Begriff und Rechtsstellung der TdL
Die TdL steht als Abkürzung für die „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ und bezeichnet einen zentralen Akteur im deutschen öffentlichen Tarifrecht. Die TdL ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die Bundesländer – mit Ausnahme des Landes Hessen – sind. Ihre Hauptaufgabe liegt in der zentralen Wahrnehmung und Durchführung von Tarifverhandlungen im Namen ihrer Mitgliedsländer.
Historische Entwicklung
Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder wurde im Jahre 1949 gegründet. Sie entstand vor dem Hintergrund der zunehmenden Notwendigkeit einer einheitlichen Tarifpolitik für die Bundesländer im öffentlichen Sektor, insbesondere hinsichtlich der Arbeits- und Entgeltbedingungen der bei den Ländern beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Land Hessen schied 2003 aus und verhandelt seither eigenständig.
Rechtsgrundlage und Rechtsform der TdL
Rechtsform
Die TdL ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestaltet. Diese Rechtsform verleiht ihr die Fähigkeit, eigene Rechte und Pflichten im eigenen Namen wahrzunehmen, Verträge abzuschließen und als Arbeitgeberin gegenüber den Beschäftigten der Landesverwaltungen zu agieren. Ihre Satzung regelt Organisation, Aufgaben sowie die Rechte und Pflichten der Mitglieder.
Aufgaben und Funktionen
Die Aufgaben der TdL sind in ihrer Satzung und durch Gesetze sowie durch die von ihren Mitgliedern erteilten Mandate definiert:
- Tarifverhandlungen: Die TdL führt Tarifverhandlungen mit den maßgeblichen Gewerkschaften, insbesondere mit ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion, stellvertretend für ihre Mitgliedsländer durch.
- Abschluss von Tarifverträgen: Sie schließt eigenständig Tarifverträge ab, insbesondere den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sowie ergänzende, ändernde oder spezialisierte Tarifverträge.
- Koordination der Tarifpolitik: Die TdL stimmt die Tarifpolitik der Mitgliedsländer ab und sorgt für eine einheitliche Linie gegenüber den Tarifpartnern.
- Beratung und Interessenvertretung: Sie berät die Mitgliedsländer in tarifrechtlichen Fragestellungen und vertritt deren Interessen im Bereich der Arbeitsbedingungen.
Mitgliedschaft und Organisation
Mitglieder
Mitglieder der TdL sind alle 15 Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme Hessens. Jedes Mitglied wird durch seine jeweilige Landesregierung vertreten.
Organe
Zu den wichtigsten Organen der TdL zählen:
- Mitgliederversammlung: Oberstes Beschlussgremium, in dem alle Mitgliedsländer stimmberechtigt sind.
- Vorstand: Führt die laufenden Geschäfte und bereitet Tarifverhandlungen sowie Beschlüsse der Mitgliederversammlung vor.
- Geschäftsstelle: Unterstützt organisatorisch und administrativ die Arbeit der TdL und ihrer Organe.
Rechtswirkungen der Tarifverträge der TdL
Allgemeine Rechtswirkungen
Die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge entfalten Bindungswirkung primär gegenüber den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes der Länder und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sofern diese Mitglied einer tarifschließenden Gewerkschaft sind oder der Arbeitgeber tarifgebunden ist. In der Praxis wenden die Länder im Regelfall die Tarifverträge auf sämtliche Beschäftigten an.
Tarifautonomie
Die TdL nimmt das ihr übertragene Mandat zur eigenverantwortlichen Gestaltung der Arbeitsbedingungen im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie wahr. Die Tarifregelungen betreffen unter anderem:
- Arbeitsentgelte und Vergütungen
- Arbeitszeitregelungen
- Urlaub und Sonderurlaub
- Kündigungsfristen
- Zusatzversorgung und betriebliche Altersvorsorge
Anwendung und Geltungsbereich
Die Gültigkeit der von der TdL ausgehandelten Tarifverträge erstreckt sich auf den Bereich der deutschen Länder, mit Ausnahme Hessens und, falls relevant, anderer nicht angeschlossener Organisationseinheiten. Im Einzelfall kann die Geltung durch schuldrechtliche Bezugnahmen oder durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen erweitert werden.
Rechtliche und praktische Bedeutung der TdL
Die TdL ist ein zentrales Element im System des öffentlichen Arbeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland und sorgt für einheitliche Arbeitsbedingungen in den Landesverwaltungen. Ihre Tätigkeit stellt die Funktionsfähigkeit und Attraktivität des öffentlichen Dienstes sicher, gewährleistet Rechtsklarheit und soziale Sicherheit für Beschäftigte und Arbeitgeberinnen der Mitgliedsländer.
Bedeutung für die öffentliche Verwaltung
Durch die Zusammenfassung der Verhandlungsführerschaft in der TdL werden die Verhandlungen mit Gewerkschaften gebündelt und stärker koordiniert, was eine einheitliche Rechtsanwendung sowie effiziente Steuerung der Arbeits- und Entgeltbedingungen in den Ländern gewährleistet.
Abgrenzung zu anderen Tarifgemeinschaften
Im Unterschied zur Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Tarifgemeinschaft des Bundes agiert die TdL ausschließlich im Sektor der Landesverwaltungen. Innerhalb dieses abgegrenzten Bereichs bestehen spezifische tarifliche Regelungen, die sich etwa in der Besoldungssystematik und der Altersversorgung von anderen öffentlichen Arbeitgeberinnen unterscheiden.
Sonderfragen und aktuelle Rechtsentwicklungen
Eigene Tarifverhandlungen einzelner Länder
Das Land Hessen nimmt eine Sonderrolle ein, da es seit 2003 eigene Tarifverhandlungen führt und eigene Tarifverträge für seine Beschäftigten abschließt. Diese Entwicklung ist rechtlich zulässig, da jedes Bundesland kraft seiner Eigenstaatlichkeit und im Rahmen des Föderalismus die Tarifzuständigkeit eigenständig regeln kann.
Rechtsprechung und Gesetzgebung
Die Arbeitsgerichte sowie das Bundesarbeitsgericht haben in zahlreichen Urteilen die Bindungswirkung, Anwendung und Auslegung der von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge klargestellt und Einzelfragen, etwa zur Wirksamkeit von Ausschlussfristen oder zur Gleichbehandlung, konkretisiert.
Literatur und Quellen
- Tarifgemeinschaft deutscher Länder – Homepage der TdL (tdl-online.de)
- Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)
- Bundesarbeitsgericht, verschiedene Entscheidungen zu Tarifbindung und Tarifvertragsauslegung
Dieser Beitrag bietet eine detaillierte und umfassende Übersicht über den Begriff TdL, seine Rechtsstellung, Aufgaben und Bedeutung im öffentlichen Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die Rechtssetzung durch die TdL und auf welcher Grundlage basiert diese?
Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist keine gesetzgebende Institution, sondern eine Vereinigung der Bundesländer mit Ausnahme von Hessen, die als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst tarifrechtliche Verhandlungen führt und entsprechende Tarifverträge abschließt. Die rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der TdL ist im Wesentlichen durch das Tarifvertragsgesetz (TVG) sowie die Personalvertretungsgesetze der Länder vorgegeben. Die TdL schließt Tarifverträge mit Gewerkschaften ab, insbesondere dem dbb beamtenbund und tarifunion sowie ver.di, und handelt dabei im Rahmen des durch ihre Mitgliedsländer verliehenen Mandats. Die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge, wie der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), entfalten ihre rechtliche Wirkung als kollektivrechtliche Vereinbarungen. Sie werden für die im Anwendungsbereich genannten Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend nach § 4 TVG wirksam, sofern keine abweichenden Regelungen – etwa durch Öffnungsklauseln – getroffen wurden. Die Umsetzung der tarifvertraglichen Regelungen erfolgt in den jeweiligen Ländern per Ausführungsanweisungen, Verwaltungsvorschriften oder auch ergänzender Gesetzgebung, wenn dies durch den Tarifvertrag verlangt oder ermöglicht wird.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, gegen Regelungen oder Verhandlungsergebnisse der TdL vorzugehen?
Tarifverträge, die von der TdL abgeschlossen werden, entfalten grundsätzlich unmittelbare und zwingende Wirkung für die beigetretenen Arbeitgeber und deren Beschäftigte. Einzelpersonen können gegen einen Tarifvertrag keine direkte Klage vor einem Gericht anstrengen, es sei denn, ein Teil der Regelung oder der Tarifvertrag selbst wird als sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB angesehen oder verstößt gegen zwingendes höherrangiges Recht, etwa europarechtliche Vorgaben oder das Grundgesetz. In solchen Fällen sind arbeitsgerichtliche Klagen möglich, wobei in der Praxis der Gang durch die Instanzen (Arbeitsgericht – Landesarbeitsgericht – Bundesarbeitsgericht) erforderlich ist. Ansonsten verbleibt als Rechtsweg meist nur der Weg der Tarifvertragsparteien, also der TdL und der beteiligten Gewerkschaften, etwa durch Nachverhandlungen, Schlichtungen oder Arbeitskampfmaßnahmen. Verstöße gegen den Tarifvertrag durch den Arbeitgeber können hingegen im individuellen Arbeitsgerichtsprozess geltend gemacht werden.
Wie werden Interessen von Beschäftigten, die keiner Gewerkschaft angehören, im TdL-Kontext rechtlich berücksichtigt?
Nach deutschem Tarifrecht gilt die sogenannte Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1 TVG grundsätzlich nur für Mitglieder der tarifvertragschließenden Parteien – das heißt, die abgeschlossenen Tarifverträge sind unmittelbar nur für Gewerkschaftsmitglieder rechtlich verpflichtend. In der Praxis wenden die Länder als Arbeitgeber die TdL-Tarifverträge aber regelmäßig auch auf Nichtmitglieder an, meist durch einzelvertragliche Bezugnahmeklauseln oder per Gleichstellungsabrede im Arbeitsvertrag. Rechtlich ist dies jedoch kein Muss, sodass rein formaljuristisch ein Anspruch auf Anwendung der TdL-Tarifverträge für Nichtmitglieder nicht besteht, es sei denn, der Tarifvertrag wurde gemäß § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt, was im Bereich des öffentlichen Dienstes aber nicht geschieht. Eine rechtliche Benachteiligung von Nichtmitgliedern (sogenannte Außenseiterwirkung) besteht jedoch nicht zwangsläufig, da Arbeitsverträge häufig gerade auf die Anwendung der einschlägigen Tarifverträge abstellen.
Welche rechtlichen Auswirkungen ergeben sich bei einem Wechsel eines Bundeslandes aus der TdL heraus?
Wenn ein Bundesland aus der TdL austritt (wie etwa das Land Hessen im Jahr 2004), ist es nicht mehr an die von der TdL verhandelten und abgeschlossenen Tarifverträge gebunden. Das betreffende Bundesland schließt dann entweder eigene Tarifverträge mit den Gewerkschaften oder übernimmt auf freiwilliger Basis die TdL-Regelungen. Für Beschäftigte bedeutet dies, dass sich ihre arbeits- und tarifrechtliche Situation nach der Tarifbindung des neuen Arbeitgebers richtet. Die TdL-Tarifverträge finden dann allenfalls noch über vertragliche Individualvereinbarungen Anwendung. Bereits bestehende Arbeitsverhältnisse unterliegen dem sogenannten Nachwirkungsschutz nach § 4 Abs. 5 TVG, das heißt: Der frühere Tarifvertrag gilt nach, bis er durch eine neue kollektive Regelung ersetzt wird.
Welche Rolle spielen Öffnungsklauseln in TdL-Tarifverträgen aus rechtlicher Perspektive?
Öffnungsklauseln sind tarifvertragliche Regelungen, die den Tarifvertragsparteien auf betrieblicher oder individueller Ebene erlauben, von bestimmten Teilen des Tarifvertrags abzuweichen oder sie flexibel auszugestalten. Rechtlich gesehen ist eine Öffnungsklausel dann wirksam, wenn sie hinreichend bestimmt ist und klar erkennen lässt, wer unter welchen Voraussetzungen von den Tarifregelungen abweichen darf. Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts, verlangt hierbei eine hinreichende Transparenz und Rechtssicherheit, um Willkür oder Diskriminierung zu verhindern. Öffnungsklauseln ermöglichen es den einzelnen Ländern, Besonderheiten ihres jeweiligen Dienstbetriebs zu berücksichtigen, ohne den gesamten Tarifvertrag neu zu verhandeln.
Wie gestaltet sich die rechtliche Bindungswirkung der TdL-Tarifverträge für befristet Beschäftigte?
Befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Geltungsbereich der TdL-Tarifverträge sind rechtlich denselben tariflichen Regeln unterworfen wie unbefristet Beschäftigte, soweit nichts Gegenteiliges vereinbart wurde. Der Anwendungsbereich der Tarifverträge erstreckt sich regelmäßig auf beide Gruppen, sodass etwa Regelungen zu Entgelt, Arbeitszeit oder Urlaub unabhängig vom Befristungsstatus Anwendung finden. Allerdings können befristete Arbeitsverhältnisse Ausnahmen regeln (z.B. durch Stichtagsregelungen oder den Ausschluss einzelner Leistungen wie Jahressonderzahlungen), sofern der Tarifvertrag solche Differenzierungen zulässt und diese nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach § 4 Abs. 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) oder unionsrechtliche Vorgaben verstoßen.
Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich bei Nichtbeachtung von TdL-Tarifverträgen durch die Arbeitgeberseite?
Wendet ein öffentlicher Arbeitgeber, der Mitglied der TdL und tarifgebunden ist, den einschlägigen Tarifvertrag nicht oder nur unvollständig auf das Beschäftigungsverhältnis an, haben Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung der tariflichen Leistungen vor den Arbeitsgerichten. Dies betrifft alle Ansprüche, die sich mittelbar oder unmittelbar aus dem Tarifvertrag ergeben, etwa Entgelt, Beurteilung für Stufenzuordnung, Sonderzahlungen, Arbeitszeitregelungen usw. Verstöße gegen Tarifverträge setzen jedoch keine Bußgeldtatbestände, sondern führen primär zu zivilrechtlichen Nachleistungspflichten. In Einzelfällen können personalvertretungsrechtliche Konsequenzen, etwa Beanstandungen des Personalrats, auftreten. Für den Fall kollektivrechtlicher Verstöße kann zudem die zuständige Gewerkschaft als Tarifpartei auf Einhaltung des Tarifvertrags klagen.