisse des Technischen Hilfswerks (THW)?
Die gesetzlichen Grundlagen für die Aufgaben und Befugnisse des Technischen Hilfswerks (THW) finden sich primär im Gesetz über das Technische Hilfswerk (THW-Gesetz). Dieses Bundesgesetz regelt in § 1 die Einbindung des THW als Bundesanstalt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und legt in § 2 seine Hauptaufgaben im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie der technischen Hilfe sowie Unterstützung anderer Behörden fest. Ergänzende Regelungen ergeben sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) hinsichtlich Verwaltungsakte des THW, aus dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) bei schriftlichen Benachrichtigungen sowie durch Vorschriften aus dem Bevölkerungsschutzgesetz (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz – ZSKG), sofern länderübergreifende oder internationale Hilfsmaßnahmen betroffen sind. Für Auslandseinsätze gelten spezielle völkerrechtliche Vereinbarungen und bilaterale Abkommen, die den Handlungsspielraum des THW im Ausland bestimmen. Darüber hinaus ist das THW an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden, die insbesondere bei Eingriffen in Eigentums- oder Persönlichkeitsrechte zu beachten sind.
Welche Rechte und Pflichten haben THW-Angehörige aus rechtlicher Sicht?
THW-Angehörige unterliegen besonderen Rechten und Pflichten, die sich aus dem THW-Gesetz und ergänzenden Nebenbestimmungen (wie der THW-Dienstvorschrift 1) ergeben. Sie sind freiwillige Helfer und unterstehen bei Einsätzen einer besonderen Dienstverpflichtung, die rechtlich mit einer Amtsträgereigenschaft für die Dauer des Einsatzes verbunden ist. Im Rahmen ihrer Tätigkeit genießen sie haftungsrechtlich einen sogenannten „Haftungsprivileg“ der Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, wonach Schadensersatzansprüche grundsätzlich gegen den Dienstherrn (hier: Bund) und nicht gegen den einzelnen Helfer zu richten sind. Im Gegenzug sind sie verpflichtet, Dienstanweisungen zu befolgen, dienstliche Verschwiegenheit zu wahren sowie die für den Einsatz erforderliche Ausbildung und Übungen zu absolvieren. Der Versicherungsschutz ist gesetzlich abgesichert, insbesondere durch die Unfallversicherung gemäß Sozialgesetzbuch VII § 2 Abs. 1 Nr. 12. Bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Fehlverhalten drohen disziplinarische und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen.
Welche Mitwirkungs- und Weisungsrechte hat das THW im Katastrophenfall gegenüber anderen Behörden und private Dritte?
Das THW agiert im Katastrophenfall als unterstützende Bundesanstalt und steht im Rahmen der „amtlichen Hilfe“ nach §§ 1, 2 THW-Gesetz den für den Katastrophenschutz zuständigen Landes- und Kommunalbehörden zur Verfügung. Während eines Einsatzes unterliegt das THW den Einsatzleitungen der zuständigen Gefahrenabwehrbehörden, verbleibt aber gleichzeitig im Bundesauftrag. Im Rahmen des Gefahrenabwehrrechts können Weisungen für das THW entstehen, wenn es von einer zuständigen Behörde zur Gefahrenabwehr angefordert wird. Gegenüber privaten Dritten hat das THW keine unmittelbare Weisungsbefugnis, es sei denn, dies wird durch das Gefahrenabwehrrecht (z. B. durch Notstandsrechte wie § 34 StGB bei Gefahr im Verzug) oder im Rahmen besonderer Anordnungen durch die Einsatzleitung begründet. Eine Mitwirkungspflicht privater Dritter besteht nur insofern, als eine behördliche Anordnung dies ausdrücklich vorsieht.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für Inlandseinsätze und Auslandseinsätze des THW?
Inlandseinsätze des THW sind im THW-Gesetz geregelt und erfolgen auf Anforderung zuständiger Behörden primär zur technischen Unterstützung bei Katastrophen, Unglücksfällen oder dringenden Notlagen. Dabei gelten die einschlägigen Polizeigesetze der Länder, das Bundes-Katastrophenschutzgesetz sowie das Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG). Auslandseinsätze sind rechtlich auf Bundesebene durch das THW-Gesetz § 2 Abs. 2 sowie haushaltsrechtlich und durch internationale Abkommen abgesichert. Für Auslandseinsätze ist meist eine Anforderung durch die Bundesrepublik Deutschland (Auswärtiges Amt), internationale Organisationen oder ausländische Regierungen notwendig; deren Durchführung erfolgt unter Beachtung völkerrechtlicher Vorgaben, insbesondere solcher bilateraler und multilateraler Abkommen (z. B. EU-Zivilschutzverfahren). Auslandseinsätze werden zudem durch das Konsulargesetz (KonsG) koordiniert.
Wie ist die Haftungsfrage bei THW-Einsätzen geregelt?
Die Haftung bei THW-Einsätzen ist insbesondere im Rahmen der Amtshaftung (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) geregelt. handelt ein THW-Angehöriger schuldhaft und verursacht dadurch einen Schaden, haftet grundsätzlich der Bund und nicht der einzelne Helfer. Ausnahmen gelten nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schädigung, in denen eine persönliche Inanspruchnahme nicht ausgeschlossen ist. Auch bei Schäden an den eingesetzten Gerätschaften oder am Eigentum Dritter besteht grundsätzlich Schutz durch die gesetzlich verankerte Behördenhaftung. Ergänzend ist der THW-Helfer durch eine Unfallversicherung und gegebenenfalls eine Diensthaftpflichtversicherung abgesichert. Bei Auslandseinsätzen gelten zum Teil besondere Regelungen, die sich aus den jeweiligen Einsatzvereinbarungen ergeben.
Welche Datenschutzvorschriften sind bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch das THW zu beachten?
Das THW ist als Bundesbehörde unmittelbar an die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) gebunden. Die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten von Einsatzkräften, Hilfsbedürftigen und anderen Personen im Rahmen von Einsätzen bedarf einer gesetzlichen Grundlage oder der Einwilligung der Betroffenen. Zweckbindung, Datensparsamkeit und Transparenz sind hierbei zwingend. Ebenso sind besondere Schutzmaßnahmen für sensible Daten einzuhalten. Für die Weitergabe von Daten an Dritte besteht ein striktes Verbot, sofern nicht explizit durch Gesetzgebung oder Einsatzauftrag (etwa bei der Zusammenarbeit mit anderen Behörden) eine Offenbarung erforderlich ist. Datenschutzverstöße können zu disziplinarischen und strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Wie ist das Verhältnis zwischen dem Technischen Hilfswerk und den Landesbehörden bei der Katastrophenabwehr rechtlich geregelt?
Das Verhältnis zwischen dem Technischen Hilfswerk und den Landesbehörden bei der Katastrophenabwehr ist im kooperativen Bundesstaat Deutschlands durch das THW-Gesetz und die landesrechtlichen Katastrophenschutzgesetze bestimmt. Während das THW als Bundesanstalt tätig wird, liegt die originäre Zuständigkeit für Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz bei den Ländern. Im Einsatzfall wird das THW von den Landesbehörden angefordert und in die jeweilige Einsatzstruktur eingegliedert, handelt jedoch organisatorisch eigenständig und bleibt Bundesbehörde. Rechtlich gesehen erfolgt die Kooperation auf der Basis von Beistands- und Unterstützungsregelungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 THW-Gesetz), bei gleichzeitiger Pflicht zur gegenseitigen Abstimmung und Achtung der föderalen Zuständigkeitsordnung.