Begriff und rechtliche Einordnung der Tagesmutter
Die Bezeichnung Tagesmutter (auch: Tagespflegeperson) bezeichnet in Deutschland eine selbstständige oder selbstständig tätige Betreuungsperson, die gemäß § 22ff. SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe) zur Kindertagespflege befugt ist. Tagesmütter bieten gegen Entgelt eine regelmäßige, familiennahe Betreuung insbesondere für Kinder unter drei Jahren an, teilweise auch bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, in den eigenen Räumlichkeiten oder in angemieteten, kindgerechten Räumen („Tagespflegestelle“). Auch männliche Betreuungspersonen – sogenannte Tagesväter – zählen zu dieser Personengruppe.
Rechtliche Grundlagen der Kindertagespflege
Gesetzliche Grundlagen
Die Kindertagespflege ist im Sozialgesetzbuch (SGB VIII) §§ 22-24 geregelt. Hierzu zählen insbesondere:
- § 22 SGB VIII: Grundsatz und Förderauftrag
- § 23 SGB VIII: Förderung in Kindertagespflege
- § 43 SGB VIII: Erlaubnis zur Kindertagespflege
Darüber hinaus finden sich spezifische Vorgaben in Landesgesetzen, kommunalen Satzungen sowie einschlägigen Durchführungsverordnungen.
Erlaubnis zur Kindertagespflege
Erlaubnispflicht
Gemäß § 43 SGB VIII benötigen Tagesmütter eine Erlaubnis des örtlichen Jugendamtes, wenn mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut werden oder eine regelmäßige, entgeltliche Betreuung erfolgt. Dieselbe Bestimmung gilt für Tagesväter.
Die Erlaubniserteilung setzt unter anderem voraus:
- Nachweis der persönlichen Eignung (z.B. Zuverlässigkeit, pädagogische Kenntnisse)
- Nachweis der sachlichen Eignung (geeignete Räumlichkeiten)
- Absolvierte Qualifizierungsmaßnahmen (mind. 160 Unterrichtseinheiten)
- Nachweis eines Erste-Hilfe-Kurses am Kind
Die Erlaubnis kann befristet oder unter Auflagen erteilt werden und ist auf maximal fünf gleichzeitig anwesende fremde Kinder beschränkt.
Widerruf und Rücknahme der Erlaubnis
Die Erlaubnis zur Kindertagespflege kann widerrufen oder zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind oder sich wesentliche Umstände ändern (§ 44 SGB X i.V.m. § 43 SGB VIII).
Sorgfaltspflicht und Aufsichtspflicht
Tagesmütter unterliegen einer erhöhten Sorgfaltspflicht im Sinne der §§ 832, 1631 BGB gegenüber den betreuten Kindern. Die elterliche Aufsichtspflicht wird für die Zeit der Betreuung auf die Tagesmutter übertragen. Im Schadensfall können sowohl zivil- als auch strafrechtliche Haftungsfolgen entstehen.
Vertragsgestaltung und Vergütung
Vertragsrechtliche Grundlagen
Das Betreuungsverhältnis zwischen Eltern und Tagesmutter wird in der Regel durch einen privatrechtlichen Betreuungsvertrag geregelt. Dieser umfasst unter anderem:
- Betreuungszeiten und -dauer
- Vergütung
- Regelungen bei Krankheit und Ausfall
- Kündigungsfristen
Vielfach existieren kommunale Musterverträge, die rechtliche Mindeststandards einhalten müssen.
Finanzierung und Vergütung durch das Jugendamt
Bei anerkannter Förderbedürftigkeit der Eltern erfolgt eine öffentliche Förderung nach § 23 SGB VIII. Die Tagesmutter erhält vom Jugendamt eine Förderung, in der Regel ergänzt durch einen Kostenbeitrag der Eltern. Die Höhe der Vergütung variiert je nach Kommune und Bundesland.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Tagesmütter gelten grundsätzlich als selbstständig tätig. Sozialversicherungspflichten bestehen in folgenden Bereichen:
- Unfallversicherung: Gesetzlich verpflichtend über die kommunale Unfallkasse (§ 2 SGB VII)
- Rentenversicherung: Pflicht für selbstständige Tagespflegepersonen möglich (§ 2 SGB VI)
- Kranken- und Pflegeversicherung: Selbstständig zu versichern
Steuerrechtliche Besonderheiten
Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Tagesmutter unterliegen der Einkommensbesteuerung (Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nach § 18 EStG). Bestimmte Betriebsausgaben können steuerlich geltend gemacht werden, darunter ein pauschal ansetzbarer Anteil je Kind und Betreuungsstunde.
Aufsicht, Kontrolle und Fortbildungspflicht
Das Jugendamt unterliegt der fachlichen Aufsichtspflicht über Tagesmütter. Voraussetzung einer dauerhaften Tätigkeit ist die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen, deren Umfang meist in landesrechtlichen Vorschriften geregelt ist.
Überregionale Qualitätsstandards wurden durch Empfehlungen von Spitzenverbänden wie dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge geschaffen.
Haftung und Versicherungsschutz
Haftung
Für Schäden, die einem betreuten Kind während der Betreuung entstehen, haftet die Tagesmutter im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht. Eltern haben für diesen Zeitraum in der Regel keinen Einfluss auf die Ausübung der Aufsichtspflicht.
Versicherungsschutz
Eine Betriebshaftpflichtversicherung wird dringend empfohlen, ist jedoch nicht bundesweit verpflichtend vorgeschrieben. Die gesetzliche Unfallversicherung deckt Unfälle der Tageskinder während der Betreuung ab.
Unterschied zwischen Tagesmutter und institutioneller Kindertagesbetreuung
Im Gegensatz zur Betreuung in Kindertageseinrichtungen (wie Kindergärten oder Krippen) zeichnet sich die Tagespflege durch ein familienähnliches Verhältnis, eine geringere Gruppengröße (maximal fünf Kinder gleichzeitig pro Tagesmutter) und räumliche Flexibilität aus.
Schlussbemerkung
Die Tätigkeit als Tagesmutter ist in rechtlicher Hinsicht klar geregelt, um Kindeswohl und Qualität der Betreuung umfassend sicherzustellen. Die Vielschichtigkeit der einschlägigen Normen in Bundes-, Landes- und Kommunalrecht sowie die Pflichten in Bezug auf Qualifikation, Versicherung, Steuern und Vertragsrecht machen eine eingehende Beschäftigung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen unerlässlich. Tagesmütter leisten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sind ein integraler Bestandteil der frühkindlichen Förderung in Deutschland.
Weiterführende Begriffe:
Kindertagespflege, Betreuungsperson, Jugendamt, Betreuungseinrichtungen, Elternbeitrag, Kinderbetreuung, SGB VIII.
Häufig gestellte Fragen
Wie ist die Tätigkeit einer Tagesmutter rechtlich geregelt?
Die Tätigkeit einer Tagesmutter ist in Deutschland vorrangig im SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe), insbesondere in den §§ 22 bis 24 sowie § 43, rechtlich normiert. Dort wird die Kindertagespflege als familiennahe Betreuungsform festgeschrieben. Für die Ausübung der Tätigkeit benötigen Tagesmütter und Tagesväter in der Regel eine spezielle Erlaubnis des Jugendamtes, wenn sie mehr als fünf Kinder gleichzeitig oder gegen Entgelt betreuen. Zudem gilt das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG), welches die Rahmenbedingungen konkretisiert. Die erteilte Pflegeerlaubnis ist meist auf fünf Jahre befristet und kann mit Auflagen verbunden sein. Eine regelmäßige Überprüfung der Eignung, Zuverlässigkeit, der räumlichen Gegebenheiten sowie die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen sind gesetzlich vorgeschrieben. Ferner bestehen Vorgaben zu Unfallversicherung, Renten- und Krankenversicherung der Tagespflegeperson.
Welche Voraussetzungen muss eine Tagesmutter für die Betreuung erfüllen?
Um als Tagesmutter arbeiten zu dürfen, muss die betreffende Person persönlich und fachlich geeignet sein. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Absolvierung eines Qualifizierungskurses von mindestens 160 Unterrichtseinheiten, wobei einige Bundesländer sogar umfangreichere Schulungen fordern. Eine gesundheitliche Eignungsbestätigung (ärztliches Attest), ein Nachweis über einen aktuellen Erste-Hilfe-Kurs am Kind sowie ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis sind zwingend vorzulegen. Weiterhin überprüft das Jugendamt die persönlichen Lebensverhältnisse, dazu gehören insbesondere die Wohnsituation (z. B. ausreichend Platz, kindgerechte Ausstattung, Sicherheitseinrichtungen) und das Vorliegen einer Unfall- und Haftpflichtversicherung für die Betreuungsverhältnisse.
Wie sieht der rechtliche Anspruch der Eltern auf Kindertagespflege aus?
Eltern von Kindern unter drei Jahren haben nach § 24 SGB VIII einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Dieser Anspruch gilt unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern. Ab Vollendung des ersten Lebensjahres besteht ein individueller Anspruch auf einen Betreuungsplatz, entweder in einer Kita oder über eine Tagesmutter. Das Jugendamt ist verpflichtet, im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten geeignete Betreuungsangebote vorzuhalten und, soweit nicht zumutbar, auch mit alternativen Betreuungsformen (z. B. Tagesmutter) auszuhelfen. Bei Mangel an Betreuungsplätzen können Eltern Kommunen gegebenenfalls auf den Ersatz von nachgewiesenen Mehrkosten verklagen.
Welche vertraglichen Regelungen müssen zwischen Eltern und Tagesmutter getroffen werden?
Die Betreuung durch eine Tagesmutter wird auf der Grundlage eines Betreuungsvertrags geregelt, der rechtlich einem Dienstleistungs- oder Werkvertrag ähnelt. Der Vertrag sollte detaillierte Bestimmungen zur Betreuungszeit, zur Vergütung, zu den Pflichten und Rechten beider Parteien, zu Urlaubs- und Krankheitsregelungen sowie zu Kündigungsfristen enthalten. Zudem empfiehlt es sich, Regelungen zur Haftung, Verschwiegenheit, Datenschutz und ggf. zu Ersatzbetreuung festzuschreiben. Die gesetzlichen Vorgaben zur Vertragsfreiheit sind zu beachten; unbillige oder sittenwidrige Klauseln sind nichtig. Viele Jugendämter stellen Musterverträge zur Verfügung, die an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden können.
Welche Versicherungen sind für Tagesmütter gesetzlich vorgeschrieben?
Tagesmütter sind verpflichtet, bestimmte Versicherungen abzuschließen, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Dazu gehört zwingend die gesetzliche Unfallversicherung für die in Tagespflege betreuten Kinder über die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Auch Tagesmütter selbst sind während der Tätigkeit unfallversichert. Eine Betriebshaftpflichtversicherung für Schäden, die während der Betreuung entstehen, ist ebenso vorgeschrieben und nachzuweisen. Darüber hinaus ist nach § 2 SGB VI ggf. die Verpflichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung relevant, wenn eine bestimmte Einkommensgrenze überschritten wird oder regelmäßig mehr als geringfügig betreut wird.
Welche Aufsichtspflichten treffen eine Tagesmutter rechtlich?
Die Tagesmutter ist während der Betreuungszeit für das Wohl und die Unversehrtheit des Kindes verantwortlich und unterliegt damit einer besonderen Aufsichtspflicht gemäß § 832 BGB (Eltern haften für ihre Kinder, und analog haftet die Aufsichtsperson). Die Aufsichtspflicht umfasst die Pflicht, die persönlichen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten der Kinder zu berücksichtigen und Maßnahmen zu treffen, um Gefährdungen auszuschließen. Die Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadensersatz- und ggf. strafrechtlichen Konsequenzen führen. Die konkrete Ausgestaltung der Aufsicht richtet sich nach Alter, Entwicklungsstand und Anzahl der zu betreuenden Kinder.
Was gilt im Krankheitsfall der Tagesmutter oder eines Kindes rechtlich?
Bei Krankheit der Tagesmutter besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Ersatzbetreuung, es sei denn, dies wurde explizit im Vertrag oder durch das Jugendamt geregelt. Viele Jugendämter haben jedoch Vertretungsmodelle entwickelt, um in solchen Fällen die Betreuung sicherzustellen. Im Krankheitsfall eines Kindes ist die Tagesmutter berechtigt, das Kind nicht zu betreuen, sofern eine Ansteckungsgefahr für andere Kinder besteht. Die vertraglichen Absprachen hierzu sind ausschlaggebend. Im Hinblick auf die Vergütung gelten die Regelungen des Betreuungsvertrags; meist sind Krankheitstage – begrenzt auf eine gewisse Dauer – weiter zu vergüten, danach kann die Zahlungspflicht entfallen.
Wie wird die Finanzierung und Förderung der Tagespflege rechtlich geregelt?
Die Finanzierung der Kindertagespflege erfolgt in der Regel über öffentliche Fördermittel, sofern die Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt vorliegt und das Betreuungsverhältnis über dieses vermittelt wird. Die Eltern zahlen in den meisten Kommunen einen einkommensabhängigen Beitrag, den Rest trägt der öffentliche Träger (Jugendamt). Die gezahlte Vergütung an die Tagesmutter setzt sich aus einer Pauschale zusammen, deren Höhe kommunal unterschiedlich geregelt ist. Darüber hinaus können – abhängig vom Bundesland – weitergehende Förderungen für Qualifizierungen, Ausstattung oder Fortbildungen bestehen. Die Förderung ist an bestimmte Qualitätsstandards und Nachweispflichten gebunden. Ein direkter privatrechtlicher Vertrag ohne Jugendamtsbeteiligung unterliegt hingegen nur den zivilrechtlichen Regelungen und ist nicht förderfähig.